Aufnehmen [2]

[935] Aufnehmen (Meßk.), einen Naturgegenstand durch perspectivische Durchschnitts- od. bes. Grundrißzeichnung darstellen. Man denkt sich in letzterem Falle das Auge lothrecht über jedem einzelnen projectirten Punkt des Risses, in der Vogelperspective, vgl. Planzeichnen. Das A. theilt sich nach den hierzu verwendeten Mitteln in das cameralistische[935] (ökonomische) u. das topographische; letzteres aber wieder in das rein topographische u. in das topographisch-militärische A. Die Aufgabe ist: alle örtliche Gegenstände, welche auf die Wissenschaft, für welche der Riß bestimmt ist, Bezug haben, auf selbigem herauszuheben u., soweit es der Maßstab gestattet, in seinen einzelnen Theilen darzustellen, Gegenstände außerhalb dieses Bereichs aber nur im Allgemeinen anzudeuten. Das A. geschieht entweder mit Stäben (Baculometrie), od. mit Winkelmaßinstrumenten (Astrolabien, Boussolen u. dgl.); od. mit dem Scheibeninstrument, wo die Schenkel der Winkel, welche die verschiedenen Objecte unter einander machen, visirt u. auf den Reinriß abgeschoben werden; oder mit dem Meßtisch, der das treue Bild der Natur als Grundriß gedacht, in verjüngtem Maßstabe auf einer ebenen Fläche wiedergibt; letztere Art ist meistens in den Gebrauch gekommen. A) Das Messen mit Stäben (Baculometrie) ist das mühsamste, u. wird auch nur dann angewendet, wenn für einzelne Entfernungen der höchste Grad von Genauigkeit durch unmittelbare Messung erlangt werden soll od. auch das unsicherste Verfahren, wenn nur einigermaßen die Vorsicht dabei außer Acht gelassen wird. Zu den genauesten Messungen bedient man sich der Meßstäbe aus Metall, minder sein, aber immerhin noch sehr genau sind die Meßstäbe aus trockenem Tannenholz (Meßlatten). Zu den gewöhnlichen Längenmessungen bei kleineren Aufnahmen verwendet man die Meßstäb e. Das Auflegen der Meßstäbe zum Zwecke der mechanischen Ermittelung einer geraden Linie erfordert immer sehr viel Zeit u. Umstände u. steht bei alledem mit den mäßigen Anforderungen des praktischen Bedürfnisses nicht im Einklange; man bedient sich daher hier, wo die Genauigkeit der Längenmessung zwischen 1 auf 500 u. 1 auf 1000 schwanken darf, der in ihrer Anwendung sehr einfachen u. bequemen Meßkette, die im Grunde nichts anderes als ein längerer zusammenlegbarer Maßstab ist. Die Meßkette ist für den Geometer aus Eisen- oder Stahldraht gefertigt, für Grubenmessungen jedoch sind sie von Messingdraht, um allen Einfluß auf die Boussole zu vermeiden. In gewissen Fällen werden auch Meßschnüre verwendet. Der Gebrauch der Meßkette bei ökonomischen Vermessungen hat namentlich in ebenem Terrain den Meßtisch gegenwärtig sehr verdrängt, indem man die Parallelmessung anwendet. Sie besteht darin, daß man über die ganze aufzunehmende Gegend Parallellinien in gleicher Entfernung von einander absteckt u. diese wiederum winkelrecht durch andere durchkreuzt. Die Hauptpunkte eines solchen Parallelnetzes, namentlich den Umfang desselben, nimmt man zu größerer Sicherheit mit einem Winkelinstrument oder auch mit dem Meßtische auf u. arbeitet dann in das so gebildete Quarré-Netz die in der Natur befindlichen für die Aufnahme wichtigen Punkte durch Kettenmessung ein. Es hat diese Art aufzunehmen bes. den Vortheil, daß man die Berechnung aus den natürlichen, gemessenen Maßen herleiten kann. Bei dem Gebrauche B) von Winkelinstrumenten, so wie auch C) des Scheibeninstrumentes wird es nöthig, vor der Aufnahme eine Standlinie zu messen. Es ist diese eine in der Natur wo möglich recht eben gelegene, möglichst lang abgesteckte u. vermittelst der Kette od. Meßlatten sehr genau gemessene Linie. An den Endpunkten oder auch