[263] Militärgrenze, seit 1849 Kronland des Kaiserthums Österreich, welches sich als meist schmaler Landesstrich vom Adriatischen Meere an nach Osten bis Siebenbürgen u. die Walachei hinzieht u. im Norden an Kroatien, Slawonien, die Woiwodschaft Serbien u. Temesvar u. im Süden an Serbien, Bosnien u. Dalmatien grenzt; umfaßt 609,52 geographische QM. Das Land ist im Westen durch die Julischen Alpen, welche sich aus Kroatien herüber bis zu dem Felsen Klek od. den Ogulinerkopf bei Zengg (6500 Fuß hoch) erstrecken, gebirgig; zu den Julischen Alpen gehört auch das Große u. Kleine Kapellagebirge. Die Dinarischen Alpen beginnen am Klek, ziehen sich unter dem Namen Vellebit od. Morlakisches Gebirge längs der Grenze bis zu dem 5400 Fuß hohen Heiligenberg hin u. gehen dann in die Türkei. In der Mitte ist das Land meist eben, im Osten wieder durch Zweige der Karpaten (Alpe Gugu, 7200 Fuß hoch, der Szemenik, 4570 F., der Szarko, 6930 Fuß, der Mick, 5730 Fuß) gebirgig. Herrliche Thäler sind das berühmte Almaserthal in der Banater-, das Zermagna-, Korbawa- u. Kaveniczathal in der kroatischen Grenze. Gewässer sind: das Adriatische Meer im Westen, in welches der Morlakenkanal geht; die Donau mit ihren Nebenflüssen Drau, Save (mit Kulpa u. Unna), Theiß, Bega, Temes, Nera u. Cserna. Zu den bedeutendsten Seen gehören die acht Plitviezer Seen u. der Gaczkaser bei Ottochacz. An den Ufern der Drau, Save, Donau u. Theiß gibt es ausgedehnte Sümpfe u. Moräste. Das Klima ist in den Ebenen mild, im Gebirge rauh, in den Sumpfgegenden ungesund, u. es herrschen da oft Fieber u.a. Krankheiten. Der Boden ist in der Banater Grenze außerordentlich fruchtbar, fast ebenso in der Slawonischen. Producte: Hornvieh, Pferde, Schafe, Ziegen, Schweine, Geflügel (bes. Truthühner), Wild, Fische, Bienen; Getreide (bes. Mais), Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Kohl, Rüben, Kürbisse, Melonen, Futterkräuter, Obst (bes. Zwetschen, aus denen Branntwein, Slivovicza genannt, gebrannt wird), Wein (berühmt ist das Weingebirge Fruska Gora in der Slawonischen Grenze, unter den Weinen die Carlovitzer Rothweine, Schillerwein, Tropfwermuth u.a.), Flachs, Hanf, Taback, Farbekräuter, wildwachsende Gewürze, Arzneipflanzen, Schilf u. Rohr (als Brennmaterial verbraucht), große Waldungen; etwas Gold, Silber, Kupfer, Blei, Eisen, viele Erden u. Steine. Unter den Mineralquellen sind die berühmten Schwefelbäder zu Mehadia, das Schwefelbad zu Topuszko u.a. Die gewerbliche Industrie u. der Handel sind ohne Bedeutung; es gibt mehrere Seidenspinnereien, Papiermühlen, Glashütten, Eisen- u. Kupferhämmer, Schiffbau zu Jaszenovacz, es werden leinene u. baumwollene Waaren, wollene Teppiche, Strümpfe, Lederarbeiten, Holzwaaren, irdene Pfeifenköpfe etc. verfertigt. Bedeutend ist der Durchgangshandel aus Österreich nach der Türkei u. umgekehrt, dessen Hauptpunkt Semlin ist. Verkehrsmittel sind die meist gut gebauten Straßen (z.B. die zwei Straßenzüge von Babakei längs der Donau bis Orsova u. von da über Mehadia durch die Engpässe von Teregova u. Szlatina nach Karansebes), außerdem die schiffbaren Flüsse Donau, Save, Drau, Unna, Kulpa, Theiß u. Temes; auch berührt die von Temesvar kommende Eisenbahn das Land u. geht über Weißkirchen; Seehäfen sind zu Zengg u. Carlopago. Die Einwohner, 1,010,000, sind größtentheils [263] Slawen, namentlich Kroaten, Slowenen u. Serben, dann Walachen, Deutsche u. Clementiner, wohnen in 12 Städten, 9 Marktflecken u. 1760 Dörfern u. sind ihrer Religion nach meist nichtunirte Griechen (551,600), welche unter dem Patriarchen von Carlovitz stehen, nächst ihnen römische Katholiken 435,000, Protestanten gegen 170,000 etc. Für die geistige Ausbildung bestehen 3 Gymnasien, 7 mathematische Schulen, 1200 Volksschulen u. 158 Militärbildungsanstalten. Nach Aufhebung des von 1807 bis 1850 bestandenen Gesetzes, wonach Grund u. Boden Staatseigenthum, aber zu erblichem Nießbrauch unter Freiheit von allen Abgaben an Bauernfamilien gegen die Verpflichtung zum Kriegsdienste verliehen war, sind alle liegende Güter der Grenzbewohner vollständiges Eigenthum der Grenzcommunionen u. der Besitz der Stammhäuser theils Stammgut, welches nebst den Wohn- u. Wirthschaftsgebäuden die Grenzansässigkeit bildet u. gewöhnlich unveräußerlich ist, theils sogenanntes Überland, welches die übrigen Besitzungen der Grenzhäuser umfaßt u. veräußert werden kann. In einem Grenzhause wohnen gemeiniglich mehre verwandte, unter einem Hausvater (in der Regel dem ältesten, fähigen u. dienstfreien Manne des Hauses) u. einer Hausmutter stehende Familien (1853 waren 112,739 Familien), welche das zum Grenzhause gehörige Eigenthum gemeinschaftlich besitzen u. bearbeiten. Die Grenzer, welche sich von ihrem Hause trennen od. in ein anderes übergehen, verlieren das Recht auf das unbewegliche Hausvermögen. Jeder männnliche, waffenfähige Grenzbewohner ist vom 20. Jahre an wehrpflichtig u. muß als solcher nicht nur die in dem ununterbrochenen Grenzcordon gegen die Türkei beschützte Landesgrenze gegen äußere Angriffe vertheidigen, das Eindringen der Pest abhalten u. die innere Sicherheit aufrecht erhalten, sondern auch außer Landes zum Dienst ins Feld rücken. Waffen, Kleidung u. Munition liefert der Staat. Militärvergehen u. Verbrechen werden nach den Gesetzen des k. k. Heeres geahnt, in den übrigen Fällen gelten die allgemeinen Gesetze. Die Militärgrenzcommunitäten sind Städte u. Marktflecken mit eigner Gemeindeverfassung. Die Bestimmungen über die innere Einrichtung u. Geschäftsordnung der Gerichtsbehörden in den Kronländern vom 3. Mai 1853 erleiden allein für die M. keine Anwendung.
Die M. ist durch König Sigismund von Ungarn entstanden, welcher das Zeugger Capitanat errichtete; König Ludwig II. von Ungarn überließ im 16. Jahrh., seinem Schwager, dem Erzherzog Ferdinand von Österreich, mehre feste Plätze in Kroatien zur Vertheidigung gegen die Türken, u. Ferdinand I. nahm damals vor den Türken geflüchtete Serben, Kroaten u. Romanen in die Grenzen von Kroatien auf unter der Bedingung, daß sie sich bei Freiheit von Abgaben zu beständigem Kriegsdienste verpflichteten. 1580 wurden mehrere Morlakenfamilien aufgenommen, u. 1597 von Kaiser Ferdinand II zahlreichen Flüchtlingen aus der Kleinen Walachei in 70 verlassenen Schlössern Unterkommen gegeben, u. so entstand die Ausbildung der Kroatischen Grenze. Nachdem hierauf Rudolf II. den neuen Ansiedlern Religions- u. Abgabensreiheiheit privilegirt u. ihnen die Bebauung ihrer Ländereien u. die Vertheidigung der Grenzen gegen die Türken als Pflicht auferlegt hatte, schlossen sich zu verschiedenen Zeiten neue Ankömmlinge an, u. nach dem Frieden von Carlovitz (1699) wurden die Grenzen des Karlstädter, Warasdiner u. Banatgeneralats gebildet, von welchen das erstere 1711 durch das 1689 eroberte Land Likka, Korbawia u. Zwonigrad vergrößert wurde. Leopold I. gab auch den längs der Save, Theiß u. Maros gelegenen Ländereien eine der Kroatischen Grenze gleiche militärische Verfassung u. bildete 1702 die Slawonische Grenze, welche 1747 einen beträchtlichen Theil an Ungarn verlor, dafür aber dnrch Ausbildung des Grenzwesens im Banat 1774 seine jetzige Ansdehnung gewann. Maria Theresia errichtete die Siebenbürgsche Grenze, u. zwar 1764 die Szeklergrenze u. 1766 die Walachische. 1807 erhielt die Grenze ihr bis 1850 gültiges Grundgesetz u. wurde in vier Generalate eingetheilt: das Kroatische, das Slawonische, das Banater od. Ungarische u. das Siebenbürgsche. In den Wirren 1848 wurde die M. anfangs dem ungarischen Ministerium untergeordnet, kämpfte dann aber gegen die ungarische Insurrection u. wurde zum Lohn dafür 1849 zu einem eignen Kromande erklärt u. erhielt 1850 ihr neues Grundgesetz mit wichtigen Vortheilen. 1851 wurde die Siebenbürgische M. aufgehoben u. der Civilverwaltung untergeben, die M. aber in drei Hauptabtheilungen eingetheilt: die Kroatische, die Slawonisch-Serbische u. die Banatische Grenze. Neuerdings werden nur zwei Landesmilitärcommandos in der M. unterschieden: a) das Kroatisch-Slawonische in 10 Regimentsbezirken (Likkaner, Ottochaner, Oguliner, Szluiner, erstes u. zweites Banalregiment, Kreutzer, St. Georgenregiment, Gradiskaner u. Brooderregiment), umfaßt 354,4 QM. mit 671,000 Ew. u. hat den Sitz der Landesmilitärcommandanten in Agram, u. b) das Banatifch-Serbische, welches den Peterwardeiner Regimentsbezirk, den Tschaikistendistrict, den Deutsch-Banater, den Illyrisch-Banater u. den Romanisch-Banater Regimentsbezirk umfaßt u. 255,1 QM. mit 339,000 Ew. enthält; der Sitz des Landesmilitärcommandanten ist in Temesvar. Die oberste Leitung der Administration der M. hat das Armeeobercommando in Wien. Vgl.: Hitzinger, Statistik der M., Wien 1823; Benigni von Mildenberg, Statistik der Siebenbürgischen M., Hermannstadt 1837; Neigebaur, Die Südslawen u. deren Länder etc., Lpz. 1851.
Buchempfehlung
In die Zeit zwischen dem ersten März 1815, als Napoleon aus Elba zurückkehrt, und der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni desselben Jahres konzentriert Grabbe das komplexe Wechselspiel zwischen Umbruch und Wiederherstellung, zwischen historischen Bedingungen und Konsequenzen. »Mit Napoleons Ende ward es mit der Welt, als wäre sie ein ausgelesenes Buch.« C.D.G.
138 Seiten, 7.80 Euro