Java [1]

[761] Java, 1) (spr. Dschawa; in der Sprache der Eingeborenen: Djawa-tanah [Land] od. Djawa-nusa [Insel] genannt), eine der großen Sunda-Inseln (Südostasien), im Norden vom Java- (Sunda-) Meer, im Süden vom Indischen Ocean bespült, im Westen durch die Sundastraße von Sumatra, jm Osten durch die Balistraße von Bali getrennt; erstreckt sich von Westen gegen Osten in[761] einer Länge von 140 Meilen u. einer durchschnittlichen Breite von 20 Meilen von 122°47' bis 132°10' östlicher Länge (nach Ferro) u. umfaßt 2400 QM., einschließlich der dazu gehörenden umliegenden Inseln 2444 QM. Ein vulkanisches Gebirg (38 Vulkane) geht mitten durch I.; Spitzen: Karang 5263 Fuß, Gayak, Salak (blaue Berge) 6730 Fuß, Gelé (Pangarango) 8500 od. 9000 Fuß, Smeero (Semirn) 15,000 Fuß, Tegalgeda 12,000 Fuß, Sindoro u. Sumbin (od. zwei Brüder), Tioroton (viel Salanganennesterhöhlen), Bromo (Eruption von 1804), Patuha (Baduwa), Merapi (Eruption 1846 u. 1850) u.a. Mehrere sind Schlammvulkane, od. werfen zuweilen Wasser, andere nur Asche aus; die Bludugs (s.d.) sind solche, aus deren Wasser Salz gewonnen wird. Andere Gebirgsketten sind: Brahn, Karagan, blaue Berge, Tenger mit Ardjuna (Ardsch ...) 10,000 Fuß, etc. Vorgebirge: nördlich Niklas, Karawang, Pamanukau, Buang, Sedano, südlich Karang, Anjol, Palambang. Flüsse: Solo (Samangi), Kalitondo, Krawang, Pamanukang, Indramayo, Kediri u. v. a. Baien: Willkommenbai, Penandschong, Bantam u.a. Klima: sehr angenehm, doch nördlich in den Morästen, welche bes. an der Nordseite sind, ungesund, Erdbeben häufig. Die Regenzeit währt vom November bis April, sonst weht ein trockener Mousson. Das ungesunde u. tödtliche Klima des nördlichen Theiles wird dadurch sehr gemindert, daß in einer Höhe von 2–3000 Fuß auf den Bergen ein, dem gemäßigten Nordeuropa ähnliches Klima eintritt; die Einw. ziehen sich auch dahin zurück. Der Boden ist bis auf wenige Ausnahmen ungemein fruchtbar. Die Gesammtbevölkerung beträgt einschließlich der nordöstlich gelegenen Insel Madura: 9,570,000 Seelen, worunter 9,390,000 freie Eingeborene (Javaner), 124,000 Chinesen, über 28,000 Araber, über 16,000 Europäer (bes. Niederländer) u. gegen 10,000 Leibeigene. Die Javaner (Javanesen) sind malaischen Stammes, wohlgebildet, schwarzäugig, dunkelhaarig, gelblich (goldgelb eine Schönheit), verschieden nach Wohnort und Stande; sanft, höflich, verständig, vorsichtig, dankbar, doch auch rachbegierig u. abergläubisch. Die Männer verheirathen sich im 16., Mädchen im 10. bis 12. Jahre. Chinesen u. Javanesen verheirathen sich häufig gegenseitig. Die Mischlingsabkömmlinge heißen Mernake u. Tracht: ein weiter Mantel, kurze Beinkleider, Weste; die Tracht der Weiber unterscheidet sich wenig von der der Männer. Die Javanesen salben die Haare, schwärzen die Zähne, kauen gern Betel, lieben Spiele, bes. Schauspiele, Thierhetzen, Hahn- u. Wachtelkämpfe u. Tanz, haben viel musikalische Instrumente. Die vornehmen Javaner (Kadfs) sind prächtig bewaffnet u. führen das Volk im Kriege an. Die verbreitetste Religion ist seit dem 15. Jahrh. der Islam, nächstdem der Buddhaismus. Die heilige Sprache der Javaner ist das Kawi (s.d.), die gebräuchliche die Javanische Sprache (s.d.). Ihre Ära datiren sie von der Ankunft des Adl-Saka, welcher ihnen aus Siam das erste Alphabet brachte, sie beginnt 73 v. Chr. Producte des Thierreichs: Pferde, Büffel, Ochsen (zur Wirthschaft), Schafe u. Elephanten, Affenarten, schwarze Tiger, Leoparden, Schakals, Antilopen, Babyruffas, Papagaien, Salanganen, Pfauen, Krokodile, Schildkröten, Riesenschlangen, schöne Schmetterlinge; des Pflanzenreichs: Gewürz- u. Farbepflanzen, Palmen, Brotfrüchte, der Glägabaum, aus dessen Bast Papier bereitet wird, die Riesenblume Rafflesia, Reis, Zucker, Kaffee, Pfeffer, Indigo, Baumwolle, Tabak, Thee (jährlich Ausfuhr etwa 1,200,000 Pfd.), Upasbaum (s.d.); des Mineralreichs: Gold, Kupfer, Eisen, Salz. Man treibt starke Fischerei. Die Industrie ist gering, obgleich die Javanesen nicht ungeschickt sind. Der Handel liegt hauptsächlich in den Händen der Chinesen u. Europäer; im Inneren ist er sehr erschwert durch die Wege; die wichtigsten Handelsplätze sind: Batavia u. Surabaya. 1852 betrug die Ausfuhr 59 Millionen Holländische Gulden, die Einfuhr über 40 Millionen Gulden. In J. wird gerechnet seit 1826 nach Gulden (Silber-Rupien) zu 30 Stübern od. 100 Cents od. Duiten (Deuten) in der niederländischen Währung, s.u. Niederlande (Geogr.). Die Landesmünzen bestehen in Patacks u. chinesischen Cashes; der Patack = 6 Mace à 4 Cashes; 1 Tael (vgl China) hat 10 Mace od. 40 Cashes à 10 Candarinen. Papiergeld besteht in Zetteln von 1, 5, 10, 25, 50, 300, 600 u. 1000 Gulden u. es sind hiervon mehr als 10 Millionen in Umgang, welche zu einem sehr veränderlichen Werthe mit großem Verlust gegen baar Geld cursiren. Nächst den älteren u. neueren holländischen Gold- u. Silbermünzen sind verschiedene auswärtige ostindische Gold- u. Silbermünzen in Umlauf, im großen Verkehr aber spanische Dublonen u. Silberpiaster das beliebteste Zahlungsmittel; als Scheidemünzen cursiren die für Indien geprägten älteren holländischen Deute u. Cents (120 Deute = 100 Cents) u. um Batavia chinesische Cashes, hier Pitjes. Maße: Längenmaße der niederländische Voet = 0,3139, Meter = 1,0003 preußische Fuß u. der englische Yard; Feldmaß: die Djong zu 4 Bahu, 1 Djong = 2000 rheinl. ORuthen; Reis- u. Getreidemaß: der Koyang an Gewicht 27 Pikols. = 3551,479 preußische Pfund; andere Maße sind der Timbang zu 10 Sack = 5 Pikols, der Kulack zu 71/4 Kättis (91/16 holländ. Troypfund), der Amat = 2 Pikols, die Last = 46 Maß. Flüssigkeiten werden meist nach dem Gewicht bestimmt; sehr gewöhnlich ist die Kan (Kanne) = 11/2 Liter; Handelsgewicht: der Pikol (Pecul) zu 100 Kättis (Catties) à 16 Tehls (Tales, Tails), 1 Pikol = 131,5363 preuß. Pfund; 3 Pikols = 1 kleinen, 41/2 Pikols = 1 großen Behar (Bahar), 1 Kätti = 615,21 Gramm. Für den fremden Handel gilt hauptsächlich das holländische Troypfund (492 Grammes = 0,984 deutsches Zollpfund), welches auch Gold- u. Silbergewicht ist u. in diesem Falle in 9 Reales getheilt wird. J. wird in den niederländischen Theil u. die Staaten der (sogenannten) unabhängigen Fürsten getheilt. a) Die niederländischen Besitzungen umfassen etwa 1520 QM., auf der West-, Nord- u. Ostseite u. zerfallen in 23 Residentschaften (Präfecturen). J. ist der Hauptsitz der Macht der