Stamm

1. Alte Stämme, gute Früchte.

Holl.: Van de grosste stammen krijgkt men de fijnste vruchten. (Harrebomée, II, 399b.)


2. Alter Stamm hält stramm.

Holl.: De oude stam is te stram. (Harrebomée, II, 299b.)


3. Am trockenen Stamm ist gut Feuer machen.


4. Auch im Stamm Levi gibt's zerbrochene Töpfe.


5. Auf einen wilden Stamm kann man wol ein edel Reis setzen.

Lat.: Segne prius lignum nostro fit fertile cultu. (Binder II, 3057.)


6. Aus einem Stamm wird Kreuz und Schaufel.


7. Besser sich an den Stamm halten, als an die Zweige.

Es ist besser sich an die Vorgesetzten als an die Untergebenen wenden.


8. Der Stamm des Baumes ist mehr werth, als seine Blüten.


9. Der stärkste Stamm war einmal eine Ruthe.


10. Die grössten Stämme kommen von kleinen Stauden.Parömiakon, 809.


11. Eck hoal1 mi an en Stamm, dann fall 'k nich van en Twiëlen2. (Recklinghausen.) – Firmenich, III, 170, 17.

1) Halte.

2) Zweischössige Zweige.


12. Ein fauler Stamm bringt schlechte Frucht.

»Unertig stamtirt snöde frucht, ein zagegern sich gibt uf flucht.« (P. Suchenwirt V, ed. Primisso, XXV, 307.) Von den Arabern, denen eine grosse Fertigkeit im Stehlen zugeschrieben wird, und zwar vom Stamme Beraguen, d.i. dem schlimmsten, sagten die alten Römer: Aus einem schlechten Stamme können nur schlechte Sprösslinge hervorgehen, und der Stamm Beraguen hat nur schlechte Araber hervorgebracht.


13. Eines Stammes wegen stürzt der Wald nicht zusammen.

Aehnlich sagen die französischen Neger: Geht auch ein Schiff unter, so hindert das die andern nicht am Fahren.


14. En jungen Stamm un en oallen Ramm (Bock, Widder) giwt alle Joahr en Lamm. (Westf.)


15. Es ist besser einen Stamm anfangen als enden.

Dän.: Mîn stam begyndes af mig selv, din endes paadig. (Prov. dan., 520.)


[770] 16. Es ist kein Stammen so gut, es tregt zuweilen, eins ein vngerathen Kind.Henisch, 1506, 2; Petri, II, 270.


17. Grosser Stamm gibt oft geringen Schlamm.


18. Je fauler der Stamm, je wohler dem Wurm.


19. Jeder Stamm gilt für einen Baum, auf dem der Sperber einen Spatzen fressen, und er bleibt es, bis ein Reh ihn mit den Füssen spalten kann.Grimm, Weisth., III, 302, 22.

Mit Bezug auf die Grenzbestimmung zwischen dem, was Wald oder Weide (Gemeingut, Almende) und einem Privatbesitzer gehörendes Feld ist. Unbebautes Feld konnte durch Waldanflug wieder Wald (s. Busch 32 und Ochs 243) und dadurch Almende werden. Der Wald gewann dann die Ebenen, das Sondereigenthum fiel ans Gemeingut zurück. Die Franzosen sagen: Le bois acquiert le plain. (Loysel, I, 257.)


20. Man muss den Stamm biegen, so lang er noch zart ist.

Lat.: In teneris consuescere multum est. (Virgil.) (Binder II, 1475.)


21. Wamme1 legen2 Stamme kamme3 kein gued Riys breaken. (Westf.)

1) Zusammengezogen aus: van eineme.

2) Schlechten, mittelhochdeutsch: lê, niedrig, übel.

3) Zusammengezogen aus: kann me.


22. Wer den Stamm (nicht) adelt, den adelt der Stamm auch (nicht).


23. Wie der Stamm, so die Frucht; wie die Aeltern, so die Zucht.

Böhm.: Jaký rod, takyplod. (Čelakovsky, 404.)

Holl.: Zulk een tronk, zulk een jonk. (Harrebomée, II, 346a.)

Kroat.: Kakov rod, tokov plod.


[771]

24. Es ist ein guter Stamm, der am Ende eine grüne Spitze hat.


25. Wie der Stamm, so die Aeste (Zweige).


26. Wie der Stamm und seine Aeste, so der Wirth und seine Gäste.Frieske, 16.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Frau Beate und ihr Sohn

Frau Beate und ihr Sohn

Beate Heinold lebt seit dem Tode ihres Mannes allein mit ihrem Sohn Hugo in einer Villa am See und versucht, ihn vor möglichen erotischen Abenteuern abzuschirmen. Indes gibt sie selbst dem Werben des jungen Fritz, einem Schulfreund von Hugo, nach und verliert sich zwischen erotischen Wunschvorstellungen, Schuld- und Schamgefühlen.

64 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon