[175] Gemeinde, Gemeinheit, Commune, die gesellschaftliche Vereinigung mehrer Familien zu einem fortdauernden gemeinschaftlichen und vom Staate gebilligten Hauptzwecke. Dieser besteht im Allgemeinen in der Erreichung der Vortheile, welche das gesellige und zwar örtliche Zusammenleben den Menschen bietet. Je nachdem diese Vortheile religiöser oder irdischer Art sind, unterscheidet man kirchliche und weltliche Gemeinden, welche wiederum in Land- oder Dorf- und Stadtgemeinden zerfallen. Der Begriff kirchlicher Gemeinschaft ist erst mit dem Christenthume gekommen. (Vergl. Kirche.)
Kriegerisch, wie unsere Altvordern waren, ist auch der erste Ursprung der deutschen Gemeindeverfassungen. Wie jene in der Schlacht zusammengestanden und gekämpft hatten, siedelten sie sich auch gemeinschaftlich nachher im Frieden nebeneinander an. Die gemeinschaftlich überstandenen Gefahren des Krieges, die Liebe zu ihrem heimatlichen Herde und das Bedürfniß, ihre freie Heimat vereinigt vor fremden Eroberern zu schützen, schloß ein enges Band um die Tapfern und ihre Familien. Daher das echt deutsche Sprüchwort: »Alle für Einen und Einer für Alle.« Dies spricht sich hauptsächlich auch in jener sogenannten Gesammtbürgschaft aus, die wir schon bei den Mitgliedern der ältesten deutschen Gemeinden finden. Diese, in der Folge mehr und mehr ausgebildete, jedoch längst wieder verloren gegangene Verbrüderung verpflichtete z.B. die einzelnen Mitglieder einer Gemeinde, die Unschuld eines Angeklagten aus ihrer Mitte mit diesem zugleich zu beschwören (Eideshelfer), wenn sie von seiner Schuldlosigkeit überzeugt waren. Ebenso trugen sie die dem Einzelnen auferlegte Geldbuße gemeinschaftlich, wenn dessen Vermögen dazu nicht hinreichte. Zu Gründung einer Gemeinde war die Vereinigung von zehn Familien erfoderlich. Eben deshalb nannte man solche Gemeinden Decanien (Zehntschaften) und deren Vorsteher Decanus. Zehn solcher Decanien bildeten zusammen eine Centene (Hundertschaft) unter einem Centenarius, mehre Centenen einen Gau (s.d.), dessen oberster Richter Gaugraf genannt wurde. Obgleich die alten Deutschen ihre Wohnsitze innerhalb ihres Gaues nicht selten veränderten und diese ganze republikanische Einrichtung der Gemeinde mit der höhern Ausbildung des Staatslebens wieder verschwand und eben deshalb die mehrsten der jetzigen Gemeinden weit spätern Ursprungs sind, so gibt es doch jetzt noch einzelne Dorfgemeinden, welche erweislich schon zu den Zeiten Kaiser Karl's des Großen bestanden. Ja, von mehren Städten (besonders am Rhein und an der Donau) läßt sich nachweisen, daß sie schon damals existirten, wo die Römer noch in jenen Gegenden herrschten. Jedoch fällt die eigentliche Ausbildung der deutschen Stadtgemeinden in eine weit spätere Zeit, als die der Dorfgemeinden. Sie entstanden dadurch, daß nach und nach und zwar zuerst durch die Privilegien der Kirche, einzelne Landesstrecken eines Gaues der Gewalt des Gaugrafen entzogen (gefreit) wurden. Die Bewohner solcher gefreiter Territorien umschlossen ihre Wohnungen mit einer gemeinschaftlichen Mauer und bildeten sich, da sie den Gaugerichten nicht unterworfen waren, ihr eignes selbständiges Gemeinderecht. Dieses wurde Weichbildrecht genannt, was man von »Waich oder weih«, so viel als geheiligt, und »Bild« ableitet. Die Bewohner der Städte pflegten nämlich die Bilder ihrer Heiligen an den Grenzen ihres Stadtgebiets aufzustellen. Unter die ältesten geschriebenen Weichbildsrechte gehören vorzüglich das strasburger und das magdeburger, die bald nach der Mitte des 13. Jahrh. die Gestalt erhielten, in welcher sie auf unsere Zeiten gekommen sind.