noch an bestimmten Orten innerhalb dieser Standlinie wird das Instrument aufgestellt u. mit ihm die Winkel bestimmt, welche die aufzunehmenden Punkte mit dem Standorte des Instrumentes bilden. Auf trigonometrischem Wege werden dann aus den so ermittelten Winkeln auch noch die Entfernungen dieser Punkte von der Standlinie u. unter einander berechnet, u. werden diese Distanzen wiederum zu der Zeichnung der Aufnahme selbst verwendet. Die auf diese Weise gefertigten Aufnahmen können sich durch besondere Genauigkeit auszeichnen. Bei Anwendung D) des Meßtisches muß ebenfalls eine Standlinie gemessen werden, u. es wird derselbe ebenfalls an den angenommenen Punkten der Standlinie aufgestellt. Es ist jedoch bei der Meßtischaufnahme unnöthig, die Entfernungen der einzelnen Punkte der Aufnahme zu berechnen, um darnach die Zeichnung der Aufnahme anzufertigen, indem sich die Zeichnung von selbst während der Aufnahme schon ergibt. Das Verfahren bei der Meßtischaufnahme ist folgendes: Man stellt den Meßtisch auf, bringt ihn durch die Wasserwage in wagerechte Richtung, bestimmt mittelst der Meßgabel den Punkt auf dem Meßtische, welcher den wirklichen Punkt bezeichnet, gerade über letzterem u. visirt nun mit dem Diopterlineale, das man auf dem Meßtische an den, mit einer seinen stählernen Nadel bezeichneten Punkt, der den gegenwärtigen Standpunkt bedeutet, anlegt, nach dem Endpunkte der gemessenen Standlinie u. zieht neben dem Diopterlineale mit einem harten, scharf u. breit gespitzten Bleistifte von der Nadel ab nach dem anvisirten Punkte hin eine seine Linie auf der Mensel. Auf diese Linie trägt man in der verlangten Verjüngung, z.B. 1/2000 die Entfernung bis zum Endpunkte der Standlinie genau auf u. bestimmt somit die Lage dieses Endpunktes auf dem Meßtische. Darnach zieht man weiter nach allen aufzunehmenden Punkten hin, die vom Standpunkte aus deutlich sichtbar sind, ebenfalls mit Bleistift die Visirlinien von der Nadel ab nach diesen Punkten zu u. schreibt deren Bezeichnung an die betreffende Visirlinie bei. Hierauf begibt man sich mit dem Meßtische an den andern Endpunkt der Standlinie, stellt ihn wieder genau auf u. bringt ihn sorgfältig in eine der früheren parallele Lage (orientirt ihn), indem man das Diopterlineal an die vorhingezogene Standlinie anlegt u. den ganzen Meßtisch so Lange herumdreht, bis man zurück visirend, das auf dem ersten Standpunkte ausgesteckte Signal erblickt u. den Meßtisch dann in dieser Lage festschraubt. Nun visirt man wiederum nach allen sichtbaren aufzunehmenden Punkten u. zieht die Visirlinien. Es werden dabei die das erste Mal gezogenen Visirlinien, wenn derselbe Punkt jetzt wieder anvisirt worden ist, von der jetzigen Visirlinie geschnitten. Es bezeichnet der erhaltene Durchschnittspunkt die Lage des Punktes in der Natur in der angenommenen Verjüngung auf dem Meßtische. Nur solche Schnitte sind sicher, wo die Durchschnitte noch ziemlich rechtwinklich oder doch noch nicht zu spitz- u. stumpfwinklich ausfallen, indem sehr spitze Durchschnitte länger ausfallen u. nur unsicher den wirklichen Durchschnittspunkt angeben. Besser ist es, wenn man jeden aufzunehmenden Punkt von wenigstens drei Aufstellungspunkten aus anvisirt[936] u. durch drei Bleistiftlinien anschneidet, man hat dann wenigstens sicher genug den wirklichen Durchschnittspunkt für das Auge sichtbar gemacht. An den Durchschnittspunkt eines jeden so gefundenen Aufnahmepunktes schreibt man seine Bezeichnung bei. Treffen nicht alle Visirlinien nach einem u. demselben Punkte auch in einem einzigen Durchschnittspunkte zusammen, so ist ein Fehler vorgegangen, man muß von Neuem messen oder bequemer die