Münster [2]

[540] Münster, sonst größtes Hochstift des Westfälischen Kreises, grenzte an Ostfriesland, Oldenburg, Diepholz, Osnabrück, Lingen, Tecklenburg, Ravensberg, Rheda, Westfalen, Mark, Reklinghausen, Kleve, Bentheim u. die Niederlande, umfaßte 180 QM. mit 350,000 fast lauter katholischen Einwohnern; hatte seine Landstände u. wurde in das Ober- u. Niederstift u. vier Quartiere eingetheilt, wovon jenes das auf dem Braem, auf dem Drein u. das an der Stever, das Niederstift aber das Emsländische Quartier umfaßte. Wappen: ein goldner Querbalken in blauem Felde. Der jedesmalige Bischof war Reichsfürst u. hatte auf dem Reichstage im fürstlichen Collegium mit dem Bischofe von Lüttich den Rang. Im Westfälischen Kreise war er der erste kreisausschreibende Fürst u. Director. Das Bisthum wurde gegen Ende des 8. Jahrh. durch Karl den Großen gegründet u. dem St. Ludger, einem Friesen u. Apostel der Sachsen, übertragen. Das Christenthum brach sich in dem Sachsenlande durch dessen rastlose Thätigkeit Bahn, Kirchen, Klöster u. Missionsschulen wurden gegründet; er st. 809; sein Nachfolger war sein Biograph Altfrid. Anfangs stand das Hochstift unter der Erbschirmgerechtigkeit der Grafen von Tecklenburg, von welcher es Bischof Ludwig I. 1173 befreite. Kaiser Friedrich II. verlieh dem Domcapitel das Wahlrecht. Unter Bischof Hermann II. wurde es vom Kaiser Otto IV. zu einem Reichsfürstenthume erhoben, u. auch jetzt sollte das Domcapitel allein, mit Ausschluß der übrigen Stände des Stifts, den Fürstbischof wählen. Unter Bischof Gerhard (bis 1277) wurde der Dom vollendet. Bischof Ludwig II., Landgraf von Hessen (st. 1359), war der erste, welcher vom Papst bestätigt wurde, bis dahin ertheilte der Erzbischof von Köln die Bestätigung. Unter Bischof Otto von Hoya (1392–1424) erhielt das Hochstift 1396 in einer Theilung mit dem Bischof in Osnabrück das Schloß Oyta u. das Amt Kloppenburg, welches früher als besondere Grafschaft den Grafen von Tecklenburg gehört hatte; unter Otto's Nachfolger, Heinrich von Mörs, fiel 1430 das Amt Lüdinghausen an M. u. wurde 1538 dem Domcapitel pfandweise überlassen. Unter Bischof Franz von Waldeck fiel die Stadt M. in die Gewalt der Wiedertäufer (s.d.), welche bis zu ihrer Vernichtung 1535 Schrecken u. Unsittlichkeiten verbreiteten. 1553 wurde Wilhelm Ketteler Bischof. Das Amt Stromberg, ehedem eine Burggrafschaft des Reichs, gerieth durch die Vergünstigung des Kaisers Karl IV. an M., nachdem er den Burggrafen Burchard in die Acht erklärt u. diese durch den Bischof von M. hatte vollstrecken lassen. Wegen dieser Burggrafschaft suchte der kriegerische Bischof Christoph Bernhard von Galen (1650–1678) Sitz u. Stimme auf dem Reichsfürstenrathe. Dieses Gesuch wurde 1707 erneuert, auch 1708 von dem fürstlichen u. 1710 von dem kurfürstlichen Collegium bewilligt, die Bewilligung ist aber nie in Anwendung gekommen. Die Stadt M. gerieth erst 1661 unter die völlige Gewalt des Bischofs, welcher jedoch nicht hier, sondern in Koesfeld residirte. Mit den Erbmännern der Stadt M. (Patricier, aus denen der Magistrat gewählt wurde) führte das Domstift vor dem. Reichskammergericht einen von 1557–1709 dauernden Proceß über das von letzterm verweigerte Recht, in das Domcapitel eintreten zu können. Die Erbmänner