Die Rechte, welche eine Gemeinde als eine vom Staate anerkannte Corporation hat und unter Oberaufsicht und Genehmigung der Staatsregierung ausübt, sind im Wesentlichen folgende: Zu Errichtung einer Gemeinde müssen wenigstens drei Personen zusammentreten, doch kann sie nachher auch durch Eine Person fortgesetzt werden. Eine Gemeinde bleibt dieselbe, wenn auch ihre Mitglieder sich verändern. Damit in Gemeindeangelegenheiten ein gültiger, d.h. alle Mitglieder der Gemeinde bindender Beschluß gefaßt werden könne, ist nöthig, daß alle stimmfähigen Gemeindemitglieder gehörig zusammenberufen werden, und wenigstens zwei Drittheile derselben erscheinen, unter welchen dann die Stimmenmehrheit entscheidet. Dies ist jedoch nur dann und nur in Bezug auf solche Angelegenheiten der Fall, welche[175] eine Gemeinde selbst besorgt. Sie hat nämlich das Recht, ihre Geschäfte ganz oder auch theilweise bestimmten Vorstehern zu übertragen. Diese Vorsteher werden in der Regel aus den Gemeindemitgliedern gewählt, bedürfen jedoch größtentheils der obrigkeitlichen Bestätigung und heißen in Dörfern gewöhnlich Richter, Dorfschulzen u.s.w., in Städten Bürgermeister, Rathsherren u.s.w. Sie müssen – insbesondere wenn sie mit Verwaltung der Gemeindegüter beauftragt werden – eine hinlängliche Caution (s.d.) vor Antritt ihres Amtes leisten, von ihren Geschäften der Gemeinde Rechnung ablegen und bleiben denselben für ihre Handlungen verantwortlich. Eine Gemeinde kann übrigens, wie jede einzelne Person im Staate, Vermögen erwerben und sich gegen Andere verbindlich machen; sie hat also z.B. das Recht, Gelder aufzunehmen und auszuleihen, Grundstücke anzukaufen und solche zu veräußern. Auch darf sie ein besondres Gemeindesiegel führen und genießt außerdem noch vorzugsweise, wie Minderjährige, die Rechtswohlthat der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, d.h. sie hat das Recht, in gewissen, durch die Gesetze bestimmten Fällen die vollständige Wiederherstellung eines nach der Strenge des Rechts verloren gegangenen Befugnisses wieder zu erlangen. Endlich ist jedes Mitglied derselben verbunden, die Ehrenämter zu übernehmen, und die persönlichen oder pecuniairen Lasten der Gemeinde tragen zu helfen, wenn es nicht einen besondern, rechtlich begründeten Befreiungsgrund nachzuweisen vermag. Die Gemeinde übt ihre Rechte unter dem Schutze und der Oberaufsicht der Staatsregierung aus, doch bedarf es nicht in allen, sondern nur in gewissen, besonders wichtigen Fällen der Einholung einer ausdrücklichen Genehmigung. Das Vermögen einer Gemeinde muß, es bestehe nun aus beweglichen oder unbeweglichen Gütern (Grundstücken) stets zum Vortheile sämmtlicher Gemeindemitglieder benutzt und verwendet werden. Dies kann auf doppeltem Wege geschehen. Entweder gestattet man sämmtlichen Gemeindegliedern einen gleichmäßigen Gebrauch am Gemeindevermögen, wie z.B. an Kirchen, Kirchhöfen, Schulen, Hutungen, Weideplätzen, Angern und Lehden, Gemeindeholzungen, Wegen, Brücken, Brunnen, Seen, Mühlen, Schmieden, Brauhäusern u.s.w., oder man vertheilt die Früchte des Gemeindevermögens, überhaupt das jährliche Einkommen aus demselben gleichmäßig unter die einzelnen Mitglieder. Dies ist gewöhnlich der Fall bei Capitalien, Pachtgeldern, Acker- und Gartengrundstücken, Obstpflanzungen und dergl. Diesem gilt gleich, wenn jenes Einkommen für Gemeindezwecke, z.B. zu Erleichterung der Gemeindelasten (d.h. Abgaben oder Dienstleistungen) für die Gemeinde, welche von allen Mitgliedern derselben verhältnißmäßig zu tragen sind, wie z.B. die Beiträge zu Erhaltung der nöthigen Beamteten, ferner zu Abtragung der Gemeindeschulden, zu Errichtung und Verbesserung der Kirchen und Schulen u.s.w. verwendet wird. Die Erfahrung hat gelehrt, daß das Gesammteigenthum einer Gemeinde, wenn es dem Gebrauche jedes einzelnen Mitgliedes derselben geöffnet wird, nicht nur oft zu den größten Streitigkeiten Veranlassung gibt, sondern auch gewöhnlich nicht so vortheilhaft verwaltet wird und eben deshalb nicht so reichlichen Ertrag gewährt, als es seiner Natur nach vermöchte; daher die Sprüchwörter: »Gemein ist selten ein«, »Gesammt Gut verdammt Gut«. Dies erregte, da der gesammte Nationalwohlstand wesentlich auf der zweckmäßigen Benutzung und Verbesserung des Grundeigenthums beruht, schon vor mehr als hundert Jahren die Aufmerksamkeit der Staatsregierungen. Zunächst war es England, welches sich von den staatswirthschaftlichen Nachtheilen einer solchen Benutzung der Gemeindegrundstücke überzeugte, und eben deshalb deren Vertheilung unter die einzelnen Nutzungsberechtigten gestattete. Englands Beispiele folgte in Deutschland zuerst Friedrich der Große. Er setzte bald nach Beendigung des siebenjährigen Krieges in allen Theilen seines Reiches Commissarien ein, welche unter steter Oberaufsicht der höchsten Landes-Collegien eine zweckmäßige Vertheilung der Gemeinheiten (d.h. des Grundeigenthums, welches die Mitglieder einer Gemeinde unter sich oder mit ihrem Gutsherrn zusammen oder endlich in Gemeinschaft mit andern Gemeinden zugleich besitzen und bewirthschaften) nach Recht und Billigkeit vollziehen sollten. Mit diesen Gemeinheitstheilungen wurde später die sehr zeitgemäße Ablösung verschiedener Gemeindedienste verbunden, wohin hauptsächlich die Aufhebung der Frohndienste gehört. (S. Ablösung.)
Gemeindebier nennt man eine bestimmte Menge Bier, welches in manchen Dorfgemeinden ein neu antretender Hauswirth den ältern Gemeindemitgliedern schenken muß. Auch versteht man darunter das Bier, welches von den Mitgliedern einer Gemeinde bei einer besondern Gelegenheit gemeinschaftlich getrunken und aus der Gemeindekasse bezahlt wird. – Gemeindehammer. In manchen Dörfern ist es gebräuchlich, die Gemeindemitglieder dadurch zur Versammlung zu rufen, daß man an die Hausthüre derselben mit einem besondern Hammer klopft, welcher eben deshalb Gemeindehammer heißt. – Gemeindehaus ist eigentlich jedes der Gemeinde gehörige Gebäude, doch bezeichnet man mit diesem Ausdrucke gewöhnlich das Haus, in welchem die Gemeindeversammlungen gehalten werden. Denselben Namen führen in der Regel auch die zur Wohnung armer und kranker Gemeindeglieder auf Kosten der ganzen Gemeinde eingerichteten Gebäude und Wohnungen. – Gemeindehirt ist der Hirt, welcher das Vieh der ganzen Gemeinde hüten muß, wofür er von den Gemeindemitgliedern gewöhnlich nach Verhältniß der Grundstücke, welche sie besitzen (seltner nach der Menge des Viehes, welches sie halten), bezahlt wird. – Gemeindeochs oder »Bulle« ist ein Zuchtochs, welcher von der Gemeinde gemeinschaftlich gehalten und nach einer gewissen Reihenfolge benutzt wird.
Unter Gemeindeordnungen versteht man den Inbegriff der Bestimmungen über die Gemeindeverfassung, über die Verwaltung und Anwendung des Gemeindevermögens, sowie über die Vertheilung der Gemeindelasten unter die einzelnen Mitglieder, überhaupt die innere Organisation der Gemeinde. Zu dieser letztern gehört unter Anderm die Feststellung der Bedingungen, unter welchen Jemand das Gemeinderecht (d.h. das Recht, in eine Gemeinde als Mitglied eintreten zu dürfen) erwerben und desselben verlustig werden kann u.s.w. In Dörfern können in der Regel nur Diejenigen Gemeindemitglieder sein oder werden, welche ein im Bezirke der Dorfmark gelegenes Bauergut oder bäuerliches Gut besitzen und dasselbe landwirthschaftlich bewirthschaften, also Ackerbau und Viehzucht treiben. Man kann daher z.B. die Rittergutsbesitzer, Prediger, [176] Schullehrer, Häusler, sowie die Städter, welche zum Vergnügen auf dem Lande wohnen, auch wenn sie Bauergüter besitzen, nicht als wirkliche Gemeindemitglieder ansehen, wenn sie das Gemeinderecht nicht auf eine besondere, rechtsgültige Weise erworben haben, z.B. durch besondere Landesgesetze oder Verträge, Verjährung oder Herkommen. Für die Verfassung der Landgemeinden und deren Vereinigung in größere Kreisgemeinden ist in Deutschland durch ein kön. preuß. Edict vom 30. Jun. 1812 der erste Schritt geschehen. Diesem Beispiele folgten zuerst Baiern, dann Würtemberg, das Großherzogthum Hessen und andere deutsche Staaten.
Eine besonders wichtige Gattung der Gemeindeordnungen sind die Städteordnungen, welche in der neuesten Zeit ein wichtiger Gegenstand der Gesetzgebungen geworden sind. Während nämlich die Dorfgemeinden im Mittelalter unter die Botmäßigkeit des von ihnen ursprünglich zum Schutze gegen räuberische Einfälle herbeigerufenen freien Adels gerathen waren, hatte sich in den Städten gleichzeitig eine nicht weniger drückende Aristokratie der Gemeindeverfassung ausgebildet. Die Ämter und Würden der Stadträthe waren erblich geworden. Diese hatten sich, da die Staatsregierungen in jenen Zeiten sich wenig um die Verwaltung der Städte kümmerten, eine unabhängige Stellung zu den Bürgern angemaßt, und verwalteten das Gemeindevermögen größtentheils ganz nach eignem Gutdünken, weil sie von ihrer Verwaltung keine Rechnung abzulegen brauchten. Daneben übten die Bürger unter sich wieder einen allen Aufschwung der Industrie lähmenden und hier und da noch gegenwärtig fortbestehenden Zunftzwang aus. Den ersten wichtigen Schritt zu Verbesserung des städtischen Gemeindewesens in Deutschland that der jetzt regierende König von Preußen, Friedrich Wilhelm III., im Jahre 1808 durch Einführung einer allgemeinen Städteordnung in seinen Staaten. Der Zweck dieses in der Folge vielfach veränderten und besonders durch die »Revidirte Städteordnung« vom 17. März 1831 verbesserten Gesetzes ging, wie im Eingange desselben ausdrücklich gesagt ist, dahin, »den Städten eine selbständigere und bessere Verfassung zu geben, in der Bürgergemeinde einen festen Vereinigungspunkt zu bilden, ihr eine thätige Einwirkung auf die Verwaltung des Gemeinwesens beizulegen und durch diese Theilnahme Gemeinsinn zu erwecken und zu erhalten.