Asiatische Gesellschaften

[808] Asiatische Gesellschaften, Vereinigungen von Gelehrten, welche die Erforschung der Geographie u. Geschichte, der Reigionen, der Sprachen u. Literaturen Asiens (einschließlich des nördlichen Theils von Afrika) zum Zweck haben. Man kann unterscheiden zwischen A. G., die in Asien selbst, u. solchen, die außerhalb dieses Welttheils in Europa od. Amerika bestehen. A) In Europa: a) Sociètè asiatique zu Paris die älteste; sie ward in der ersten Hälfte des Jahres 1822 von Silv. de Sacy, Klaproth, Abel Rémusat, Chezy u. a. namhafte Orientalisten begründet, besitzt ein reiches Asiatisches Museum, gibt seit Juli 1822 in Monats heften das Journal Asiatique heraus u. hat mehrere Werke, Originale wie Übersetzungen, Grammatiken, Wörterbücher drucken lassen oder wenigstens unterstützt. Ein wichtiges Unternehmen hat sie in der Collection des auteurs orientaux begonnen. Ihr folgte b) Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland zu London, die von Colebrooke 19. März 1823 eröffnet ward u. 11. April 1824 ihre Statuten bestätigt erhielt; sie besitzt ebenfalls ein Asiatisches Museum u. eine an selteneren orientalischen Drucken u. Handschriften sehr reiche Bibliothek. An die Stelle der von ihr früher herausgegebenen u. inhaltreichen Transactions (3 Bde., Lond. 1824–34) erscheint seit 1833 ein Journal of the R. Asiat. Soc., das Ende 1856 bis zum 16. Bande gediehen war. Mit ihr ist seit 1828 ein sehr thätig wirkender Oriental translation Committee verbunden, der auf seine Kosten englische, lateinische u. französische Übersetzungen orientalischer Werke, ausnahmsweise auch mit dem Originaltexte, drucken läßt. Seitdem ward durch den Grafen Munster noch ein dritter Verein gestiftet, welcher nur orientalische Texte zum Drucke befördert. e) Die Deutsche Morgenländische Gesellschaft ward zufolge eines (3. Oct. 1844) auf der Philologenversammlung zu Dresden gefaßten Beschlusses zu Darmstadt 2. Oct. 1845 begründet. Sie verfolgt im Allgemeinen mit ihren pariser u. londoner Schwestern gleiche Zwecke u. hält jährlich in Verbindung mit den deutschen Philologen u. Schulmännern allgemeine Versammlungen. Sie läßt seit 1846 in vierteljährigen Heften die Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (1857 bis zum 11. Bande) erscheinen, zu welcher 1857 noch ein Ergänzungswerk hinzutritt. Die früher einzeln erschienenen Jahresberichte (Bd. 1 u. 2 für 1845 u. 1846) sind seit 1847 mit der Zeitschrift vereinigt. Die Gesellschaft hat bereits mehrere Werke ganz oder theilweise auf ihre Kosten drucken lassen; auch unterstützt sie die von A. Weber in Berlin geleiteten Indischen Studien (Bd. 1–4, Berlin 1849–56). Den Mittelpunkt für die Geschäftsführung bilden Halle u. Leipzig; in letzterer Stadt befinden sich auch Bibliothek u. Museum. Weniger umfassende Pläne verfolgen noch d) die Société orientale de France, welche seit 1842 zu Paris besteht u. die Revue de l'Orient, de l'Algérie et des Colonies herausgiebt; e) die Syro-Egyptian Society zu London, welche die Bekanntmachung von Original Papers read before the Syro-Egyptian Soc. of London (Bd. 1, London 1850) begonnen, u. von welcher sich seit 1853 Palaestine Archaeological Association abgezweigt hat, welche letztere vorzugsweise die Untersuchung der alten u. neuen Städte Palästinas zum Zweck hat; f) das Kon. Institut voor de Taal-, Landen Volkenkunde van Nederlandsch-Indie, zu Amsterdam, welches seit 1853 Bydragen tot de Taal-, Landen Volkenkunde van Nederlandsch-Indie veröffentlicht; g) die Société Orientale zu Constantinopel, gegründet Anfang 1853 bes. durch Deutsche, Engländer u. Franzosen, zur Sammlung u. Verbreitung von dem ganzen Orient u. namentlich des Ottomanischen Reichs; sie umfaßt in ihren Untersuchungen Naturwissen[808] schaft, alte u. neue Geographien. Geschichte, Sprache, Literatur, Antiquitäten, Wissenschaften u. Künste der bezeichneten Länder. Um den orientalischen Studien auch B) in Amerika Bahn zu brechen, trat h) 1842 zu Boston die American Oriental Society zusammen, welche ein Journal of the American Oriental Society (Bd. 1–5, Bost. 1843–56) erscheinen läßt, dem besonders durch. die amerikanischen Missionäre in Asien u. Afrika schätzbare Materialien zufließen. C) Im Orient selbst ward die erste A. G. von den Holländern i) unter dem Namen Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschappen zu Batavia 1781 gestiftet. Sie gibt heraus: Verhandelingen (Bd. 1–25, Batavia 1780 bis 1856), welche namentlich in neuerer Zeit viele wichtige Arbeiten zur Kenntniß der südostasiatischen Inselwelt gebracht haben; Tijdschrift voor nederlandsch Indie (1842 ff.), an deren Stelle seit 1853 die Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- ep Volkenkunde getreten ist; mit Unterstützung der Gesellschaft erscheint die Natuurkundig Tijdschrift seit 1844, welche von der Natuurkundig Vereeniging in Nederlandsch Indie herausgegeben wird. Bald darauf ward k) zu Calcutta die Asiatic Society of Bengal von Sir Will. Jones im Jan. 1784 gegründet. Die Abhandlungen u. Vorträge ihrer Mitglieder erschienen in den berühmten Asiatic Researches (Bd. 1–17, Calc. 1788–1832), welche zu London nachgedruckt u. theilweise ins Französische u. Deutsche übersetzt wurden. An die Stelle derselben ist das Journal of the Asiat. Soc. of Bengal getreten, das seit 1832 in Monatsheften erscheint. Eine besondere physische Klasse, die sich in der Gesellschaft für Erforschung der Naturverhältnisse Indiens gebildet hatte, veröffentlichte besondere Transactions of the Physical Class of the Asiatic Soc. of Bengal (Bd. 1–2, Calc. 1829–32). Unter Aufsicht der A. G., aber auf Kosten der Ostindischen Compagnie, gibt Roer seit 1846 zu Calcutta die Bibliotheca Indica heraus, eine Sammlung orientalischer Werke mit Übersetzung, von welcher Ende 1856 bereits 132 Lieferungen erschienen waren. Allgemeinere Zwecke verfolgten anfänglich l) die Madras Litterary Society, die 1827 einen Band Transactions zu London publicirten, u. m) die Litterary Society of Bombay, welche ebenfalls Transactions (3 Bde., Lond. 1819–23) herausgab; allein beide Gesellschaften, erstere 1828, letztere 1829, verbanden sich mit der Royal Asiatic Society zu London. Sie führen seitdem die Namen Bombay Branche of the R. As. Soc. u. Madras Branche of R. As. Soc.; erstere gibt seit Juli 1841 ein Journal heraus. Auf Ceylon u. zu Malacca bestehen auch Branches der Asiat. Soc., doch ist von ihren Arbeiten in Deutschland noch nichts bekannt geworden; die China Branche of the R. Asiat. Soc. zu Hongkong hingegen hat daselbst seit 1848 einige Bände Transactions veröffentlicht; n) die Literary Society of Jerusalem, 1850 zu Jerusalem auf Betrieb des englischen Consuls Finn gestiftet, zur Erforschung des Heiligen Landes; o) die Gesellschaft der Wissenschaften zu Beirut, die 1847 durch den Missionär Thomson meist aus Einheimschen gebildet wurde u. die Veröffentlichung ihrer Denkschriften begonnen hat.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 808-809.
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