Peloponnēsos

[793] Peloponnēsos, 1) (a. Geogr.), der südlichste Theil von Griechenland, Halbinsel, welche durch den Isthmus von Korinth mit Hellas zusammenhing, von welchem sie im Westen der Landenge durch den Korinthischen, im Osten durch den Saronischen Meerbusen, so wie theils durch das isthmische Land selbst mit dem Gebirge Geraneia u. mit seinen künstlichen Befestigungen, theils durch das südwestlich vom Isthmus sich erhebende Gebirg Oneion mit den Festungswerken von Korinth getrennt wurde. Andere Meerbusen waren der Argolische vom Ägäischen, der Lakonische u. Messenische vom Mittel-, u. der Kyparissische vom Ionischen Meere gebildet. Die Halbinsel war ein streng in sich abgeschlossenes Gebirgsland; der Hauptgebirgsknoten war der Berg Kyllene im Norden Arkadiens, u. von diesem ausgehend, mit dem Hellenischen Gebirge durch eine Reihe niedriger, felsiger Berge des Isthmus verbunden, durchzogen die Gebirge der Halbinsel das Land nach den verschiedenen Seiten, schieden das Land in zahlreiche, bestimmt abgegrenzte Gebiete u. erstreckten sich zum Theil bis ins Meer, welches in das Land tief einschnitt u. der gesammten Küste eine eigenthümliche ausgezackte, einem Platanusblatte ähnliche Gestalt gab u. eine große Menge Vorgebirge, Halbinseln u. Buchten bildete. Die wichtigsten Gebirge: Apesas, Artemision, Aroania, Erymanthos, Kyllene, Lykäon, Kotylion, Ithome, Parthenion, Arachnäon, Parnon, Taygetos; Vorgebirge: Akritas, Chelonatas, Araxos, Skylleion, Malea, Tänaron. Hauptflüsse waren der Eurotas u. Alpheos, außerdem der Peneos, Pamisos, Asopos, Inachos. Der P. enthielt neun Landschaften, welche durch ihre physische Beschaffenheit mehr od. weniger scharf abgegrenzt waren: Korinthia, Sikyonia, Phliasia, Achaia, Argolis, Lakonika, Messenia, Elis u. Arkadia. Reiche Fruchtbarkeit bezeichnete sie; Schifffahrt u. Handel waren durch die Lage u. Beschaffenheit des Landes begünstigt; Gewerbsthätigkeit u. Kunst blühte vorzugsweise in Sikyon u. Korinth. 2) (Seit dem Mittelalter Morea, u. Geogr.), Halbinsel im Süden des Byzantinischen Reichs u. dann, vom 15. Jahrh. an bis 1821, der Europäischen Türkei, mit dem Festlande durch die Landenge von Korinth zusammenhängend, welche das Gebirge Makri Plagi (Geraneia) quer durchschneidet u. über welche drei Pfade führen; wird umflossen vom Mittelmeere, welches nördlich die Meerbusen von Korinth u. Patras, östlich (Ägäisches Meer) die von Nauplia u. Ägina, südlich die von Koron u. Kolokythia, westlich (Ionischen Meer) den von Arkadia bildet; hat 402 QM. u. gegen 600,000 Ew.; ist im Innern gebirgig u. wird nach allen Richtungen hin von Bergen durchzogen, welche sich zum Theil bis über 8000 Fuß erheben u. fast während des ganzen Jahres mit Schnee bedeckt sind, u. welche viele Vorgebirge (Matapan, das südlichste von ganz Europa, [793] Malia, Skyli, Papa, Kalogria, Tornese, Katakolo, Gallo) bilden. Am höchsten erheben sich die Gebirge im Norden, wo Ziria (Kyllene), u. im Süden, wo das Pentedaktylon od. Mainagebirg (Taygetos), mit dem höchsten Gipfel St. Elias, sind; außerdem noch bes. im Westen der Chelmos (Aroania) u. Olonos (Erymanthos), im Osten der Malevo (Artemision). Das Land ist nicht sehr bewässert, bes. da die Flüsse im Sommer zum Theil vertrocknen (Hauptflüsse sind: der Vasipotamos [E rotas], Russia [Alpheos], Panitza [Inachos], Dipotamos [Pamisos]), aber doch reich an fruchtbaren Land strichen, Thälern u. Ebenen (von Tripolitza, Argos, Nisi, Mistra u.a., u. namentlich ist Messenien einer der gesegnetsten Punkte u. theilweise wie ein wahrer Garten), auch mangelt es nicht an Waldungen; angenehmes, im Sommer heißes, nicht immer u. überall gesundes Ktima, theilweise besonderer Bodenreichthum u. ungemeine Fruchtbarkeit des Landes, welchem es jedoch hin u. wieder an der erforderlichen Cultur fehlt. Unter der türkischen Herrschaft wurde der Ackerbau weniger, dagegen mehr Viehzucht getrieben, doch hat das Land Überfluß an Getreide, Reis, Öl, Wein, Korinthen, Feigen