1. A Wirm krêlt föör a duas. (Amrum.) – Haupt, VIII, 369, 310.
Ein Wurm krümmt sich vor dem Tode.
2. As män zertret dem Worem, krümmt er sich auch. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Der Sanftmüthigste und Geduldigste widerstrebt den Mishandlungen.
3. Auch der Wurm krümmt sich, wenn er getreten wird. – Dove, 47; Binder III, 4148.
Engl.: Tread on a worm, and it will turn. (Bohn II, 14.)
Frz.: Un ver se rebèque, quand on le presse. (Kritzinger, 586b.)
Lat.: Et formicae sua bilis est. (Seybold, 155.) – Non solum taurus ferit uncis cornibus hostem, verum etiam iustanti laesa repugnet ovis. (Philippi, II, 44.) – Tam parvum nihil est, cui sit defensio nulla. (Binder II, 3276.)
Poln.: I robak piśnie, gdy go kto przyciśnie. (Lompa, 12.)
4. Auch ein weicher Wurm zernagt ein hartes Holz. – Mayer, I, 117.
5. Der hat ein Wurm im Kopf, der ein vergült rappier in ein alt verrissenen scheid steckt. – Lehmann, 145, 76.
6. Der kleinste Wurm hat sein Löchlein. – Hlawatsch, 18.
7. Der schlechteste Wurm an der Angel lockt oft die besten Fische. – Parömiakon, 2875.
8. Der Wurm hat vor dem Hahne immer Unrecht.
9. Der Wurm im Essig ist aus dem Essig selbst. – Burckhardt, 269.
Wird gebraucht, wenn ein unangenehmes Ereigniss in einer Familie vorfällt, welches von einem schlechten Gliede derselben selbst verursacht ist. – Die englischen Neger in Surinam: Der Wurm, sagt Meister Djaka, kriecht nicht von ungefähr. (Ohne dass Regen gefallen ist.) Von jemand, der nichts ohne Absicht thut.
10. Der Wurm krümmt sich nicht vor Ehrfurcht. (Niederlausitz.)
11. Der Wurm lockt den Fisch mehr als die Angel. – Altmann VI, 414.
12. Der Wurm, so im Rettich geboren, weiss nicht, wie's dem im Apfel schmeckt.
13. Der Wurm, welcher sich in einen Rettich einbohrt, hält ihn für eine Rübe.
Die Liebe ist blind; der Verliebte hält blaue Flecke für blaue Augen.
Böhm.: Zavrtal se červ do ředkve, a jemu se řepa zdála. (Čelakovsky, 241.)
14. Der Wurmb ein harte Nuss ausslert, der Wucher Leut vnd Städt verzehrt. – Lehmann, 913, 9.
15. Die Würmer alle ohne Augen zum Graben gut im Finstern taugen. – Eiselein, 653.
16. Die Würmer in den Balken hören auch.
Lat.: Nullum puta sine teste locum. (Sutor, 907.)
17. Die Würmer mit zu vielen Füssen um desto sachter gehen müssen. – Eiselein, 653.
18. Ein getretener Wurm krümmt sich. – Lohrengel, I, 217.
19. Ein kleiner Wurm bohrt sich in die härteste Eiche.
20. Ein kleiner Wurm kann einen grossen Baum zerstören.
Poln.: Robak mały wielkiego dęba strawi, nie že barzo kąsa, ale že często toczy. (Čelakovsky, 126.)
21. Ein Wurm beisst dann und wann auch einen sauern Apfel an.
[462] 22. Ein Wurm krümmt sich vorm Tode. – Blum, 453.
23. Es ist kein Wurm so klein, er krümmt sich, wenn man ihn tritt. – Blum, 450; Meisner, 44, 1; Simrock, 11935; Körte, 7035.
Auch der zu Boden getretene Wehrlose sträubt sich im Gefühl des Schmerzes gegen die Mishandlung des Mächtigern.
Engl.: Tread on a worm, and it will turn. ( Gaal, 1772.)
Frz.: Il n'y a point de si petit ver qui ne se recoquille, si l'on marche dessus. (Lendroy, 1291.) – Le plus petit ver se recoquille quand on le presse. (Cahier, 1778; Kritzinger, 586b.) – Un ver de terre se rebèque bien quand on marche dessus. (Kritzinger, 708a.)
Holl.: Daar is geen worm zoo klein, die zich niet kromt. (Harrebomée, II, 482a.)
Lat.: Habet et musca splenem. (Apostol., 9.) (Binder II, 1270.) – Muscae quoque splen est. (Binder I, 1049; II, 1960; Manutius, 875.)
Ung.: A' féreg-is meg tekeri magát ha reá hágnak. (Gaal, 1772.)
24. Jeder hat seinen Wurm (Tollwurm.) – Pistor., VIII, 17; Siebenkees, 275; Blum, 454; Simrock, 11934; Masson, 313; Körte, 7036.
Allen kleben Lieblingsthorheiten an, sowie alle Hunde den Muskel unter der Zunge haben, welchen das Vorurtheil für die Anlage zum Tollwerden hielt.
It.: Ciascun ha il suo diavolo all' uscio. – Ogni legno ha il suo tarlo. (Gaal, 1218.)
Kroat.: Vsaki svóga kríža ima. (Čelakovsky, 186.)
Lat.: Suos quisque manes patitur. (Gaal, 1218.)
Poln.: Každy ma swego mola, co go gryzie. – Každy ma swoje rupie. (Čelakovsky, 186.)
Wend.: Kóždy ma swojeho kraholca (krahulce). (Čelakovsky, 186.)
25. Man muss einen Wurm an die Angel binden. – Lehmann, 289, 76.
Um einen Zweck zu erreichen, ein Geschenk u.s.w. nicht schonen. (S. ⇒ Aas 4, ⇒ Luder 11, ⇒ Speck 130.)
26. Mann trit ein wurm so lange, biss er sich krümmt. – Egenolff, 323b; Gruter, I, 58; Blum, 448; Schottel, 1114a; Petri, II, 470.
27. Vier kleene Würmer, dass 's Loch ne zuheelt, sagte der Mann, und sein Weib war mit Vierlingen niedergekommen. (Schles.)
Der erste, nicht apologische Theil des Sprichworts wird in der Regel beim Boston-Solo gebraucht, wenn ein Spieler die geringste Meldung von vier Trümpfen macht.
28. Wann man einn wurm lang trit, so krümpt er sich. – Franck, I, 52a; Lehmann, II, 831, 84; Eiselein, 653; Simrock, 11936; Körte, 7034.
Engl.: Tread on a worm, and it will turn. (Masson, 15.)
Frz.: Le plus petit ver se recoquille quand on le presse. (Masson, 15.)
It.: Anche la mocha ha la sua collera. (Masson, 15.)
Lat.: Laesa etiam repugnat ovis. (Binder I, 846; II, 1621.) – Patientia saepius laesa fit furor. – Rana saepius concultata coaxat. – Saepe etiam instanti laesa repugnat ovis.
29. Wenn der Worem sitzt in Chrein (Meerrettich), meint er, es is kein Bessers (Süsseres) nit du (da). (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Solange man von Besserem nichts weiss, schmeckt auch das Schlechte gut.
30. Wenn der Wurm mit dem Boden zürnt, wo soll er kriechen?
Wer abhängig ist, muss sich manches gefallen lassen.
31. Wenn kein Wurm im schönen apfel ist, so were doch einer gern drinn. – Lehmann, 705, 9.
32. Wer den Wurm nicht wagt, wird den Fisch nicht fangen. – Altmann VI, 461.
33. Wer einen Wurm im Ohr hat, dem krabbelt's im Kopfe.
34. Wer kein Wurm vnnd Speiss am Angel (am Haken) hat, der fehet kein Fische. – Lehmann, 96, 24.
Angelt vergebens.
35. Wer schon die Würmer meidet, mag leicht den Schlangen entgehen. – Altmann VI, 435.
36. Wo ein Wurm ist, beisst sich ein Wurm durch.
37. Wurm fressen die Käss, Schaben verzehren die kleider, Kranckheiten die Menschen. – Lehmann, 432, 16.
38. Würm fressen die Käss – Sorgen und Kummer den Menschen.
[463] *39. Da geht ihm ein guter Wurm ab. – Frischbier, 4127.
Dem Spieler, der eine Karte beigeben muss, die er noch gut zu verwerthen gerechnet hatte.
*40. Darin ist der Wurm.
Holl.: Als keizer karel erin is, dan is het mis. (Harrebomée, II, 383a.)
*41. Das gewinnet den Wurm vnd gehet den Krebsgang. – Dietrich, Weisheit, II, 436.
*42. Dem werden sie die Würmer abtreiben. – Klix, 122.
*43. Den letzten Wurm aus dem Hintern ziehen. (Niederrhein.)
*44. Den Wurm schneiden.
Gewinn machen, andere übervortheilen, prellen. Im Alamode Politicus, II, S. 152 sagt jemand von den Bauern, sie »wären so hochmüthig, dass wenn sie Getreyd, Käss und Butter zu Marckt brächten, wüsten sie nicht, wie theuer sie es bieten solten, und wenn man ihrer bedörfft, mit Pferden u.s.w. zu ackern oder säen, so thue es schier Noth, dass man einen Erbarn Mantel anlegte, sie fleissig bet mit tieffen Sitten, davon geschwelle ihnen der Bauch und wären doch so gewaltig schlauch, dreyfach nehmen sie ihren Lohn, woltens doch haben zu gefallen thun, schnitten den Wurm ohn alle Scham.«
*45. Der arme Wurm.
Die beklagenswerthe Person.
*46. Der Wurm hat das Herz bepisst. – Frischbier, 4128.
Bei plötzlichem Uebelsein, wobei einem das Wasser im Munde zusammenläuft.
*47. Der Wurm ist ihm in den Kopf gekommen.
Frz.: Quand ma verve me prend, je ne suis plus traitable. (Kritzinger, 710b.)
*48. Der zage Wurm wuchs ihm im Herzen. – Waldis, III, 51, 38.
*49. Ein Wurm in Handel setzen. – Lehmann, 774, 1.
Etwas verderben. (S. ⇒ Hundehaare.)
*50. Einem den Wurm nehmen.
*51. Einem die Würmer aus der Nase ziehen. – Körte, 7036.
Einem ein Geheimniss durch verfängliche Fragen ablocken. Schenkt ihm reinen Wein ein, steckt ihm ein Licht auf. »Zog die Würm spannen lang auss der Nasen.« (Fischart, Gesch. in Kloster, VIII, 235.)
Frz.: Plaider le faux, pour savoir le vrai. – Tirer les vers du nez à quelqu'un. (Lendroy, 1071.)
Holl.: Hij haalt hem eene pier uit den neus. (Harrebomée, II, 180b.)
*52. Einen leuchtenden Wurm für eine Laterne verkaufen.
Frz.: Vendre des vessies pour les lanternes. (Kritzinger, 711a.)
*53. Er bekommt Würm im Kopff. – Trutz Simplex, 250.
*54. Er hat einen Wurm bei sich.
»Wo nur die Eitelkeit sich täglich grämt und plagt, der hat den Wurm bey sich, der ihn zu Tode nagt.« (Keller, 174a.)
*55. Er hat einen Wurm im Kopfe (im Herzen).
Es geht ihm etwas im Kopfe herum, macht Kalender, fängt Grillen u.s.w.
Frz.: Il a martel en tête. (Kritzinger, 443a.)
Holl.: De bolworm heeft (rijdt, steekt) hem. – Hij is met den bolworm geplaagd (gekweld.) (Harrebomée, II, 482b.)
Lat.: Sapientia admixtum habet aliquid stultitiae. – Suos quisque patimur manes.
*56. Er hat Würmer (Ameisen) im Arsch.
Holl.: Hij heeft wormen (mieren) in den aars. (Harrebomée, II, 483b.)
*57. Er legt einen frischen Wurm an.
Vom Fischen mit der Angel entlehnt. Im gemeinen Leben (holländisch): er stopft eine frische Pfeife.
*58. Er will die Würmer aus dem Salz vertreiben.
Quält sich mit unnützen Sorgen, da ins Salz keine Würmer kommen. »Die würm vertreiben, die im saltz sitzen.« (Geiler, Alsatia, 1862/67, 480.)
*59. Es ist ein Wurm.
*60. Es wett (wird) dir unkümmen mit grüne Werem (Würmer).
Du wirst eine schwere Arbeit haben, sie wird dir viel zu schaffen machen.
*61. He lett sîn Worm lopen. – Kiel, 43.
Lässt seinem Witz freien Lauf.
*62. Heiliger Wurm aus Asien!
In Berlin Ausruf des Erstaunens. (Trachsel, 65.)
[464] *63. 'S kraicht a Worm af 'm rem. (Schles.) – Peter, I, 445.
Es droht ihm ein Ungemach.
*64. Sick winden as ên Worm. – Dähnert, 557a.
*65. Suchst du Würmer?
Zu denen, die nicht aufrecht gehen, sondern gebückt, als ob sie etwas auf dem Boden suchten; auch zu Kindern, die in der Nase grübeln.
*66. Wormke sette. (Natangen.) – Frischbier, 4129.
Das Wormkesetten ist der Einweihungsact für eine höhere Rangstufe. Er findet statt, wenn Schüler in eine höhere Klasse versetzt, Jungen Knechte, Knechte Grossknechte u.s.w. werden, und soll durchaus nicht angenehm sein. Der Betreffende wird übergestreckt, man setzt ihn den Absatz eines Holzpantoffels (einer Schlorre) auf den Hintern, oder legt daselbst auch einen Stock fest auf und schlägt mit einem Stück Holz darauf. Der Schmerz soll ein sehr empfindlicher sein. Das Verfahren ist also eine derbe Art des Fuchsens. – Man versteht unter der Bezeichnung aber auch einen andauernden Druck mit dem Daumen hinter das Ohr.
67. Ein Wurm in der Blüte zernagt sie ganz.
68. Was Würmer thun dem Holze zu leid, und was die Schaben thun dem Kleid, das thut dem Menschen Traurigkeit. – Weingärtner, 31.
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