gewannen denselben. Seit 1719 war der Erzbischof von Köln zugleich auch Bischof von M., so daß beide Länder unter Einem Landesherrn standen, jedoch verschiedene Regierungen hatten. Durch Reichsdeputationshauptschluß von 1803 wurde das Hochstift M., zum Behuf der Entschädigung verschiedener deutschen Fürsten, welche durch die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich in Folge des Luneviller Friedens Verlust an Land erlitten, säcularisirt. Preußen erhielt den größten Theil davon, nämlich die östliche Hälfte des Oberstiftes mit der Hauptstadt M.; die, Fürsten von Salm-Salm u. Salm-Kyrburg die Ämter Bocholt u. Ahaus; der Rheingraf von Salm fast das ganze Amt Horstmar; der Herzog von Croy das Amt Dülmen; der Herzog von Looz-Corswaren Theile der Ämter Rheinau. Wolbeck; der Herzog von Aremberg das Amt Meppen u. der Herzog von Oldenburg die Ämter Kloppenburg u. Vechta. Der preußische Antheil von M., etwa 60 QM. mit 128,000 Ew., bildete ein Fürstenthum M. u. blieb unter preußischer Herrschaft bis zum Tilsiter Frieden 1807, wodurch dasselbe an Frankreich abgetreten u. mit dem Großherzogthum Berg vereinigt wurde u. Bestandtheile der Departements der Ems u. der Ruhr bildete. 1810 aber wurde ein Theil des Fürstenthums M., in Folge eines Decrets von Napoleon, zu dem neugebildeten Lippedépartements des Kaiserthums [540] Frankreich geschlagen, mit welchem Departement u. dem gleichfalls französischen Departement der Oberems auch die übrigen Landestheile von M. verbunden wurden, die an die Häuser Salm, Aremberg, Croy, Looz-Corswaren u. Oldenburg gegeben worden waren. Durch den Wiener Congreß 1815 erhielt Preußen sein früher besessenes Fürstenthum M. wieder, mit Ausnahme eines kleinen Districts zwischen der niedern Grafschaft Lingen u. dem Fürstenthum Rheina-Wolbeck, der an Hannover kam; desgleichen wurden die münsterischen Landestheile der Häuser Salm, Croy, Looz-Corswaren (mit Ausnahme eines Theils des letztern, der gleichfalls an Hannover kam) als mediatisirte Besitzungen an Preußen gegeben, welches es unter die Kreise des Regierungsbezirks M., nämlich M., Lüdinghausen, Koesfeld, Borken, Ahaus, Steinfurt, Tecklenburg, Warendorf u. Beckum vertheilte. Der aremberger Antheil von M. kam als mediatisirle Besitzung an Hannover, u. die oldenburgischen Ämter von M. kamen wieder an Oldenburg. Der letzte regierende Fürstbischof war Maximilian Franz, Erzherzog von Österreich, er st. 1801, u. der bischöfliche Stuhl blieb dann bis 1821 unbesetzt, wo die preußische Regierung sich mit dem päpstlichen Stuhle verständigte, u. in Folge der Bulle de salute animarum die neue Diöcese M. hergestellt u. Freiherr v. Ludwig Bischof wurde; diesem folgte 1825 Freiherr Kaspar Maximilian Droste zu Vischering (st. 3. August 1846) u. diesem 1847 Johann Georg Müller. Die Diöcese M. liegt zwischen den Diöcesen Köln u. Paderborn zu beiden Seiten des Rheins, umfaßt außer Westfalen einen Theil von Oldenburg u. enthält fast 290 Pfarreien. Vgl. Die Münsterschen Chroniken des Mittelalters, herausgeg. von Fickero, Münst. 1851; Berichte der Münsterschen Chroniken von Röschel, Stevermann u. Corfey, herausgeg. von Janssen, 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 540-541.
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