1. Alles stiehlt ein Dieb, nur nicht die Lieb'.
2. Aenmôl gestohlen ist immer verlôren. (Waldeck.) – Curtze, 365, 626.
[796] 3. Aet es bässer ställe als anzêge. (Düren.) – Firmenich, I, 484, 113.
4. Bei uns stiehlt alles, sagte der Russe.
Ein Sprichwort, das auch der niedrigste russische Unterthan täglich im Munde führt. Es schildert den Zustand des russischen Beamtenthums und findet seine Erläuterung und Bestätigung in einem Aufsatze der Allgem. Zeitung, Leipzig 1843, Nr. 1, S. 4 u. 5.
5. Besser stehlen als müssiggehen, sagt der Gauner (Teufel).
6. Besser stehlen, denn anzeigen. – Eiselein, 577; Simrock, 9841.
7. Bistu geboren zum Stehlen, so bistu geboren zum Hengen. – Schottel, 118b.
8. Das Stehlen ist schon erlaubt, aber man muss sich nicht kriegen lassen.
9. Das Stehlen kostet oft mehr als es einbringt. – Eiselein, 220.
Beruht vielleicht auf dem Privileg, das der König Evenus III. von Schottland den Dieben gab, dass sie ungehindert ihr Handwerk treiben möchten. (Beiche, 29, 228.)
10. De annern stiäld nog mär as ik, sach de Daif, as hä 'n Piärd stuoalen hadde. (Hemer in der Grafschaft Mark.) – Frommann, III, 260, 19.
11. Der eine stiehlt den Schinken und den andern schlägt man mit der Schwarte.
Frz.: Les bons pâtissen, souvent pour les méchants (les mauvais).
12. Der eine stiehlt gross, der andere klein; der Fuchs nimmt ein Huhn, der Hund ein Bein.
13. Det Stälen is keine Shanne, awer 't Wêergêwen (oder: Wêerbringen). – Schambach, II, 104.
Spott auf die falsche Scham, welche Bedenken trägt, begangenes Unrecht einzugestehen und gut zu machen, das zu begehen man kein Bedenken trug. (Körte, 5155.)
14. Diar iansis stêlt, as altidj an Thîf. (Amrum.) – Haupt, VIII, 367, 2797.
15. Du sollst nicht stehlen, predigte der Mönch, da gackte eine Gans, die er unter der Kutte hatte.
Engl.: The friar preached against stealing, when he had a pudding in his sleeve. (Bohn II, 96.)
Holl.: De monnik preekte, dat men niet stolen mogt, en hij zelf had de gans in zijne schapperade. (Harrebomée, II, 101a; Bohn I, 306.)
It.: Il frate predicava, che non si dovesse robbare, e lui haveva l' occha nel scapulario. (Bohn II, 96.)
16. Es hat mancher gestohlen und er gilt für einen ehrlichen Mann.
Mhd.: Ez wirt vil dings verstolen, daz nummer kompt zu liecht. (Altschwert.) (Zingerle, 142.)
17. Es ist besser stehlen, denn zeugen. (S. ⇒ Zeihen.) Eisenhart, 609; Pistor., VII, 83; Eiselein, 577; Simrock, 12011; Graf, 374, 491.
Erklärt sich aus der Beschaffenheit des ehemaligen peinlichen Processes, wobei der Ankläger, wenn er den Beweis gegen den Angeklagten nicht führen konnte, mit derselben Strafe belegt wurde, die der Angeklagte erhalten haben würde, wenn er des beschuldigten Verbrechens überführt worden wäre. Aber auch abgesehen davon ist der Zeuge in einer peinlichen Stellung; denn es bedarf der grössten Gewissenhaftigkeit, weil jede auch noch so geringe Unachtsamkeit von den schlimmsten Folgen begleitet sein kann.
18. Es ist bös stehlen, wo nichts ist.
19. Es ist böss stelen, da der wirt (selbst) ein dieb ist. – Franck, I, 87b; II, 63a; Gruter, I, 32; Petri, II, 257; Henisch, 694, 41; Latendorf II, 13; Simrock, 9846; Körte, 6878; Mayer, II, 18; Braun, I, 4262; Suringar, XL, 4, 8, 11, 13, 16 u. 21.
