1. Die von der schnur zehren, müssen das Gelage bezahlen. – Henisch, 364, 20; Petri, II, 147.
2. Eine dreifältige Schnur reisst nicht leicht entzwei. – Graf, 202, 144; Petri, II, 174.
Mit Bezug auf Erbfolge. (S. ⇒ Nähen.)
Dän.: En tree-dobbelt snoor drages ei letteligen sonder. (Prov. dan., 516.)
3. Man muss die Schnur nicht zu weit richten. – Simrock, 9159a.
4. Man muss nicht über die Schnur hauen (schlagen). – Meinau, 58.
Man muss in keiner Sache zu weit gehen. Von den Zimmerleuten entlehnt, die, wenn sie ein Stück Holz behauen wollen, die Linie mit einer geschwärzten oder gerötheten Schnur bezeichnen. Es ist ein Fehler, wenn sie über diese Schnur ins Holz hineinhauen.
5. Nicht alles kan zur schnur gebracht werden. – Schottel, 1118a.
6. Was soll die Schnur, wenn man keine Perlen hat.
Die Russen; Kaufe nicht eher die Schnur, bevor du die Perlen hast. (Altmann VI, 484.)
*7. Aus der Schnur schreiten.
*8. Das geht über die Schnur.
Holl.: Buiten (uit, boven, over) de kerf gaan. (Harrebomée, I, 392b.)
*9. Das ist ausser der Schnur. – Eiselein, 554.
Lat.: Currunt extra viam. – Frustra currit. (Eiselein, 554.)
*10. Die rothe (oder: seidene) Schnur tragen.
In Oesterreich war es früher Sitte, dass Verbrecher des Hochverraths, der Feldflüchtigkeit, der feigen [309] Uebergabe anvertrauter Festungen u.s.w. aus Milderungsgründen und unter der Bedingung die Gnade des Lebens und einer schmachvollen Freiheit erhielten, dass sie am Halse oder Knopfloch öffentlich die »rothe Schnur«, die »seidene Schnur«, oder auch den Hut des »Hasenpaniers« trugen. (Vgl. Hormayr, 1839, 448.)
*11. Die Schnur an den Stein legen.
Wer alle Sorgfalt anwendet, dass alles im Staate, wie im Hauswesen wohl geführet werde. Von den Bauleuten entlehnt, die ihrem Augenmasse nicht trauen, sondern die Ebenheit der Steine nach dem Richtmasse erforschen.
*12. Die Schnur zu fest packen. – Eiselein, 554.
*13. Einen in die Schnur nehmen. – Wurzbach II, 316.
Diese Redensart kommt von dem Handwerksgebrauch der Maurer her, nach welchem sie denjenigen, der über ihre Messschnur tritt, für strafbar erklären, ihn mit dieser Schnur umfangen und zu einem Lösegeld anhalten. (S. ⇒ Schnüren.)
*14. Er hat vber die Schnur gehawen. (S. ⇒ Oberstübchen.) – Eyering, II, 294; Sailer, 77; Masson, 376.
*15. Es geht bei ihm alles an der Schnur.
*16. Es geht wie an der Schnur.
*17. In die Schnur greifen. – Eiselein, 554.
*18. Mit verlorener Schnur messen. – Eiselein, 554.
*19. Nach der Schnur leben. – Braun, I, 3952; Wurzbach II, 318.
Sehr regelmässig leben, alles ordentlich thun.
*20. Oan nit aus'n Schnür'n lassen. (Innsbruck.) – Frommann, VI, 37, 74.
Jemand aufmerksam beobachten.
*21. Oever de Snôr hauen. (Holst.) – Schütze, IV, 146.
*22. Vber die schnur hawen. – Tappius, 150b; Hauer, K2; Grimmelshausen, Springinsfeld; Eyering, III, 342; Petri, II, 532; Schottel, 1120a; Mathesy, 50b; Körte, 5385a; Wurzbach II, 318; Frischbier2, 3384; Hennig, 242; Braun, I, 3950; für Franken: Frommann, VI, 323, 344.
In Schwaben: Ueber d' Schnur haua. (Nefflen, 467; Sutermeister, 931; Michel, 278.) Ueber die Schnur hauen, das rechte Mass überschreiten. Von der durch Röthel bezeichneten Richtschnur der Zimmerleute. Zur Bezeichnung für das Hinausgehen über das rechte Mass ist unsere Sprache wieder reich an Redensarten. Man sagt: Er ist über das Böglein getreten. Er hat den Esel übergürtet. Er hat die Armbrust überspannt. Er hat das Liéd zu hoch angefangen. »Gott werds gewiss nicht vngestrafft lassen, wo sie vber die Schnur hawen.« (Fischart in Kloster, VIII, 374.) Franck (II, 98b) gebraucht sie für das lateinische Ultra septa transilire und fügt, um die Ueberschreitung von Grenze und Mass auszudrücken, noch als verwandt bei: Zu vil thun. Vber das Böglein tretten. Den Esel übergürten. Das Liedlein zu hoch anfahen. Das armbrust vberspannen. Er hat jm zu vil thon. Einer Noten zu hoch singen. Man gebraucht dafür auch die lateinische Redensart: Extra chorum saltare. (Binder I, 484; II, 1047; Erasm., 48.)
Frz.: Aller terre à terre. (Kritzinger, 676b.) – Passer les bornes. – Peter plus haut que la cû. – Sortir de sa sphère. (Kritzinger, 79a, 528b u. 660b.)
Lat.: Extra chorum saltare. (Hanzely, 29; Sutor, 295; Philippi, I, 146; Seybold, 165.) – Toto coelo aberras. (Chaos, 1081.) – Ultra septa transilire. (Binder II, 3396; Erasm., 48; Philippi, II, 231; Seybold, 647; Lang, 288.)
*23. Von der Schnur zehren. – Schottel, 1112a; Eiselein, 554; Körte, 5385; Meinau, 32; Wurzbach II, 317.
Von dem bereits Erworbenen leben, ohne es durch neuen Erwerb zu mehren. Den letzten Vorrath, Nothpfennig angreifen. Wahrscheinlich von der alten Sitte, goldene und andere Schaumünzen an einer Schnur als Putz anzuhängen und in der Noth dann eine nach der andern zu verkaufen. »Von der Schnur zehren vnd immerdar nur kauffen vnd nimmer nichts verkauffen.« (Mathesy, 354b.) Eine witzige Anwendung findet die Redensart in folgendem älterlichen Rath: »O, Söhnchen, dem wir alles Gut gegeben, thu' eine reiche Heirath nur, dann haben wir zu leben und zehren von der – Schnur.« (Witzfunken, IIb, 136.)
Lat.: Sensim consumere parta. (Eiselein, 554.)
24. Eine vierfache Schnur hält desto besser.
Vgl. Lessing, Minna von Barnhelm, I, 1, 2; Pred. Sal. 4, 12.
25. Man kann schon einmal über die Schnur hauen.
Lat.: Voluptates commendat rarior usus. (Juvenal.) (Philippi, II, 261.)
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