Logarithmen

[466] Logarithmen (v. gr.). 1) Der Exponent, womit eine absolute, von 1 verschiedene Zahl potenzirt werden muß, damit man eine andere absolute Zahl erhalte, wird der Logarithmus der letzteren in Beziehung auf die erstere als Grundzahl (Basis) genannt. Z.B. wenn 10 die Grundzahl ist, so ist der Logarithmus von 10 1, von 100 2, von 1000 3 etc., weil 101= 10,102 = 100,103 = 1000 etc., od. wenn a x = M, so ist x der Logarithmus von M zur Basis a; x = log. (a) M. Von allen zu einerlei Grundzahl gehörigen L., welche den auf einander folgenden ganzen Zahlen entsprechen, sagt man, sie bilden ein Logarithmisches System. In jedem logarithmischen System gehören zu gleichen Zahlen auch gleiche, zu ungleichen, ungleiche L. Die L. der Zahlen, die größer als 1 sind, werden positiv, die der ächten Brüche negativ. In jedem System ist log 1 = 0, der L. der Grundzahl = 1, log abc = log a + log b + log c; log a/b= log a – log b; log (am) = m log a;

Logarithmen

Hieraus ergibt sich denn, daß, wenn man ein Verzeichniß der L. für ein u. dieselbe Grundzahl aller natürlichen Zahlen von 1 an hat, in welchem sich zu jeder Zahl der zugehörige[466] Logarithmus, u. umgekehrt zu diesem die Zahl, die in Bezug barauf Numerus od. Logarithmandus genannt wird, finden lassen, man durch den Logarithmus eine Multiplication in Addition, eine Division in Subtraction, eine Potenzirung in Multiplication u. das Wurzelausziehen in Division verwandeln, mithin diese Rechnungen ungemein erleichtern kann. Solche Verzeichnisse gibt es aber unter dem Namen der Logarithmischen Tafeln; ihre Literatur f. Mathematische Tafeln. Unter den vielen logarithmischen Systemen hat das die wesentlichen Vorzüge für den Gebrauch beim Rechnen, dessen Grundzahl = 10 ist, u. das gemeine od. Brigg'sche genannt wird. Dieses System wurde von Henry Briggs, Professor der Mathematik in Oxford, für die Zahlen von 1–20,000 u. Von 90,000–100,000 bis zur 14. Decimalstelle berechnet. Die große Lücke füllte Adrian Vlacq, ein Holländer, in dem seltenen Werke Arithmetica logarithmica, Gouda 1628, aus, wo alle L. von 1–100.000 bis zur 10. Decimalstelle berechnet sind. Neben diesem gemeinen Logarithmensystem gibt es namentlich noch das natürliche od. hyperbolische, von seinem Berechner auch das Neper'sche genannt; in ihm ist ein unendlicher Decimalbruch 2,718281828459, welche Zahl in ber Analysis immer e geschrieben wird, die Vasts u. sie heißen die natürlichen, weil ihre Berechnung leichter ist, als die jedes anderen Logarithmensystems. Man findet nämlich zunächst, daß der Ausdruck (1 + 1/w) w, wenn in ihm w über alle Grenzen hinaus wächst, sich dem Werthe e nähert, u. daß der Ausdruck (aδ – 1)/δ wenn in ihm δ bis Null abnimmt, gleich log(e) a wird. Setzt man nun in letzterem a = 1 + x, u. wendet auf (1 + x)δ den binomischen Lehrsatz an, so findet man log(e) a = 1/1 x – 1/2 x2 + 1/3 x31/4 x4 + ...., welche Reihe jedoch nur anwendbar ist, so lange x nicht größer als + 1 u. nicht kleiner als – 1 ist. Aus ihr lassen sich aber andere Reihen von allgemeinerer Anwendbarkeit ableiten, z.B. log(e) z = 2

