Elektrische Leitung

[629] Elektrische Leitung, Vorrichtung zur Überführung elektrischer Energie von der Erzeugungsstelle zu den Verwendungsstellen. Je nachdem die e. L. Ströme von hoher oder niederer Spannung zu führen hat, unterscheidet man Starkstrom- und Schwachstromleitung und je nach der Art ihrer Verlegung oberirdische oder Luftleitung und unterirdische oder Kabelleitung. Die Kabel werden in den Erdboden oder in das Meer, in Seen, Flüsse etc. gelegt. Luftleitungen sind leichter zu beaufsichtigen, eingetretene Fehler fallen sogleich ins Auge; da sie aus blanken Drähten bestehen, so tritt keine die Ausbreitung der Elektrizität im Draht verzögernde Ladung der isolierenden Hülle auf. Dagegen sind sie Beschädigungen durch Gewitter, Stürme und Eisbelastung ausgesetzt und werden in größern Städten durch ihre Menge lästig. Bei Kabeln sind die Anlagekosten größer, auch braucht der elektrische Strom längere Zeit, um durch das Kabel hindurch zu gehen, da er dessen isolierende Hülle immer erst laden, bez. umladen muß. Als Leitungsdrähte im Kabel nimmt man nur Kupfer. Zu Luftleitungen für Schwachstrom verwendet man verzinkten Eisendraht, Bronzedraht (Hartkupfer) oder Stahldraht mit Kupfermantel (Doppel-, Bimetalldraht), zu solchen für Starkstrom meist Drähte aus hartgezogenem Kupfer, seltener Silicium- oder Phosphorbronze. Aluminium hat man in Vorschlag[629] gebracht, auch Starkstromleitungen daraus hergestellt, seine Leichtigkeit würde es empfehlen, wenn auch seine Leitfähigkeit viel geringer als die des Kupfers ist, doch fehlt noch die Sicherheit, ob es den Einwirkungen der Atmosphäre, namentlich der Luftfeuchtigkeit auf die Dauer widersteht. Die Leitungsfähigkeit der Verbindungsstellen der Drähte muß der des Drahtes mindestens gleich sein. Am sichersten verlötet man die Drähte; ist das nicht tunlich, so muß man die gegenseitige Lage der Drähte an den Verbindungsstellen durch herumgewundenen dünnen Draht sichern; auch ist die Feuchtigkeit durch Teerüberzug sorgfältig abzuschließen, weil die Drähte beim Naßwerden an den Verbindungsstellen elektrolytisch angegriffen werden, wenn der dünne Draht aus anderm Stoffe besteht wie der dicke. Die oberirdischen Drähte werden an Pfosten, die in entsprechenden Abständen voneinander stehen, befestigt und erhalten eine gewisse Spannung, damit ihr Durchgang, d.h. die Abweichung ihrer tiefsten Punkte von der geraden Verbindungslinie der Stützpunkte, möglichst klein bleibt, also an demselben Pfosten untereinander mehrere Drähte angebracht werden können. Dabei darf man aber die Pfosten nicht zu stark belasten, muß vielmehr bei Holz eine zehnfache, bei Eisen eine fünffache Sicherheit annehmen, auch berücksichtigen, daß der Draht sich bei sinkender Temperatur verkürzt. Man wählt die Spannung so, daß sie bei plastischem und festem Material höchstens ein Drittel, bei zähem und weichem Material höchstens ein Sechstel der Festigkeit des Drahtes in Anspruch nimmt. Für die sehr langen internationalen Telegraphenleitungen gibt man dem verzinkten Eisendraht einen Durchmesser von 6 mm, für Hauptlinien einen solchen von 4 mm, für Nebenlinien von 3 mm. 1 km des erstern leistet einen Widerstand von 4,65 Ohm (Ω) des zweiten von 6,72 Ω und des dritten von 10,47 Ω Bronzedraht erhält einen Durchmesser von 3 mm, dann beträgt der Widerstand von 1 km Länge 2,67 Ω Für Starkstromleitungen aus hart gezogenem Kupfer darf die höchste zulässige Betriebsstromstärke z. B. in einem Draht von 1 qmm Querschnitt höchstens 4 Ampere betragen, bei 10 qmm 30 Ampere, bei 50 qmm 100 Ampere nicht überschreiten. Für größere Querschnitte bis zu 1000 qmm hat man auf je 1 qmm je 2 Ampere zu rechnen. Als kleinster Querschnitt für Freileitungen gilt 6 qmm.

Die Drähte müssen isoliert aufgehängt werden. Dazu dienen Porzellanglocken, die für Starkstromleitungen und Telegraphendrähte an hölzernen Masten, für Fernsprechleitungen an eisernen Trägern, die auf den Dächern der Häuser angebracht werden, befestigt sind. Die Maste werden, durch Tränkung mit Zinkchlorid, Kupfersulfat, Sublimat oder kreosothaltigem Teeröl gegen Fäulnis geschützt, so weit eingegraben, daß sie genügend feststehen und wenn sie den Scheitelpunkt eines Winkels bilden, gegen den einseitigen Zug der Drähte durch Streben oder im Boden verankerte starke Eisendrähte gesichert. Ist die Anzahl der zu befestigenden Drähte zu groß, so wendet man zwei Masten nebeneinander an, die durch Streben miteinander versteift werden und an einem Querriegel die Isolatoren tragen. Die eisernen Träger der Fernsprechleitungen bestehen aus Rohren, die unten mittels eiserner Riegel an die Balken des Dachstuhls befestigt werden und oben an einer oder mehreren Doppelschienen die Isolatoren tragen (Fig. 1). Jede solche Bockkonstruktion wird zur Erde abgeleitet. Als Isolatoren benutzt man die 1857 von Chauvin angegebenen Doppelglocken, deren eine in Fig. 2 im Durchschnitt dargestellt ist. Der eiserne Träger wird in den Mast eingeschraubt, in dem innern Hohlraum der Glocke mit Zement oder Schwefel vergossen. Der Draht wird oben auf die dort befindliche Vertiefung oder an die Einkerbung an der Seite gelegt und mit Bindedraht befestigt. Da die Oberflächen der Innenseiten der Glocken vom Regen nicht getroffen werden können, liefern sie immer genügende Isolation, die allerdings je nach der größern oder geringern Luftfeuchtigkeit besser oder schlechter ist. Derartige Isolatoren verwendet man zur Isolierung von Starkstromleitungen ebenso wie zu der von Schwachstromleitungen.

Fig. 1. Bockkonstruktion für Fernsprechleitungen.
Fig. 1. Bockkonstruktion für Fernsprechleitungen.

Bei sehr hohen Spannungen, wie z. B. bei der gelegentlich der Arbeitsübertragung von Lauffen am Neckar nach Frankfurt a. M., wo man mit Spannungen bis zu 30,000 Volt arbeitete, brachte man Rinnen zur Aufnahme von Öl an, eine, indem man den äußern Mantel der Glocke am untern Rande zu einer Rinne nach innen herumbog, oder mehrere, die man an den innern Porzellanzylinder in dem erweiterten Raum zwischen beiden-Glocken legte. Im allgemeinen ist man von den Ölisolatoren mehr und mehr zurückgekommen. Leichtflüssiges Öl wurde durch den Wind leicht aus der Rinne geworfen oder durch Wasser, das hineingelangte, verdrängt, dickflüssiges bildete aber einen so großen Anziehungspunkt für Insekten und Spinnen, die in ihm erstickten, daß es sich mit deren Leibern anfüllte u. bald seine Isolierfähigkeit verlor. Nach Versuchen in Amerika reichen für Spannungen bis zu 60,000 Volt gewöhnliche Porzellan- oder Glasisolatoren vollständig aus, doch muß ihre Oberfläche gänzlich ohne Sprünge sein.

Fig. 2. Doppelglocke.
Fig. 2. Doppelglocke.

Für die Arbeitsübertragung von Niagara nach Buffalo, die mit einer Spannnug von 10,000 Volt arbeitet, haben sich dreifache Porzellanglocken, die für 40,000 Volt geprüft worden sind, als völlig ausreichend erwiesen. Auch Glocken, deren Mantel aus Porzellan und deren Inneres aus Glas besteht, hat man in Amerika mit Nutzen verwendet (Fig. 3).

Da der Strom geschlossen werden muß, so muß für die Leitung von seiner Erzeugungs- zu seinerVerbrauchsstelle und für seine Rückleitung gesorgt werden. Diese kann erhalten werden, indem man eine zweite Drahtverbindung legt, eine Drahtschleife herstellt, oder indem man die Erde als Rückleitung benutzt.

Fig. 3. Glocke aus Porzellan und Glas.
Fig. 3. Glocke aus Porzellan und Glas.

Dazu verbindet man die beiden Enden der Leitung mit zwei verzinkten Eisen- oder Bleiplatten, die tief genug in die Erde versenkt werden, um stets durch die dort vorhandene Feuchtigkeit, womöglich durch das Grundwasser eine leiten de Verbindung herzustellen. Daß die Erde als Rückleitung dienen[630] könne, hatte 1835 Steinheil gefunden; seitdem wurde für Telegraphen und später auch für Fernsprecher diese Art der Rückleitung stets benutzt. Nachdem nun aber auch die Starkstromtechnik sich desselben Vorteils zu bedienen angefangen hatte, und namentlich mit den elektrischen Eisenbahnen starke Ströme in die Erde geleitet wurden, die mit den dort uch ausgleichenden Schwachströmen zusammentrafen, wurden die Schwachstromapparate von vielfachen Störungen heimgesucht. Nun darf man sich den Sachverhalt freilich nicht so denken, als trete die rückleitende Erde als ein Leiter vom Querschnitt der Hinleitung auf, vielmehr verbreitet sich von der Eintrittsstelle der elektrische Strom nach allen Seiten, und dabei wird er auch eine sich ihm bietende Draht- oder Rohrleitung benutzen. Für Telegraphen- und Fernsprechleitungen sucht man jetzt, wo sich dies als nötig erwiesen hat, auf die Rückleitung durch die Erde zu verzichten, den elektrischen Bahnen sind aber namentlich Schwierigkeiten erwachsen, als sie in der Nähe von Instituten vorbeigelegt werden sollten, in denen elektrische oder magnetische Messungen vorgenommen werden müssen. Endgültig entschieden ist die Angelegenheit noch nicht, doch liegen Vorschläge vor, um auch die empfindlichsten Meßapparate hinlänglich zu schützen (s. Elektrische Eisenbahnen, S. 608). Weitern Störungen kann eine Leitung durch eine benachbarte ausgesetzt werden, auch wenn sie durchaus keinen Strom durch die Erde erhält, infolge auftretender Induktionswirkungen. Wird durch die eine Leitung ein Strom geschickt, so treten in einer benachbart verlaufenden im Augenblick des Stromschlusses und der folgenden Unterbrechung ebenfalls Ströme auf, die sich sehr unangenehm bemerklich machen können. Hier hilft wieder die Schleife, deren Teile recht nahe aneinander gelegt werden müssen. Tritt dann in der induzierenden Leitung A (Fig. 4) ein Strom auf, so ruft er in beiden Teilen der Schleife S, und S., entgegengesetzt gerichtete Ströme hervor, die sich aufheben müssen, und ebenso beim Verschwinden des Stromes, wo die Induktionsströme nun dem induzierenden gleichgerichtet sind. Bei Wechselstrom und Drehstrom reich le diese Vorsichtsmaßregel meist vollständig aus.

Fig. 4. Drahtschleife.
Fig. 4. Drahtschleife.

Man konnte sogar eine Telephonleitung an die Masten befestigen, die die Isolatoren der drei Drähte des Drehstromes trugen, wenn man nur die ganze Strecke in drei gleiche Teile teilte und an jedem Teilpunkt die Drehstromdrähte wechseln ließ. Die Stromstärke ist in zweien dieser Drähte stets gleich groß, aber entgegengesetzt der in der dritten. In zwei Dritteln des Telephondrahtes mußte also eine Induktionswirkung hervorgerufen werden, die der im dritten Drittel in jedem Augenblick gleich, aber entgegengesetzt war. Nur bei Kreuzungen half dies Mittel nicht. Nach den Untersuchungen von Wietlisbach kann man aber auch da Abhilfe schaffen, wenn man unterirdische Führung der Starkströme in Metallröhren von genügender Länge anordnet. Endlich droht den Schwachstromleitungen dadurch Gefahr, daß sie infolge eines Drahtbruches mit einer Starkstromleitung in Berührung kommen können.

Fig. 5. Maschine zur Umspinnung von Starkstromkabeln mit Eisendrähten.
Fig. 5. Maschine zur Umspinnung von Starkstromkabeln mit Eisendrähten.

Der Starkstrom folgt dann sofort der mit ihrem einen Ende an der Erde liegen den Schwachstromleitung, und es sind auf solche Weise Fernsprechämter in Brand geraten. Liegt die Starkstromleitung über der Schwachstromleitung, so spannt man deshalb zum Schutze der letztern ein Drahtnetz unter der erstern aus. auf das ein brechender Draht herabfallen muß. Liegt die Starkstromleitung aber unten, so lötet man an den Stellen, wo die Schwachstromleitung sie überschreitet, Bleistreifen mit daran befestigten Schraubenbolzen auf, auf die mittels Muttern[631] aus Hartkautschuk die Hälften gespaltener Bambusrohre aufgeschraubt werden, oder man befestigt in ähnlicher Weise eine Holzleiste darüber. Auch in Rohre aus einem mit Isolazit getränkten Stoffe, die freilich von Zeit zu Zeit erneuert werden müssen, hat man die Starkstromdrähte eingelegt oder über den stromführenden Draht in geringem Abstand einen zweiten zur Erde abgeleiteten Draht gespannt. Kommt dann auch z. B. ein brechender Fernsprecherdraht mit dem den Starkstrom führenden in Berührung, so kann er den hochgespannten Strom doch nicht zu den Fernsprechapparaten leiten, weil er zur Erde abgeleitet ist. Ein ebenso wirkendes Schutzmittel hat man auch bei den die Fernsprecherisolatoren tragenden Bockkonstruktionen angewendet, einen zur Erde abgeleiteten, an beiden Seiten in die Höhe gebogenen Bügel oder eine weite abgeleitete Drahtschlinge, über den hin oder durch die der Draht hindurchgeht. Brechend kommt er zuerst mit der Schlinge oder dem Bügel in Berührung, ist also bereits zur Erde abgeleitet, wenn er mit dem Starkstromdraht zusammentrifft. In Häusern verwendet man immer isolierte Leitungen. Zur Isolierung genügt bei Spannungen bis zu 200 Volt in trocknen Räumen eine starke Baumwollumspinnung. Sind die Räume feucht, so muß der Draht durch einen Kautschuküberzug und eine mit einer harzigen Masse getränkte Umspinnung, sind sie zugleich sehr warm, noch durch einen Bleimantel geschützt werden. Man legt die Drähte in Holzleisten oder in Röhren aus imprägnierter Papiermasse, durch die, selbst wenn sie unter Verputz genommen sind, doch noch weitere Drähte hindurchgezogen werden können.

Die Kabel werden jetzt lediglich mittels Maschinenarbeit verfertigt. Den stromleitenden Teil eines Starkstromkabels bildet stets die Kupferseele, eine Anzahl blanker Kupferdrähte, die durch eine der in Fig. 5 (S. 631) dargestellten ganz ähnliche Maschine in steilen Schraubenlinien so umeinander gelegt werden, daß den Drähten kein Drall erteilt wird. Die Seele wird dann mit Jute umsponnen, die, nachdem sie in Vakuumtrockenschränken von jeder Feuchtigkeit befreit worden ist, in großen Kesseln mit isolierender Masse getränkt wird. Ist das geschehen, so wird ein Bleimantel darumgepreßt, entweder in der Warmbleipresse, in der das Blei bis zum Übergang in den plastischen Zustand erhitzt wird, oder in der Kaltbleipresse, die den Bleimantel unter genügend hohem Druck ohne weiteres aus einem starren Bleizylinder herausdrückt. Das soweit fertige Kabel wird nun sorgfältig auf seine Leitfähigkeit und Isolation geprüft, zu welchem Zweck es ganz in Wasser eingesenkt wird, und, wenn die Prüfung zur Zufriedenheit ausfiel, mit Eisendrähten oder Eisenband armiert.

Fig. 6. Kabel mit doppelter Eisendrahtlage für Wechselstrom.
Fig. 6. Kabel mit doppelter Eisendrahtlage für Wechselstrom.

Dazu werden auf der in Fig. 5 dargestellten Maschine Eisendrähte in steilen Schraubenwindungen darum gelegt, die, von den hinter der Radscheibe sichtbaren Spulen abgenommen, durch die in ihr und den kleinern Radscheiben befindlichen Löcher gehend, dem langsam fortgezogenen Kabel zugeführt werden. Diese Eisenarmatur wird dann noch mit einer mehrfachen Umspinnung von Faserstoff, meist Jute, bedeckt, diese mit Isoliermasse getränkt und das Ganze endlich, um das Kleben der Oberfläche zu verhindern, durch ein Bad von Kalkmilch gezogen. Den Durchschnitt eines solchen mit doppelter Eisendrahtlage bewehrten Kabels zeigt Fig. 6. Es ist zum Einlegen in einen Fluß bestimmt und bedarf, um der scheuernden (erodierenden) Wirkung des Wassers zu widerstehen, so kräftigen Schutzes Der dicke Kupferdraht in der Mitte ist von einem Kranz dünnerer Drähte umgeben, dann folgt isoliert eine zweite Lage von Drähten, so daß das Kabel eigentlich ein Doppelkabel ist.

Fig. 7. Drehstromkabel.
Fig. 7. Drehstromkabel.

Solche müssen stets verwendet werden, wenn das Kabel Wechselstrom führen soll, wobei die eine Leitung den Strom im einen Sinne, die andre im entgegengesetzten, also zurück, leitet. Nahme man nur eine Leitung, so würde die durch den häufigen Stromwechsel auf die Eisenhülle ausgeübte Induktion diese so sehr erhitzen, daß die isolierende Hülle verbrennte, während bei der Doppelleitung die von beiden Teilen ausgeübten Induktionswirkungen im entgegengesetzten Sinn erfolgen, sich also aufheben. Aus demselben Grunde muß ein Drehstromkabel, wie Fig. 7 zeig t, drei Drähte enthalten, k. eren Induktionswirkung Null ist, da sich ja die drei in den Drähten vorhandenen Strome aufheben.

Fig. 8a. Panzerkabel von Felten u. Guilleaume.
Fig. 8a. Panzerkabel von Felten u. Guilleaume.
Fig. 8b. Panzerkabel, Querschnitt.
Fig. 8b. Panzerkabel, Querschnitt.

Die drei dünnern Drähte sind sogen. Prüfdrähte, von denen sogleich die Rede sein soll. Die Fig. 8 a u. b zeigen ein konzentrisches Panzerkabel von Felten und Guilleaume in Mülheim a. R. van der Seite, mit nach und nach abgenommenen Schichten, in der Ansicht und im Querschnitt. Die Kupferseele a ist mit der Isolierschicht (getränkte Jute) b bedeckt, diese mit dem Bleimantel c. Auf diesen folgt nun nicht die Bewehrnug, sondern eine zweite Lage Kupferdraht d, die wieder von der Isolierschicht e und den beiden Bleimänteln f, f umgeben ist. Diese sind mit getränkter Faserschicht bedeckt, auf die zwei Eisenbänder g, g schraubenförmig gewunden werden. Eine Schicht geteerter Jute hüllt das Ganze ein. Die Prüfdrähte haben den Zweck, die Spannungen an gewissen Punkten des Netzes, z. B. Verteilungszentren einer Beleuchtungsanlage mit Speiseleitungen, in jedem Augenblick messen zu lassen. Es sind dünne Drähte, die von diesen Punkten zur Stromquelle zurückgehen. Sollen zwei[632] Kabelstücke vereinigt oder von einem Kabelpunkt ein zweites Kabel abgezweigt werden, so bedient man sich der Verbindungs- und Abzweigmuffen (Fig. 9 u. 10). Die Enden der Kabel, bez. die Stelle, an welche die Abzweigung angelegt werden soll, werden bloßgelegt, die bloßgelegten Stellen durch Klemmen oder Muffen verbunden und dann mit Isoliermasse vergossen. Der Anschluß der Privatleitungen oder der Straßenlampen geschieht in besondern Anschlußkasten unter Einschaltung einer Bleisicherung.

Fig. 9. Verbindungsmuffe.
Fig. 9. Verbindungsmuffe.
Fig. 10. Abzweigmuffe.
Fig. 10. Abzweigmuffe.

Die Schwachstromkabel zeigen im allgemeinen dieselbe Einrichtung wie die, welche Starkstrom leiten. Fig. 11 gibt den Durchschnitt des Kabels, das 1881 von Berlin nach Metz gelegt wurde. Es enthält 7 Kupferseelen, die unabhängig voneinander benutzt werden können und einen in einer Ader vorhandenen Fehler leicht auffinden lassen.

Fig. 11. Schwachstromkabel.
Fig. 11. Schwachstromkabel.

Das erste Seekabel wurde 1850 durch Brett von Dover nach Calais gelegt, riß aber schon nach einigen Tagen und wurde 1851 durch ein dauerhafteres ersetzt, das bis 1859 seinen Dienst versah. Es folgten eine Reihe Kabellegungen durch das Mittelmeer, an denen sich namentlich die Brüder Werner und Wilhelm Siemens beteiligten, bis man daranging, auch dem Atlantischen Ozean ein Europa mit Amerika verbindendes Kabel anzuvertrauen, was nach Überwindung der größten Schwierigkeiten 1866 gelang. Seitdem sind eine Reihe andrer Kabel durch den Atlantischen, den Indischen und den Großen Ozean gelegt worden. Anfangs hatte man vernachlässigt, dem Kabel besondern Schutz gegen Wellenschlag und Brandung zu geben. Die unliebsamen Erfahrungen am Kabel Dover-Calais wiesen darauf hin, daß es notwendig sei, namentlich in der Nähe der Küsten die Kabel mit starker Eisendrahtumspinnung zu versehen, während eine schwächere für die Teile ausreicht, die in die Tiefen der See zu liegen kommen. Später fand man, daß ein verhältnismäßig geringer Drahtschutz vollständig ausreiche, und so hat man das von der Firma Siemens Brothers hergestellte Kabel, das 1877 von Frankreich nach Nordamerika gelegt wurde, nur in der Weise, wie Fig. 12 u. 13 zeigen, geschützt. Wie bei dem Landkabel (Fig. 8 a u. b) sind die Querschnitte der Kupferdrähte weiß gelassen. Sie liegen in einer bei den Seekabeln aus mehreren Schichten bestehenden Umhüllung von Guttapercha, die umgeben ist von einer mit Harz getränkten Schicht von Manilahanf. Diese Umhüllung umschließen Eisendrähte, die durch geteerte Jute oder Hanf gegen die Feuchtigkeit oder das Seewasser geschützt sind.

Zur Legung der Landkabel wird die Arbeiterkolonne in drei Gruppen geteilt; die erste wirft den Graben von 1 m Tiefe auf, die zweite legt das Kabel herein, das sie in Längen von meist 1000 m auf großen Rollen mit sich führt und bei festem Boden auf diesen, bei losem auf untergelegte Backsteine bettet, mit Zement vermauerte Brücken und Jauchegruben aber umgeht, weil sie auf die Guttapercha zerstörend wirken. Die dritte endlich besorgt die Verbindung der einzelnen Kabelenden und wirft den Graben wieder zu.

Fig. 12. Tiefseekabel.
Fig. 12. Tiefseekabel.
Fig. 13. Küstenkabel.
Fig. 13. Küstenkabel.

Zur Legung des Seekabels dienen besondere Schiffe mit großen Bassins zur Aufnahme der Kabel, da diese stets unter Wasser bleiben müssen. Diese Schiffe haben statt des Steuerruders zwei Schrauben, um ihre Beweglichkeit zu erhöhen. Das Kabel läuft über einige Räder, eine Zählvorrichtung oder ein Geschwindigkeitsmesser erlaubt die Lauge des abgerollten Stückes zu messen, während besondere Vorrichtungen die Spannung registrieren und so gefährliche Spannungen zu vermeiden gestatten. Die Fernsprechkabel werden in eiserne Röhren eingezogen, aus denen sie an gewissen sogen. Kabelaufführungspunkten an das Tageslicht treten, an den Häusern emporgeführt und mit den oberirdischen Leitungen verbunden. Abzweigungen geschehen in ähnlicher Weise wie bei Telegraphenkabeln. Die bedeutendsten Kabelfabriken in Deutschland sind Felten u. Guilleaume in Mülheim a. Rh. und das Kabelwerk von Siemens u. Halske am Nonnendamm zwischen Charlottenburg und Spandau, in England das Werk von Gebrüder Siemens in Woolwich und die Telegraph Construction and Maintenance Co. in Charlton. Vgl. Herzog u. Feldmann, Die Berechnung elektrischer Leitungsnetze (2. Aufl., Berl. 1903) und Handbuch der elektrischen Beleuchtung (2. Aufl., das. 1901); Frölich, Isolations- und Fehlerbestimmung an elektrischen Anlagen (Halle 1895); Zacharias, Die elektrischen Leitungen (2. Aufl., Wien 1893); Hentze, Analytische Berechnung elektrischer Leitungen (Berl. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 629-633.
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