Tellūr

[348] Tellūr) chemisches Zeichen Te, Atomgewicht 64 (H = 1), 800 (O = 100), sehr seltenes Metall, wurde 1798 von Klaproth in siebenbürgischen Golderzen entdeckt, nachdem schon 1782 Müller von Reichenstein in diesen Mineralien ein eigenthümliches Metall vermuthet hatte. Das T. findet sich sehr selten gediegen bei Zalathna in Siebenbürgen, mit Gold, Silber, Blei u.a. Metallen verbunden im Schrifterz u. Blättererz, mit Silber im Tellursilber, als Tellurwismuth bei Schemnitz in Ungarn u. in Virginien in Amerika, als Tellursilber auf der Grube Savodinskoi am Altai, wo auch Tellurblei vorkommt. Aus dem Tellurwismuth gewinnt man das T. auf folgende Weise: man schmilzt das von der Gangart befreite Mineral mit verkohltem Weinstein u. langt die geschmolzene Masse mit ausgekochtem Wasser aus; dabei geht Tellurkalium neben Schwefelkalium u. Selenkalium, wenn das angewandte Mineral selenhaltig war, in die Auflösung über; man setzt dieselbe längere Zeit der Luft aus, wobei unreines metallisches T. sich als graues schweres Pulver absetzt. Aus den siebenbürgischen Golderzen stellt man das T. im Großen dar, indem man die pulverisirten Erze mit verdünnter Salzsäure behandelt, dann in concentrirte Schwefelsäure einträgt u., wenn die Einwirkung aufgehört hat, so lange erhitzt, bis keine schweflige Säure mehr entweicht. Man bringt nun die Malse in eine bleierne Pfanne, worin sich salzsäurehaltiges Wasser befindet, um das Silber niederzuschlagen u. die tellurige Säure zu lösen, u. fällt aus der abgezogenen Flüssigkeit das T. durch metallisches Zink. Im reinen Zustande ist das T. silberweiß,[348] glänzend, krystallisirt leicht, ist spröd, leicht zu pulverisiren; specifisches Gewicht 6,257; schmilzt so leicht wie Antimon, läßt sich in hoher Temperatur destilliren; an der Luft erhitzt, verbrennt es mit blauer, grün gesäumter Flamme zu telluriger Säure, welche in Form eines weißen Rauches aufsteigt. Concentrirte Schwefelsäure löst das T. in geringer Menge mit rother Farbe auf, beim Verdünnen scheidet es sich wieder aus; mit concentrirter Schwefelsäure erhitzt oxydirt es sich zu telluriger Säure, ebenso bei der Behandlung mit Salpetersäure; Salzsäure greift es nicht an. In concentrirter heißer Kalilauge löst es sich zu Tellurkalium u. tellurigsaurem Kali, aber beim Erkalten scheidet sich alles T. wieder aus. Da die physikalischen Eigenschaften des T. mit denen der Metalle übereinstimmen, während es in seinem chemischen Verhalten sich mehr dem Schwefel u. Selen anschließt, so wird es bald zu den Metallen, bald zu den Metalloiden gezählt.

Verbindungen des T-s. A) Mit Sauerstoff vereinigt sich das T. in zwei Verhältnissen: a) Tellurige Säure (Telluroxyd), Te O2, in ihrem chemischen Verhalten dem Zinnoxyd ähnlich, indem sie bald als Base, bald als Säure auftritt; je nachdem sie sich im wasserfreien Zustande od. als Hydrat befindet, zeigt sie wesentliche Verschiedenheiten in ihrem Verhalten, so daß man zwei Modificationen der tellurigen Säure unterschieden hat: aa) Hydrat der tellurigen Säure (b-tellurige Säure) wird aus einer Auflösung von tellurigsaurem Kali durch Salpetersäure gefällt, ist eine leichte, weiße, erdige Masse von bitterem metallischem Geschmack, röthet Lackmus, löst sich im feuchten Zustand in Wasser etwas auf; wird diese Lösung erhitzt, so scheidet sich wasserfreie Säure in Körnern aus u. die saure Reaction verschwindet. Schwefelsäure u. Salzsäure lösen es; aus der salzsauren Lösung scheidet Wasser tellurige Säureab, ebenso ätzende u. kohlensaure Alkalien, welche letztere aber im Überschuß den Niederschlag wieder lösen; schweflige Säure, schwefligsaure Alkalien, sowie metallisches Zink fällen metallisches T. Trocknet man das Hydrat der tellurigen Säure in der Wärme, so geht es über in bb) Wasserfreietellurige Säure (a-tellurige Säure); dieselbe bildet sich auch, wenn eine Auflösung des Hydrats in Salpetersäure erwärmt wird; sie ist feinkörnig krystallinisch, anfangs geschmacklos, dann unangenehm metallisch schmeckend, röthet Lackmuspapier nicht od. nur sehr langsam, wird von Wasser, Säuren, Ammoniak u. kohlensauren Alkalien nur wenig gelöst, leicht aber von Kali- u. Natronlauge. Erhitzt wird sie citronengelb, beim Erkalten wieder weiß; schmilzt u. erstarrt zu einer weißen krystallinischen Masse; in einem Luftstrome verflüchtigt sie sich, im bedeckten Tiegel kann sie ohne merklichen Verlust geschmolzen werden. Die Salze der tellurigen Säure sind theils neutral, theils zweifach, theils vierfach sauer; die neutralen u. zweifach tellurigsauren Alkalien sind in Wasser löslich; Salzsäure löst die meisten Salze mit gelber Farbe auf. Neutrales tellurigsaures Kali, KO, Te O2, wird durch Zusammenschmelzen gleicher Äquivalente telluriger Säure u. kohlensauren Kalis erhalten. Die geschmolzene Masse erstarrt krystallinisch, löst sich in Wasser, wird durch Kohlensäure zersetzt. Durch Zusammenschmelzen von 2 Äquivalenten telluriger Säure mit 1 Äquivalent kohlensaurem Kali erhält man zweifach tellurigsaures Kali, KO, 2 Te O2, dasselbe löst sich in kochendem Wasser; beim Erkalten der Lösung scheidet sich vierfach tellurigsaures Kali, KO, 4Te O2 + 4 HO, in Krystallkörnern aus. Die Natronsalze der tellurigen Säure sind den Kalisalzen ähnlich. Neutrales tellurigsaures Ammoniak ist nicht bekannt, vierfach saures Salz, dem Kalisalz analog zusammengesetzt, fällt aus einer Auflösung des Hydrats in kohlensaurem Ammoniak durch Salmiak. Die Kalk-, Baryt- u. Magnesiasalze sind unlöslich in Wasser; man erhält sie durch doppelte Zersetzung od. durch Zusammenschmelzen von telluriger Säure mit den betreffenden Basen. b) Tellursäure, Te O3, erscheint ebenso, wie die Tellurige Säure, in zwei Modificationen: aa) die wasserhaltige Tellursäure (b-Tellursäure) wird dargestellt, wenn man in eine alkalische Lösung von tellurigsaurem Kali Chlorgas bis zur Sättigung leitet, die Schwefel- u. Selensäure durch Chlorbarium entfernt u. aus der mit Ammoniak versetzten Flüssigkeit die Tellursäure ebenfalls durch Chlorbarium ausfällt; durch Zersetzen des tellursauren Baryts mit Schwefelsäure u. Abdampfen der Flüssigkeit erhält man die Tellursäure in Form großer, dem Gyps ähnlicher Krystalle; sie enthält 3 Äquivalente Wasser, schmeckt metallisch, röthet Lackmus wenig, löst sich in Wasser, Säuren u. Alkalien. Durch Erhitzen bis fast zum Glühen verliert das Hydrat das Wasser u. geht in bb) wasserfreie Tellursäure (a-Tellursäure) über; dieselbe ist schön pommeranzengelb, besitzt noch die Form der Krystalle, ist unlöslich in Wasser, Säuren u. Alkalien. Mit Basen verbindet sich die Tellursäure zu tellursauren Salzen, u. zwar in denselben Verhältnissen, wie die Tellurige Säure. Die Salze der Alkalien sind in Wasser löslich, die der anderen Basen schwerlöslich od. unlöslich. Mehre Salze existiren in zwei Modificationen, einer farblosen, in Wasser od. Säuren löslichen u. einer gelben unlöslichen; in der letzteren sind sie wasserfrei. Tellursaures Kali, durch Auflösen von kohlensaurem Kali u. Tellursäurehydrat in heißem Wasser erhalten; das neutrale Salz krystallisirt mit 5 Äquivalenten Wasser, ist in Wasser leicht, in Alkohol unlöslich; das zweifach tellursäure Kali bildet seine Krystalle von der Zusammensetzung KO, 2 Te O3 + 4 HO, ist in Wasser löslich, reagirt alkalisch, wird schon unter der Rothglühhitze gelb, indem es das Wasser verliert. Das vierfach saure Salz erhält man aus dem vorigen durch Vermischen der Lösung mit etwas Salpetersäure, es ist in Wasser schwer löslich, krystallisirt mit 4 Äquivalenten Wasser. Die Natronsalze der Tellursäure sind den Kalisalzen ganz ähnlich. Aus den Kalisalzen erhält man durch Zusatz von Salmiak od. Ammoniak die entsprechenden Ammoniaksalze; das neutralsaure tellursäure Ammoniak ist eine klebrige Masse; das zweifach saure scheidet sich in Form schwer löslicher Flocken aus. B) Mit Wasserstoff: Tellurwasserstoff, Te H, ein farbloses Gas, bildet sich, wenn man Tellureisen, Tellurzink etc. mit Wasser u. Salzsäure übergießt, es verbindet sich mit Wasser, wird an der Luft unter Abscheidung von T. zersetzt; riecht dem Schwefelwasserstoff sehr ähnlich, schlägt Metalle aus ihren Auflösungen als Tellurmetalle mit dunkler Farbe nieder, gibt mit Alkalien u. alkalischen Erden den Sulfureten ähnliche auflösliche Verbindungen: Tellurete. C) Mit Schwefel läßt sich das T. in jedem Verhältniß zusammenschmelzen; wenig T. ertheilt dem [349] Schwefel eine rothe Farbe; wenn man durch eine Auflösung von telluriger Säure Schwefelwasserstoff leitet, so erhält man Tellursupersulfür (telluriges Sulfid), TeS, als braunen Niederschlag. Auf gleiche Weise bildet sich aus Tellursäure nach längerer Zeit Tellursupersulfid (Tellursulfid), TeS3, welches sich an der Wand des Gefäßes als ein metallglänzender, in Flittern sich ablösender Überzug anlegt. D) Mit Chlor: a) Tellursuperchlorür, TeCl2, wird erhalten durch gelindes Erhitzen von metallischem T. in einem Strome Chlorgas. Die entstandene dunkelgelbe Flüssigkeit wird beim Erkalten hellgelb u. beim Erstarren weiß u. kryaltinisch. Es ist nicht sehr flüchtig, wird beim Auflösen in Wasser zersetzt, von verdünnter Salzsäure unverändert aufgelöst. b) Tellurchlorid, TeCl, destillirt beim Erhitzen eines Gemisches vom Vorigen mit metallischem T. in einer Retorte über, ist schwarz, flüchtiger als das Vorige; sein Dampf ist, so lange das Destillirgefäß noch Luft enthält, purpurfarbig, später gelb An der Luft wird es feucht, von Wasser u. Salzsäure zerlegt. E) Mit Brom: a) Tellursuperbromür, TeBr2, durch Auflösen von metallischem T. in Brom u. Verdampfen des überschüssigen Broms erhalten; ist braungelb, gibt mit Wasser eine gelbe Auflösung, welche dei größerer Verdünnung zerfällt; wenn es über Schwefelsäure verdunstet wird, so scheiden sich aus der wässerigen Lösung rubinrothe Krystalle von wasserhaltigem Tellursuperbromür ab. b) Tellurbromid, dem Chlorid ähnlich u. wie dieses darzustellen F) Mit Jod. Gelinde erhitzt, liefert das T. nach Verdampfen des überschüssigen Jods Telluriodid als einen glänzend schwarzen, sublimirbaren Körper. Tellursuperiodür wird in Form schwarzer zarter Körner durch Digeriren von telluriger Säure mit Jodwasserstoffsäure erhalten. G) Mit Metallen: Tellurmetalle finden sich zum Theil als seltene Mineralien in der Natur; künstlich können sie sich durch Zusammenschmelzen von T. mit dem betreffenden Metall od. durch Erhitzen von tellurigsaurem Metalloxyd mit Wasserstoff od. Kohle erhalten werden. Auf nassem Wege erhält man Tellurmetalle durch Fällen einer Metalllösung mit Tellurwasserstoff. Die Verbindungen des T-s mit Alkalien sind in Wasser löslich, die Lösungen zersetzen sich schnell an der Luft. 2) (Gediegenes T.), sehr selten, in rhomboedrischen Krystallen, meist feinkörnig, Härte 2 bis 3, specifisches Gewicht 6,1 bis 6,3, spaltbar prismatisch vollkommen; zinnweiß, metallglänzend, undurchsichtig; enthält geringe Mengen von Gold u. Eisen. Vor dem Löthrohr schmilzt es leicht u. verbrennt mit grünlicher Flamme. Findet sich auf Klüften im Karpathensandstein in Gemeinschaft mit Gold, Eisenkies u. Quarz bei Zalathna im Faczebajer Gebirge in Siebenbürgen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 348-350.
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