1. Bai sik op annere verlätt, es verloaten genaug. (Iserlohn.) – Woeste, 79, 342.
2. Darup ick my verlêt, de was de jene, de my verreth. – Petri, II, 55.
3. Es soll sich keiner auff den andern verlassen. – Agricola I, 648; Gruter, I, 83.
Lat.: Ne nimium fidas. – Nemo nimis alii confidat; saepe duobus occurrens ursus non sinit esse duos. (Glandorp, 105, 252.)
4. Ich verlasse mich auf meine grossen Hörner, sagte der Ziegenbock. – Bertram, 60.
[1558] 5. Ik verlât mi up Gott un up min Fru êer Tâgheit (zähes Leben).
In Hamburg Witzwort des Ehemanns, wenn vom Sterben seiner Frau die Rede ist.
6. Keiner verlasse sich auff den andern. – Agricola I, 648; Egenolff, 250.
7. Mer muss sich nit verlasse' uf Missim (Zeichen) un Nifloës (Wunder). – Tendlau, 840.
8. Verlass dich auf der Frauen Fleiss, doch spar' dabei nicht eigenen Schweiss.
Dän.: Forlad dig saa paa din kones fliid, at du selv ei bliver uflittig. (Prov. dan., 179.)
9. Verlass dich drauff vnd back nicht, sihe, was du wirst zu essen haben. – Lehmann, 396, 27.
Wenn jemand etwas hofft, das sich schwer oder nie erfüllen wird, z.B. auf den Gewinn des grossen Loses, oder darauf, dass einmal goldener Schnee fallen werde.
10. Verlat di man up annere, denn biste verlaten genaug. (Schaumburg.)
11. Wer dich verlässt, den verlasse auch du; denn sicherlich hast du keine Gelegenheit ihn zu treffen; und wer dich verkaufte für einen Dinar, den verkaufe du für ein Hühnerei. – Burckhardt, 642.
12. Wer sich auf andere verlässt, ist verlassen genug. – Gaal, 62; Mayer, II, 143; Simrock, 10866; Körte, 6245; Körte2, 7842; Braun, I, 4735; für Innsbruck: Frommann, VI, 36, 54.
In grossen Gefahren und in grosser Noth rechnet der kluge Mann nur auf sich selbst. Wer in solchen Fällen des guten Raths anderer bedarf, ist schon verloren, ehe er noch zu handeln beginnt.
It.: Chi per le mani d'altri s'imbocca, tardi si satolla. – È pazzo espresso, chi si fida più in altro, che in se stesso.
13. Wer sich auf andere verlässt, wird betrogen.
14. Wer sich selbst verlässt, ist auch von Gott verlassen.
15. Wer sich verlässt auf anderer Leute Tisch, dess ist die Mahlzeit ungewiss.
16. Wer sich verlässt aufs Erben, bleibt ein Narr bis ins Sterben.
17. Wer sich verlässt aufs Erben, verlässt sich aufs Verderben.
*18. De is verlât'n un verlâr'n as 'n Jödensel. – Frommann, IV, 286, 390.
*19. Du kannst di op mi verlâten, as op dat Evangelium. – Piening, 79.
*20. Er verlässt sich darauf, wie der Bock auf die Hörner. – Mathesy, I, 23; Simrock, 1105.
»Ich duchte, horte, wieder horte; wie ma an Wald schret, su scholds wieder ros. Wulda sich dann nich gahn, su schlug ich ihn a die Ogen, doss ihm Foir ros sprang und gab ihm an abichte, doss em de Gusche gless. Uf inen Jenenser verliess ich mich wie der Bôk uf de Hörner.« (Keller, 142b.)
*21. Er verliess mich mit dem Fett der Nieren.
Er nahm auch das Geringste mit, was ihm gehörte. Daher entlehnt, weil, wenn jemand ein Schaf schlachtet, einige von den Zuschauern die Niere oder das sie umgebende Fett als eine Sache, die der Schlachtende den Leuten zu geben schuldig sei, wegnehmen.
*22. He verlett sick drupp, dat de Lêrk messen sall. (Altmark.) – Danneil, 126.
Von einem Landmanne, der seinen Acker nachlässig oder gar nicht düngt, der das Düngen der Lerche überlässt.
*23. He verlett sik up mi as de Hund up sin Halsband. (Dithmarschen.) – Schütze, II, 172.
Ein Halsband des Hundes ist das Zeichen, dass er nicht herrenlos ist, und sich auf seinen Herrn, wie dieser auf ihn zu Schutz und Trutz verlässt.
*24. Ich hoa mich druf verlussen, wie der Bok uf de Hörner. – Gomolcke, 520; Frommann, III, 244, 85.
*25. Ich verlasse mich auf Gottes Barmherzigkeit. – Sprichwörterschatz, 204.
Trost der Polsterchristen; die Tugendhaften und Rechtschaffenen verlassen sich auf seine Gerechtigkeit.
*26. Man kann sich auf ihn verlassen, wie auf das Eis einer Nacht.
Das eine Nacht alt, also in der Regel nicht tragfähig ist.
[1559] *27. Man kann sich darauf verlassen, wie auf das Kalenderwetter.
Dän.: Saa vidt som almanaken holder om veyrliget. (Prov. dan., 25.)
Frz.: Quand il grêle dans l'Almanak c'est un hazard du Triquetrac.
*28. Man kann sik up em so vêl verlâten as up en dode Rött (Ratte). – Richey, 117; Schütze, III, 309.
D.i. er ist ebenso unzuverlässig.
*29. Wer sich auf den verlässt, der ist verlassen. – Klix, 114.
30. Verlass dich auf die Leute nicht, sie sind wie eine Wiege; wer heute Hosianna spricht, sagt morgen Crucifige. – Hertz, 62.
*31. Er verlässt sich auf seine gerechte Sache.
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