u.a. Südfrüchten, Baumwolle, Flachs, Gummitragant, Kermes, Maulbeerbäumen, Seidenraupen, Bienen, Vieh (Rindvieh, Schafe, doch nur mit mittelmäßiger Wolle, Ziegen, bei allen mit Gewinn von vortrefflichem Käse, Pferde, Esel). Die Industrie war früher unbedeutend u. beschränkte sich fast nur auf Seidenspinnerei, Baumwollenweberei u. Anfertigung von Eisenwaaren. Eifriger wurde vorzüglich die Schifffahrt u. der Handel betrieben; letzter beschäftigte sich mit Ausfuhr der Landeserzeugnisse von Getreide, Öl, Wein, Korinthen, Feigen, Honig, Wachs, roher u. bearbeiteter Seide, Häuten etc. u. erstreckt sich über alle Länder am Mittelmeere, Rußland, England, bis nach Indien u. Amerika. Der Griechische Freiheitskampf wurde für das Land im Allgemeinen u. bes. in einzelnen Beziehungen der Bodencultur sehr verderblich, u. namentlich litt es in dem Jahre 1825 in Folge des Einfalls u. längeren Aufenthalts des ägyptischen Heeres unter Ibrahim Pascha ungemein, welcher über 600,000 Öl- u. 150,000 Feigenbäume fällen u. verbrennen ließ. Eintheilung: Unter der türkischen Herrschaft bildete das Land das Sandschak od. Paschalik von Morea mit einzelnen Cantons u. Häuptlingsdistricten u. mit der Hauptstadt Tripolitza. Nachdem Griechenland zu einem Königreiche erhoben worden war, wurde der P. anfänglich (1833) bei Eintheilung des gesammten Staates in 10 Kreise (Nomen), in die fünf Kreise: Argolis u. Korinth, Achaia u. Elis, Messenien, Arkadien, Lakonien eingetheilt; diese Eintheilung wurde aber 1836 aufgehoben, u. bei der Gesammteintheilung des Königreichs in 30 Gouvernements u. 28 Untergouvernements zerfiel der P. anfangs in 13, dann (1838) in 11 Gouvernements, u. als nachmals auch diese Eintheilung wieder aufgegeben wurde u. man zu der in Nomenod. Nomarchien zurückkehrte, wurde schließlich der P. in die fünf Nomarchien: Argolis u. Korinth (Hauptstadt Nauplia), Elis u. Achaia (Hauptstadt Patras), Arkadien (Tripolitza), Messenien (Kalamata) u. Lakonien (Mistra) u. 23 Eparchien (Provinzen) eingetheilt. Zur Zeit seiner höchsten Blüthe hatte der P. 205 Städte u. über 2 Million Ew. Ein alter König im P. war Apis (s.d.). Zu den Urbewohnern kamen frühzeitig Pelasger, dann wanderten Danaer, Achäer u. Leleger ein. Danaos führte seine Colonie an die Küste von Argos, welches nun der Hauptstaat im P. wurde; auch Ätoler u. Achäer wanderten in Norden ein u. von den Nachfolgern des Danaos wurden Dryoper aufgenommen. Pelops bekam Elis, u. nach ihm erhielt die ganze Halbinsel den Namen P. (d.i. Pelops Insel). Durch die Wanderung der Herakliden kamen Dorier u. Ätoler in den P., unter welchen sich die Reiche Argos, Messenien, Lakonika, Korinth u. Elis bildeten (s.u. Griechenland, Gesch.); alle hatten einen König mit eingeschränkter Gewalt, u. da man endlich die königliche Regierung völlig aufhob, so traten eine Anzahl Republiken an die Stelle, welche den Besitz des P. theilten, nämlich: Korinth, Sikyon, Phlius, Achaia, südlich im mittelsten hohen Berglande breitete sich Arkadia aus, längs der Westküste Elis, an der Südwestseite der Halbinsel Messenia, an der Südostseite Lakonika, an den höhern Theilen der Ostküste das Gebiet von Argos; s. die Geschichte dieser einzelnen Staaten. Unter den Römern wurde der P. der großen Provinz Achaia (s.d.) einverleibt, doch scheint unter den spätern römischen Kaisern der P. eine eigene Provinz Hellas geworden zu sein. Nach der Theilung des Römischen Reiches machte der P. einen Theil der Diöcese Macedonien aus u. gehörte mit diesem zu dem Byzantinischen Reiche; seit dem Anfang des 13. Jahrh. unterwarf u. beherrschte erst Leo Sgure, Herr von Napoli di Romania, dann mehre kleinere lateinische Fürsten u. Dynasten den P.; im 14. Jahrh. wurde der P. bes. der Kampfplatz zwischen Türken u. den Byzantinischen Kaisern, später der Türken u. Venetianer, bis er 1517 eine türkische Provinz u. in Folge des griechischen Aufstands mit Hellas 1821 frei wurde, s.u. Griechenland (Gesch.) VIII.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 793-794.
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