Bei Markolf (147) heisst es dagegen: »Es ist gut stehlen, wo der Wirth selbst ein Dieb ist.« In Westfalen: Dar ys quaet stelen, dar de wert soluen eyn deiff is. (Suringar, VL, 5.)
Dän.: Det er ondt at stiele, hvor bonden, er self tyff. (Prov. dan., 531.)
Holl.: Het is kwaad stelen, daar de waard zelf een dief is. (Harrebomée, II, 430a.) – Tis quaet stelen, daar die weert een dief is. (Tunn., 22, 2.)
Lat.: Fur male furatur, ubi fur domui dominatur. (Binder II, 1220; Fallersleben, 663; Gartner, 75.) – Furtivus potus, plenus dulcedine totus. (Sutor, 373.) – Hospes ubi fur est, durum est subducere quicquam. – Nam quae quisque facit, fieri sibi furta veretur. (Henisch, 694, 42.)
[797] 20. Es ist eins, wenn der eine stiehlt und der andere den Sack aufhält.
21. Es ist gerade, als wenn ich nicht stehlen sollte, sagte der Junge, als er an mehrern Orten nacheinander ergriffen und gezüchtigt wurde.
22. Es ist nicht gut stehlen, wenn man nicht weiss, wohin.
Böhm.: Dobře krásti, když jest kam klásti. (Čelakovsky, 145.)
23. Es ist nid guet stäle, wenn de Wirth sälber en Schölm ist. – Sutermeister, 131.
24. Es stiehlt mancher eher ein Pferd, als ein anderer über den Zaun sieht.
Engl.: One man may better steal a horse, than another look over the hedge.
25. Es stiehlt mancher einen Ochsen und gibt die Kaldaunen den Armen.
Dän.: Mangen stiel oxen og giver kalunet til de fattige. (Prov. dan., 531.)
26. Es stiehlt sich am besten, wenn man nicht weit langen darf.
Frz.: Bon fait voler bas à cause des branches. (Bohn I, 8.)
27. Es stielt kein Handwerk mehr als Löffelmacher und Kessler. – Haupt, III, 32, 41.
Wortspiel, mit Bezug darauf, dass beide Stiele machen, jene an Löffel, diese an Pfannen.
28. Es thut nicht, mit stehlen reich werden. – Petri, II, 301.
29. Gefallet dir das Stehlen, so lass dir auch gefallen das Hangen.
30. Hastu was gestolen, das bring mir, wirst du drumb gehenckt, das hat dir. – Petri, III, 6.
31. Jeder fleist sich stelens, wo nit heimlich, doch das mans greiffen kan. – Lehmann, 120, 14.
32. Jeder stiehlt auf seinen Hals. – Graf, 299, 108.
Der Mann, welcher eines Vergehens sich schuldig machte, konnte dadurch das Recht seiner Erben auf sein (liegend) Gut (Eigen) nicht vermitteln; wenn ein Dieb stahl, so konnte er wol seinen Hals und all sein Gut, d.h. seine Fahrhabe, aber nicht sein Eigen, d.i. seiner Freunde oder Erben Gut, verstehlen. (S. ⇒ Schlagen 19.)
Altfries.: Allera mon nick stelt opa sinnene eynene hals. (Richthofen, 123, 12.)
33. Jedermann stiehlt und raubt, borgt und ficht auf seinen eigenen Hals und seine eigene Habe. – Graf, 299, 113.
Altfries.: Alta monna ek stele and raue, borge and fiocht opa sinne eynene hals and opa sinne eyne hava. (Richthofen, 542, 50.)
34. Lieber stehlen mit den Guten als beten mit den Bösen.
35. Man stilt auch etwa einer atzeln (Elster) ein ey. – Franck, II, 166b; Simrock, 2038.
36. Mancher stiehlt einen Ochsen und lässt aus der Haut den Armen Schuhe machen.
Dän.: Mangen stiel oxen og giver huden og syer sko deraf til de fattige.
37. Mancher stilt ein Ochsen vnd gibt die füss vmb Gotts willen. – Lehmann, 120, 17.
Darum sagen die Neugriechen: Wenn sie stehlen, stiehl nicht mit; und wenn's dann herauskommt, fürchte nichts. (Sanders, 77.)
38. Mit gestohlen, mit gehängt. – Pistor., I, 85; Crusius, I, 966b.
39. Niemand kann stehlen auf eines andern Leib und fechten auf eines andern Gut. – Graf, 299, 111.
Altfries.: Nemma mey stela op oers lyf ner finchta op oers goet. (Richthofen, 502, 25.)
40. Stäl, wa du kanst, man lât 'n jêde dat Sinige. (Süderdithmarschen.)
Stiehl, wo du kannst, aber lass jedem das Seinige.
41. Stält mîn Brauer, sau henget de Deif. – Schambach, II, 363.
42. Stealst föör ham, do könst uk föör ham hing. (Nordfries.) – Johansen, 71.
43. Stehl wat, denn hast du wat, man lat elk da Sine. – Hauskalender, II.
Die Franzosen erlauben nur das Stehlen einer Advocatenbörse: Il ne faut rien dérober que la bourse d'un avocat. (Bohn II, 89; Leroux, II, 66.)
[798] 44. Stehlen darff nicht viel Verlag, hat aber viel Geniess, endlich ist der Tod gewiss. – Wirth, I, 99, 443.
45. Stehlen fleckt besser als betteln.
Span.: Mas vale salto de mata, que ruego de hombres buenos. (Don Quixote.)
46. Stehlen heisst bei den Soldaten Quotidie. – Chaos, 583.
47. Stehlen ist bei Henken verboten. – Petri, II, 540; Pistor., III, 48; Hillebrand, 211, 301; Graf, 341, 351.
Der Diebstahl galt bei den Deutschen unter allen aus Habsucht verübten Verbrechen als das schmachvollste und wurde daher meist mit dem Strange gebüsst.
48. Stehlen ist besser als anzeigen.
49. Stehlen ist das letzte (schlechteste) Handwerk.
Böhm.: Zlodĕjstvi poslední řemeslo. (Čelakovsky, 143.)
50. Stehlen ist ein gut Handwerk, aber es lohnt vbel. – Petri, II, 540.
Lat.: Latronum finis funis, mors ultima merca. – Rarus funesto fur sine fune perit.
Schwed.: Stjäla är ett indrägtigt handtwerk, men lönar illa. (Grubb, 761; Wensell, 71.)
51. Stehlen ist eine freie Kunst, aber das Meisterstück bringt an den Galgen.
Frz.: Autant pèche celui qui tient le sac pui celui qui met dedans. (Masson, 174.)
52. Stehlen ist keine Schande, aber Zurückgeben. (Surinam.)
Wenn man nämlich entdeckt und dazu gezwungen wird.
53. Stehlen ist keine Sünde, aber sich kriegen lassen.
Ein Sträfling wurde gefragt, ob er alles das begangen habe, dessen er bezichtigt werde. »Ja sagte er, ich sündigte noch mehr, ich liess mich ergreifen.« (Witzfunken, Ib, 212.)
It.: Non baste di saper rubare, bisogna anche saper nascondere. (Bohn I, 111.)
54. Stehlen ist viel gemeiner und grösser denn Rauben. – Klingen, 172b, 1; Graf, 365, 465.
Im Gegensatz zu unserer jetzigen Rechtsanschauung und Gesetzgebung, die in dem Raube beinahe das schwerste Verbrechen am Gut erblickt, galt dieser früher als eine geringere Missethat als der listige und hinterlistige Diebstahl, woraus sich das obige Sprichwort erklärt.
55. Stehlen und Lügen geht über Einen Stiegen. (Amberg.)
56. Stehlen und Sackaufheben ist eins wie das andere. – Eisenhart, 464; Eiselein, 577; Pistor., X, 34; Hillebrand, 205; 293; Sailer, 256; Graf, 306, 171; Simrock, 9840; Grimm, Rechtsalt., 636.
Zeigt an, dass derjenige, welcher dem Diebe bei Ausübung des Diebstahls Hülfe geleistet, auch als ein Dieb anzusehen und zu bestrafen, und es einerlei sei, ob jemand den Diebstahl selbst begangen oder mit befördern helfen.
Span.: El hurtar es cosa linda, si colgasen por la pretina. (Bohn I, 218.)
57. Stehlen und Wiedergeben ist ein ganz erbärmlich Leben. – Pistor., X, 35; Körte, 5710.
58. Stehl'n is ni verbân1, awer dat latkrieg'n2. (Rendsburg.)
1) Verboten.
2) Sich fassen lassen.
59. Stelen vnd dazu schweigen still, ist beides gleichviel. – Petri, II, 540.
60. Stelen vnd lügen ist gern beyeinander. – Lehmann, II, 571, 113; Simrock, 9855.
61. Stiehl dir was, so hast du was, aber lass jedem das Seine.
Fordert auf, sich Kenntnisse einzusammeln, fremde Kunstgriffe und Geschicklichkeiten abzulernen, wobei jeder das Seine behält.
62. Stiehl einmal und bleib dein Lebtage ein Dieb. – Lehmann, II, 571, 111; Simrock, 9848; Graf, 363, 430.
63. Stiehl viel, gib wenig, so kompst darum. – Lehmann, II, 571, 112; Simrock, 9853; Körte, 5743d.
64. Stiehl, wo du kannst, denn dein Herr stiehlt, wo er will.
Dies charakteristische Sprichwort hat Dr. H. Ditz (gräflich schönburgischer Domänenrath in Munkács) im temesvarer Banat gehört.
65. Stiehl wuot, dann hiäste wuot, awwer latt dem annern 'et Sine. (Iserlohn.) – Woeste, 77, 301; Firmenich, III, 187, 71; Bueren, 1049; für Mecklenburg: Firmenich, I, 70, 7; für Waldeck: Firmenich, I, 326, 46; Curtze, 351, 460.
[799] 66. Stiehle is besser wie zeihn. (Kurhessen.)
67. Stiehlst du für ihn, so kannst du auch für ihn hängen.
68. Stiehlst du nicht, so hängst du nicht.
Jüd.-deutsch: Ne ganwei, ne fastei, d.i. stiehl nicht faste nicht. (Blass, 16.)
69. Stiehlt der Knecht, so zahlt der Bauer. – Graf, 300, 129.
Im allgemeinen gilt im deutschen Recht der Grundsatz, dass niemand für die strafbaren Handlungen anderer büssen soll. Nur in dem Falle, da der Untergebene in seines Vorgesetzten dienstlichem Auftrage innerhalb seines Dienstes handelt und dadurch eine strafbare Handlung begeht, soll dessen Herr dafür verantwortlich sein, was durch das obige Sprichwort ausgedrückt wird.
70. Stiehlt mein Bruder (Vater), so hängt ein Dieb. – Henisch, 695, 10; Hollenberg, II, 75; Pistor., I, 17; Körte, 6223; Sailer, 251; Graf, 300, 125; Frischbier2, 3606.
In Ostfriesland: Stehlt min Brör, so hangt ên Dêf. (Hauskalender, II.) Er macht nicht mir als seinem Bruder, sondern sich selbst Schande. (S. ⇒ Vater.) Nur der Vater selbst wird bestraft, nicht auch der unschuldige Sohn, der an des Vaters Schuld nicht theilgenommen hat.
71. Stillt mîn Brôder, hangt dänn Dêf. (Seehausen.) – Firmenich, III, 122, 15.
Im Harz: Schtiehlt mei Bruder, su hängt der Dieb. (Lohrengel, II, 427.)
Schwed.: Stjäl min broor, så häng en tjuf. (Grubb, 760; Rhodin, 114.)
72. 'T is schlim stälen, wo de Herr sülvst 'n Spitzbov is. (Strelitz.) – Firmenich, III, 74, 141.
Die Russen: Wer stehlen will, der gehe nicht zu den Dieben. (Altmann VI, 446.)
73. Thiar ham hei loat tu stelen, skal ham thwing loat tu hinghin. (Nordfries.) – Lappenkorb; Firmenich, III, 3, 13.
Wer sich locken lässt zu stehlen, soll sich zwingen lassen zu hängen.
74. Tranken gestohlen, nüchtern gehangen. – Hollenberg, II, 15; Körte, 6077; Gaal, 1457; Ramann, Unterr., I, 40; Braun, I, 4608.
