[186] Tabakspfeife, 1) Geräth, durch welches man beim Tabakrauchen den durch das Verglimmen des Tabaks entstehenden Rauch in den Mund leitet. Walter Raleigh soll sie 1585 mit aus Amerika gebracht haben, nach And. sollen sie den Chinesen nachgebildet u. über Batavia nach Europa gekommen sein; 1570 machte man in Holland kegelförmige, aus Palmblättern zusammengeflochtene T-n. Die einfachsten T-n sind A) die Thonpfeifen (Holländische Pfeifen, weil sie in Holland in ausgedehntem Gebrauche sind); diese bestehen aus einem längeren od. kürzeren Rohre, an welches sich unten rechtwinkelig od. stumpfwinkelig der Kopf ansetzt. Die ganze Pfeife wird aus feuerfestem Pfeifenthon, von den Pfeifenmachern, einer Klasse der Töpfer, od. in Pfeifenfabriken verfertigt. Der Thon wird gut geschlämmt u. gereinigt u. zur Entfernung aller Steinchen nach dem Trocknen mit der Thonschneide, einem krummen Schneidmesser, in Scheiben geschnitten u. angefeuchtet mit dem hölzernen Thonschlägel geschlagen; darauf knetet der Roller den zu einer Pfeife nöthigen Thon auf einem Brete zu einer dünnen Walze (Weller), an welcher vorn ein Kloß für den Kopf sitzt; nachdem die Röhre des Wellers mit einem starken geraden Drahte (Weiserdraht) bis zum Kopfe gebohrt ist, wird der Weller mit dem noch darin steckenden Drahte von dem Former od. Kaster in die zweitheilige messingene od. eiserne eingeölte Pfeifenform gelegt u. die Form mittels der Schraube des Werktisches, welcher der Hobelbank des Tischlers ähnlich ist, fest zusammengepreßt, u. gleichzeitig mittels eines polirten eisernen Stempels (Stopfer) der Kopf in der entsprechenden[186] Höhlung der Form gebildet. Der überflüssige Thon (die Naht) wird mit einem Haken von Eisendraht abgenommen. Nachdem die Pfeife im Schatten abgetrocknet ist, spitzt sie der Tremmer mit dem Pfeifenmesser, dessen Klinge auf der einen Seite halbstumpf, auf der anderen feingezahnt ist u. welches einen halbringförmigen Stiel u. am hölzernen Hefte einen Stempel hat, mit der halbscharfen Seite des Messers, ebnet mit dem halbringförmigen Theile den Kopf, macht mit der zahnförmigen Seite einen punktirten Kreis um den Rand des Kopfes, wobei ein Tremmkopf, ein Stöpsel von Kork, in den Pfeifenkopf gesteckt wird, damit er nicht zerbreche, u. drückt am Pfeifenstiel od. am Fuße des Kopfes mit dem Stempel das Zeichen der Fabrik auf. Nun werden die Pfeifen getrocknet u. dann in einem Brennofen gebrannt, wobei sie in Pfeifenkasten schichtweise zwischen alten zerstoßenen Pfeifenstücken liegen, damit sie sich während des Brennens nicht werfen. Beim Brennen bekommen die Pfeifen einen mehlartigen Überzug, weshalb sie beim Gebrauch an den Lippen kleben; deshalb bestreicht man sie mit der Schnelle (s.d.). Man unterscheidet: Wappen-, Papst-, Kaiser-, Königs- (deren Stiel 24 Zoll lang ist), Comptoir-, Davids-, Mittel-, Bruch-, Bauerpfeifen. Auch kurze u. gekrümmte Pfeifen hat man. Ehedem wurden allem in Holland von den Thonpfeifen 50,000 Holland. Fl. Ausfuhrzoll gezahlt. Die beste Waare lieferte sonst Gouda, aber auch Köln (daher Kölner T.), Grenzhausen bei Neuwied, Wickenrode u. Großalmerode in Hessen. b) Die deutschen Pfeifen bestehen gewöhnlich aus dem Kopfe, dem Stiefel, dem Rohre u. der Spitze. Der Kopf ist aus Porzellan, oft gemalt, aus Meerschaum, Serpentin, Holz, bes. Maser etc., meist größer als bei den Holländischen Pfeifen. Das Rohr ist größtentheils aus Holz, bes. sind die Weichselrohre (im Handel als Ortowinen), vom Holz der Mahalebkirsche, wegen ihres Wohlgeruchs sehr gesucht. Der Stiefel (Schlammsack) hat zwei miteinander in Verbindung stehende Öffnungen); in die eine derselben wird der Kopf mit seinem Stiele, in die andere das untere Ende des Rohres eingesteckt; in dem Stiefel sammelt sich beim Rauchen die aus dem Rohr herabfließende Feuchtigkeit (Schmergel) u. wird so verhindert den im Kopf befindlichen Tabak zu durchnässen. Die Spitze endlich ist fast stets aus Horn, hat aber, namentlich wenn sie etwas lang ist, oft ein elastisches Mittelstück, theils der Bequemlichkeit wegen, theils um die Zähne vor Stößen zu schützen. Raucht man im Zimmer mit Muse, so bedient man sich gern einer langen T., d.h. einer solchen mit langem Rohre; auf der Reise, bei der Arbeit etc. raucht man lieber aus einer kurzen T. Auch hat man T-n mit langem elastischem Rohre, welches innerlich aus einem spiralförmig gewundenen Drahte besteht u. äußerlich mit Seiden- od. Wollengeflecht überzogen ist. e) Die Türkischen Pfeifen, deren man sich im Orient u. beim Rauchen der sogenannten türkischen Tabake bedient, haben einen kleineren Kopf aus rothem Thon (Siegelerde) od. Meerschaum u. sind nicht selten mit Edelsteinen verziert. Das Rohr ist lang, am liebsten aus Weichselkirsche od. einem anderen wohlriechenden Holze (welches oft mit besonderer Pflege mehre Ellen lang gezogen wird, indem man alle Seitenschößlinge sorgfältig entfernt) ob. auch elastisch. Das Mundstück (Tschibug) besteht oft aus Bernstein od. Speckstein, häufig mit Gold ausgelegt; diese Stücke werden abwechselnd auf eine hohle, aus Buchsbaum, Rosenholz etc. gedrehte Spitze aufgesetzt, welche in das Rohr eingesteckt wird. Die türkische Wasserpfeife, Narghile, besteht aus einem gläsernen Gefäß in Form einer Urne od. einer Flasche mit langem Halse; oben auf ist ein runder metallener Behälter, in weichen angefeuchteter Tabak gethan u. darauf eine brennende, meist wohlriechende Kohle gelegt wird. Der gläserne Behälter ist mit Wasser gefüllt, durch welches der Tabaksdampf geht, welchen man mittelst eines langen, biegsamen, schlangenförmigen Rohrs durch den Mund zieht. Das Glasgefäß steht auf der Erde u. die Raucher, deren mehre ihre Pfeifenröhre darein stecken, liegen dabei auf einem Divan od. einem Teppich. d) Die kleinste Art der T-n sind die Cigarrenpfeifen, welche in Form u. Gestalt den T-n nachgebildet sind, deren Kopf aber so klein u. eng ist, daß man nur eine Cigarre hineinstecken kann. 2) (Tabakspfeifenfisch), eine Art Pfeifenfisch, s.d.; 3) (Petref.), langgewundene Stachel- od. Spindelschnecken, in Piemont u.a. O.
Buchempfehlung
Julian, ein schöner Knabe ohne Geist, wird nach dem Tod seiner Mutter von seinem Vater in eine Jesuitenschule geschickt, wo er den Demütigungen des Pater Le Tellier hilflos ausgeliefert ist und schließlich an den Folgen unmäßiger Körperstrafen zugrunde geht.
48 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro