Düsseldorf

[312] Düsseldorf (hierzu der »Stadtplan«), Hauptstadt (Stadtkreis) des gleichnamigen Regierungsbezirks in der preuß. Provinz Rheinland, ehemals des Herzogtums Berg, liegt in einer fruchtbaren Ebene am rechten Ufer des Rheins, an der Mündung der Düssel, 50 m ü. M., und besteht aus der Altstadt, dem ursprünglichen D. mit engen, unregelmäßigen Straßen, der Karlstadt, der Neustadt, der Friedrichsstadt, der Königstadt, Pempelfort, Unterbilk, Oberbilk, Flingern, Derendorf und acht Außenortschaften.

Wappen von Düsseldorf.
Wappen von Düsseldorf.

Unter den öffentlichen Plätzen sind bemerkenswert: der Alle Markt, seit 1711 mit der kolossalen bronzenen Reiterstatue des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (modelliert von Grupello) geschmückt, der Schwanenmarkt mit Springbrunnen, der Maxplatz mit der 1873 errichteten Mariensäule, der Kirchplatz mit Fontäne, der Corneliusplatz mit dem Corneliusdenkmal und Springbrunnen, der Schadowplatz mit dem Schadowdenkmal, der Wilhelmsplatz am Bahnhof, der Graf Adolf-, Königs-, Schiller- und Frankenplatz; mit Ausnahme des letztern sind alle mit Anlagen versehen. An neuen Denkmälern hat die Stadt ein Denkmal Kaiser Wilhelms I. (modelliert von Janssen), ein Bismarckdenkmal (von Rötger), ein Moltkedenkmal (von Tüshaus u. Hammerschmidt), ein Kriegerdenkmal (von Hilgers) und Standbilder Immermanns und Mendelssohns. Unter den 37 gottesdienstlichen Gebäuden (26 katholische, 9 evangel ische und eine Garnisonkirche, außerdem eine Synagoge) sind die St. Lambertspfarrkirche mit 58 m hohem Turm und Mausoleum des Herzogs Wilhelm IV. (auf dem Piedestal, von acht Löwen umgeben, ruht die Marmorstatue des Herzogs), die schön gebaute, aber mit Zierat überladene Andreaskirche (ehemals Jesuiten- und Hofkirche, von 1620) mit der Fürstengruft, die Maximilianskirche mit schönen, neuen Fresken, die angeblich im 8. Jahrh. gegründete, jetzt restaurierte romanische Martinskirche, die neue gotische Marienkirche, die romanische Rochuskirche, die mit schönen Fresken ausgemalte Friedenskirche und die romanische Johanniskirche hervorzuheben. Die bemerkenswertesten weltlichen Gebäude sind: das Regierungsgebäude (ehemals Jesuitenkollegium), das Postgebäude im italienischen Palaststil, das Rathaus (auf dem Alten Markt, 1567 erbaut), das Landgerichtsgebäude, die städtische Tonhalle mit drei großen Festsälen, das Künstlerhaus Malkasten, das Stadttheater, das Provinzialständehaus in reichem italienischen Renaissancestil, die Kunstakademie im strengen Renaissancestil, die Kunsthalle, die Kunstgewerbeschule, das Kunstgewerbemuseum, das historische Museum etc. Die Zahl der Einwohner betrug 1780: 8000, 1816: 26,655, 1900: mit der Garnison (ein Füsilierregiment Nr. 39, ein Husarenregiment Nr. 11, ein Ulanenregiment Nr. 5 und eine reitende Abteilung Feldartillerie Nr. 7) 213,711 Seelen, davon 59,964 Evangelische und 2131 Juden. Die Industrie ist bedeutend. D betreibt großartige Maschinenfabrikation, Metall- und Eisengießerei, Puddel-, Eisen- und Röhrenwalzwerke, Lokomotiven-, Dampfkessel- und Eisenbahnwagenbau, Metallwarenfabrikation, Kammgarn- und Baumwollspinnerei[312] und -Weberei, Druckerei, Türkischrotfärberei etc., ferner Fabrikation von Farben, Möbeln, Pianofortes, Papier, Zündhütchen und Patronen, Heizungs- und Ventilationsanlagen, Leder, chemischen Artikeln etc., Glasschleiferei, Bierbrauerei, photographische und lithographische Anstalten, Dampfsägemühlen, Dampfmühlen für Getreide und Farbholz, bedeutenden Obst- und Gemüsebau etc. Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, eine Börse, eine Börsenvereinigung für den Kolonialgroßwarenhandel, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 2029 Mill. Mk.), durch die Landesbank der Rheinprovinz und andre Bankinstitute, mehrere Konsulate etc., ist bedeutend als Speditionshandel in Getreide, Hülsenfrüchten, Kolonialwaren etc. Mit fünf Bahnhöfen ist D. Knotenpunkt der Staatsbahnlinien D.-Hagen-Soest, Köln-Duisburg, D.-Neuß, D.-Löttringhausen, Speldorf-Mülheim a. Rh. und andrer Linien; für den Betrieb der Dampfschiffahrt auf dem Rhein, für die ein großartiger Rheinhafen mit Speichern etc. seit 1896 besteht und seit 1902 eine dem Schnellverkehr dienende Werft mit Kasematten eröffnet worden ist, ist D. Sitz der Dampfschiffahrtsgesellschaft für den Nieder- und Mittelrhein und der Niederrheinischen Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft. Es besteht direkte Verbindung (außer mit den Rheinhäfen) mit London, Hull, Bremen, Hamburg, Lübeck, Kiel, Kopenhagen, Riga, Reval, St. Petersburg und italienischen Häfen. Der Schiffsverkehr belief sich 1900 auf 7465 beladen ein- und abgegangene Schiffe mit 620,301 Ton. Gütern. Mit der Eisenbahn wurden 1901: 2,935,000 T. Güter befördert. Elektrische Bahnen vermitteln den Verkehr in der Stadt und mit der Umgebung. Unter den Bildungsanstalten nimmt die 1767 vom Kurfürsten Karl Theodor gestiftete und 1822 vom König Friedrich Wilhelm III. erneuerte Kunstakademie den ersten Rang ein. Die früher hier befindliche Gemäldegalerie, 1690 von dem Kurfürsten Johann Wilhelm gestiftet, ward 1805 nach München gebracht, nach dem Kriege von 1866 von Preußen zurückgefordert, aber 1871 freiwillig an Bayern überlassen. Nur ein Meisterwerk, Rubens' Himmelfahrt Mariä, ist in D. geblieben. Eine städtische Gemäldegalerie (seit 1846) enthält meist Gemälde neuerer Düsseldorfer Künstler. Die Stadt hat außerdem eine Sammlung von 248 Aquarellnachbildungen der wichtigsten Werke der italienischen Malerei von J. A. Ramboux, der Akademie gehört eine Sammlung von etwa 15,000 Handzeichnungen und 80,000 Kupferstichen sowie von Gipsabgüssen antiker Skulpturen. Sonstige wissenschaftliche und gemeinnützige Anstalten sind: die Sternwarte Bilk (s. d.), ein Botanischer Garten (s. unten), eine Landesbibliothek von 50,000 Bänden (1770 vom Kurfürsten Karl Theodor gestiftet), ein Staatsarchiv, ein Kunstverein, ein historisches Museum (vorzugsweise lokalen Charakters), ein Gewerbemuseum, ferner ein königliches und ein städtisches Gymnasium, letzteres mit Realgymnasium, ein Reformrealgymnasium, Oberrealschule, Realschule, Kunstgewerbeschule, Konservatorium für Musik, 2 Theater, Bezirksirrenanstalt, Korrektionshaus, 16 Krankenanstalten etc. Von Behörden haben ihren Sitz in D.: die Regierung, die Provinzialverwaltung der Rheinprovinz, die Provinzialfeuersozietät, die Landesversicherungsanstalt, eine Generalkommission, ein Landgericht, eine Oberpostdirektion, ein Hauptsteueramt, ein Landratsamt; ferner der Stab der 14. Division, der 28. Infanterie- und der 14. Kavalleriebrigade. Die städtischen Behörden bestehen aus dem Magistrat (11 Mitglieder) und 36 Stadtverordneten. Die städtischen Einnahmen betrugen 1901: 60,9 Mill., die Ausgaben 60 Mill. Mk.; einer Schuld von 51,3 Mill. steht ein Vermögen von 76,5 Mill. Mk. gegenüber. Der schönste und besuchteste unter den zahlreichen Spaziergängen in und um D. ist der Hofgarten mit dem Botanischen Garten, dessen westliche Fortsetzung nach dem Rhein der Kaiser Wilhelm-Park (Platz der Gewerbeausstellung von 1902) bildet. Am Ende des Hofgartens, im Stadtteil Pempelfort, steht der Jägerhof, ein königliches, von schöner Gartenanlage umgebenes Schloß. Des Schriftstellers Jacobi Haus und Garten in Pempelfort ist Eigentum des Künstlervereins »Malkasten« (s. d.). Im O. der Stadt liegt der Zoologische Garten mit prächtigen Anlagen, im S. der Floragarten, im SW. der Volksgarten. Im frühern Dorf, jetzt Stadtteil Derendorf im N. wohnten eine Zeitlang Immermann und die Gräfin Ahlefeld. Im NO. liegen Düsselthal, mit einer vom Grafen von der Recke 1819 angelegten Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder im ehemaligen Trappistenkloster, und Grafenberg, mit schöner Aussicht am Stadtwalde. Hier ist auch der Ostpark und eine Villenkolonie. In D. wurden die Dichter und Schriftsteller Joh. Georg und Fr. Heinrich Jakobi, Varnhagen v. Ense und Heinr. Heine, die Maler Peter v. Cornelius u. Peter v. Heß geboren.

Geschichte. D. wird urkundlich zuerst 1159 erwähnt, ward 14. Aug. 1288 vom Grafen Adolf von Berg nach der Worringer Schlacht zur Stadt erhoben und 1348 die Residenz der spätern Herzöge von Berg. 1377 wurde der Rheinzoll von Duisburg nach D. verlegt, und 1465 erhielt die Stadt einen Freihafen, der erst 1827 aufgehoben wurde. Nach dem Aussterben des jülich-bergischen Regentenstammes (1609) wurde D. zunächst von spanischen Truppen besetzt, fiel nach Beilegung des Erbfolgestreits mit Jülich-Berg an Pfalz-Neuburg und ward Residenz dei Pfalzgrafen, die 1685 Kurfürsten von der Pfalz (s. d.) wurden. Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz gründete die Neustadt, Kurfürst Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach die Karlstadt und errichtete die Malerakademie, die Landesbibliothek, eine Rechtsschule und eine anatomische Lehranstalt. Seit 1732 befestigt, ward die Stadt im Siebenjährigen Kriege 1757 von den Franzosen besetzt und 1758 vom Herzog Ferdinand von Braunschweig eingenommen, jedoch bald wieder verlassen. 1795 wurde sie nach einem heftigen Bombardement den Franzosen übergeben und blieb in deren Besitz, bis sie im Frieden von Lüneville 1801 an Bayern zurückgegeben wurde, worauf die Schleifung der Festungswerke erfolgte. 1806 ward sie Hauptstadt des Großherzogtums Berg und kam mit diesem 1815 an Preußen. 1880 und 1902 fanden rheinische Industrie- und deutsche Kunstausstellungen in D. statt. Vgl. »Geschichte der Stadt D.« (Festschrift, Düsseld. 1888); Ferber, Historische Wanderung durch die alte Stadt D. (das. 1889–90); Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 3, Heft 1: Stadt und Kreis D. (das. 1894); Meydenbauer, Die Stadt D. und ihre Verwaltung (das. 1902); Brandt, Studien zur Wirtschafts- u. Verwaltungsgeschichte der Stadt D. im 19. Jahrh. (das. 1902); Lokalführer von Bone, Hofacker u.a.

Der Regierungsbezirk D. (s. Karte »Rheinprovinz«), der nördlichste Teil der Rheinprovinz, hat 5473 qkm (99,40 QM.), zählt (1900) 2,599,806 Einw. (475 auf 1 qkm), darunter 1,075,107 Evangelische, 1,489,715 Katholiken und 17,664 Juden, und besteht aus den 26 Kreisen:[313]

Tabelle

Zum Landgerichtsbezirk D. gehören die zwölf Amtsgerichte zu: D., Gerresheim, München-Gladbach, Grevenbroich, Krefeld, Neuß, Odenkirchen, Opladen, Ratingen, Rheydt, Ürdingen und Viersen. – Über die zwölf Reichstagswahlkreise des Regierungsbezirks s. Karte »Reichstagswahlen«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 312-314.
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