75. Um das Stehlen ist es ein besonder Ding, es kostet oft mehr als es einbringt.
76. Vom Stehlen bis zum Wiedergeben gewinnt man dreissig Procent.
77. Wä sich däs Ställens getrühs, moss sich og däs Hengens1 getrüste. (Düren.) – Firmenich, I, 483, 36.
1) In Bedburg: der Schande.
78. Was gestohlen wird mit Löffeln, geht verloren mit Scheffeln.
79. Wei besôpen1 stiehlt, de mott nöchtern2 hangen. (Waldeck.) – Curtze, 351, 461; für Driburg: Firmenich, I, 363, 34.
In der Altmark:
1) besaopenerwîs,
2) nüchternwîs.
(Danneil, 275.)
80. Welche heimlich vnd geschicklich stelen, die nent man Herren, welche es offentlich thun, das seind Dieb. – Lehmann, 119, 3.
81. Wer da stielet, wird gehangen. – Lehmann, II, 839, 238.
Galt sonst. Die Russen halten den, der sich bestehlen lässt, noch für strafbarer; sie sagen: Wer stiehlt, sündigt einmal, wer sich bestehlen lässt, zehnmal. (Cahier, 2024.)
82. Wer das Stehlen gewohnt ist in der Jugend, der wird's nicht lassen bis ins Grab. – Parömiakon, 489.
83. Wer einmal stiehlt, heisst immer ein Dieb. – Petri, II, 704; Henisch, 695, 35; Lehmann, II, 840, 275 u. 872, 175; Blum, 377; Eisenhart, 603; Pistor., X, 36; Eiselein, 117; Gaal, 1456; Hillebrand, 213, 303; Simrock, 9847; Sailer, 253; Steiger, 93; Graf, 363, 428; Lohrengel, I, 805; für Seehausen: Firmenich, III, 122, 14.
Wer einmal gestohlen, hat sich allerdings um seinen guten Ruf gebracht und sich bei vorkommenden Diebstählen des Verdachts der Theilnahme ausgesetzt; aber der Schluss, dass der, welcher einmal gestohlen, auch diesmal den Diebstahl begangen haben müsse, ist von keinem Gesichtspunkt aus zulässig. In Pommern: De ênmal stalen hett, môt ümmer Dêf héten. (Dähnert, 460a.) Bei Tunnicius (940): Stel eins unde blyf alle dyne dage ein deif. (Si furere semel, timidus fur semper haberis.)
[800] Dän.: Hvo engang stiel maa altid tjuf heta. (Prov. dan., 531.)
It.: Chi rubba per altri, è impiccato per se. (Pazzaglia, 319, 1.)
Lat.: Lignum tortum nunquam fit rectum. (Germberg, X, 184; Binder II, 1665.) – Qui semel furatur, semper fur habetur. (Gaal, 1456.)
Schwed.: Den engång stiäl, får altid tjuf. (Grubb, 127.)
Ung.: A' ki egyszer lop, mindenkor tolvajnak tartyák azt. (Gaal, 1456.)
84. Wer einmal stielt, der muss sein lebtag ein dieb bleiben. – Tappius, 198b; Gruter, III, 106; Henisch, 846, 3; Graf, 363, 428; für Waldeck: Curtze, 351, 464.
»Also geht's zu, wer einmal stilt, ewig eines Diebes nam behilt.«
Holl.: Stelet eens ende blijft ewelic een dief. (Tunn., 23, 8.)
Lat.: Qui semel est furans furis nomen sibi durans. (Fallersleben, 616; Sutor, 339.) – Qui semel scurra nunquam paterfamilias. (Erasm., 471; Henisch, 695, 36; Tappius, 198b; Philippi, II, 137.)
Span.: Quien una vez hurta, fiel nunca. (Bohn I, 253.)
85. Wer für andere stiehlt, wird für sich (sie) gehangen (gestäupt). – Winckler, VII, 65.
Die Russen: Wer für andere stiehlt, erhält für sich die Knutenstreiche. (Altmann VI, 444.)
Dän.: Den som lader sig lokke til at stiele, bliver nøed til at hænge. (Prov. dan., 389.)
It.: Chi ruba per altri, é impiccato per se. (Cahier, 3085.)
86. Wer gêrn stêlen mag un will nig hangen, de ga na Pinnebarg un lat sick fangen. (Holst.) – Schütze, III, 211; hochdeutsch bei Hesekiel, 24; Deutsche Romanzeitung, III, 44, 631.
87. Wer gern stiehlt, der leugt auch gern; wer gern leugt, der stiehlt auch gern. – Zinkgref, IV, 352.
88. Wer gestohlen hat, dem singt jede Nachtigall ein Galgenlied.
89. Wer gestohlen hat, sieht (sucht) hinter jeder Thür einen Dieb.
90. Wer jung gern stiehlet, der gehet im Alter betteln. – Gerlach, Luther's Werke, XXIII, 106.
91. Wer kühnlich stilt, der denckt an kein Hengen. – Petri, II, 697.
92. Wer nicht gestohlen hat, für den ist Dieb kein Schimpfwort. – Altmann VI, 417.
93. Wer selbst stiehlt, hält jeden für einen Dieb.
Aehnlich russisch Altmann VI, 488.
94. Wer sich das Stehlen gefallen lässt, muss sich auch das Hängen gefallen lassen.
Holl.: Die hem stelens troost, troost hem der galghen. (Tunn., 9, 15.)
Lat.: Audax furando pendi timet haud aliquando. (Fallersleben, 222.) – Quisquis furtum permittit sibi, idem et de corvis in cruce pascendis se soletur oportet. (Seybold, 500.)
Schwed.: Den som lockas til stjäla, han trugas til hängia. (Grubb, 130.)
95. Wer sich des Stehlens getröstet, getröstet sich auch des Galgens. – Hillebrand, 211; Körte, 5712; Simrock, 9844; Graf, 364, 448; Petri, II, 763; Henisch, 1338, 12; Schottel, 1130a; Braun, I, 4260.
Bei Tunnicius (318): De sik stelens trôstet, de trostet sik ok der galgen. (Non metuit perimi cui res sustollere gratum.)
96. Wer sich gelüsten lässt zum Stehlen, der muss sich zwingen lassen zum Hängen.
Auf Sylt: Dear höm hei let tö stjälen, de mot höm twing let lö hingin. (Hansen, 8.)
97. Wer sich zum stelen hat gericht, dächt er an galgen, er thet es nicht.
98. Wer stehlen will, dem schmiedet der Teufel leicht einen Dietrich.
99. Wer stehlen will, muss zur Biene in die Schule gehen. – Sprichwörtergarten, 138.
Sie saugt wol den Honigsaft aus der Blume, lässt aber diese dem Besitzer. So soll der Mensch aus allem, was um ihn ist und geschieht, Wahrheit sammeln und Nutzen ziehen, so gehört ihm die Welt.
100. Wer stehlen will und nicht hangen, gehe nach Bremen und lasse sich fangen. (S. ⇒ Osten 3.) – Simrock, 1285; Körte, 722.
101. Wer stelen nicht, so wer kein Gericht. – Eyering, III, 540.
[801] 102. Wer stiehlt, denkt immer, es zupft ihn einer.
Mhd.: Wer stilt, der sorgt, man erfars. (Fastnachtsspiel.) (Zingerle, 142.)
103. Wer stiehlt, der trügt; wer trügt, der lügt; das ist ein Sprichwort, das nicht lügt. – Frischbier2, 3607.
104. Wer stiehlt, entläuft dem Seiler nicht.
105. Wer stiehlt im kleinen, den rädert man; wer stiehlt im grossen, der rädert sich selbst.
Er macht Vergnügungsfahrten mit eigenem Gespann.
Dän.: De som skikkeligen stiele, kaldes herrer, de andre tyve. (Prov. dan., 506.)
106. Wer stiehlt in Eil', dreht sich geschwind ein Seil.
107. Wer stiehlt, kommt in den Korb. (Heilbronn.) – Birlinger, 311.
Von der alten Gissibelstrasse her noch jetzt üblich.
108. Wer stiehlt, wenn er trunken ist, wird gehängt, wenn er nüchtern ist. – Eisenhart, 455; Pistor., I, 89; Graf, 391, 587.
