[709] Wladislaw (Ladislaw, latinisiert Ladislaus): 1) König von Böhmen und Ungarn, Sohn des Königs Kasimir IV. von Polen aus dem Geschlechte der Jagellonen, geb. 1456, ward auf Betrieb Georg Podiebrads 1471 von den utraquistischen Ständen zum König von Böhmen erwählt, hatte mit Matthias Corvinus um die böhmische Krone zu kämpfen und mußte ihm im Olmützer Vertrag 1478 Schlesien, Mähren und die Lausitz abtreten. Er stellte durch den Religionsfrieden von Kuttenberg 1485 die Eintracht zwischen den religiösen Parteien her, sah sich jedoch den demütigendsten Anfeindungen ausgesetzt. Nach Matthias' Tode, 1490, wurde er auch zum König von Ungarn erwählt, förderte aber in beiden Reichen durch Indolenz und Schwäche (in Böhmen durch die Wladislawsche[709] Landordnung) die Übermacht des Adels, dessen Parteien sich um den herrschenden Einfluß stritten, bis in Ungarn Johann Zápolya, namentlich durch die Unterdrückung der Kuruzzen, allmächtig wurde. Im übrigen ließ W. seine Günstlinge nach Willkür schalten. Die Ungarn nannten ihn den »Dobse«-Ladislaus, weil er dieses Wort stets im Munde führte. W. beobachtete den Türken gegenüber eine friedliche Politik, entließ das von Matthias I. errichtete stehende Heer und schloß mit Kaiser Maximilian I mehrere Familienverträge, wonach seine Kinder Anna und Ludwig mit Maximilians Enkelkindern Ferdinand und Maria vermählt werden sollten; ferner vereinbarte er 1515 mit Maximilian I. trotz Widerspruchs des ungarischen Reichstags, daß im Falle Ludwig II. kinderlos sterben würde, Ungarn (sowie auch Böhmen) an das Haus Habsburg fallen sollte; er starb 13. März 1516 in Ofen. Vgl. W. Fraknói im 4. Bande der sogen. »Millenniums-Geschichte Ungarns« (magyar., hrsg. von Szilagyi u. a., Budapest 1897).
2) König von Neapel, Sohn Karls des Kleinen von Durazzo, geb. 1375, gest. 6. Aug. 1414, folgte seinem in Ungarn 1386 ermordeten Vater in Neapel unter Vormundschaft seiner Mutter Margarete und gewann mit Unterstützung des Papstes Bonifatius IX., der ihn 1390 krönen ließ, die Oberhand über die Partei des Gegenkönigs Ludwig II. aus dem jüngern Hause Anjou. Er machte 1403 einen erfolglosen Versuch, die ungarische Krone zu gewinnen, bemächtigte sich, die aus dem großen Schisma hervorgegangenen Wirren benutzend, der Herrschaft über einen großen Teil des Kirchenstaates, schloß zwar nach seiner Niederlage bei Rocca Secca Frieden mit Papst Johann XXIII. 25. Juni 1412, erneuerte aber 1413 den Krieg und nahm im Juni Rom ein.
[Polen.] 3) W. I. Hermann, Herzog von Polen, zweiter Sohn Herzog Kasimirs von Polen, geb. 1043, gest. 1102 in Plozk, folgte seinem ältesten Bruder, Boleslaw II., 1081 in der Regierung, unterdrückte mehrere Unruhen im Lande, so den Aufstand seines unehelichen Sohnes Zbygniew, kämpfte ohne Erfolg mit Pommern, Preußen und Böhmen.
4) W. II., Herzog von Polen, Enkel des vorigen, Sohn Boleslaws III., geb. 1104, gest. 2. Juni 1166 in Deutschland, erhielt bei der Teilung 1139 Krakau und Schlesien und die Oberhoheit über seine drei Brüder, wurde aber, als er diese ihrer Länder berauben wollte, von ihnen bei Posen überwunden und mußte 1146 nach Deutschland fliehen. Kaiser Konrad III., dessen Halbschwester Agnes seine Gemahlin war, sowie Kaiser Friedrich I. versuchten umsonst, die streitenden Parteien zu versöhnen.
5) W. III., Laskonogi (»Dünnbein«), Herzog von Großpolen, Sohn Mieczyslaws III., war durch eine Fehde mit der Kirche genötigt, die eine Zeitlang behauptete Oberhoheit über ganz Polen 1206 wieder aufzugeben, und starb, von seinem Neffen Wladislaw Odonicz auch aus Großpolen vertrieben, 1231 in Schlesien.
