Ehrlich (Adj.).
1. Besser ehrlich gestorben, als schändlich verdorben. – Simrock, 1853.
2. Besser ehrlich gewichen, als schändlich gefochten. – Winckler, IV, 94.
3. Ehrlich gelebt und selig gestorben, heisst auf Erden genugsam erworben.
4. Ehrlich hält ewig, sagte der Schneider, und dann kann man noch einen Schlafrock daraus machen.
5. Ehrlich hat die Kuh gestohlen.
Man darf deshalb niemand trauen, weil er Ehrlich heisst oder viel von seiner Ehrlichkeit spricht.
Holl.: Eeerlijk heeft de koe gestolen. (Harrebomée, I, 175.)
6. Ehrlich ist beschwerlich.
Man erzählt, Pittacus habe, als er sein Herrscheramt niedergelegt, gesagt: »Es ist schwer, gut sein.« Und Solon, der die Weichlichkeit und Feigheit des Pittacus beurtheilte, soll gesagt haben: »Tugend hat der Mühe satt.«
7. Ehrlich macht reich, aber langsam geht's her. – Körte, 1019; Steiger, 341; Simrock, 1847; Eiselein, 134; Zaupser, 92.
8. Ehrlich oder todt. – Pistor., VI, 48; Petri, II; Simrock, 1846.
9. Ehrlich scheuet kein Licht. – Simrock, 1848; Körte, 1020.
Lat.: Semper amant nitidam purissima pectora lucem. (Gaal, 326.)
10. Ehrlich währt am längsten. – Körte, 1017; Eiselein, 134; Kirchhofer, 147; Struve, 16; Siebenkees, 172; Beyer, II, 174; Müller, 13, 1 u. 58, 4; Büttner, 96; Hoffmann, 95; Ramann, I. Pred., I, 3; Venedey, 137; Simrock, 1843; Nopitsch, 72; Braun, I, 355.
Böhm.: Poctivost trvá na vecnost. (Haug.)
Engl.: Knavery may serve for a turn; but honesty is best at long run. (Bohn II, 108.)
Frz.: Avec de la bonne foi on va le plus loin.
Holl.: Eerlijk duurt het langst. (Harrebomée, I, 175.)
Lat.: Probitas longum perdurat in aevum. (Eiselein, 134.)
Ung.: Legtovább tart a mi becsületes. (Gaal, 325.)
11. Ehrlich währt am längsten, schuftig lebt in Aengsten. – Simrock, 1844.
12. Ehrlich währt ewig. – Simrock, 1845.
13. Ehrlich wollen wir alleweil sein, aber wir können's nicht alleweil sein. – Eiselein, 134.
14. Ehrlik hält am langesten; et werd wennig briuket. (Westf.)
15. Ich bin so ehrlich als du, sagte eine Hur' zur andern. – Bebel.
16. Lieber zehn ehrlich machen, als einen zum Schelm. – Simrock, 1852; Eisenhart, 82; Pistor., III, 69; Eiselein, 134; Sailer, 255.
Von Entziehung der Ehrenrechte. Die Ehre ging unsern Vorfahren über Gut und Leben. Der Verlust der Ehre galt für die höchste Strafe und hatte schwere Folgen. Wer für ehrlos erklärt war, erhielt keine richterliche Hülfe bei Beleidigungen, er durfte keinen Reinigungseid leisten, um sich von einem Verbrechen freizumachen, er konnte keine Ehrenstelle erlangen, keinen Zeugen abgeben u.s.w. Darum hat man auch die Ehrloserklärung nur mit der grössten Vorsicht ausgesprochen und durch das obige Sprichwort die Lehre geben wollen, dass in den Fällen, wo es noch zweifelhaft ist, ob jemand mit dem Verlust der Ehre zu bestrafen sei, der Richter nicht nach der Strenge der Gesetze verfahren solle, damit die Ehre des Angeklagten zum Nutzen des Landes noch erhalten werde.
[748] 17. Nur ehrlich, lieber keinen Frack. (Rheinhessen.)
18. Nur ehrlich, lieber keinen Rand am Hut. (Rheinhessen.)
Dän.: Giør ærligen, og svar djærveligen. (Bohn I, 370.)
19. Wer ehrlich ist, braucht nicht viel Heimlichkeit. – Simrock, 1849.
20. Wer ehrlich ist, freit früh, wer klug ist, nie.
21. Wer ehrlich wär', der wär' ein Thor, ständ' nicht einst Höll' und Himmel bevor.
22. Wer sich ehrlich will ernähren, muss viel flicken und wenig zehren. – Simrock, 1850.
*24. Er ist so ehrlich als ein Hund, der auf den Markt hofirt.
*25. Er ist so weit ehrlich, als er mit der Zunge reichen kann.
*26. He is so êrlich as de Jud von Altona. (Hamburg.)
Die Ehrlichkeit der altonaer Juden mochte ehemals, besonders den Hamburgern, verdächtig sein; eine Annahme, der man im obigen Sprichwort einen ironischen Ausdruck gab.
27. Alltô ârlich is ôk en Stück von 'n verderwen. – Schambach, II, 7.
Zu grosse, gutmüthige Ehrlichkeit kann leicht von andern gemisbraucht werden.
28. Besser ein ehrlicher Bettelmann, als ein ehrvergessener Edelmann. – Harssdörffer, 831.
29. Ehrlich gilt durch die ganze Welt.
30. Ehrlich ist der rechte Weg. – Horn, Spinnstube, 1859, S. 148.
31. Ehrlich und fromm wehret am längsten, denn man gebraucht's am wenigsten.
32. Ehrlich und frumm geht über allen Reichthum. (Rheinpfalz.)
33. Ehrlich von Geblüt, dapffer von Gemüth und von Herzen treu ist mein Lieberei. – Gerlach, 160.
34. Ehrlich währt am längsten, sagt der Jude, und beschneidet Dukaten. – Frischbier, I, 690.
35. Ehrlich währt lange, dem Spitzbuben wird bange. – Schambach, II, 163.
36. Ehrlich wie vor G'richt. (Schwaben.)
37. Willst du ehrlich sein gemacht, so meidt bös Gesellschaft Tag und Nacht. – Henisch, 1558.
*38. Der ist ehrlich in seinen Sack. (Schwaben.)
*39. Der is so ehrlich wie 's Wasser in der Kiepe.
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