Unmässige Trunkenheit befreit nicht von der ordentlichen Strafe, ausgenommen, die Trunkenheit kann jemand nicht angerechnet werden, weil er von andern durch ungewöhnlich starke Getränke oder andere berauschende Dinge seiner Vernunft beraubt worden ist.
Engl.: He that kills a man when he is drunk, must be kill'd when he is sober. (Gaal, 1457.)
Ung.: Ki részegen lop, akadgyon fel józanon. (Gaal, 1457.)
109. Wer stilt vnd raubt, der führt die braut; was gewinnt er aber für ein end. – Henisch, 487, 62.
110. Wer trunken gestohlen, wird nüchtern gehängt.
Schwed.: Drucken stjäl, nöchter hånger. (Grubb, 158.)
111. Wer viel stielt vnd ein wenig schenckt, der kreucht durch, wenn die Gesetze gleich noch so eng gestrickt sind. – Petri, II, 773; Mathesius, Postilla, CCXVIIb.
112. Wer weiss zu stehlen, weiss auch zu verhehlen.
Das Gestohlene zu verbergen.
113. Wer zum Stehlen geboren, der ist auch zum Galgen (Hängen) geboren. – Eiselein, 203.
Dän.: Er du fød til at stiele, saa er du fød til at henge. (Prov. dan., 189.)
114. Wer zum Stehlen ist geboren, ist zum Hängen auserkoren. – Hillebrand, 211; Körte, 5711; Simrock, 9845; Braun, I, 4261.
Dän.: Hvis nativitet er til at stiele, er og saa til at henge. (Prov. dan., 426.)
115. Wer zum Stehlen räth, ist mit verleumdet das erste mal. – Graf, 305, 142.
Von der Theilnahme an strafbaren Handlungen. (S. ⇒ Mitgehen und ⇒ Räther.)
Mhd.: Wer zum stelen räth ist mit verläumbd des ersten mals. (Meichsner, 268.)
116. Will eine stehle und nid hange, de lass sich in Schaffhûse fange. – Sutermeister, 48; Eiselein, 543; Simrock, 8832.
Von Krakau sagt ein polnisches Sprichwort das Gegentheil, wer plündern und rauben will, soll diese Stadt meiden: Kradniéj, rozbłjaj: ale krakow mijaj. (Lipiński, 102.)
Engl.: A London jury hang half and save half. (Bohn II, 212.)
117. Wo alle stehlen, ist es schwer, einen Dieb zu fangen (hängen).
Böhm.: Kde hříšnikův mnoho, kárat' koho. (Čelakovsky, 25.)
Poln.: Gdzie grzeszących wiele, trudno karać śmiele. (Čelakovsky, 25.)
118. Würd' Stehlen nimmer gelten, so gäb's in allen Welten, vom Nil bis an den Bodensee noch Müller oder Mühle meh.
*119. A stiehlt wie a Nacht-Robe. – Robinson, 204; Gomolcke, 205.
*120. Aerger stehlen als ein Böhme. – Simplic. (Nürnberg 1684), I, 606.
*121. Chaust mer g'stole werde. – Sutermeister, 22.
*122. Das kann mir gestohlen werden. – Horn, Spinnstube, 1848, S. 59.
Ich lege keinen Werth darauf.
*123. Doss de mer nicht geschtolen wirscht. (Schles.) – Frommann, III, 413, 514.
*124. Er hat mehr gestohlen als erschwitzt.
Dän.: Hand har staalet meere end offret i sin dage. (Prov. dan., 528.)
*125. Er hat's nicht gestohlen, sondern von seinem Vater geerbt. – Eiselein, 233.
[802] *126. Er kann mir gestohlen werden. (S. ⇒ Schenken 54.) – Frischbier2, 3608; Masson, 309.
Ausdruck der Unzufriedenheit mit jemand; womit man zufrieden ist, das will man sich nicht stehlen lassen.
*127. Er stiehlt alles ausser Mühlsteinen und glühend Eisen.
*128. Er stiehlt dem lieben Gott den Tag ab. – Mayer, II, 55; Masson, 81.