6) W. IV., als König von Polen W. I., mit dem Beinamen Lokietek (»Ellenlang«), Sohn des Herzogs Kasimir von Kujavien, geb. 1260, gest. 1333, wurde 1288 von einem Teil des Adels als König anerkannt, mußte aber dem Herzog Heinrich von Breslau, dann dem Böhmenkönig Wenzel weichen und erkämpfte sich erst nach dessen Tod (1305), nachdem er mehrere Jahre in der Verbannung gelebt und sich als Pilger in Rom den Segen des Papstes geholt hatte, die Herrschaft in Krakau. Großpolen erkannte ihn jedoch nicht an, und Pomerellen verlor er an den Deutschen Orden. Erst 1312 gelang es ihm, seiner Feinde Herr zu werden, die sich besonders auf die Deutschen und die schlesischen Piasten stützten, und er ließ sich, nachdem er die päpstliche Erlaubnis in Avignon hatte einholen lassen, 20. Jan. 1320 nebst seiner Gemahlin Hedwig in Krakau als König von Polen krönen. W. hatte seinen Sohn Kasimir d. Gr. zum Nachfolger. Durch dessen Verheiratung mit Anna, Tochter des litauischen Fürsten Gedimin, bereitete er die Vereinigung Polens mit Litauen vor.
7) W. II., Jagello, König von Polen, Sohn des Großfürsten Olgierd von Litauen, geb. 1348, gest. 31. Mai 1434 in Grodek, folgte 1377 seinem Vater, beraubte 1382 seinen Oheim Keistuti seines Fürstentums und machte sich zum Alleinherrscher in Litauen. Nachdem er 13. Febr. 1386 in Krakau die Taufe und den Namen W. empfangen, heiratete er Ludwigs d. Gr. Tochter und Erbin Hedwig und wurde 4. März zum König von Polen gekrönt. In Litauen setzte er zuerst seinen Bruder Skirgiello, dann seinen Vetter Witold als Großfürsten unter seiner Hoheit ein. Polen nahm unter W. einen großen Aufschwung und besiegte den Deutschen Orden in der Schlacht bei Tannenberg (15. Juli 1410), erhielt aber im Frieden von Thorn außer Samogitien keinen Landzuwachs. Doch mußte er dem Adel große Rechte und Freiheiten zugestehen. 1400 gründete er die Universität Krakau.
8) W. III., König von Polen, Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. 1424, gest. 1444, ward 1434 gekrönt, übernahm 1439 die Regierung und wurde 1440 auch von den Ungarn zum König erwählt. Nachdem er daselbst das Heer der Witwe Albrechts 11., Elisabeth, die dessen nachgebornen Sohn zum König hatte krönen lassen, besiegt und Ofen erobert hatte, erfolgte seine Krönung in Stuhlweißenburg. Den Erfolgen seines Feldherrn Johannes Hunyades und der Vermittelung des päpstlichen Legaten Cesarini gelang es 1442, Elisabeth zur Heirat mit W. zu bewegen; sie starb aber drei Tage nach der ersten Zusammenkunft mit ihm und überließ ihm so den Thron ungeteilt. Im Kriege mit den Türken rückte er mit 20,000 Ungarn und Walachen in die Bulgarei ein, fiel aber 10. Nov. 1444 in der Schlacht bei Warna.
9) W. IV., König von Polen, Sohn Siegmunds III. aus dem Hause Wasa, geb. 1595 in Krakau, gest. 20. März 1648 in Merecz, ward noch als Kronprinz von den Russen zum Zaren erwählt; weil aber Siegmund nicht zugeben wollte, daß W. in Moskau residiere, erregten die Russen 1612 einen Aufstand und wählten einen andern Zaren. 1632 nach Siegmunds Tod auf den Thron berufen, kämpfte W. gegen die Russen, die Smolensk belagerten. Er besiegte im März 1634 die Russen bei Smolensk, nachdem der Reichsfeldherr im Oktober 1633 die Türken bei Kamenez geschlagen, worauf beide Völker mit Polen Frieden schlossen, in dem der Zar Smolensk und Severien abtrat und auf Kurland, Livland und Esthland verzichtete. 1635 wurde der Waffenstillstand mit Schweden, das Westpreußen zurückgab, auf 26 Jahre verlängert. Im Innern erregte das von W. begünstigte jesuitische System unter den nicht römisch-katholischen Einwohnern, namentlich den Kosaken, Gärungen, während der Adel die Macht des Königtums immer mehr beschränkte und ihm statt eines Heeres nur eine Ehrenwache von 1200 Mann zugestand. Ihm folgte sein Bruder Johann II. Kasimir.