1. Aus Leipzigs Kindern wird entweder nichts oder etwas Grosses.
Aus einem Tableau von Leipzig, 1783, als altes leipziger Sprichwort angeführt. Bei Diezmann, Leipzig, Skizzen aus Vergangenheit und Gegenwart, Leipzig 1856, S. 17.
2. Leipzig die beste, Chemnitz die feste, Freiberg die grösste, Annaberg die liebste.
3. Leipzig ist das rechte Auge von Meissen. – Deutsche Romanzeitung, III, 49; Hesekiel, 20.
Man nennt es auch Pleiss-Athen, Klein-Paris; warum aber das kleine Rom im Sachsenlande? (Vgl. Hesekiel, 20.)
4. Leipzig ist klein Meissnerland. – Deutsche Romanzeitung, III, 42, 474; Hesekiel, 20.
[29] 5. Leipzig liegt draussen und Leipzig liegt drinnen, also kann Leipzig nicht Leipzig gewinnen. – Pistor., V, 27; Eiselein, 420; Simrock, 6338; Körte, 3767; Reinsberg V, 90.
Auch in kürzerer Fassung: Leipzig liegt vor Leipzig. Wird angewandt, wenn die, welche gegeneinander zu Felde liegen, Freunde sind. Bei der hartnäckigen Belagerung, welche der Kurfürst Johann Friedrich im Jahre 1547 über das seinem Vater Herzog Moritz gehörige Leipzig verhängte, hielt ersterer eines Tags auf dem jetzt sogenannten Thonberg seine Mittagstafel. Da flog eine aus der Stadt abgeschossene Kanonenkugel gerade in die Schüssel hinein. Er stand daher auf und sagte: »Hier ist übel essen.« Bei dieser Gelegenheit entstand auch jenes Sprichwort, weil man sagte, der Kurfürst habe die Stadt wol erobern können, wenn seine Kriegsobersten ihre Schuldigkeit gethan hätten; die meisten derselben hätten aber ihre Frauen und bessern Sachen in der Stadt gehabt, damit nun diese, wenn die Stadt mit stürmender Hand genommen wurde, nicht zu Grunde gehen möchten, hätten sie Leipzig absichtlich verschont. Der vollständige Spruch, aus dem das Sprichwort erwachsen ist, heisst: Leipzig liegt aussen und Leipzig liegt drinnen, drum kann Leipzig Leipzig nicht gewinnen. Dass Leipzig auch für Leipzig lag, das macht, dass Leipzig bleibet nach. »Wär' Leipzig nicht vor Leipzig kommen, so wär' Leipzig wol bald gewonnen.« (Vgl. Vogel, Leipziger Annalen, S. 175, und Grässe, Sagenschatz, S. 293.)
Frz.: Il ne faut pas prendre ni femme ni toile à la chandelle.
It.: Nè donna nè tela, non comprare alla candela. (Bohn II, 111.)
6. Mit Leipzig ist's richtig. – Körte, 3766 u. 4736.
Das Wort ward zuerst im Dreissigjährigen Kriege auf den Sieg Gustav Adolf's über Tilly (7. Sept. 1631) gemünzt, im Siebenjährigen Kriege erneuert und neu ausgeprägt am 18. October 1813.
7. Von Leipzig aus gibt's hübsche Wege; man kommt nach Lause-Zwenke1, Schweine- Riethe2 und Kuh-Pege3.
1) Zwenkau.
2) Rötha.
3) Pegau.
8. Wenn Leipzig mein wär', wolt' ich's in Freyberg verzehren. – Berckenmeyer, 303; Körte, 3768; Pistor., I, 57; Gruter, I, 74; Eiselein, 420; Sailer, 131; Simrock, 6337; Reinsberg V, 90; Deutsche Romanzeitung, III, 43, 551; Sachsengrün, 1861, Nr. 12, S. 132.
Vielleicht daher entstanden, weil Freiberg wegen seiner gesunden Lage berühmt ist. Auch flüchtete sich der sächsische Hof, als im Jahre 1678 die Pest in Dresden und Leipzig wüthete, in diese gesunde Bergstadt. Doch heisst es auch wieder rühmend: »Mein Leipzig lob' ich mir, es ist ein klein Paris und bildet seine Leute.« (S. ⇒ Frankfurt 3, ⇒ Hamburg 3, ⇒ München, ⇒ Naumburg, ⇒ Nürnberg.) Die Stelle: »Mein Leipzig lob'« u.s.w. steht in Goethe's Faust I, 4 (Hempel's Ausg. XII, S. 69).
Holl.: An deze stat zal men het goed winnen, en in die stad zal men het verteren. (Harrebomée, I, 247.) – Wanner Leipzig mijn was, zoo wilde ik het te Freiberg verteren. (Harrebomée, II, 15.)
9. Wer von Leipzig kommt ohne Weib, von Wittenberg mit gesundem Leib, von ⇒ Jena (s.d.) ungeschlagen, der hat von grossem Glück zu sagen.
Diesen Spruch erläutert uns Boas in seinen Reiseblüten aus der Oberwelt (Grimma 1834, Bd. 2), indem er sagt: »Die leipziger Frauen sind fast alle reizend und lieblich. Sie besitzen eine hingebende Grazie und eine schnippische Naivetät, welche ihnen wundervoll steht. Ich fand einen solchen Reichthum derselben, dass ich mich vor Staunen gar nicht satt sehen könnte an den hohen süssen Frauenbildern. Wol verstand ich nun den Spruch: Wer von Leipzig u.s.w. Die letzten beiden Zeilen würden aber auf die leipziger Studenten nicht passen; denn die sind sanft und still, weshalb sie von andern gewöhnlich ›Musensöhne‹ genannt werden.«
10. Zu Leiptzig seind drey seltzam ding, sprach der fürst auss Sachssen; da haben wir drey klöster, deren gleichen kaum funden wirt. Die Klöster, die da predigerordens seindt, die verkauffen ein gantzes jar koren vnnd haben doch keyn acker. Die andern mönch das seind barfüsser observantzer, die vollbringen grosse baw und haben keyn gelt; die dritten Mönch, das seind Augustiner Canonici regulares, die tragen weisse hembder an vnd regieren alle pfarren zu Leiptzig, machen viel Kinder vnd haben keyn frawen.
»Das seindt ya seltzame Ding, sagt er. Da lachten die fürsten alle vnd gaben jm das gewunnen. Dann Kinder machen on weiber ist ein gross seltzam ding.« (Pauli, Schimpff, LXXXIa.)
[30] 11. Zu Leipzig hat ein Reicher, was sein Herz wünscht.
Alle diese Sprichwörter beziehen sich auf das ehemalige Leipzig. Ein treues Bild nicht blos von diesem, sondern auch vom jetzigen gewährt folgende Schrift: Leipzig. Skizzen aus der Vergangenheit und Gegenwart, von A. Diezmann (Leipzig 1856).
12. Zu Leipzig werden viel Stiefel verkauft.
Ist der Sinn von: Ad Corpus caprae (Leib Zieg) venduntur multa stannetta. (Rabinzalii Daemonologia von Joh. Praetorius, Rudolstadt 1665, Th. 2, S. 60.)
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