*129. Er stiehlt einem das Weisse aus den Augen.
*130. Er stiehlt wie ein Rabe. – Mathesy, 251b; Oec. rur., 624; Eiselein, 517; Mayer, I, 80; Braun, I, 4263.
In Ostfriesland: Hestellt as 'n Rave. (Kern, 820.) »Der Rabe wird hier als Meister im Stehlen hingestellt; wer aber, sagt ein Reisender, Diebeskühnheit kennen lernen will, der muss sich in Vandiemensland bestehlen lassen. Wenn er dazu nicht Lust hat und sein Eigenthum hütet wie ein Argus, so drängt sich ihm dennoch eine Erfahrung auf, bei der alle europäischen Diebe zu Pfuschern werden; und er wird endlich gestehen müssen, dass gegen Vandiemensländer die Raben, die sprichwörtlichen Diebesvögel, so weiss werden, wie die personificirte Unschuld. Wer etwas zu sichern gedenkt, der bringt es ins Hotel Reachy. So heisst nämlich spottweise das Gefängniss, das einzige fest und stark bewachte Gebäude.« (Gubitz, Gesellschafter, 1831, S. 751.)
Dän.: Hand stiel som en ravn. (Prov. dan., 531.)
Frz.: Il est larron (être voleur) comme une pie (chouette). (Lendroy, 435 u. 579.)
Holl.: Hij steelt als eene raven. (Harrebomée, II, 208a.)
*131. Er stiehlt wie ein rother1 Hund. (Stockerau.)
1) Roth deutet in dem Sprichwort eine Steigerung des Begriffs nach der schlimmern Seite von: rothes Haar, rother Heller u.s.w. an.
*132. Hä stîeld as 'ne Râwe, me maut éäm de Hänne waren1. (Iserlohn.) – Frommann, V, 163, 154; für Holstein: Eichwald, 1574.
1) Hüten, auf sie aufpassen.
*133. Hab ichs doch nicht gestohlen. – Eyering, III, 1, 5 u. 60.
Frz.: Il faudroit qu'on l'eût derobée. (Kritzinger, 222a.)
*134. He stillt as en Rôk1 (auch: as en Rave). (Holst.) – Schütze, III, 305.
1) Nach Schütze eine Art Krähen, die diebischer als andere sein sollen, wahrscheinlich ist aber damit der Rabe gemeint. Das englische rook bezeichnet aber auch einen listigen und verschlagenen Menschen, einen Dieb und Schelm.
Engl.: What has the jack-daw to do with the rooks?
*135. Meint ihr, ich hab's gestohlen? – Eiselein, 233.
*136. Mit dem wär' nicht gut stehlen.
Lat.: Totum detegit stomachum. (Seybold, 605.)
*137. Sich davon stehlen. – Eiselein, 577.
*138. Sie haben's nicht gestohlen, sie haben's von ihren Vorfahren geerbt. – Klosterspiegel, 29, 15.
*139. Stehlen wie ein Nachtrabe (oder: wie eine Dohle).
Im Harz: Schtahlen wie 'ne Roab. (Lohrengel, II, 426.)
*140. Stehlen wie ein Ratz (Rattmaus). – Schöpf, 538; Gotthelf, Erzählungen, III, 81.
*141. Te kast mer geschtîle wärden. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 1110.
In Ulm: Du kannst mer g'stohle komme. In dem Sinne von: Kannst mer hinte num gau, de Bass gei, auf Kirbe komm, den Buckel 'nauf stige. (S. ⇒ Ellenbogen 6.)
*142. Wer den heute stiehlt, der bringt ihn morgen wieder. (S. ⇒ Schenken 54.) – Masson, 309.
Holl.: Die mij van daag steelt, zal mij morgen wel weder terug brengen. (Harrebomée, I, 113b.)
*143. Wer die bei Abend stiehlt, bringt sie bei Tage wieder.
144. G'stohlen is bald 'was. (Wien.)
Ein Fehler ist schnell geschehen.
145. Stil und nimb andern leuten, vnd gib ein wenig wider vmb Gottes willen. – Mathesius Postilla, III, CCXVIIa.
*146. Stehlen wie ein Zigeuner. – Neue Freie Presse, 4592.
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