1. Besser im Staube als am Throne kriechen.
2. Blas' mir den Staub weg und lass mir den Dreck liegen. (Franken.)
Ironisch zu einem Geputzten. In Böhmen von einem unbemittelten Menschen, der sein weniges Geld für überflüssigen Putz oder entbehrliche Dinge ausgibt und am Nothwendigen Mangel leidet.
3. Den Staub bringt man nit aus den Kleidern ohne Steckenschlag, und die Bossheit nit aus den Kindern ohne die Ruthe.
Lat.: Poena leves non possunt refraenare insaniam. (Sutor, 183.)
4. Der Staub, den die Schafe aufwirbeln, thut den Augen des Wolfs nicht wehe.
Span.: El polvo de la oveja, alcohol es para el lobo. (Cahier, 3595.)
5. Der Staub lacht, wenn man mit einem Besenstiele die Stube fegt.
6. Der Staub, welcher uns in die Augen getrieben wird, ist selten Goldstaub.
7. Erst der Staub füllt das Auge des Menschen. – Burckhardt.
Ehrgeiz und Habsucht des Menschen ruhen nicht eher, als bis der Mensch im Grabe liegt.
8. Gestern noch im Staube und heut' in Spitzenhaube.
Holl.: Die gistren lag in 't stof, is heden heer van 't hof. (Harrebomée, II, 307b.)
9. Man muss sich den Staub nicht selbst in die Augen blasen. – Lehmann, 695, 72.
10. Offt legt sich ein staub vff die warheit, den muss man wegblasen oder mit einer bürst abkehren. – Lehmann, 865, 36.
11. Sechs Monate Staub, sechs Monate Koth.
Spanisches Sprichwort auf den Philippinen.
12. Staub bleibt Staub, und wenn er bis zum Himmel auffliegt. – Simrock, 9830; Körte, 5706; Masson, 11.
[783] 13. Staub, Russ und Mehl machen trocken die Kehl'.
Daher trinken wol auch Fuhrleute, Ofen- und Schornsteinfeger und Müller gern. (Vgl. Hackländer, Ueber Land und Meer, Stuttgart 1864, XIII, 65.)
14. Was ich doch für Staub machen kann, sagte die Mücke, als sie auf dem Heuwagen sass.
15. Wenn sich ein Staub vff ein Sack gelegt, den muss man wegblasen oder mit einer kehrbürst drüber fahren. – Lehmann, 716, 25.
16. Wenn sich Staub in die Räder setzt, bleibt die Uhr stehen.
17. Wer den Staub scheut, bleibe von der Tenne. – Simrock, 9831; Körte, 5707.
Der in diesem Sprichwort ausgedrückte Gedanke gehört zu denen, die sich fast bei allen Culturvölkern sprichwörtlich ausgesprochen finden. Hier heisst es: Wer sich vor Blättern fürchtet, der muss nicht in den Wald, wer die Dornen scheut, nicht in den Busch gehen. Wer das Wasser scheut, darf kein Schiffer werden. Wer Wasser und Wind fürchtet, nicht aufs Meer gehen. Wer Schwindel hat, muss nicht aufs Dach steigen oder: darf kein Schieferdecker werden. Dort sagt man: Wer sich vor den Sperlingen fürchtet, darf keinen Hirse säen. Wer das Feuer scheut, soll kein Bäcker werden. Wer sich fürchtet den Strang zu ziehen, soll sich nicht zum Glöckner melden. »Wiltu im staub des meels nicht stehn, so soltu in kein müle gehn.«
Frz.: Qui crainct de se mouiller ne prendre pas de truites. (Masson, 111.)
It.: Chi non vuol in farinarsi non vada al molino.
Lat.: Non intret molam, qui uult nitare farinam. (Loci comm., 146.)
18. Wer in den Staub blaset, dem staubt er vnter die Nase. – Petri, II, 723.
19. Wer in Staub bläst, hat seine Augen bald voll.
Engl.: He that blows in the dust, fills his own eyes. (Bohn II, 3.)
It.: Chi soffia nella polvere, se ne empie aeli cechie. (Bohn I, 89.)
20. Wer Staub in den Augen hat, macht's durch Reiben ärger.
Lat.: Curando fieri quaedem majora videmus vulnera, quae melius non tetigisse fuit.
21. Wer Staub über sich wirft, muss die Augen zuhalten. – Altmann VI, 422.
22. Wo viel Staub liegt, nützt ein alter Besen nichts.
*23. Blas' mir doch den Staub weg. (Ostpreuss.)