richtige Lage des streitigen Punktes von anderen sicheren Punkten aus durch Absehen mit dem Diopterlineale suchen. Nach u. nach hat man auf dem Meßtische ein Netz von Dreiecken erhalten, deren Spitzen die gefundenen festen Punkte, deren Seiten aber die Entfernung derselben von einander bilden. Die so eben angegebene Aufnahmemethode ist nur zu Vermessung kleiner Terrainstrecken von einigen Stunden, z.B. eines Schlachtfeldes, oder bei einer ökonomischen Vermessung genügend, aber bei Aufnahmen ganzer Länder unzureichend, indem durch das Übereinanderbauen von Dreiecken auf Dreiecke zuletzt dann doch Fehler entstehen u. ja auch die Krümmung der Erdoberfläche hierbei unbeachtet bleiben müßte. Größere Aufnahmen gründet man daher gewöhnlich auf besondere trigonometrische Vermessungen, wo wichtige Punkte als feste Punkte in Entfernungen von 2–3 Meilen mittelst genauer Instrumente u. eigener trigonometrischer Signale (s. unten) bestimmt, durch astronomische Beobachtungen rectificirt, die Krümmung der Erdoberfläche mit berücksichtigt u. die Resultate dieser Beobachtungen auf das Papier niedergelegt werden. So entsteht das 1. große trigonometrische Netz. Jeder Aufnehmer erhält nun ein od. mehrere von diesen Dreiecken, od. besser, sämmtliche Aufnehmer werden in Sectionen getheilt, deren jeder eine Unterabtheilung des aufzunehmenden Landes übertragen ist; ein vorzüglich geschickter Aufnehmer beaufsichtigt jede Section u. vertheilt die einzelnen Dreiecke unter die Gehülfen. Der einzelne Aufnehmer betrachtet nun die Seiten des erhaltenen Dreiecks als schon vermessene Standlinien u. basirt hierauf ein 2. geometrisches Dreiecknetz, indem er den Meßtisch auf die oben beschriebene Weise gebraucht. Angewendet werden bei diesem 2. Netz, da die Spitzen des einzelnen Dreiecks immer noch weit von einander entfernt sind, die trigonometrischen Signale, 80–100 Fuß hohe spitzige, 4eckige, thurmähnliche Balkengerüste an hohen Punkten, die über Bäume u. dergl. in die Höhe ragen. Nun wird das Detail eingerichtet, u. durch dessen Bearbeitung entsteht ein Dreiecknetz 3. Klasse. Es kommen aber bei diesen Detailaufnahmen besonders folgende Aufgaben vor: a) von einem schon gefundenen Punkte aus nach einer beliebigen Richtung fortzumessen u. das auf dem Wege vorkommende Terrain einzuzeichnen. Auf die schon beschriebene Weise stellt man den Meßtisch auf dem festen Punkte auf, orientirt ihn wie gewöhnlich, visirt dann nach der neuen Richtung hin, zieht nach derselben längs des Diopterlineals eine Linie, steckt diese Linie ab, mißt längs derselben, trägt die gefundenen Entfernungen nach dem verjüngten Maßstab auf u. zeichnet die aufstoßenden Terraingegenstände an dem Wege ein. Durchschneiden Straßen od. Bäche die Linie, die man mißt, u. wünscht man den Winkel, den sie mit dieser machen, genau zu wissen, so stellt man den Meßtisch wieder auf (stationirtsich), trägt die bis jetzt zurückgelegte Weite auf die Linie auf u. bestimmt den Winkel, indem man nach der Richtung von ihm hinvisirt u. längs des Diopterlineals die Visirlinie zieht. Auch kann man von solchen Hauptpunkten aus die Richtigkeit des gefundenen Standpunktes prüfen, indem man nach schon bewährten Objecten hinvisirt. Will man nach einer neuen, von der vorigen abweichenden Richtung hin messen, so stationirt man sich wieder, orientirt den Meßtisch wie gewöhnlich, visirt, nachdem man die bisher gemessene Entfernung aufgetragen, nach der neuen in dieser weiter. Dies Verfahren wiederholt man, so oft es beliebt, die Richtung abzuändern; b) Krumme Linien, Wege, Bäche zeichnet man nach dem Augenmaße in den Plan oder man mißt neben ihnen od. durch sie eine gerade Linie, fällt auf diese von Zeit zu Zeit Perpendicularlinien (Ordinaten), die von der Linie ab bis nach der krummen Linie hinüberreichen, mißt die Länge dieser Ordinaten u. trägt dies Maß mit dem Verjüngungsmaßstabe auf denselben auf u. erhält so in den Endpunkten dieser Perpendicularlinien die Elemente der krummen, in welche man den Rest der Biegungen nach dem Augenmaße leicht einzeichnen kann. Die Stöcke der graden Linie, die jene Perpendikel abschneiden, heißen Abszissen; c) Um Wälder, Dörfer, Städte, Seen u. dgl. mißt man herum, indem man hierbei wie bei a) u. b) verfährt u. nur annimmt, daß man die Richtung, in der man mißt, durch neue Stationen sehr oft u. so lange verändert, bis man ganz um den zu messenden Gegenstand herum ist. Fällt der Endpunkt dieser Linien mit dem Anfangspunkt genau zusammen, so ist die Messung richtig. Sind die Umfassungslinien des Gegenstandes krumm, so verfährt man auf die unter b) beschriebene Weise. d) Das Innere von Städten u. Dörfern zeichnet man auf eine der a) ähnliche Art ein, indem man die Eingänge in dieselben gleich beim Entwerfen des Umrisses genau bemerkt, sich dort stationirt u. von da durch die Straßen, dann weiter mißt, die Richtung der einfallenden Seitenstraßen durch eine neue Stationirung angiebt u. auch die Marktplätze, die die Stadt od. das Dorf durchschneidende Flüsse od. Bäche etc. auf ähnliche Weise auf den Grundriß bringt. Bei Wäldern beachtet man vorzüglich die Wege, Bäche, die sie durchschneiden, u. ihre Richtung u. zeichnet dann das Terrain in ihnen ein. Bei ökonomischen Vermessungen betrachtet man Felder u. dgl. auch als ähnliche geschlossene Figuren u. verfährt beim Messen der Grenzen auf dieselbe Weise, berücksichtigt aber die Grenzsteine vorzüglich genau. Noch ist e) das Rückwärtseinschneiden dem Einzeichnen des Terrains sehr förderlich. Wenn nämlich auf einer beliebigen Stelle des Terrains 2 Punkte, deren Lage man schon auf dem Meßtische hat, sichtbar sind u. so liegen, daß sie mit dem jetzigen Standpunkte so ziemlich ein gleichseitiges Dreieck bilden, so stellt man den Meßtisch vermitmelst der Orientirboussole in eine der früheren Aufstellung entsprechende Lage, legt die Diopter an den einen der sichtbaren Objecte auf dem Meßtische andeutenden Punkt an u. dreht das Lineal so lange um denselben herum, bis das Object durch die Diopter zu Gesicht kommt u. zieht dann die Visirlinie. Auf gleiche Weise verfährt man mit dem andern Objecte, indem man, wenn das Diopter so lange um denselben herumgedreht ist, bis es in die Visirlinie fällt, auch die zweite Linie zieht, welche[937] die erstere in dem Punkte schneidet, wo auf dem Meßtische die Lage des Punktes sich befindet, an dem man eben ist. Kann man noch mehrere bereits fest bestimmte Punkte sehen, so kann man durch Visirlinien nach diesen hin um so deutlicher erkennen, ob der auf dem Meßtische neu bestimmte Punkt auch wirklich richtig angegeben ist. Es hat die Aufgabe durch Rückwärtseinschneiden einen Punkt auf dem Meßtische zu bestimmen, in der Meßkunst einen Grad von Berühmtheit unter dem Namen: die Pothenotsche Aufgabe erlangt, weil sie zuerst von einem französichen Geometer Pothenot gründlich behandelt worden sein soll. Jetzt gibt es verschiedene Lösungen dieser Aufgabe auf geometrisches Verfahren, namentlich von Lambert, Delambre, Burkhardt u. Lehmann. Über den Gebrauch der Campagnemeusel, s. Militärisches Aufnehmen. Vgl. Planzeichnen etc. Literatur: Schneitler, Lehrbuch der gesammten Meßkunst, Lpz. 1854; Bauernfeind, Elemente der Vermessungskunde, Münch. 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 935-938.
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