« Die wesentlichsten Bestimmungen der preuß. Städteordnung, wie sie jetzt ist, sind folgende: Das Bürgerrecht befähigt vor Allem zur selbständigen Theilnahme an den Gemeindewahlen und ist von Denjenigen nachzusuchen, welche städtisches Grundeigenthum besitzen oder ein stehendes Gewerbe in der Stadt treiben. Welchen Werth das Grundeigenthum hierzu haben und welchen Ertrag das Gewerbe jährlich gewähren muß, um zu Erlangung des Bürgerrechts den darum Ansuchenden zu befähigen, richtet sich nach der Größe der einzelnen Städte und wird durch die besondern, bei ihnen geltenden Satzungen (Localstatute) bestimmt. Daneben ist jedoch den Stadtgemeinden vergönnt, in einzelnen Fällen von diesen Bedingungen abzugehen und besonders würdigen, tüchtigen Männern, auch wenn sie diesen Bedingungen nicht Genüge leisten können, das Bürgerrecht zu ertheilen, ohne daß es der Zustimmung der Regierung bedarf. Dem Magistrate bleibt die ausführende (operative) Gewalt in der Stadt und der dazu gehörigen Umgebung. Die Stadtgemeinde wird durch besondere, von dem wahlberechtigten Theile ihrer Mitglieder erwählte Vertreter repräsentirt, welche den Namen Stadtverordnete führen. Die Zahl derselben richtet sich theils nach dem Umfang der ihnen obliegenden Geschäfte, theils nach der Größe der Städte, und wird gleichfalls durch das Localstatut festgestellt. Die Stadtverordneten wählen den Magistrat, welcher aus einem Bürgermeister oder Oberbürgermeister und drei oder mehren, theils besoldeten, theils unbesoldeten Mitgliedern besteht. Der Magistrat wird auf 12 Jahre und nur aus besondern Gründen und unter Zustimmung der Regierung auf Lebenszeit erwählt. Übrigens ist der Magistrat in wichtigern Angelegenheiten an die Zustimmung der Stadtverordneten gebunden, welche überhaupt die Verwaltung des städtischen Gemeindevermögens jederzeit controliren. Die preuß. revidirte Städteordnung ist der neuen kön. sächs. allgemeinen Städteordnung vom 2. Febr. 1832 im Wesentlichen zu Grunde gelegt worden. Doch ist die letztere weit ausführlicher bearbeitet und weicht besonders darin von jener ab, daß nach ihr nur den Bürgern die Erwerbung städtischer Grundstücke und die Betreibung bürgerlicher Gewerbe gestattet wird. Außerdem ist zu Erlangung des Bürgerrechts erfoderlich, daß man seinen wesentlichen Wohnsitz im Bezirke der Stadt hat. Ferner ist das Wahlrecht in der sächs. Städteordnung als ein bürgerliches Ehrenrecht bezeichnet. Auch sind nach ihr die Bürgermeister immer, die übrigen Magistratspersonen zum Theil auf Lebenszeit zu wählen. Endlich besteht in den größern sächs. Städten außer dem Magistrat und dem Collegium der Stadtverordneten noch ein sogenannter Bürgerausschuß, welcher von den Stadtverordneten in besonders wichtigen Fällen zur Berathung zu ziehen ist. Hierher gehört z.B. die Erwerbung und Veräußerung großer, der Gemeinde gehöriger Grundstücke, die Aufnahme eines neuen Darlehns, die Erhebung neuer städtischer Abgaben und dergl. Wie in Preußen und Sachsen, so sind auch in andern Staaten Deutschlands, z.B. in Baiern, Würtemberg, Hessen und Baden, in der neuern Zeit Städteordnungen gegeben worden. Die der letztgenannten drei Staaten weichen von der preuß. und sächs. hauptsächlich darin ab, daß nach ihnen das Bürgerrecht schon durch die Geburt, verbunden mit einem den Lebensunterhalt sichernden Vermögensbesitze, erworben wird. Die großherz. hess. Gemeindeordnung nähert sich in manchen Beziehungen den in Frankreich üblichen Gemeindeverfassungen. Hierher gehört z.B., daß nach derselben dem aus einem auf Zeit zu wählenden unbesoldeten Bürgermeister und einigen Beigeordneten bestehenden Magistrate ein sogenannter Gemeinderath an die Seite gestellt ist, welcher aus 9–30 Mitgliedern bestehen und alljährlich nur Einmal zusammentreten soll, um die dem Magistrate überlassene Verwaltung des Gemeindevermögens zu controliren. Auch muß wenigstens ein Drittheil der Mitglieder dieses Gemeinderaths aus der Zahl der höchstbesteuerten Bürger gewählt werden.
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