[127] Leim, Leimfabrikation. Leimgebende Körper oder Kollagene heißen jene Gewebe der Wirbeltiere, die durch anhaltendes Kochen mit Wasser in Leim verwandelt werden. Diese sind das eigentliche Bindegewebe, die Zwischensubstanzen der Sehnen, Bänder, Knochen und des Dentins.
Im chemisch-technischen Sinne unterscheidet man zwei Leimformen, den Knochenleim (Glutin) und den Knorpelleim (Chondrin).
1. Glutin, der Hauptbestandteil des technisch verwendeten Leimes, mit der Formel C13H20N4O5 ist charakterisiert durch die Quellungsfähigkeit im Wasser, ohne sich zu lösen; beim Erwärmen wird die Masse dünnflüssig und wandelt sich beim Erkalten in die bekannte Leimgallerte um. Durch Säuren und Alkalien wird Glutin schon in der Kälte gelöst und zersetzt; es entliehen Schwefelwasserstoff, Leu ein, Glykokoll (Leimsüß), Glutaminsäure, Alanin u.s.w., aber nicht Tyrosin und Tryptophan, die sich bei der Zersetzung echter Eiweißkörper bilden. Kocht man Glutin sehr lange mit Wasser, so wird es peptonisiert (Leimpepton) und vermag nicht mehr in der Kälte zu einer Gallerte zu erstarren. Es wird durch Essigsäure, Ferrocyankalium und Schwefelsäure nicht gefällt, zum Unterschiede von den echten Eiweißkörpern (Albuminoiden). Wird eine Mischung von Glutin und Silber- oder Goldsalzlösungen dem Lichte ausgesetzt, so werden die Salze reduziert. Darauf beruht das in der Photographie angewendete [127] Gelatine-Emulsions-Verfahren. Ueber das Verhalten zu Chrom vgl. Chromgelatine. Das Glutin wird von den meisten Gerbsäuren aus seinen Lösungen gefällt, daher letztere mittels Hautpulver analytisch bestimmt werden können [1].
2. Chondrin wird gewonnen, wenn man einen reinen Knorpel mit Wasser kocht. Die erhaltene opaleszierende Flüssigkeit gelatiniert beim Erkalten. Es ist durch sehr verdünnte Mineralsäuren fällbar, im Ueberschuß der Säuren jedoch wieder löslich. Es ist aber kein einheitlicher Körper, sondern wird gegenwärtig als ein Gemenge von Glutin und Verbindungen der Chondroitinschwefelsäure (C18H27NSO17) mit Eiweiß und Leim angesehen [5]. Bemerkenswert ist, daß der hyaline Knorpel nach längerer Behandlung mit Salzsäure schon bei zweistündigem Kochen mit Wasser Leim gibt, während der hyaline Knorpel in unverändertem Zustande 2448 Stunden mit kochendem Wasser behandelt werden muß, um Leim zu liefern [2].
Der technische Leim ist nun das aus den obengenannten Rohstoffen durch verschiedene Konservierungs-, Auflockerungs-, Koch- und Trocknungsprozesse gewonnene, aus Glutin oder Chondrin oder aus beiden Stoffen bestehende Produkt, das nach der Art der verwendeten Rohstoffe hauptsächlich in Lederleim (Hautleim) und in Knochenleim unterschieden wird.
Lederleim. Das Rohmaterial ist im allgemeinen die Cutis (Lederhaut) der tierischen Haut. Die von dem Gerber beseitigten unbrauchbaren Teile der Haut, ferner die Lederabfälle der Weißgerberei, der Pergamentfabrikation und die sogenannten Kalbsköpfe, endlich schon gebrauchte Ledersorten geben das Leimleder. Im speziellen unterscheidet man Rindslederstücke, Fußhäuteln (Hautstücke der Extremitäten der Wiederkäuer), Webervögel (abgenutzte Scharniere der Webstühle aus Büffelhäuten), Peitschenleder, Kalbsleder, Kalbsköpfe, Kalbsfüße, Tornisterleder (Kalbfelltornister), Hasenhäutel, Schafs-, Lamm- und Ziegenleder, Stollmehl (flockiges Hautmehl bei der Bereitung des Glacéleders und als Abfall der Handschuherzeugung erhalten), Seronen (ungegerbte, geäscherte Häute verschiedener tropischer Wildtiere, die zur Emballage von Drogen verwendet worden sind). Das Leimleder wird in 12 mal zu erneuernder Kalkmilch (mit etwa 2% Aetzkalk) eingetragen, darin eine je nach der Beschaffenheit der Rohstoffe verschieden lange Zeit belassen (Rindshäute 3040, Schafshäute 2030, Kalbshäute 1520 Tage), hierauf mit Wasser in Waschtrommeln möglichst vollständig gereinigt und schließlich rasch getrocknet. Die Kalkung bewirkt die Lösung der anhängenden Fleischteile, Verseifung des Fettes und eine allgemeine Auflockerung. Außerdem läßt sich das so vorbereitete Material aufbewahren. Durch die Trocknung scheint auch eine wohl nicht näher bekannte Umsetzung stattzufinden, denn frische, gut gekalkte und ausgewaschene, aber nicht getrocknete Rohware gibt nach dem Versieden eine dünne, schlecht gelatinierende Brühe, deren Bindekraft nur gering ist.
Die gekalkte, gewaschene und getrocknete Rohware gibt nun den eigentlichen Rohstoff oder Rohleim, der zur Fabrikation des Lederleimes geeignet ist. Zu diesem Behufe wird der Rohleim in eisernen oder kupfernen Kesseln mit einer Raumgröße für 50200 kg Rohstoff mit Wasser gekocht. Um das Anbrennen zu verhüten, besitzt der Kessel einen zweiten auf drei Füßen stehenden Siebboden, in dessen Mitte ein konisches ebenfalls durchlöchertes Rohr eingesetzt ist, das in den Raum unter dem Siebboden hinabreicht. An der tiefsten Stelle des eigentlichen Kesselbodens ist ein Abflußrohr mit Sperrhahn angebracht, das zum Entleeren des Kessels dient. Der Siebboden wird mit Stroh oder grober Filterleinwand bedeckt, hierauf der Kessel mit Rohleim und Wasser beschickt, die Feuerung in Gang gebracht und das Kochen 38 Stunden (je nach dem Rohstoff) unterhalten. Die vom Kessel kommende Leimbrühe ist sehr dünn, mit einem Gehalt an Trockensubstanzen von 1015%; um nun eine konsistentere Brühe zu erhalten, wird sie in eigens konstruierten Eindampfapparaten eingedickt. Diese sind große eiserne Behälter, in denen Dampfschlangen rotieren; der Behälter wird mit der dünnen Leimbrühe beschickt, hierauf wird Wasserdampf durch eine Welle in die Schlange geleitet und die Schlange in Bewegung gesetzt. Durch die Schlange wird die Leimbrühe in ganz dünnen Schichten in die Höhe gehoben, wobei ein rasches Abdampfen des Brühenwassers an der atmosphärischen Luft bewirkt wird. In großen Betrieben wendet man zylindrische Kocher, anstatt des Wassers heißen Dampf, am besten Vakuumkessel an, wobei die Temperatur möglichst nieder erhalten und die Siedezeit abgekürzt werden kann, denn nur in diesem Falle wird ein gutes Produkt gewonnen. Neuere Verfahren bedienen sich statt des Kochens der Schwefelsäure oder des Chlors, durch deren Anwendung ebenfalls guter Leim erhalten werden soll, was aber nach andern Erfahrungen sehr Zweifelhaft erscheint. Ein Kocher für Dampfbetrieb bildet einen 23 m hohen, 1,5 m im Durchmesser haltenden Kessel, der von oben gefüllt wird und an der Vorderseite eine gut verschließbare Oeffnung zur Entleerung des Rückstandes hat. Ueber dem eigentlichen Boden befindet sich ein durchlöcherter Boden, auf den Stroh wie in den Siedekessel gelegt werden kann, damit die abfließende Gallerte eine erste Filtrierung erfährt. Durch den Boden und den Siebboden geht ein Dampfrohr, das an der Stelle über dem Siebboden durchlöchert ist und den Dampf auf das Leimgut strömen läßt. Die nach einiger Zeit abfließende Gallerte sammelt sich in dem Räume unter dem Siebboden an und ist dem direkten Einflusse der heißen Dämpfe weniger ausgesetzt. Für den abziehenden Dampf ist oben ein Rohr mit Hahn und für die Beurteilung der Dampfspannung ein Manometer angebracht. Der Kocher ist aus starkem Kesselblech, auf 34 Atmosphären Spannung geprüft und hat einen Mantel von Holz oder ist so eingemauert, daß eine Luftschicht von 10 cm zwischen Kocher und Mauerwerk bleibt [3]. Als besondere Vorteile der Anwendung dieser Kocher sind hervorzuheben: die größere Menge des auf einmal in Verarbeitung kommenden Rohmaterials; die Hintanhaltung des Anbrennens des Rohmaterials (daher keine dunkle Farbe); die weit kürzere Zeit, die zum Herstellen konzentrierter Lösungen notwendig ist; das Ausgeschlossensein eines Verderbens infolge zu langen Kochens, weil das Gelöste jederzeit abgelassen und der Dampfwirkung entzogen werden kann; außerdem noch die Benutzung der abziehenden heißen Dämpfe zum Erweichen des Rohleimes oder zum Trocknen des Leimes.[128]
Die weitere Operation umfaßt nun das Klären des Leimes. Eigentlich ist ein vollständiges Klar-, d.h. Freisein von ungelösten Stoffen, von Verunreinigungen nicht besonders maßgebend für die Güte des Leims; der russische Leim enthält Bleiweiß u.s.w. und ist doch durch gute Klebekraft ausgezeichnet; weil aber faule, zersetzte, sogenannte kranke Leimarten ihren abnormen Zustand durch Trübsein anzeigen, so wird die Klarheit eine gute Empfehlung für den Leim sein. Bei gut vorbereitetem Rohleim werden die ungelösten Stoffe zumeist durch ruhiges Absetzen ausgeschieden werden können. In hölzernen Gefäßen, die außen mit schlechten Wärmeleitern (Haare, Stroh, Sägespäne) umgeben sind, damit die Leimlösung möglichst lange dünnflüssig bleibt, läßt man diese so lange ruhig stehen, bis alle festen Teile abgesetzt sind; um Eiweißkörper u.s.w. zu entfernen, verwendet man als Klär- und Fällmittel Aluminiumsulfat oder Alaun (0,5 kg auf 600 cbcm). Zur Entfernung von Kalk dient Oxalsäure, von organischen Substanzen Gerbstoff, wobei aber stets auch ein Teil Glutin mitgefällt wird. Weit schwieriger dagegen ist es, aufgelöste Farbstoffe zu entfernen; die Filtration mit Knochenkohle ist kaum rationell durchführbar, und es empfiehlt sich, schon das Leimgut, den Rohleim, mit Chlorkalk (Vorsicht wegen dadurch hervorgerufener schwieriger Löslichkeit) oder mit schwefliger Säure zu behandeln. Im allgemeinen wird ein heller Leim weit höher bewertet als ein dunkler. Für jeden Kocher sind zwei Klärbottiche aufzuteilen, damit die zuerst geklärte Lösung von der späteren, mehr verunreinigten geschieden werden kann. Für die Sedimentiergefäße empfiehlt sich die größte Reinlichkeit, weil sehr leicht ein Faulen und damit ein Zerstören des Leimes eintreten kann. Es wird auch häufig die Gallerte selbst durch schweflige Säure entfärbt, wobei der Apparat (bestehend aus einem Verbrennungsraum für Schwefel, Abzugsrohr, Sammelreservoir für das Gas mit Dampfpumpe, Koksturm, Zugregulator, Wasserreservoir und Schornstein) in der Nähe der Klärbottiche sich befinden muß und das Gas durch ein in den Boden des Klärbottichs mündendes Rohr eingeleitet wird. Der in der Gallertelösung mit schwefliger Säure gebleichte Leim ist sehr stark sauer und kann daher für gewisse Zwecke, in Verbindung mit Farben u.s.w., keine Anwendung finden.
Nach der Klärung (und Entfärbung) wird die Gallertelösung in längliche, etwa 1 m lange, unten 0,2 m breite und 0,15 m tiefe, aus weichem (Tannen-)holz gefertigte Tröge gelassen und braucht in einem kühlen Räume etwa 12 Stunden, um ein fester, zusammenhängender Klotz zu werden, der nun mit Stahl- oder Messingdraht (in eine Säge gespannt) in die bekannten dünnen Blätter zerschnitten wird; die Dicke der Blätter hängt von verschiedenen Umständen ab; hat man keine günstigen Trocknungsverhältnisse oder ist die Gallerte sehr dunkel, so wird man dünne Blätter herstellen; von trübem Leim und bei günstigen Trocknungsverhältnissen gewinnt man dickere Blätter. Für großen Betrieb empfiehlt sich, Leimschneidemaschinen zu verwenden, die pro Tag bis 80000 Leimblätter schneiden.
Die Schlußoperation, zugleich die schwierigste und größte Sorgfalt heischende Arbeit, begreift das Trocknen des Leimes. Dasselbe muß hinlänglich rasch geschehen, das verdampfende Wasser muß durch raschen Luftwechsel alsbald entfernt werden können; direkte Besonnung ist, solange die Blätter noch viel Wasser enthalten, wegen Erweichung derselben hintanzuhalten. Trockenlokale für die Sommerarbeit sind große, mit zahlreichen verstellbaren Jalousien versehene sehr luftige Holzschuppen, in welchen die auf Rahmen gespannten horizontal liegenden Netze mit den Leimblättern belegt werden. Für künstliche Trocknung (im Winter, in besonders feuchten Klimaten) sind verschiedene heizbare Trockensäle gebaut worden, neuestens auch Trockenkanäle aus Holz, deren Luft durch Dampfheizung erwärmt und durch Ventilatorenarbeit fortwährend erneuert wird. Die Anwendung wasseranziehender Salze (Natriumsulfat, Magnesiumsulfat u.a.) ist auch mehrmals empfohlen worden, scheint aber die Erzeugungskosten nicht unwesentlich zu erhöhen.
Knochenleim. Die zur Leimgewinnung verwendeten Knochen werden immer zugleich auf das Fett und, wo es ein größerer rationeller Betrieb gestattet, auch auf das Calciumphosphat ausgebeutet. Die mittels Brechwalzen zerkleinerten Knochen (wobei jede Erwärmung so viel als möglich hintanzuhalten ist, weil die Gelatine dadurch einen brenzlichen Geruch bekommt) werden entweder durch Auskochen (unvollkommenes Verfahren) oder durch Behandlung mit gespanntem Wasserdampf (»Dämpfen«), wobei aber auch Leim entfernt wird, oder endlich durch Extraktion mittels Schwefelkohlenstoffs oder Benzins (vollkommenstes Verfahren) ihres Fettes beraubt. Die so behandelten Knochen sind auch ein ausgezeichnetes Material zur Spodiumbereitung. Je nach den Nebenprodukten, die außer Leim gewonnen werden sollen, sind verschiedene Verfahren einzuschlagen. Ausführliches darüber s. [3]. Am vorteilhaftesten ist es, durch Entfernung der mineralischen Bestandteile mittels Salzsäure den Knochenknorpel rein zu erhalten (wozu 4872 Stunden mit HCl vom spez. Gew. 1,04 erforderlich), worauf durch sehr gründliche Waschung auch Spuren der Säure entfernt werden müssen. Die weitere Verarbeitung des Knochenknorpels auf Leim erfolgt in derselben Weise, wie dies für Hautleim angegeben worden ist.
Eigenschaften und Prüfung des Leimes. Die vielfältige Anwendung des Leimes (s. unten) bedingt auch verschiedene Beschaffenheit desselben; die wichtigste Anwendung ist die zu Klebe- und Bindezwecken. Guter Leim muß sehr hart und sehr bruchfest sein, beim Aufschlagen einen hellen klappernden Ton geben, sehr durchsichtig und daher rein, sehr hell erscheinen; letztere Eigenschaft kann aber auch täuschen, indem die glashellen, dünn aufgegossenen, sogenannten Benzinleime in der Regel eine schlechte Ware vorstellen. Im kalten Wasser soll guter Leim nur aufquellen und viel Wasser aufnehmen, ohne sich zu lösen; das überstehende Wasser darf nicht übel riechen und keine nennenswerte Trübung erfahren. Guter Hautleim löst sich bei 50° vollständig. Zur Feststellung der Güte des Leimes sind verschiedene Prüfungsmethoden in Uebung; Lippowitz prüft die Tragkraft einer gelatinierten Leimlösung von bestimmter Konzentration und bei einer festgesetzten Temperatur; Weidenbusch benutzt hingegen die Bindekraft selbst. Die einfachste und natürlichste Prüfung wäre die Leimung von Holzstücken und die Bestimmung[129] des Zerreißgewichtes; aber die Verschiedenheit der Hölzer in Dichte, Oberflächenbeschaffenheit u.s.w. verhindert eine normale Vergleichung.
Das Weidenbuschsche Verfahren wurde vorn Verfasser geprüft und ergab außerordentlich verläßliche Resultate. Vollkommen egale prismatische Gipsstängelchen von 9,2 cm Länge, 4 mm Querschnittsseite und 1,7 g Gewicht werden in Leimlösungen getaucht, 5 Minuten darin belassen, dann herausgenommen und an der Luft getrocknet. Hierauf legt man sie auf einen horizontal befestigten Eisenring, so daß sie gewissermaßen einen Durchmesser desselben darstellen, hängt in der Mitte des Stängelchens ein Schälchen auf und legt Gewichte auf, bis das Stängelchen durchbricht; je besser die Leimsorte, desto höher das Gewicht, welches das Zerbrechen bewirkt. Es gelang auch der experimentelle Nachweis, daß die Klebekraft des Hautleimes zu der des Knochenleimes wie 1,5 : 1 sich verhält; ferner, daß der Kalbskopfleim alle andern Hautleimsorten übertrifft. Folgende lehrreiche Tabelle liefert hierfür die Beweise [4]:
Die chemische Prüfungsmethode nach Graeger und Risler Beurat gibt keine allgemein brauchbaren Resultate. Besser ist die Leimbestimmung nach Beckmann mit Formaldehyd. Nach [4] betrug der Glutingehalt der untersuchten Leimarten über 70%.
Leimsorten des Handels. 1. Tischlerleim ist sowohl Haut- als Knochenleim, wohl auch Gemische von beiden. 2. Cölner Leim ist bester und reinster Hautleim, wegen seiner hohen Klebekraft sehr gesucht und besonders von Buchbindern, Kartonnage- und Lederarbeitern verwendet. Die feinste Sorte desselben in sehr dünnen, lichten, durchsichtigen Blättern (mit Chlor gebleicht) ist 3. der Vergolderleim. Als 4. Patentleim bezeichnet man einen reinen tiefbraunen Knochenleim in sehr dicken Tafeln, die keine Netzeindrücke zeigen, lebhaften Glanz besitzen und im Wasser stark aufquellen; dient auch zu Imitationsmassen, Knopfwaren u.a. 5. Klärleim, aus Knochen in dicken, schwachgefärbten Tafeln erzeugt, dient an Stelle der Hausenblase als Klärmittel für Wein und Bier. 6. Mundleim ist eine bessere, mit Zitronenessenz aromatisierte und mit Zucker gesüßte Knochenleimsorte. 7. Russischer Leim, eine durch Zusatz von Blei-, Zink-, Permanentweiß, Kreide undurchsichtig gemachte, schmutzig- oder bräunlichweiß gefärbte Cölnerleimsorte; es wird aber auch Knochenleim hierzu genommen. Eine Verbesserung der Klebekraft wird durch die Zusätze nicht erzielt, wie man mitunter annimmt, eher eine Verringerung (vgl. die Tabelle). 8. Appretur- und Pergamentleim sind wertvolle, reine Hautleimsorten, die der Gelatine nahestehen; der letztere kommt als Gallerte, in Fläschchen verpackt, meist mit einem Alaunzusatz, in den Handel. 9. Leim von Givet [2] ist durchsichtig, rötlich, spröde, in kaltem Wasser löslich, besitzt geringes Klebevermögen und findet zum Leimtränken des Holzes, zu Leimfarbenanstrichen Verwendung. 10. Flandrischer Leim, dünne, gelbgefärbte Blätter, an beiden Seiten festonartig eingezogen, zur Erzeugung von Leimfarben und als Appreturmittel. 11. Pariser Leim, Hutmacherleim [2], schlechte, dunkelbraune, undurchsichtige, fast. immer weiche übelriechende Sorten, wegen der hohen Hygroskopizität in der Hutmacherei beliebt. 12. Flüssiger Leim; in 100 Teilen Essigsäure werden 38 Teile Leim gelöst; die Lösung bleibt als solche erhalten; man kann auch Salpeter-, Phosphor-, Oxalsäure verwenden. Das mit Salpetersäure erzeugte Produkt ist als Dampfleim, und zwar als russischer, heller und dunkler Dampfleim bekannt (Herstellung s. [3]). Das im Handel als »flüssiger Leim« bezeichnete Produkt ist zumeist eine mit Aluminiumsulfat behandelte Gummilösung. Sogenannter Dextrin- oder Packleim besteht aus einer durch Erhitzen erhaltenen Lösung von Borax, Wasser, Dextrin und Traubenzucker. 13. Glyzerinleim wird durch Lösung von Leim in Glyzerin (in der Wärme) hergestellt; geringe Zusätze. von Glyzerin zu gequollenem Leim geben der Gallerte Elastizität, machen sie kautschukartig und zur Hektographenmasse verwendbar. 14. Chromleim bildet entweder Gemische von Leim mit Kalium- oder Ammoniumbichromat oder solche von Leim mit Chromalaun. Erstere sind nach dem Eintrocknen und nach Einwirkung des Lichtes, letztere allein schon nach dem Eintrocknen in Wasser unlöslich. Man benutzt sie zum Kitten von Glas, Porzellan, Eisen, zum Appretieren und Wasserdichtmachen von Zeugen, zu photographischen Zwecken. Chromleimpapier oder Chromleimtaft (Fibrine-Christia) ist ein Verbandstoffersatz für Guttaperchapapier, der aber nach Karl Dieterich diesem durchaus nicht gleichwertig ist. Der hierzu verwendete Chromleim wird folgendermaßen hergestellt: 150 g Gelatine werden allmählich unter Erwärmen und Rühren in 700 g Wasser gelöst; nach Zugabe von 15 g feinzerriebenem Kaliumdichromat wird das Erwärmen bis zum Auflösen des Salzes fortgesetzt und zuletzt werden 150 g Glyzerin von 30° zugerührt. Die Masse wird auf Papier, Batist, Baumwollmull[130] aufgestrichen und nach dem Trocknen belichtet. Durch die Belichtung wird die Chromsäure zu Chromhydroxyd reduziert, die gelbe Masse wird grün und in Wasser unlöslich, das Glyzerin behält selbstverständlich seine Eigenschaften.
Unter Gelatine versteht man heute vornehmlich reinsten Knochenleim, der in seinen, 7 : 20 cm großen, 25 g schweren, vollkommen durchsichtigen, schwach gelblich gefärbten, absolut geruch- und geschmacklosen Blättern oder in 415 cm langen, dünnen Spindelchen (Nelson-Gelatine) in den Handel kommt. In heißem Wasser soll sie völlig und klar löslich sein; gequollene Gelatine, auf 3040° erwärmt, schmilzt, aber nicht bei 25°, wenn die Sättigung mit Wasser bei 18° erfolgte [2]; gewöhnliche Leimsorten schmelzen schon bei 20°, schlechte dagegen leisten bei 60100° noch Widerstand gegen die Lösung. Die Darstellung der Gelatine unterscheidet sich von der Leimfabrikation nicht, erfordert aber die peinlichste Sorgfalt in der Auswahl und Reinigung des Rohmaterials sowie in der Auskochung und Trocknung. Gefärbte Gelatine (zu Sulzen, Gelees) darf keine giftigen Farben enthalten. Für Gelb wird gebrannter Zucker oder Safranauszug, für Rot Kochenilleauszug, für Blau Indigokarmin, für Grün Indigokarmin mit gebranntem Zucker, für Violett Kochenilleauszug mit Indigokarmin verwendet. Gelatine dient zu Küchen und medizinischen Zwecken, an Stelle der Hausenblase, in der Konditorei, als Appreturmittel, zu Gelatinefolien für Visitkarten, Heiligenbilder, künstliche Blumen, zu Kartonnagearbeiten. Gelatinefolien werden in der Weise hergestellt, daß man die Lösung auf Glasplatten ausgießt und eintrocknen läßt; zur Erzielung der Geschmeidigkeit genügt ein geringer Glyzerin- oder Zuckerzusatz.
Ueber verschiedene andre Leimpräparate vgl. hauptsächlich [3].
Literatur: [1] Fendler, Realencykl. d. Pharm., 2. Aufl., 1907, Bd. 8, S. 149. [2] Valenta, E., Die Klebe- und Verdickungsmittel, Kassel 1884, S. 123. [3] Dawidowsky, F., Die Leim- und Gelatinefabrikation, 3. Aufl., Wien 1893, S. 177. [4] Hanausek, T.F., Ergebnisse einiger Leimproben, Zeitschr. f. landw. Gewerbe 1883 u. Zeitschr. d. Allg. Oesterr. Apoth.-Ver. 1883, S. 308. [5] Mörner, C. Th., Zeitschr. f. physiol. Chemie, XX.
T.F. Hanausek.
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