Zum Hochmüthigen.
*24. Blase mir den Staub weg! Für Zwei Pfennig Linsen, das Brot hab' ich gefochten. – Körte, 5707d.
Spott auf den sich spreizenden Bettelstolz. (Trachsel, 6.) Weinhold (93) führt die Redensart: Blas' mir den Staub weg, in dem Sinne auf: Lass mich zufrieden! Dann würde sie eine verhüllende Form für die unter Ellenbogen 6 aufgeführte Redensart sein.
*25. Den Staub von den Füssen schütteln. – Eiselein, 577.
Frz.: Oster la pouldre de ses pieds. (Leroux, II, 376.)
Lat.: Puluerem excutere pedum. (Bovill, II, 86.)
*26. Einem den Staub aus den Augen blasen. – Körte, 5707b.
*27. Einem den Staub ausklopfen.
Frz.: Nettoyer un homme sans vergettes. (Kritzinger, 478a.)
*28. Einem Staub in die Augen streuen. – Körte, 5707c; Braun, I, 4257.
*29. Er hat sich aus dem Staube emporgeschwungen.
Frz.: Il est venu de petits commancements. (Kritzinger, 157a.)
*30. Er hat Staub auf den Lippen. (Thüringen.)
Von einem äusserst Schweigsamen.
*31. Er kommt aus dem Staube in die Mühle. – Simrock, 9829; Masson, 259.
*32. Er will den Staub vom Olymp blasen. – Parömiakon, 1915.
Von einem, der sehr stolz einhergeht.
*33. Ich wil dir den staub von den ohren blasen. – Franck, II, 91b.
*34. Man wird hier zu Staube, ehe man todt ist.
*35. Sich aus dem Staube machen. – Eiselein, 577; Mayer, I, 130; Körte, 5707a; Lohrengel, II, 437; Parömiakon, 1140; Boregk, Chronik, 464; Braun, I, 4256; Hügel, 155b.
»Der Hans schlich dervon wie anne hoas Uncke; denn a reh vnd machte sich bei Zeten aussen Staub.« (Keller, 168a.) Im ähnlichen Sinne wendet man die an [784] ihrem Orte aufgeführten Redensarten an: Mit Fersengeld bezahlen. Das Hasenpanier ergreifen. Durch die Lappen gehen. Durch die Latten brennen. Sich über alle Berge machen.
Frz.: Bander la caisse. – En filer la venelle. (Lendroy, 1489.) – Gagner la colline. – Il a gagné le haut. (Kritzinger, 371b.) – Il s'échappe comme une anguille. (Kritzinger, 29a.) – Il s'est absenté du pais. (Kritzinger, 4b.) – Plier (trousser) bagage. – Prendre la poudre d'es campette. – Tirer ses chausses. – Tirer ses gregues. – Tourner les talons. (Masson, 366.)
Holl.: Hij maakt zich uit het stof. ( Harrebomée, II, 307b.)
Lat.: Ancoras tollere. (Erasm., 148.) – Duobus pedibus fugere. (Philippi, I, 128.) – Procul a pedibus equinis. Volam pedis ostendere. (Philippi, II, 109 u. 261.)
*36. Staub in die Mühle tragen.
Frz.: Danser un branle de sortie. – De changer le plancher. (Kritzinger, 89b u. 203b.) – Faire escampatinos. – Faire Jaques déloge. (Kritzinger, 285a.) – Faire son paquet. (Kritzinger, 213a u. 505.) – Fendre l'air. – Fendre l'argot. – Il est passé comme un clair. (Kritzinger, 17a, 36a u. 257a.) – Prendre le large. – Tirer le nerf. (Kritzinger, 412b u. 476b.)
*37. Staub machen. – Schles. Provinzialbl., 1866, 428.
In der Gegend von Nimptsch für: Reissaus nehmen.
*38. Stof verkaufen. (S. ⇒ Rauch 137.) – Tappius, 141a.
*39. Viel Staub aufwerfen.
Viel Lärm um nichts oder zur Täuschung. » ... Aehnlich dem Schwindel bei Errichtung der Handelsbank, die seinerzeit so viel Staub aufwarf.« (Neuyorker Staatszeitung vom 6. Nov. 1863, S. 1.)
40. Viel Staub im August macht dem Viehe kranke Brust. – Wunderlich, 30.
41. Wenn viel Staub aufgewirbelt wird, sieht man die Sonne nicht. – Schlesische Presse, 1877, Nr. 273.
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