1. Der Sturm bläst das Feuer aus oder facht es an.
Dän.: Stormvind enten udslukken ilden, eller gjør den alt for stor. (Prov. dan., 532.)
2. Der Sturm bricht mehr Aeste als Halme. – Altmann V, 86.
3. Der Sturm schadet den Stoppeln weniger als dem Getreide.
4. Der Sturm versucht die Klugheit des Steuermanns. – Winckler, VIII, 44.
5. Der Sturm will seinen Willen han, drum lass ihn erst vorüber gahn.
Dän.: Duk dig, laad gaae over; veiret vil have sin villie. (Bohn I, 364.)
6. Ehe der Sturm kommt, warnt ein Windlein.
7. Ein grosser (heftiger) Sturm dauert nicht lange.
Holl.: Een groot tempeest duurt niet lang. (Harrebomée, II, 328b.)
8. Ein Sturm ist verloren, greif zum andern! – Lehmann, 22, 24.
Von Belagerungen entlehnt.
Böhm.: Utok lidí nerodí. (Čelakovsky, 367.)
Poln.: Szturm ludzi nierodzi. (Čelakovsky, 367.)
9. Ein Sturm kann den vollsten Baum entblättern. – Altmann VI, 478.
10. Ein Sturm treibt den Staub auch zu hohen Fenstern hinein.
Dän.: Det haver blæst hart, skarnet er fløyet i høg-sædet. (Prov. dan., 7.)
11. Ein Sturm verjagt viel Spreu. – Sprichwörtergarten, 178.
Von unechten Freunden.
12. Hat der Sturm sich gelegt, so sind die Gelübde des Schiffers vergessen. – Altmann VI, 399.
13. Im Sturm lenkt Gott das Schiff.
14. Im Sturm verkriecht sich der Wurm.
Auch so mancher Freund.
15. Im Sturm zeigt sich der Steuermann.
Die Russen: Im Sturm ist's, wo der Steuermann seine Kunst bewährt. (Altmann VI, 430.)
Dän.: Naar stormen er størst; kiendes styremandens konst best. (Prov. dan., 523.)
16. In Stürmen gilt's die Segel einzuziehen.
17. Ist der Sturm vorbei, wirft man's Gebetbuch weg.
Engl.: Once on shore, we pray no more. (Gaal, 614.)
18. Je grösser die Stürme, desto fester wurzelt die Eiche. – Parömiakon, 2546.
Des Frommen Gottvertrauen wächst im Unglück.
19. Nach dem Sturme Sonnenschein. – Eiselein, 583; Simrock, 10006.
Böhm.: Po bouři bývá jasno, a po jasnu mračno. – Po nečase čas bývá. (Čelakovsky, 197.)
Engl.: After a storm comes a calm. (Eiselein, 583; Bohn II, 135.)
Holl.: Na storm volgt stilte. (Harrebomée, II, 10b.)
It.: Doppo il cattivo ne vien il buon tempo.
[948] 20. Stürme halten sich an Thürme. – Sprichwörtergarten, 394.
Der Hochstehende ist mehr Gefahren ausgesetzt, als der im niedrigen Stande Lebende.
It.: Il vento più percuote più alte cime.
21. Was kann der Sturm den Stoppeln thun!
Die Russen: Der Sturm schadet den Stoppeln weniger als dem Getreide. (Altmann V, 127.)
22. Was macht sich der Sturm aus einem Häuflein Federn!
Die Russen: Es schadet dem Seehund nichts, wenn er eine Möve zum Feinde hat. (Altmann V, 113.)
23. Wenn der Sturm die Eiche schüttelt, erschrickt das Rohr.
Poln.: Bać się trzeba trzcinie, gdy dąb wiatr wyrne. (Lompa, 5.)
24. Wenn Sturm ist, wachen die Gebetbücher auf.
Am besten kann man dies auf einem Auswandererschiffe sehen, wenn der erste Sturm eintritt. »Wie oft«, sagte ein Schiffsjunge zum andern, »betet ihr auf euerm Schiffe?« – »Wir beten blos, wenn Sturm naht?« – »Jenun, das ist vernünftig; unser Pfarrer zwingt uns zum Gebet, auch wenn's nicht nöthig ist.« (Braun, Bibliothek des Frohsinns, III, 46, 158.)
25. Wenn's Sturm gibt, schreien die Gimpel.
Würde aber der Sturm ausbleiben oder aufhören, wenn man die Gimpel einsperrte?
26. Wer Sturm läutet, steht sicher.
Span.: A buen salvo está el que repica. (Don Quixote.)
27. Wie der Sturm braust, so heult das Meer.
Aehnlich russisch Altmann VI, 397.
*28. Er läuft Sturm.
Wendet dîe äussersten Mittel zur Erreichung eines Zwecks an.
Holl.: Hij loopt storm. (Harrebomée, II, 10b.)
*29. Es ist ein Sturm im Glase Wasser.
Eine Revolution im verjüngten Massstabe, die Maus will einen Berg gebären. In den Vereinigten Staaten sagt man dafür: Ein Sturm im Theekessel. (Vgl. Wochenblatt der Neuyorker Staatszeitung, vom 17. Dec. 1864, S. 4.) Eine grosse Aufregung, die aber, auf die engsten Grenzen beschränkt, ohne weitere Folgen bleibt. Der französische Gesandte Salvandy in Neapel prophezeite die Julirevolution, die kein Sturm im Glase Wasser war, welcher Ausdruck nach einer Andeutung Weber's (Demokritos) Linguet mit Bezug auf Unruhen in Genf angewendet haben soll und dessen Urbild bereits im Lateinischen sprichwörtlich war, wie aus Cicero (De legibus, 3, 16): Excitabat enim fluctus in simpulo, ut dicitur, Gratidius erhellt. (Büchmann, 223.)
*30. Es ist schon mancher Sturm über ihn ergangen. – Mayer, II, 159.
*31. Im Sturm opfere dem Echo.
Aus dem Griechischen, um zu sagen: bei Unruhen halte dich zur stärkern Partei. (Vgl. Demokritos, VI, 64.)
Lat.: Fluctus excitare in simpulo.
32. Auf en Sturm g'hört au a Regen. (Schwaben.)
Lat.: Raro ventus semper tuosus pluvia.
33. Im Sturme wird das Liebste auf dem Schiff zu Ballast.
In der Noth muss auch das Theuerste geopfert werden.
34. Im Sturm wirft man das Beste über Bord.
35. Kommt der Sturm von Ferrara her, dann netzt er die Landschaft ringsumher.
It.: Quando il tempo vien dal Ferrarese, si bagna ogni paese. (Giani, 1628.)
36. Wenn ein Sturm in Sicht, springen die Delphine.
[1754] *37. Die kann noch manchen Sturm erleben, ehe sie hundert Jahr wird.
*38. Er will aus einem Sturm Riemen schneiden zu Pferdegeschirren.
Adelung-1793: Sturm, der · General-Sturm, der
Brockhaus-1911: Sturm- und Drangperiode · Sturm [2] · Sturm
Eisler-1912: Sturm, Johannes · Sturm, Johann Christoph
Herder-1854: Sturm [4] · Sturm [5] · Sturm [3] · Sturm [1] · Sturm [2]
Meyers-1905: Sturm [4] · Sturm- und Drangperiode · Sturm [3] · Sturm [1] · Sturm [2]
Buchempfehlung
Das kanonische Liederbuch der Chinesen entstand in seiner heutigen Textfassung in der Zeit zwischen dem 10. und dem 7. Jahrhundert v. Chr. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Victor von Strauß.
298 Seiten, 15.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro