[129] Westfälische Domänenkäufer, die Erwerber von Domänen aus dem altfürstlichen Besitzthum derjenigen Häuser, aus deren Ländern im Jahr 1807 das Königreich Westfalen gebildet wurde, während der Zeit des Bestehens dieses Königreiches. Die Behandlung dieser Domänenkäufer nach Wiederherstellung der früheren Ordnung in den Westfälischen Landen bietet einen illustren Beitrag zur Handhabung der Lehre von der Haftpflicht eines Regenten für Handlungen eines Zwischenherrschers (Usurpators, s.d.). Die Finanznoth, mit welcher das Königreich Westfalen zu kämpfen hatte, bewogen den Finanzminister desselben, 1810 auf die Verkaufung eines Theiles der Staatsdomänen anzutragen. Der Staatsrath billigte dieses Mittel, in der Hoffnung, dadurch die Finanznoth zu heben u. den Staatspapieren einen höheren Curs zu verschaffen, da ein Theil des Kaufgeldes in ihnen erlegt werden konnte. Die Einwilligung der westfälischen Stände wurde aber dazu nicht eingeholt. Nach der Auflösung des Königreichs Westfalen erklärte zuerst der Kurfürst von Hessen (14. Jan. 1814) die Domänenveräußerung für nichtig u. die Kammern von Hannover u. Braunschweig folgten diesem Beispiel; nur die preußische Regierung bestätigte den Verkauf, da sie das Königreich Westfalen anerkannt u. die ehemals preußischen Provinzen förmlich an dasselbe abgetreten hatte, was freilich von den Regenten jener Länder nicht geschehen war. Daher wurden die Domänenkäufer in Hessen. Braunschweig u. den althannöverischen Provinzen[129] ohne Entschädigung aus ihrem Eigenthume vertrieben, ob sich gleich viele Stimmen, namentlich auch der Freiherr von Stein, als Generaladministrator der von Frankreich zurückeroberten deutschen Provinzen auf das Lebhafteste für sie verwendeten. Die Domänenkäufer wendeten sich nun durch einen besonderen Bevollmächtigen, Phil. Wilh. Schreiber, an den Wiener Congreß u. erhielten hier sowohl vom preußischen Minister Humboldt am 8. Jan. 1815, als auch einige Tage später von dem österreichischen Minister von Wessenberg die Versicherung, daß ihre Rechte wahrgenommen worden wären. Dennoch enthielt die Wiener Congreßacte keine Bestimmung über diese Angelegenheiten, u. nun wies namentlich der Kurfürst von Hessen alle Vorstellungen u. Bitten der Domänenkäufer um Gewähr einer Entschädigung zurück. Auch die hessischen Landstände verwendeten sich vergebens zu Gunsten der Domänenkäufer. Der Fürst Hardenberg u. der österreichische Gesandte in Kassel, Graf Buol Schauenstein, verwiesen jetzt die Betheiligten an den Bundestag, u. da eine neue Bitte an den Kurfürsten von Hessen ohne Antwort blieb, ging der Bevollmächtigte der Domänenkäufer nach Frankfurt, um dort die Sache zu betreiben. Im März 1817 erklärte der Bundestag, daß den Suppicanten zur Ausführung ihrer Einrede, daß der Kaufschilling zum Nutzen des Staates verwendet worden wäre, der Weg Rechtens zu eröffnen sei, u. empfahl die Käufer. auf den Fall, daß die Einrede erwiesen werde, der Milde des Landesherrn. Der Kurfürst antwortete hierauf unter dem 5. Mai u. ließ zwar den Weg des Beweises offen, wies sonst aber die Sache nochmals in harten Ausdrücken ab. Die Domänenkäufer antworteten hierauf in einer Schrift: Antwort auf die Äußerungen des Herrn von Lepel im Betreff der W-n D., u. gaben später zwei Schriften in Druck, von denen. die letztere eine förmliche Klage gegen den Kurfürsten wegen Beraubung war, welche dem Bundestage mit der Bitte übergeben wurde auf Rückgabe des gewaltsam Genommenen zu erkennen. Der preußische Gesandte sprach sich im Juli 1817 entschieden zu Gunsten der Domänenkäufer aus, aber der Bundestag wies das Restitutionsgesuch ab, da den Domänenkäufern der oben angeführte Beweis offen stehe, empfahl sie jedoch nochmals milder, landesväterlicher u. gerechter Behandlung. Der Bevollmächtigte trieb nun den Proceß bei den Landesgerichten durch alle Instanzen durch, verlor ihn aber bei dem Oberappellationsgericht in Kassel, u. zwar auf Grund der kurfürstlichen Cabinetsordre vom 14. Jan. 1814, als eines vom Landesherrn in der Eigenschaft eines höchsten Gesetzgebers selbst ausgeflossenen Gesetzes. Nach dieser Entscheidung war auf rechtlichem Wege im Kurfürstenthum Hessen für die Domänenkäufer nichts weiter zu erlangen. Statt dessen übergab der Bevollmächtigte dem Bundestage eine Bittschrift, in welcher er um Niedersetzung einer Commission zu Regulirung der Angelegenheiten Westfalens bat. Da dieses Gesuch abgelehnt wurde, so wendeten sich die Domänenkäufer nach einander an die Congresse zu Aachen, Karlsbad u. Wien, u. im Mai 1820 wurde auf dem letzteren beschlossen, die Beschwerden nochmals an die Landesgerichte zu überweisen u. bes. auf Entscheidung der Frage zu dringen: ob u. wie weit den Käufern guter Glaube zur Seite stehe? In Berlin wurde inzwischen im Juli 1821 eine Commission niedergesetzt, um zwischen Preußen, Hannover, Hessen u. Braunschweig eine Ausgleichung der westfälischen Angelegenheiten zu bewirken, in Folge dessen auch mit einzelnen Käufern Unterhandlungen stattfanden. Der hessische Gesandte erklärte 1823, daß mit mehren derselben ein gütliches Abkommen getroffen worden wäre, od. noch zu erwarten stände, u. nun erledigte der Bundestag am 4. Dec. 1823 die westfälische Domänensache durch den Beschluß: da die kurfürstliche Verordnung vom 14. Jan. 1814 keine Justizverweigerung begründe, welche die Bundesversammlung zu einer Einschreitung nach dem 19. Artikel der Schlußacte verpflichten könne, so halte sich dieselbe in Angelegenheiten der W-n D. für incompetent. Auf eine wiederholte Bittschrift des Bevollmächtigten der Domänenkäufer wiederholte der Bundestag am 10. Aug. 1826 die obige Erklärung, doch empfahl er den betheiligten Regierungen nochmals die Regulirung der westfälischen Angelegenheiten zu betreiben. In Preußen erfolgte die Regulirung der fraglichen Ansprüche auf dem Wege der Privatverhandlung im Jahr 1827 In den anderen Staaten ist es zu solchen Abfindungen nur theilweise gekommen. Die noch immer gehoffte gänzliche Entschädigung ist neuerdings dadurch außer aller Wahrscheinlichkeit gerückt, daß 1843 zwischen Preußen, Kurhessen, Braunschweig u. Hannover ein Vertrag geschlossen wurde, worin die westfälischen Zwangsanleihen von 1808, 1810 u. 1812 von allen diesen Staaten definitiv nicht anerkannt u. annullirt wurden; denn obschon diese Zwangsanleihen mit den W-n D-n eigentlich in keiner Beziehung standen, zeigte dieser Vertrag doch, daß die Ansichten der preußischen Regierung sich über die westfälischen Angelegenheiten geändert hätten, u. daß wenig von deren Verwendung für die W-n D. mehr zu hoffen sei.
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