1. Der hungert, findet den Doctorhut. – Sailer, 197.
2. Hungern und essen sehen, ist zum Vergehen.
»Denn«, sagt L. Börne (Gesammelte Schriften, X), »durch die Augen wird kein Hunger gestillt; gemalte Früchte haben noch keinen satt gemacht.«
[918] Böhm.: Téžká bolest, když se chce jísti; jĕstĕ tĕžši, kdyĕ jedí a nedají. (Čelakovsky, 188.)
Poln.: Cięžka boleść, gdy się chce jeść; jeszcze cięžszą, kiedy jedzą a niedadzą. (Čelakovsky, 188.)
3. Hungern und Harren macht das Haupt mürrisch. – Reinsberg III, 85.
Körte (3056) hat: närrisch. – Sowol sinnliche Triebe, wenn sie zu einer gewissen Stärke gelangen, wie heisse Sehnsucht, die nicht befriedigt wird, können gefährlich für Leib und Seele werden.
4. Hungern und Harren reimen sich übel.
5. Hungern und Harren stinkt übel in die Nase. – Körte, 3056; Simrock, 5106.
Die ursprüngliche Form des Sprichworts, die den Ausdruck »stinkt« aus dem Wortspiel »Harren« mit »Harn« erklärt, steht unter Hunger 142.
Lat.: Fames et mora bilem in nasum conciunt. (Hauer, M; Tappius, 92a; Froberg, 260; Faselius, 84; Philippi, I, 151.)
6. Lange Hungern ist kein Brotsparen. – Blum, 168; Simrock, 5103; Körte, 3059; Ramann, Unterr., II, 18; Braun, I, 1575; Lohrengel, I, 468; Mayer, I, 210.
Der Hunger wächst nämlich, je länger die Stillung desselben verzögert wird. Im Niederdeutschen: Lang hungern is kên Brod sparen. (Dähnert, 200.) (S. ⇒ Fasten 15.)
Böhm.: Kpo pustí hlad do břicha pro groš, ani za dva ho nevyžene. (Čelakovsky, 191.)
Frz.: Double jeûne, double morceau.
Holl.: Lang vasten is geen brood sparen. (Bohn I, 331.)
7. Lieber das Hungern vergessen, als Fleisch mit Thränen essen.
8. Wen hungert, bei dem ist alle Stund Mittag. – Sutor, 157.
9. Wen hungert, dem schmeckt alles wohl. – Seybold, 176.
Und die Mailänder behaupten: »Wer Hunger hat in Sommerszeit findet auch überall zu essen«. (Reinsberg VIII, 23.)
Lat.: Feles esuriunt, dum panis crustula rodunt. (Seybold, 176.)
10. Wen hungert, der kann essen, wann er will und da er's hat. – Sutor, 157.
11. Wen nicht hungert, der hat gut sagen vom fasten. – Petri, II, 660; Henisch, 1015, 44.
12. Wenn einen noch hungert, so sol er auffhören zu essen. – Petri, II, 650.
13. Wer das Hungern gewohnt ist, den schreckt der Aufschlag auf dem Kornmarkt nicht.
Als Göttingen im Siebenjährigen Kriege, noch nicht entfestet, von den Franzosen belagert wurde, kam wegen der Uebergabe eine schriftliche Sendung, die von Behörde zu Behörde und bei den Angesehenen umlief, auch zu Kästner, dessen Witzwort Göttingen rettete: »Ich habe«, schrieb er, »in Leipzig als Meister (Magister) drei Jahre hungern gelernt, ich ergebe mich nicht.« (L. Jahn, Merke zum Volksthum.)
14. Wer ein paar Tage hat hungern müssen, dem wird auch das Fleisch eines alten Pelikans weich schmecken.
15. Wer nicht hungern will am Samstag, der halte keinen blauen Montag.
It.: La fame insegna a vivere. (Pazzaglia, 119, 4.)
16. Wer nicht hungert, fastet leicht. – Körte, 3062; Simrock, 5102; Braun, I, 1572.
17. Wer nicht hungert, kann leicht (gut) vom Fasten predigen.
Dän.: Den roser fasten som veed intet af hunger. (Prov. dan., 158.)
Holl.: Die niet hongert, heeft goed van de vasten te spreken. (Harrebomée, I, 323.)
18. Wer selber hungert, muss andern keine Suppe versprechen.
19. Wer zu lange hungert, verliert den Appetit.
*20. Er hungert, dass er schwarz wird.
Holl.: Hij lijdt honger dat hij zwart wordt. (Harrebomée, I, 323.)
*21. Er hungert nach dem Bettzipfel. (Breslau.)
Ist schläfrig.
*22. Er hungert wie ein Oderwolf.
*23. Er hungert wie ein Poet.
*24. Er hungert wie ein Wolf in den Zwölfen. – Frischbier2, 1763.
In den Zwölfen, der Zeit vom 25. Dec. bis 6. Jan., treibt die strenge Kälte, welche um diese Zeit einzutreten [919] pflegt, die Wölfe aus den Wäldern, wo sie keine Nahrung finden, in die Nähe der menschlichen Wohnungen.
Mhd.: Möht ich mich anders niht ernern, ich wolte mich mit wolven wern. (Freidank.) (Zingerle, 178.)
Frz.: Le soleil luit dans son ventre. (Kritzinger, 652b.)
*25. Er hungert wie eine Laus im Grind.
Die Aegypter sagen ähnlich, wenn jemand im Ueberfluss über Armuth klagt: Wie der Hunger der Laus im Grindkopf. (Burckhardt, 191.)
*26. Er ist nach Hungern gezogen.
In Noth, in Dürftigkeit gerathen.
*27. Er muss hungern wie einer, der mit den Bäckern im Process liegt.
Frz.: Plaider avec les boulangers. (Kritzinger, 84a.)
*28. Es hungert ihn, dass ihm der Bauch schlackert. – Frischbier2, 1764.
*29. Hungern, dass die Schwarte knackt. – Parömiakon, 1807.
*30. Wenn ihn hungert, dass der Magen quiekt, wird er Jesum Christum schon erkennen lernen.
31. Hungern im Alter thut weher als in der Jugend. – Horn, Spinnstube, 1857, S. 212.
32. Man lässt manchen hungern, so lang' er lebt, und setzt ihm ein Denkmal, wenn er todt ist.
33. Wer hungert isst im Fall der Noth für Braten trocknes Brot.
*34. Es hungert dich? – Leck Salz wett dich darschten (dürsten). (Warschau.)
Scherzhafter Zuruf, wenn jemand über Hunger klagt.
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