Logarithmen

für jedes Positive z. Ferner log (e) z = 2

Logarithmen
Logarithmen

Hat man nun mit Hülfe dieser Reihen die natürlichen L. berechnet, so kann man auch die zu jeder anderen Basis b berechnen, indem man jeden L. des natürlichen Systems mit 1/(log(e)b) multiplicirt. Dieser Factor heißt der Modulus des betreffenden Systems. Der Modulus des genannten Logarithmensystems ist 0,43429448; umgekehrt kann man aus den gemeinen L. die natürlichen berechnen, indem man sie mit dem Modnlus dividirt od., was dasselbe ist, mit 2,302585509 multiplicirt. Da in der Mathematik nur die beiden genannten Logarithmensysteme angewendet werden, so hat man kürzere Bezeichnung für sie eingeführt, indem man statt log(e) nur l u. statt log(10) nur log, bisweilen log. vulg. schreibt. Die gemeinen L. werden in Decimalbrüchen angegeben, in welchen man zwei Theile unterscheidet. Die vor dem Striche (,) od. Punkte (.) stehende Ziffer heißt nämlich die Charakteristik (Kennziffer, Index), die dahinter stehenden die Mantisse. Die Charakteristik ist bei dem Logarithmus einer einzifferigen Zahl = 0; bei mehrzifferigen Zahlen ist sie um eins kleiner, als die Anzahl der ganzen Stellen. Für Nummern, welche kleiner als 1 sind u. als echte Decimalbrüche gedacht werden, ist die Charakteristik negativ, u. zwar enthält sie eine negative Einheit mehr, als der Bruch Nullen zwischen dem Komma u. der ersten geltenden Decimalzahl hat. Die Mantisse ist für alle Nummern, die mit denselben Ziffern in derselben Reihenfolge geschrieben werden u. sich nur durch die Stellung des Komma von einander unterscheiden, dieselbe. Die logistischen L. sind zur Rechnung mit 60theiligen Brüchen bes. eingerichtet. Sie sind der Überschuß des Logarithmus von 3600 Secunden (3,55630) über den Logarithmus der gegebenen Zahl von Secunden. Der Gebrauch ist, den Proportionaltheil zwischen zwei Zahlen, welche aus astronomischen Tafeln unmittelbar gegeben werden, leicht zu finden; sie ersparen die Reduction auf Secunden (der Stunden auf Minuten) u. die Addition od. Subtraction eines beständigen Logarithmus. Keppler hat sie eingeführt.

Schon Archimedes verband eine arithmetische Reihe mit einer geometrischen; auch in neuerer Zeit Stiefel, indem er zugleich die Analogie zwischen Producten, Quotienten, Potenzen u. Wurzeln mit Summen, Unterschieden, Vielfachen u. Theilern zeigte. Doch waren Neper u. I. Burg die Ersten, welche, ohne etwas von einander zu wissen, jener in Schottland, dieser in Deutschland, logarithmische Tafeln berechneten. Beider L. sind aber annähernd die natürlichen, u. überhaupt hat man in ihnen nicht sowohl L. von Zahlen, als L. von Verhältnissen. Durch Newton, Leibnitz, Halley, Euler, l'Huillier u. And., indem man bes., statt der Methode der Interpolation der früheren Mathematiker, den binomischen Lehrsatz u. die Differentialrechnung auf sie in Anwendung brachte, wurde die Rechnung nach L., wie wir solche jetzt besitzen, zu ihrer Vollkommenheit gebracht. Als man in der Revolutionszeit in Frankreich bei allen Maßen die Decimaleintheilung einführte, wurden auch neue Tafeln der trigonometrischen Linien u. ihrer L. nöthig. Der Director des Bureau du catastre in Paris, Prony, erhielt den Auftrag, Tafeln berechnen zu lassen, welche nicht nur äußerst genau wären, sondern auch an Umfang alle früher entworfenen überträfen. Das kolossale Werk (für welches Mathematiker des ersten Ranges die Formeln u. die Methode lieferten, wie die Differenzen bei der Rechnung gebraucht werden sollten), ist auch allsgeführt, aber nicht durch den Druck bekannt geworden, indem dieser durch den Fall des französischen Papiergeldes unterbrochen wurde. Die Tafeln würden 12.000 Folioseiten eingenommen haben. Vgl. Notice sur les grandes tables logarithmiques et trigonométriques, calculées au Bureau du catastre à Paris an IX. Von Gauß hat man Tafeln, vermittelst welcher man aus den gegebenen L. zweier Zahlen den Logarithmus ihrer Summe u. ihres Unterschiedes finden kann; in v. Prasses Logarithmisch-trigonometrischen Tafeln, revidirt u. vermehrt von Mollweide, Lpz. 1825, u. in Westphals Logarithmischen Tafeln, ebd 1821, sind jene enthalten; außerdem: die L. von Vega (die größern u. kleinern), Schulz, Lalande, [467] Köhler, Rühlmann, Ursinus, Taylor, Gardiner, Thortrede, Callet, Jahn u. A., welche theils zehn-, theils sieben-, theils sechs-, theils fünfstellig sind. Ferner gibt es L. für besondere Zwecke, wie z.B. die L. der vielfachen Sinus u. Cosinus von Weißbach, die Dünthorne'schen L. für Monddistanzen, L. für astronomische Refraction, von Weidenbachs L. zur Bestimmung der L. von x + 1/x – 1, wenn nicht x selbst, sondern nur der Logarithmus von x gegeben ist.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 466-468.
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