Niederländer in Ostindien; bildet ein Generalgouvernement mit Gouverneur u. Generaldirector des Handels; oberste Behörde der Rath von Indien. Die niederländische Regierung unterhält dort eine Heermacht von 11 Bataillonen Infanterie, 2 Bataillonen Artillerie, eine Abtheilung Pionniere u. einige Schwadronen Reiterei. Zum Generalgouvernement[762] (mit 8 Millionen Ew.) gehören noch die Niederländischen Inseln in Südasien, in einzelne Gouvernements abgetheilt. Die Einnahme betrug 1831 26,1833 461/2 Million, 1840 82,500,000 Gulden, u. die Ausgabe 1840 nur 40 Millionen holländische Gulden. Hauptstadt: Batavia. b) Die unabhängigen Fürsten sind: der sogenannte Kaiser von J., welcher eigentlich den Titel Susunan (Susuhunan, Pandscheran) führt u. Surakarta zur Residenz hat. c) Der Sultan, dessen Residenz Yudschyakerta ist. Beide sind factisch den Niederländern untergeben u. liefern ihre Producte zu festen Preisen in die niederländischen Magazine. Die einzelnen Orte stehen unter eigenen Vorstehern. Provinzen in dem unabhängigen Theile sind: Baghlen, Mataram, Schangaraga, Kadwang (Kaduwang), Madion, Panaraga, Patsche, Kadiri (Kediri), Brindschock. Außerdem gibt es noch zwei Sultane auf der nahen Insel Madura.

Die Javanesen stammen von Malaien ab. Erst später wanderten Chinesen, Baliinsulaner u. Hindus ein. Die Hindus hatten dort, lange vor Entdeckung der Insel durch die Europäer, den Brahmaismus eingeführt u. auf J. an mehreren Orten prächtige u. kolossale Tempel erbaut, von denen sich noch Ruinen in den Ländern der unabhängigen Fürsten finden. In ältesten Zeiten blühten in J. die Reiche Padschadsiran u. Madschaput, welches jedoch 1304 der Sultan von Ternate eroberte u. bis 1359 behauptete. Später erhielt das Reich Madschaput die Oberhand u. sein Monarch beherrschte die ganze Insel als Kaiser. 1406 kamen Muhammedaner nach J., führten dort ihre Religion ein u. gründeten die Reiche Bantam u. Mataram. Das Reich Mataram wurde von Siroehord gestiftet u. von seinen Nachkommen so vergrößert, daß Dschapara, Tahal, Madion, Mâdschaput, ja vielleicht auch Dschakatra davon abhängig wurden. Das Reich Bantam war 1406 von dem arabischen Scheik Ibn Israel od. Moelana gestiftet. Derselbe unterwarf Godohn, Padschadschwar u. theilte sein Reich unter seine Söhne; der älteste erhielt Cheribon, der zweite Bantam, der dritte die Nordwestküste von J. u. Dschamby u. Palambang in Sumatra. Durch Theilung u. andere Verhältnisse entstanden noch vier andere Sultanate, nämlich die von Dschakatra, Kalinjamot, Kedu u. Madura, doch gingen vier davon wieder unter, so daß bei Ankunft der Europäer zu Ende des 16. Jahrh. nur noch Bantam, Dschakatra, Cheribon u. das mächtigste von allen, Mataram, auf J. bestanden. Schon 1579 waren Portugiesen in J. gelandet u. hatten Handelsverbindungen mit den Einwohnern angeknüpft. 1594 landeten die Holländer unter Houtman in J., verdrängten die Portugiesen u. siedelten sich dort an. Bald erschienen auch die Engländer. 1610 nahmen die Holländer Dschakatra weg, gründeten daselbst eine Niederlassung u. bauten 1619 in der Nähe Batavia. Eine Reihe von falschen u. hinterlistigen Streichen begannen nun. Die Holländer suchten, nachdem sie die inzwischen hier ansässig gewordenen Engländer wieder vertrieben hatten, auch die einheimischen Fürsten mit einander zu entzweien, um so desto sicherer zu herrschen; dann bemächtigten sie sich Cheribons, schwächten nach u. nach Mataram u. zwangen endlich 1678 den Kaiser sich ihnen zu unterwerfen u. 1682 den Sultan Hadschi von Bantam, welchem sie zuerst gegen seinen Vater beigestanden hatten, ihnen seine Hauptstadt einzuräumen; 1742 wurde Bantam sogar ein Lehn der Holländisch-ostindischen Compagnie. So war denn Mataram noch allein übrig, u. auch dieses Reich verlor fortwährend an Kraft u. Besitz. Endlich mußte der Kaiser bei einem Einfall der Makassaren u. Maduresen, welcher ihm den Untergang drohte, die Holländer zu Hülfe rufen, welche ihn zwar von den äußeren Feinden befreiten, allein von nun an die Herren im Lande spielten, das Reich willkürlich theilten u. die eine westliche Hälfte dem rechtmäßigen Erben, welcher nun den Titel Susunan führt, die andere aber einem Seitenverwandten desselben mit dem Titel Sultan gaben. Die Fürsten lebten in gänzlicher Abhängigkeit von den Holländern, mußten an ihrem Hofe holländische Residenten u. bei ihrer Hauptstadt ein von den Holländern besetztes Fort dulden etc. So blieb das Verhältniß bis 1811, wo die Insel von den Engländern erobert wurde. Diese schickten Sir Stamford als Gouverneur hin, gaben den Fürsten wieder mehr Macht, erließen ihnen den Tribut, behielte jedoch die Forts besetzt; überhaupt blühte die Colonie unter englischem Regiment sehr auf. Durch den Pariser Frieden kam J. wieder an die Holländer u. wurde von ihnen 1816 besetzt. Anfangs nahm die Blüthe unter den Niederländern wieder ab, bis die Gouverneure van der Capellen u. van den Bosch ihre Pflege bes. dem Ackerbau angedeihen ließen, so daß seitdem die günstigsten Resultate erzielt wurden. Daneben hatten sie aber mehrfach mit den widerspenstigen Eingeborenen, welche sich den Niederländern nicht wieder fügen wollten u. Aufstände machten, Kämpfe zu bestehen. Am gefährlichsten war der Aufstand des Diepo Negoro um 1825, welcher zwar endlich unterworfen wurde, doch hörte der kleine Krieg mit den Eingeborenen nicht auf, u. die Niederländer verloren durch Klima u. in den Wäldern viele Menschen. Am meisten machte ihnen 1849 der Sultan von Bali zu schaffen, gegen welchen sie einen förmlichen Kriegszug unternahmen, s.u. Bali. Vgl. Raffles, History of Java, Lond. 1817, 2 Bde., 2. A. 1830; W. Crawfurd, History of the Indian Archipelago, Edinb. 1830, 2 Bde.; M. Marschal, Description de Java, Brüss. 1824; Landen zeetogt in Niederlands India, Amsterd. 1827; Hogendorp, Coup d'oeil sur l'ile de, Java, Brüss. 1830; Overzigt der financ. resultaten van het stelsel van kultures onder van den Bosch, Kampen 1835; Elten Jets over Staat Nederl. Indie, Amsterd. 1835; Roorda van Eijsinga, Jets over Nederl. Ind., Kampen 1836 bis 1850, 4 Bde.; Selberg, Über die vergangene u. gegenwärtige Lage der Insel Java, Rinteln 1840; Junghuhn, J., seine Gestalt, Pflanzendecke u. innere Bauart (deutsch von Haßkarl, Lpz. 1852–54, 3 Bde.); Derselbe, Java-Album, Lpz. 1855–56.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 761-763.
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