Geographie

[176] Geographie (v. gr., Erdbeschreibung, Erdkunde), ist diejenige Wissenschaft, welche mit den Lebenserscheinungen des Erdkörpers in seinem ganzen Umfange bekannt macht. I. Je nach dem Gesichtspunkte, von welchem aus man diese Lebenserscheinungen der Erde betrachtet, wird die G. eingetheilt in: A) Die mathematische (astronomische) G.; diese stellt die Verhältnisse der Erde in Beziehung auf andere Weltkörper (Sonne, Mond, Planeten, Kometen, Fixsterne) dar, beschäftigt sich mit Erforschung der Erde nach Gestalt, Größe u. Umfang in ihren räumlichen u. zeitlichen Eigenschaften, zieht deshalb (eingebildete) Linien (Äquator, Wende- u. Polarkreise, Meridiane, Erdachse) u. setzt Punkte (Pole, Äquinoctial- u. Solstitialpunkte, Zenith, Nadir), theilt die Oberfläche in gewisse Abschnitte nach der Verschiedenheit des Klimas (Zonen), betrachtet den Horizont (wahren u. scheinbaren)[176] u. die Weltgegenden (Haupt- u. Nebengegenden), nebst den aus ihnen wehenden Winden, ferner die Stellungen der Erde u. ihrer Bewohner gegen den Himmel, gegen die Planeten u. gegen sich selbst (Antipoden, Antiskioi, Askivi etc.), mißt u. berechnet die Bewegung der Erde um sich u. um die Sonne, nebst den daraus entstehenden Erscheinungen (Jahreszeiten, Abwechslung von Tag u. Nacht, Finsternisse), theilt die Zeiten (Jahre, Monate, Tage, Stunden) u. bildet Maße (Meilen, Grade etc.), lehrt Erdkloben u. Landkarten fertigen u. bildet sich so eine Menge für die Genauigkeit u. Deutlichkeit dieser, wie auch anderer Wissenschaften, wichtiger Aufgaben (Mittagshöhen, Zeitbestimmungen, Auf- u. Niedergang der Sonne etc.). B) Die physikalische (physische, natürliche od. reine) G. beschäftigt sich mit der Erde als einen für sich bestehenden Körper, mit Allem, was denselben zunächst umgibt u. von ihm abhängig ist, sie untersucht die Kräfte des Erdkörpers, erforscht die Gesetze, nach welcher die Kräfte in der Materie thätig sind, u. zieht Alles in den Bereich ihrer Betrachtung, was auf dem festen Lande od. im Meere od. in der Atmosphäre lebt u. webt, insofern es sich um eine Kenntniß der Verbreitung der Körper handelt. Da nun alle Körper, welche die Erde zusammensetzen, entweder elastisch flüssig (luftförmig) od. tropfbar flüssig od. fest sind, so unterscheidet man als Unterabtheilungen: a) Atmosphärologie (Meteorologie), welche die verschiedenen Luftarten u. deren Eigenschaften betrachtet (Schwere, Zusammensetzung, Wärme u. dergl.), dann deren Höhe u. Schichten (Schneelinie), die Niederschläge aus derselben (Thau, Nebel, Wolken, Höherauch, Meteorsteine, Sternschnuppen), die Farben (Morgenröthe, Regenbogen), die Bewegungen (Winde, Stürme), Lichterscheinungen (Nordlichter, überhaupt Meteore) in der Luft u. dem Äther u. dergl.; b) Hydrologie (hydroistische G.), betrachtet die Gewässer als Quellen (nach Gehalt, Temperatur, Lebendigkeit), Flüsse (Lauf, Gefälle, Größe), Seen, Meer (dessen Boden, Tiefe, Salzigkeit, Farbe, Temperatur, Bewegung, Ströme, Ausdehnung etc.), sowie in ihrem Einfluß auf die Atmosphäre, auf die Temperatur, auf die Veränderungen des festen Landes etc.; c) Geïstik, die Lehre vom festen Lande, welche wiederum zerfällt in: aa) Mineralogie, die Beschreibung u. Eintheilung der unorganischen Körperwelt, ihre Heimath, die Art u. Weise, wie sie gefunden werden; bb) Geognosie u. Geologie, welche sich die Aufgabe stellen, die Entstehung der festen Erdrinde, deren Urzustand, die Umformungen, welche sie erlitten hat, u. ihre gegenwärtige Beschaffenheit zu erforschen; cc) Topographie, Beschreibung der Vertheilung von Land u. Wasser, von Höhe u. Tiefe nach ihren allgemeinen räumlichen Verhältnissen (Berggeographie od. Orologie; planologische G., die Lehre von den Ebenen, Flächen, Thälern, Abdachungen); dd) Nesologie od. Inselgeographie; ee) die thetische G., welche das Innere der Erdrinde, die Spalten, Klüfte, Bänke, Gänge, Lagerungen etc. beschreibt; d) Productengeographie, u. zwar aus dem Mineral- (mineralogische G.), aus dem Pflanzen- (botanische G.) u. aus dem Thierreiche (zoologische G.); anthropologische G. od. Völkerkunde, wohl auch Ethnographie od. Ethnologie genannt. C) Die politische G. beschäftigt sich mit der Erde, als dem Wohnplatz der Menschen; daher fallen in ihr Bereich die Eintheilung derselben in Erdtheile, Länder, Staaten, die verschiedenen Sprachen, Religionen, Bildungsstufen, Stände, Gewerbe, Ergiebigkeit, Reichthum u. Armuth, Charakter der Völker od. Länder; einen wesentlichen Theil derselben bildet die Statistik od. Staatskunde. Unter allgemeiner G. versteht man die physikalische u. mathematische zusammengenommen. Die Universalgeographie behandelt die ganze Erde, die Specialgeographie nur ein einzelnes Land. Die historische (politische) G. lehrt die Fortschritte der geographischen Kenntnisse u. Entdeckungen u. wird nach den Perioden der Geschichte in die alte, mittlere u. neue eingetheilt. Die comparative od. vergleichende G. umfaßt die Gesammtgebiete der Geschichte, Staatskunde u. G. in ihren Wechselbeziehungen. Die biblische G. enthält die Beschreibung der Länder, welche in der Bibel vorkommen. In Bezug auf einzelne Stände unterscheidet man Militärgeographie, Handelsgeographie etc. Der Nutzen der G. ist zwar für einen großen Theil der menschlichen Wissenschaften unverkennbar, doch vorzüglich für das Verständniß der Geschichte u. die Erleichterung des Handels u. Gewerbes, der Verbindung u. des Verkehrs der Menschen unter einander. Die Hülfsmittel zu ihrer Erlernung sind: Landkarten, Globen, Handbücher u. vollständigere geographische Werke, so wie Reise-Orts- u. Länderbeschreibungen; zur Fertigung geographischer Bücher sind insbesondere Kenntnisse der Mathematik, von den Messungen der Astronomen u. Mathematiker, von den Entdeckungen der Naturforscher, von der Geschichte, ferner Einsicht in die Staatsurkunden, Staatskalender, Zählungslisten u. dergl. nöthig, obgleich die Statistik Manches davon als eigene Wissenschaft behandelt.

II. Die Geschichte der Geographie hält mit der Geschichte der geographischen Entdeckungen gleichen Schritt. A) Die geographische Kenntniß in der ältesten Zeit beschränkte sich für jedes Volk auf den Ort od. das Land, an u. in dem dasselbe wohnte. Die ersten Erweiterungen dieser Kenntnisse führten Handelsunternehmungen u. Kriege herbei, dann die Anlage von Colonien an entfernten Orten u. Reisen. Die frühesten Nachrichten von fremden Ländern hat man von den Phöniciern, die mit ihren Schiffen das ganze Becken des Mittelmeeres befuhren, um Handel zu treiben (um 1250), durch die Säulen des Hercules vordrangen u. Cadix gründeten u. von den Kassiteriden (Zinninseln, wahrscheinlich die Scillyinseln) das sehr geschätzte Zinn holten. Von den Hebräern, welche das Meiste, was sie von dem Auslande wußten, den Phöniciern verdankten, hat man noch Tafeln in der Genesis u. Nachrichten von Palästina in den Büchern Moses u. Josua. Die Ägyptier hatten angeblich von Hermes ausgearbeitete geographische Bücher; auf Befehl ihres Königs Necho sollen um 600 v. Chr. phönicische Seeleute ganz Afrika (s.d. Gesch.) umschifft haben. Die erste Seeunternehmung der Griechen war der, der Mythenzeit angehörende Argonautenzug; die Beschreibungen desselben gehören aber alle der späteren Zeit an, daher man aus ihnen die geographischen Kenntnisse damaliger Zeit nicht erkennen kann. Im Homer u. Hesiod muß man geographische Kenntnisse aufsuchen, welche die Griechen in[177] dieser Periode besaßen. Sie stellten sich die Erde als eine vom Ocean umflossene Scheibe vor, von welcher Griechenland die Mitte bildete. Ihre Länderkenntniß reichte bis Sicilien, bis an die Pontischen u. Kleinasiatischen Küsten u. im Süden bis nach Ägypten, Libyen u. Äthiopien, freilich war diese Kenntniß eine sehr mährchenhafte. In der Periode, die zwischen dem Zeitalter Homers u. dem des Herodot, etwa vom 10. bis 5. Jahrh. v. Chr., verfloß, gründeten die Griechen zahlreiche Niederlassungen in den Küstenländern des Mittelmeeres u. auf den Inseln u. erweiterten so ihre geographische Kenntniß bis nach dem Südgestade der Hesperischen Halbinsel. In noch größerem Maßstabe u. daher noch erfolgreicher für die geographische Kenntniß entwickelte Carthago sein Colonialsystem; über 1400 Meilen des Küstensaumes vom Mittelmeere erstreckte sich sein Gebiet u. dabei ließ es Entdeckungsreisen ausführen, auf denen Himilko (450) bis nach Albion, Hanno aber südwärts an der Afrikanischen Küste (bis 4° nördl. Breite) vordrang. Etwas früher als diese (um 500 v. Chr.), hatte schon Skylax von Karyanda auf Befehl des Perserkönigs eine Fahrt den Indus hinab unternommen u. war bisan das Nordende des Rothen Meeres gelangt. Der Perser Sataspes war unter König Xerxes durch die Säulen des Hercules nach Westen geschifft, als er jedoch Monate lang kein Land gesehen hatte, kehrte er wieder um.

Während in dieser Weise mehr u. mehr positive geographische Kenntnisse gewonnen wurden, hatten auch schon die Philosophen begonnen, den Versuch zu machen, die Entstehung des Weltalls u. der Erde zu enträthseln. Schon Thales (um 648 v. Chr.) soll sich damit beschäftigt haben; ihm folgten hierin die sogenannten Jonischen Philosophen, namentlich Anaximander (angeblich Verfertiger der ersten Landkarten) u. Anaximenes (600–550 v. Chr.), sodann Pythagoras (580) u. seine Schüler, die sogenannten Mathematiker mit der ersten Ansicht von der Kugelgestalt der Erde, darauf Xenophanes (536) u. die von ihm gestiftete Eleatische Schule, ferner Leukippos (500) mit seiner Atomistischen Schule, Plato u. die Akademiker (seit 427) u.a. Der beschreibenden G. bemächtigten sich die sogenannten Logographen (Sagenschreiber), die, Wahres mit Erdichtetem mischend, die Erdkunde im Gewande des Abenteuerlichen vortrugen, sich der geschichtlichen Darstellung jedoch allmälig näherten. Charon vor Lampsakos (400) lieferte Nachrichten über Persien, Äthiopien u. Libyen; Hekatäos aus Milet entwarf eine Erdbeschreibung der damals bekannten drei Erdtheile: Asien, Libyen u. Europa; Damastes aus Sigeion stellte ein Völker- u. Städteverzeichniß zusammen; Skylax, ein Seemann aus Karien, soll der Verfasser des (noch vorhandenen) Periplus, einer hydrographischen Beschreibung des ganzen Mittelmeerbeckens, sein. Doch erst mit Herodot aus Halikarnaß beginnt in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. die wahre beschreibende G. Die Erde erscheint bei ihm als eine Ebene von unbestimmter Begrenzung, getheilt in die drei Theile Europa, Libyen u. Asien, deren Größenverhältnisse ihm sehr unklar waren; dagegen ist seine Länderbeschreibung ein Vorbild für alle Zeiten zu nennen. In Europa erstreckten sich seine Kenntnisse bis nach Albion u. an die Weichselmündung, in Asien bis zum Himalaya u. Indus, in Afrika bis nach Habesch u. an den Rand der Sahara. Nach Herodot scheint die Wissenschaft der Erdkunde eine Zeitlang in ihrer Entwickelung stillgestanden zu haben. Eudoxos aus Knidos (368 v. Chr.) soll der Erste gewesen sein, welcher die Sternkunde auf geographische Beobachtungen anwandte. Aristoteles stellte durch Annahme der Kugelgestalt der Erde das Grundgesetz der mathematischen G. fest; Pytheas aus Massilia, ein Zeitgenosse des Vorigen, entdeckte das Verhältniß der Ebbe u. Fluth zu den Mondveränderungen, bestimmte mittelst des Gnomon die Polhöhe der Orte u. unternahm Seereisen nach Norden, auf denen es bis nach Thule (Island od. vielleicht auch Norwegen) gelangte. Dann verdankte die G. der Alten ihre größten Fortschritte den Eroberungszügen Alexanders des Großen; nicht allein in der Geschichte der Erdkunde, sondern auch in der Geschichte der gesammten physikalischen Wissenschaften machen dieselben Epoche. Im Gefolge Alexanders waren Geographen, welche mit der Erforschung u. Beschreibung der besuchten Länder beauftragt waren; man lernte so Asien besser kennen, als je vorher. Außerdem wurden die in den Archiven von Babylon u. Tyros befindlichen Schriften ausgebeutet u. die astronomischen u. nautischen Beobachtungen der Phönicier u. Chaldäer setzten die griechischen Philosophen in den Stand, ihre geographischen Kenntnisse mit Sicherheit auf die mathematischen Wissenschaften zu stützen. Nearchos ging auf Alexanders Befehl mit einer Flotte den Hydaspes u. Indus hinab u. dehnte seine Fahrt (von welcher Arrian das Tagebuch aufbewahrt hat) bis in den Persischen Meerbusen aus, von wo aus er den Tigris hinausfuhr. Von den Nachfolgern Alexanders trug Seleukos Nikanor seine Waffen auch nach Indien u. gelangte bis zum Ganges; mehr noch trugen die Ptolemäer, die Herrscher von Ägypten, durch Vergrößerung des Handels u. der Schifffahrt, zur Erweiterung der Erdkunde bei. Vorzugsweise unter den drei ersten Ptolemäern flossen an ihrem Hofe in Alexandrien, dem Sitze des Welthandels, eine große Menge geographische Nachrichten aus allen Enden der bekannten Erde zusammen, bei deren Ansammlung ein griechischer Gelehrter aus Cyrene (260 v. Chr.) ganz bes. thätig war.

Mit Hülfe dieser Quellen u. der geographischen Schätze der Alexandrinischen Bibliothek schuf nun Eratosthenes das erste vollständige System der Erdbeschreibung, in welchem er die gesammten Kenntnisse seiner Zeit (270–190) zusammenstellte, sowohl in der physischen u. mathematischen, als in der politischen G.; seine Kenntniß reichte bis nach Hinterindien u. bis zu den Quellen des Nil, gegen Westen u. Norden jedoch nur soweit, wie bei Herodot u. Pytheas. Dagegen geben bes. seine Vermuthungen, daß man aus dem Indischen Meere durch den Äthiopischen Ocean Afrika umschiffen u. noch mehr, daß man durch den Atlantischen Ocean gegen Westen vordringend, Indien erreichen könne, u. ebenso seine Karten von Arabien, von Vorderindien, von Albion u. von Thule genügendes Zeugniß von den großen Fortschritten, welche die Erdkunde seit Herodot gemacht hatte. Gleichwichtig waren die geodätischen Unternehmungen des Eratosthenes, u. von diesem die berühmteste diejenige, welche sich auf Ermittelung des Umfanges der Erde bezieht, obgleich er den Irrthum beging, diesen Umfang um viele hundert Meilen zu groß festzustellen, ebenso wie viel später Posidonios, welcher[178] die geodätische Operation des Eratosthenes einer Prüfung unterwarf. Von den übrigen Geographen dieser Zeit sind zu nennen: Agatharchides, sodann Polybios, der die Römer einen Theil der von ihnen eroberten Länder genauer kennen lehrte; vorzüglich aber Hipparchos (140 v. Chr.), der eine Kritik des Eratosthenes schrieb u. das Verdienst hat, die ersten Grundlagen einer rein astronomischen G. u. vielleicht die erste Idee der geographischen Projectionen geboten zu haben, während er aus dem Indischen Ocean ein Binnenbecken macht, indem er Asien u. Afrika im Süden in Verbindung stehen läßt; Artemidoros (110) beschrieb sehr genau die Ostküste Afrikas; Dionysios Periegetes schrieb in Hexametern eine Darstellung des Systems des Eratosthenes, Eudoxos ging zweimal von Ägypten nach Indien u. erklärte die Möglichkeit der Umschiffung Afrikas.

Die Römer verdankten ihre ersten Kenntnisse in der G. allein den Kriegszügen, durch welche sie nach u. nach in die verschiedenen Länder der Erde geführt wurden; wissenschaftlich haben sie die Erdkunde nie behandelt. Zweihundert Jahre lang siegreich geführte Kriege gegen Carthago, in Macedonien, Syrien, Numidien, in Arabien, Mauretanien, Gallien, Germanien u. Britannien erweiterten den Kreis der geographischen Entdeckungen bedeutend; Julius Cäsar war mitten in seinen Triumphen ein eifriger Geograph; auf seinen Betrieb ließ der römische Senat die Aufnahme einer allgemeinen Karte des ganzen Römischen Reiches bewerkstelligen, welche als die erste topographische Landesaufnahme anzusehen ist. Man hatte Britannien u. auch Irland kennen gelernt, dazu auch Belgien, den Rhein, die Maas, die Schelde u. die an diesen Flüssen wohnenden Völkerschaften celtischen u. germanischen Stammes. Unter Augustus zog Germanicus als Sieger durch Dalmatien, Bosnien u. Serbien, dann (14–16 n. Chr.) durch Deutschland bis an die Elbe; Älius Paulus u. Petronius unternahmen zwei Feldzüge nach Arabien u. Äthiopien. Alle dabei gemachten Entdeckungen wurden um die Mitte des 1. Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung von Strabo zu einem großen Werke benutzt, welches gegenwärtig noch fast ganz vollständig erhalten ist, u. dem im Übrigen das Werk des Eratosthenes zu Grunde gelegt war. Unter dem Kaiser Claudius erhielten die Römer nähere Nachrichten von der Insel Ceylon; Hippalus lernte die Eigenschaften der Monsune (Wechselwind) kennen; zur Zeit des Kaisers Nero wurde ein Periplus des Rothen Meeres geschrieben, der die Seehäfen Ägyptens, des östlichen Afrika, von Arabien, Persien u. der Küste Malabar enthielt. Man lernte die Dänischen Inseln, die Jütische Halbinsel u. Norwegen kennen u. besuchte die Ostsee bis zum Finnischen Meerbusen; unter Vespasian wurde die insulare Lage Britanniens festgestellt u. der Schottländische Archipel entdeckt; man drang in Afrika nach der großen Wüste vor, nach Fezzan u. entdeckte viele Oasen; Kaufleute drangen zu Lande bis an die Ostsee vor, um Bernstein zu holen. Die so gewonnenen Kenntnisse legte der ältere Plinius (st. 79 n. Chr.) in den ersten Büchern seiner Naturgeschichte nieder, einem Werke, aus dem erhellt, daß eine ausführliche topographische Beschreibung des Römischen Reiches, die Commentarien des Königs Juba über Afrika, der Bericht von Statius Sebosus über die Glückseligen Inseln u. Senecas Denkschriften über Indien für uns verloren gegangen sind. Als Zeitgenosse des Plinius schrieb. Pomponius Mela ein geographisches Handbuch, doch ebenso wie jener von vielen Irrthümern befangen. Isidor von Charax lieferte bes. Nachrichten über das Partherreich, Tacitus machtenamentlich Deutschland bekannt. Die Eroberungen unter Trajan (96–117) verbreiteten die Erdkunde über Dacien, Armenien, Mesopotamien u. Parthien, u. unter dem Kaiser Hadrian unternahm der Proconsul von Cappadocien, Arrian, eine Reise zur Untersuchung der Küsten des Schwarzen Meeres u. schrieb eine noch jetzt fast vollständig vorhandene Geschichte der Feldzüge Alexanders des Großen, worin er namentlich seine Kenntniß von Kleinasien zeigt, u. ein kleines Werk über Indien. Außer diesen Quellen für die römische Erdkunde verdienen hier einige noch vorhandene Itinerarien Erwähnung, namentlich das Itinerarium Antoninum, angefertigt unter Kaiser Antoninus Pius (131–161), eine der vollständigsten Urkunden des Römischen Reiches; ferner das Itinerarium Hierosolymitanum, ein Nachweis des Reiseweges von Bordeaux nach Jerusalem, u. die sogenannte Tabula Peutingeriana, eine Karte, auf welcher die verschiedensten Marschrouten angegeben sind, sowie die großen Gebirge u. Flüsse, viele Seen, die Meeresküste, die Provinzen u. die Namen der Völkerschaften. Doch diese Itinerarien wurden als strenges Geheimniß bewahrt u. haben daher wenig zur Verbreitung geographischer Kenntnisse bei den Römern beigetragen. Auch hatte die wissenschaftliche Bearbeitung der G. bis dahin nur sehr schwache Fortschritte gemacht.

Endlich trat Marinos aus Tyrus (130) wieder in die Fußtapfen des Hipparchos u. entwarf ein vollständiges Lehrgebäude der G., mit dem er seine Karten erläuterte; sein Werk ist verloren, es liegt aber dem des Ptolemäos, dem berühmtesten Geographen des Alterthums (140–170), zu Grunde. Das Werk des Ptolemäos, welches eine Beschreibung der ganzen damals bekannten Erde enthält, überflügelte alle früheren an Genauigkeit u. Vollständigkeit; dabei wandte er die Grundsätze der Astronomie u. Geometrie auf den Entwurf seiner Karten u. auf die verschiedenen Methoden der Projection der Kugel an u. stellte so die Wissenschaft der G. auf ihre wahre Grundlage; ja noch heute bedient man sich in der G. der wissenschaftlichen Sprache, die er zuerst angewandt hat. Nach der Angabe des Ptolemäos umfaßte damals die Länderkunde der Römer folgende Theile: Europa, mit Ausnahme von Scandinavien u. dem nördlichen Rußland, von Afrika die Nordküste, die Ostküste bis zum 12° südl. Breite, die Westküste bis zum 5° nördl. Breite, Asien endlich bis nach Hinterindien u. den Angrenzungen von China. Den Umfang der Erde bestimmte er beinahe um 1000 Meilen zu klein. Mit Ptolemäos schließen die Fortschritte der Erdkunde des Alterthums ab, denn was in der Folge noch an Kenntnissen gewonnen wurde, durch die Kriege der Römer mit den Barbaren im Morgen- u. Abendlande, durch das Eindringen des Septimius Severus in das Hochland von Schottland (209) war unbedeutend. Ein Theil dieser Nachrichten findet sich in dem Werke des Ammianus Marcellinus (370 n. Chr.), das namentlich über die Völker Germaniens u. Sarmatiens manches Neue enthält; vorher schon hatte Jul. Honorius (im 1. Jahrh. n. Chr.)[179] eine Kosmographie, Pausanias (170) über Griechenland, Dionysios (200) über eine Reise nach dem Thracischen Bosporus geschrieben, Agathemeros (250) hatte ein kleines geographisches Werk verfaßt, Marcian (410) verfaßte einen allgemeinen Periplus der ganzen Erde, Stephanos (480) ein geographisches Wörterbuch. Wahrscheinlich dem 6. Jahrh. gehört die neulich wieder bekannt gewordene Kosmographie des Äthicus Ister an.

B) Neben der alten G., die während der Völkerwanderung erlosch, sehen wir nun die des Mittelalters in den Werken der Schriftsteller entstehen, welche aus dem Schoße jener rohen Nationen ans Licht traten. Moses von Chorene, ein Armenier, gibt (auf eigene Anschauung begründete) Nachrichten über Ostasien; Cosmas Indicopleustes od. Indopleustes, ein ägyptischer Mönch um 550, schrieb eine Topographie der christlichen Welt, das einzige größere geographische Werk jener Zeit, welches auf uns gekommen ist; Jornandes (Jordanes), ein Alane u. Bischof von Ravenna, beschrieb (560) die Wanderungen der Hunnen u. Gothen u. bot Mittheilungen über das nördliche u. östliche Europa. Im 8. Jahrh. verfaßte Guido von Ravenna eine Beschreibung der Städte Italiens, u. er gilt auch als der Geographus Ravennas, welcher eine Kosmographie schrieb. Der Sinn für Erdkunde wäre ohne Zweifel während der Wanderungen der Völker, welche das Römische Reich zerstörten, verloren gegangen, wenn nicht zwei sehr entfernte Nationen, die Normannen u. Araber, die bisherigen Entdeckungen, diese als Freunde der Wissenschaften, jene als beutelustige Abenteurer, fortgesetzt hätten. Die Normannen besuchten fast alle europäischen Küsten u. entdeckten die Inseln im Norden Schottlands; Othan u. Wulfstan beschrieben ihre Reise nach dem Nordcap u. dem Finnischen Meerbusen, u. König Alfred von England (871–901) übersetzte diese Reisebeschreibung ins Angelsächsische. Island hatten die Normannen schon 861 kennen gelernt; der Isländer Gunbiörn fand 970 Grönland, Erik der Rothe 982 die nordamerikanische Küste (das sogenannte Winland). Bei den Arabern, welche ihre Herrschaft von Lissabon aus über die geographische Nordküste Afrikas bis nach Indien hin ausgedehnt hatten, machte die Ausdehnung des Handels u. der geographischen Kenntnisse gleich große Fortschritte. Schon um das Jahr 833 ließ der Chalif Al Mamum zur Bestimmung des Umfanges der Erde eine Gradmessung vornehmen; die beiden Reisenden Wahab u. Abuzeid beschrieben den Osten von Asien (851 u. 877); Massudi, mit dem Zunamen Kothbeddin (950). schrieb eine allgemeine Geschichte der bekanntesten Reiche in allen drei Erdtheilen; Ebu Haukal (970) beschrieb die den Arabern unterworfenen Länder; der Sherif Al Edrisi, bekannt unter dem Namen des Geographus Nubiensis, schrieb (1155) Erläuterungen zu einer großen, dem König Roger I. von Sicilien gehörenden Erdkugel; Ebn al Wardi lieferte 1232 eine physikalische Erdbeschreibung nebst einer Karte; Abulfeda (gest. 1332) verfaßte ein berühmtes geographisches Werk, in welchem er, außer dem mathematischen u. physikalischen Theile, bes. treffliche Nachrichten über Syrien u. Nordafrika bietet; Mohammed Ebn Batuta schrieb im 14. Jahrh. ein Werk über seine Reisen, welche sich über fast alle Theile der damals bekannten Erde erstreckt hatten; Leo Afrikanus beschrieb Afrika. Die positive G. hatte unter den Händen der Araber, streng genommen, nur wenig Fortschritte gemacht, bei Weitem mehr die beschreibende, namentlich in Bezug auf die von ihnen beherrschten Ländergebiete. Nicht wenig zur Erweiterung geographischer Kenntnisse im Mittelalter trug seitdem 10. Jahrh. der Eifer für die Ausbreitung der Christlichen Religion bei, theils durch Wallfahrten nach dem Gelobten Lande, theils durch Missionen, theils durch die großen Unternehmungen der Kreuzzüge; daneben waren es in Italien die mächtigen Handelsstädte Venedig u. Genua, seit dem 12. Jahrh. aber im Norden Europas die Hansa, welche das wesentlichste Interesse haben mußten, ihre Völker- u. Länderkunde zu erweitern. Als zu Anfang des 13. Jahrh. die Mongolen von den Hochebenen Innerasiens aufbrachen u. das östliche Europa anfielen, wurde die Aufmerksamkeit des christlichen Europa auf jene Steppenländer gelenkt. Auf Anordnung des Papstes Innocenz IV, reiste der Mönch Ascelin durch Syrien, Mesopotamien u. Persien zu den Mongolen u. hinterließ einen Bericht über seine Reise; der Minorit Plano Carpini ging 1246 zum Großkhan; ebendahin 1253 auf Ludwigs IX. Befehl Wilhelm von Rubruquis (Ruysbroek), dessen Bericht nebst dem Werke des Marco Polo (1270–1295) die besten Quellen zur Kenntniß Asiens waren. Die Reisebeschreibungen des Minoriten Oderich von Portenau, der 1318 bis nach China vordrang, u. des Engländers Mandeville, der 1322 nach dem Gelobten Lande ging, bereicherten die Kenntniß Asiens, wie sie Marco Polo geboten, wenig; wichtiger wurde das Reisetagebuch des Ruy Gonzalez de Clavijo, der 1403 als Gesandter nach Samarkand ging. Der Venetianer Josafat Barbaro (1436–1471) schließt die Reihe der Reisenden, welche durch drei Jahrhunderte das Innere Asiens zu erforschen suchten. Indem ihre einzelnen Entdeckungen u. ihre verschiedenen Reisewege zusammengetragen wurden, machten die Geographen den Versuch, das Ganze der Erde in ein Gesammtgemälde zu bringen. Mit Hülfe dieser Materialien zeichneten Sanuto (1306), Visconti, die Brüder Pazigani, Pareto, Bianco (1436), Bedracio, Benincasa, Brazi, Mauro u.a. jene Landkarten, auf denen man nicht allein die neueren Angaben, sondern auch die Begriffe der Alten vereinigt findet. Auf mehreren dieser Karten sieht man die drei Welttheile als eine große Insel dargestellt, Afrikas Ende auf der Nordseite des Äquators, gerade so wie Eratosthenes u. Strabo es geglaubt hatten; dabei findet sich eine Insel Antilia, westlich von den Canarischen Inseln, verzeichnet, was hie u. da zu der Annahme geführt hat, man habe schon damals Kenntniß von dem Vorhandensein Amerikas gehabt. Inzwischen hatten seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. die Portugiesen sich zu einer seefahrenden Nation entwickelt u. drangen im Laufe des 15. Jahrh. mit ihren Schiffen mehr u. mehr an der Westküste Afrikas nach Süden vor, bis es endlich 1486 Bartolomeo Diaz gelang, die Südspitze des Continents, das Cap der Guten Hoffnung, zu erreichen.

C) Neue Zeit. Obwohl nun schon Toscanelli, ein Florentiner u. größter Geograph seiner Zeit, 1474 auf die Möglichkeit der Umschiffung Afrikas hingewiesen hatte, so wurde dennoch erst 1498 durch Vasco de Gama der Seeweg nach Indien entdeckt,[180] ein Ereigniß, welches im Verein mit der 1492 durch Columbus erfolgten Entdeckung Amerikas ebenso als ein Hauptmoment in der Geschichte der geographischen Entdeckungen, wie überhaupt als Wendepunkt der Cultur der Menschheit betrachtet werden muß. Handel u. Schifffahrt erhielten durch die beiden großen Entdeckungen am Schlusse des 15. Jahrh. einen unermeßlichen Aufschwung. Vorerst die Schiffe der Portugiesen u. Spanier, dann auch der Engländer, Niederländer u. Franzosen durchkreuzten die Weltmeere nach allen Richtungen hin u. führten in rascher Reihenfolge Entdeckungen herbei Cabral fand 1500 Brasilien, Andrade 1516 die Küste von China, Mota 1542 Japan, Balboa hatte 1513 zuerst den Stillen Ocean gesehen, Cabot, Corte Real, Frobisher, Raleigh, Davis, Hudson, Bassin u. Bylot drangen nordwärts bis zu dem Polarmeere vor, Niederländer entdeckten den fünften Welttheil Australien, Magelhaens hatte in Begleitung des Astronomen Ruy Falero 1519 die erste Erdumsegelung ausgeführt, die nächste Franz Drake 1577, welche der G. nicht nur überhaupt eine ungemeine Stoffvermehrung zuführten, sondern auch unmittelbar die geographischen Systeme des Strabo u. Ptolemäos über den Haufen warfen u. die Kugelgestalt der Erde außer Zweifel setzten. Die sternkundigen Arbeiten eines Copernicus (1543), Tycho de Brahe (1546–1601), Kepler, Galilei u. Newton (1642 bis 1727) trugen ihrerseits zur Vervollkommnung der geographischen Karten bei, in deren Entwurf man von nun an die Erdkugel in ihrer wahren Gestalt abzubilden u. die gegenseitigen Entfernungen der Länder, deren Lage nach der Polhöhen. Weite von einem ersten Meridian, auf eine genauere Weise anzugeben sich bemühten, als es jemals vorher geschehen war. Bald nach des berühmten Nürnbergers Martin Behaim Erdglobus (1492) erschienen die ersten Weltkarten, welche auch Amerika enthielten; zunächst die der Brüder Appian (1513), dann die von Ribeiro u. die von Gemma Frisius. Die eigentliche Gestaltung der geschichtlichen Erdkunde gebührt Vadianus (1518) u. mehr noch Sebastian Münster (1543), der sich durch seine Cosmographia den Namen eines wieder erstandenen Strabo erwarb. Eine gewisse Ordnung brachte zuerst Abrah. Ortelius (gest. 1598) in die G., indem er die alte von der neueren trennte u. namentlich auch die Kartenzeichnung in seinen mit Noten begleiteten Theatrum mundi (Antwerp., letzte Ausg. 1603) wesentlich vervollkommnete. Vor Allen aber war es Gerhard Kaufmann (gest. 1594), genannt Mercator, der den geographischen Wissenschaften einen neuen Schwung gab, indem er für den Entwurf der Karten eine neue Methode anwandte (die noch gegenwärtig für Seekarten maßgebend ist) u. so der Begründer der positiven G. der Neuzeit wurde. Die Sammlung seiner Karten nannte Mercator zuerst Atlas, eine seitdem beibehaltene Benennung. Zur Vervollkommnung der G. trugen dann Cluverius, Fernel, Bart bei, diesen folgten Grimaldi (1663) u. Riccioli (1671); des Varenius (1684) System der allgemeinen G. wurde später von Newton neu aufgelegt; auch die Arbeiten von Godofredus u. Melissander zeigten von großem Fleiße; für die Kartographie wirkten erfolgreich in Frankreich Sanson, in Holland Blaeu, in Schweden Buräus. Als Nebenzweig der geographischen Wissenschaft entwickelte sich die Statistik durch Sansovino (1567), Botero (1592), Davity (1616), besser noch durch Conring, doch beweisen die Elzevirischen Republiken, eine Probe der statistischen Arbeiten in diesem Zeitalter, daß man über den Umfang dieses Zweiges der G. ebenso unbestimmte als unvollständige Ansichten hegte.

Mit ungleich größerer Auszeichnung steht in geographischer Rücksicht das 18. u. noch mehr das 19. Jahrhundert da. Eine Menge der wichtigsten Entdeckungen erleichterten das geographische Studium. Von Seiten der Regierungen wurden Entdeckungsreisen u. Gradmessungen angeordnet, auf ihren Befehl u. mit ihrer Unterstützung Reise- u. Länderbeschreibungen herausgegeben, die Herstellung der Karten wurde vervollkommnet, dazu förderten die Akademien der Wissenschaften die geographischen Forschungen; der mehr u. mehr wachsende Handelsverkehr nach allen Punkten der Erde u. die zahlreichen Missionäre der christlichen Religion trugen ebenfalls nicht wenig zur Erweiterung der geographischen Kenntnisse bei. Der allgemeine Fortschritt in den Wissenschaften (namentlich auch das erhöhte Interesse an den Naturwissenschaften) u. die großen Erfindungen der Anwendung des Dampfes u. der Elektricität kamen der G. direct u. indirect zu Gute, namentlich haben auch die Geographischen Gesellschaften (s.d.) unendlich viel zur Ausdehnung u. Vervollständigung der G. nach allen Richtungen hin beigetragen. Während fast alle seefahrenden Nationen mehr od. minder zu den Entdeckungen beitrugen, die im Großen Ocean, in den Arktischen u. Antarktischen Polargegenden gemacht wurden, erforschten hauptsächlich die Russen den nördlichen Theil u. das Innere von Asien, die Engländer die südlichen Theile von Asien u. Afrika, sowie Australien, die Holländer den Indischen Archipel, die Franzosen den Norden Afrikas, Spanier u. Portugiesen die Südhälfte, Nordamerikaner die Nordhälfte Amerikas. Den Deutschen war zwar an den Entdeckungsreisen nur ein geringer Theil zugewiesen, desto mehr haben sie sich aber an der wissenschaftlichen Erfahrung fast aller Länder der Erde hervorragend (Alexander von Humboldt in Amerika u. Asien, Barth u. Vogel in Afrika, Gebrüder Schlagintweit in Asien) betheiligt, u. haben mehr als irgend eine Nation für die wissenschaftliche Bearbeitung der G. gethan.

Für die mathematische G. wurden die zuerst in Frankreich von Maupertuis u. Condamine angestellten Gradmessungen, denen bald andere in den übrigen Theilen Europas folgten, von Wichtigkeit; wesentlich zum Fortschritt trugen bei die Arbeiten von Cassini, de l'Isle, Tob. Mayer, Euler, Mechain, Herschel, Zach, Lalande, Gauß, Maskelyne, Olbers, Piazzi, Enke, Delambre, Biot, Bode, Arago, Bessel, Struve u.a. Handbücher über die mathematische G. haben geschrieben: Mayer 1805, Walch 1807, Schmidt 1810, Bode, Hochstetter 1820, Brewer 1828, Schmidt 1829, Littrow 1837, Mädler 1843, Somerville, Studer, Wigand u. Cornelius, 4. Aufl. 1857; Steinhäuser (Grundzüge der mathematischen G. u. der Landkartenprojection, Wien 1857). Das Bedeutendste enthält Alex. von Humboldts Kosmos. Die physikalische G. fand in Buache (1745) ihren wissenschaftlichen Begründer; fortgebildet wurde sie von Bergmann (1773), Wallerins (1779), die Forster (1778), Zimmermann, de Luc (1779), Dolomieu, Saussure, Otto Lamarck[181] (1801), Kant, Mitterpacher u.a.; mit Herbeiziehung der Naturwissenschaften tiefer aufgefaßt von Werner (st. 1821), Steffens, Alex. von Humboldt, Leopold von Buch, Arago u.a.; Kants Physikalische G. erschien 1802 bearbeitet von Rink, von Link im Handbuch der physikalischen Erdbeschreibung (1826–30), von Hoffmann (Physikalische G., Berl. 1837), Studer (Lehrbuch der physikalischen G. etc., Bern 1844), Burmeister (Geschichte der Schöpfung, 4. Aufl. 1851), Wittwer (Physikalische G. etc., Lpz. 1838), Gugot (Comparative Physical Geography, Lond. 1858), Somerville (Phys. Geography, Lond. 1858). Zu der sogenannten reinen od. der G. nach Naturgrenzen, hatte schon Gattereo 1775 die ersten Grenzlinien gezogen; ihm folgten Zeune in seiner Gäa (3. Aufl. 1830), Kaiser, Stein, Homeyer, Kunz, Berghaus, K. von Raumer, Schacht, Meinicke, Zimmermann (Der Erdball u. seine Naturwunder, 3. Aufl. Berl. 1854), Teichmann (Physik der Erde, Berl. 1854); geologische, meteorologische u. hydrographische Institute führen im Verein mit den zahlreichen Beobachtungen u. Untersuchungen, welche ununterbrochen fast auf allen Punkten. der Erde über die Natur derselben veranstaltet werden, der Wissenschaft ein überreiches Material zu, welches in dem Berliner Dove den gründlichsten Bearbeiter findet, während der Amerikaner Maury am meisten unter den Neueren für Erforschung der Physik des Meeres gethan hat. Die politische G. wurde früher u. fleißiger angebaut als die übrigen Theile der Wissenschaft. Nach dem Vorgange der fleißigen Sammler Merula, Hübner u. Hager, wurde Büsching von 1754 an der Begründer der wissenschaftlichen Behandlung der neueren G.; ihm folgten d'Anville, Normann, Gatterer, Fabri, Gaspari (1797), Bruns, Canzler, Galletti, Stein, Cannabich, Malte Brun, Blanc, Hoffmann, Balbi; 1819–27 erschien das größte u. vollständigste Handbuch der G., bearbeitet von Hassel, Gutsmuths, Cannabich, Ukert u. Gaspari. Eine neue Bahn brach Karl Ritter, als Schöpfer der allgemeinen vergleichenden G., in seinem großen Werke: Die Erdkunde im Verhältniß zur Natur u. zur Geschichte des Menschen. Die von ihm eingeschlagene Bahn wurde maßgebend für alle folgenden. Rougemont schrieb Précis de géog. comparée, Neuenb. 1831, u. Géog. de l'homme, 1838, später eine Geschichte der Erde nach der Bibel u. der Geologie, deutsch von Fabricius, 1856; Meinicke (Lehrbuch der G., 1857); Merleker (Lehrbuch der historisch-comparativen G., 1839, u. eine Kosmogeographie, 1848); Berghaus (Allgemeine Länder- u. Völkerkunde, Stuttg. 1837–44; Grundriß der G., 1840–43; Allgemeine Erdbeschreibung, die 4. Aufl. des Werkes von Balbi, 1857; Was man von der Erde weiß, 1856); Roon (Grundzüge der Erd-, Völker- u. Staatenkunde); Schneider (Handbuch der Erdbeschreibung etc., 1846 ff.); Wappäus (Neubearbeitung des Handbuchs der G. von Stein u. Hörschelmann, 1850 ff.); Zachariä (Lehrbuch der Erdbeschreibung in Verbindung mit Weltgeschichte etc., Lpz. 1854); Ungewitter (Neueste Erdbeschreibung, 4. Aufl. 1856); Diesterweg (Neubearbeitung von Blancs Handbuch des Wissenswürdigsten etc., 1857); Klöden (Handbuch der Erdkunde, 1858). Die Statistik od. historisch-politische Staatskunde wurde zuerst von Achenwall (1749) wissenschaftlich behandelt, dann von Toze (1777), Crome (1782), Niemann (1807), Summel (1803), Hassel (1823), André (1823), Bernoulli (1828), Schubert (seit 1834), Fränzl (1838–1841), u. in neuester Zeit von Brachelli, Hübner, Kolb, Dieterici, Boeckh, Köppen, Tegoborski, u. mit dem größten Erfolg Reden. Über die Theorie der Statistik hatten, nach dem Vorgange von Schlözer, geschrieben Hogel (Altenb. 1829), Schlieben (Grundzüge einer allgemeinen Statistik, 1834), Gräberg von Hemsö (Theorie der Statistik, 1835), Wörl (1841), Fallati (1843) u.a. Von umfassendem Nutzen für die Nationalökonomie hat die Statistik einen bes. hohen Aufschwung genommen, seitdem fast alle Staaten officiell das statistische Material sammeln lassen, u. sich neben den statistischen Staatsbureaus auch statistische Privatvereine gebildet haben. Die Handelsgeographie haben speciell behandelt: Kalckmann (1807), Becher (1836), Reden (1843), M'Culloch (deutsch 1836–1837), Crüger (1853), Scherer (Allgemeine Geschichte des Welthandels, 1853). Über Militärgeographie haben geschrieben: Malchus (1832), Meineke (1836), dann Roon u. neuestens Killmeyer. Über Methodik der G. handeln Lüdde, Ritter u.a. Unter den geographisch-statistischen Wörterbüchern sind hervorzuheben, die Werke von Winkopp u. Ehrmann (fortgesetzt von Schorch, aber nicht beendet), Hübner's Staats-, Zeitungs- etc. Lexikon (1804, umgearbeitet von Rüder 1824), Hassel (Allgemeines geographisch-statistisches Lexikon, 1817), Stein (Zeitungs-, Post- u. Comtoir-Lexikon, 1818) The Edinburgh Gazetteer or Geogr. dictionary mit einem Atlas von Arrowsmith (1817), Dictionnaire géogr. universel von Beudant, Billard, Douaix, Dubrera, Eyries, Humboldt u.a. (1824 ff.), Möller (Geographisch-statistisches Lexikon, 1846), Ritter (Geographisch-statistisches Lexikon, 4. Aufl. 1855), Johnston (Dictionary of geography, Boston 1852), Gazetteer of the world (Lond. 1852), Kramers (Geographisch woordenboek, Gouda 1853), Castro (Gran dizionario geogr., Mail. 1855), Hoffmann (Encyklopädie der Erd-, Völker- u. Staatenkunde, Lpz. 1855 ff.), Brockes (A General Gazetteer etc., Lond. 1857), Bouillet (Diction. universel etc., Par. 1857). Als geographische Zeitschriften sind, abgesehen von den zahlreichen, zum Theil nur auf specielle Erdräume od. auf einzelne Theile der G. berechneten Journalen, sowie von den älteren Ephemeriden, Magazinen, Archiven u. Jahrbüchern von Zach, Büsching, Forster, Sprengel, Bernoulli, Bertuch, Gaspari u.a. zu erwähnen: Lüdde (Zeitschrift für vergleichende Erdkunde, Magdeb. 1842–1846); Berghaus (Annalen für Erd- etc. Kunde, 1830–43; Hertha 1825–1829; Geographisches Jahrbuch 1849–1852); Sommer (Taschenbuch zur Verbreitung geographischer Kenntnisse, 1823–43); Gumbrecht. (Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, 1853–56, neue Folge von Neumann seit 1856), Petermann (Mittheilungen aus J. Perthes geographischer Anstalt, seit. 1855), Sacchi (Annali universali etc. zu Mailand); außerdem gehören hierher die periodischen Veröffentlichungen der Geographischen Gesellschaften (s.d.). Um die Kartographie erwarben sich große Verdienste zuerst Homann u. Weigel, dann Haß, der Erfinder der stenographischen Kartenentwerfung, [182] Sotzmann, Mellin, Schmettau, Bohnenberger, Reichard, Wolf, Lapin, Arrowsmith, Cary, Hermlin, Stieler, Sydow, Sohr, Black, Kuyper, Petermann u.v. A. Für die Specialkartographie leisteten die topographischen Bureaux der verschiedenen Staaten ungemein viel durch die Herausgabe der sogenannten Generalstabskarten u. die Hydrographischen Institute durch Anfertigung von Seekarten. Einen Atlas für die Physikalische G. gab Berghaus heraus; Kartenwerke für die Historische G. lieferten ehemals d'Anville, Reichard u.a., von ungleich größerem Werthe in der Neuzeit Spruner, Kiepert, Lelewel u. Wedell. Obgleich Unternehmungen Einzelner, sind doch in Deutschland zwei Anstalten für die geographische Wissenschaft von Bedeutung geworden, nämlich das Geographische Institut in Weimar, 1797 von Bertuch gegründet, in welchem u.a. 1798–1832 die Geographischen Ephemeriden erschienen, u. vor Allem die Geographische Anstalt von Justus Perthes in Gotha (seit 1816).

Die G. der alten Welt hatte schon 1686 in Cellarius einen Bearbeiter gefunden; diesem folgte 1730 Köhler (Anleitung zur alten u. mittleren G.), 1785 erschien das von Bruns, Ditmar, Stroth, Hummel u.a. bearbeitete Handbuch zu dem Atlas von d'Anville, der 1782 auch eine Géogr. ancienne geschrieben hatte. Dann lieferten die Franzosen Mentelle, Delille, Dureau de la Malle, Frevot werthvolle Arbeiten, mehr noch Gosselin (Recherches sur la géogr. des anciens, 1790–1843); Mannert (Die G. der Griechen u. Römer); Heeren (Ideen über die Politik etc. der vornehmsten Völker der alten Welt, 4. Aufl. 1826); Malte Brun, Schlichthorst, Ukert (1816–1821); Sickler, Georgi (Alte G. 1838), Forbiger (Handbuch der alten G., 1842–48), Schmitz (A Manual of Ancient G., 1857). Kleinere Compendien über die alte G. lieferten Schirlitz (1822), Schmieder, Billerbeck (1826), Kärcher (1829), Sickler (1832), Volger u.a. Die G. des Mittelalters ist nur wenig bearbeitet worden; Junker's Anleitung zur G. der mittleren Zeiten war der erste unvollkommene Versuch (1712); die Arbeiten von d'Anville, Köhler, Pischon sind ebenfalls dürftig, besser Wuttke über Erdkunde u. Karten des Mittelalters (1853), die vorzüglichste Quelle bildet indeß der historische Atlas von Spruner. Die Geschichte der G. haben behandelt Zeune (Dissertatio de hist. geographiae, 1802), Malte Brun (Geschichte der Erdkunde, aus dem Französischen von Zimmermann, 1816), Sprengel (Geschichte der wichtigsten geographischen Entdeckungen bis 1542, 2. Aufl. 1792), Löwenberg (Geschichte der G., 1840), Lüdde (Geschichte her Erdkunde, 1841), Hoffmann (Geschichte des Handels, der Erdkunde etc., 2. Aufl. 1847), Berghaus (Abriß einer Geschichte der geographischen Entdeckungen, 1857) Die wichtigsten Sammlungen von Reisebeschreibungen sind: Allgemeine Historie der Reisen zu Wasser u. zu Lande, Amsterd. 1747–74; Ehrmann (Geschichte der merkwürdigsten Reisen, 1791–99, 22 Bde.); Sammlung der besten u. ausführlichsten Reisebeschreibungen (Berl. 1764–1803); F. R. Forster (Magazin von merkwürdigen neuen Reisebeschreibungen, Berl. 1790–1839, 39 Bde.); G. Forster (Neue Geschichte der Land- u. Seereisen, Hamb. 1789–1808, 19 Bde.), Sprengel u. Ehrmann (Bibliothek der wichtigsten Reisebeschreibungen, Weim. 1800–14, 50 Bde.), Bertuch (Neue Bibliothek etc., eine Fortsetzung des vorhergehenden Werkes, Weim. 1815–35, 65 Bde.); Journal für die neuesten Land- u. Seereisen (Berl. 1808–36, 84 Bde.); Widemann, Hauff u. Peschel (Reise- u. Länderbeschreibungen der älteren u. neusten Zeit 1835–56, 43 Bde.); Weltpanorama, eine Chronik der neuesten Reisen etc. (Stuttg. 1843–1850, 153 Bde.), Heinzelmann (die Weltkunde in einer Rundschau der wichtigsten neueren Reisen 1847–55, 16 Bde.). Zusammenstellungen der geographischen Literatur enthalten: Engelmann (Bibliotheca geographica, Lpz. 1858), Schmidt (Bibliotheca historico-geographica, seit 1853), sowie die Zusammenstellungen der neuen Erscheinungen im Gebiete der G. von Koner (seit 1852) u.v. Ziegenbalg (seit 1856).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 176-183.
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