1. Alles besser wie gestorben. (Warschau.)
Trost der Unglücklichen, die bei grossem Verlust, z.B. einer Feuersbrunst, wenigstens das Leben gerettet haben.
2. Ans Sterben denkt man zu spät.
Frz.: On s'arise tard en mourant.
3. As män sugt: »gestorben«, gläub! (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Will sagen: Glückliche Nachrichten sind selten wahr, dagegen bestätigen sich Unglücksfälle in der Regel. (Dukes, 281.)
4. Bamme gestorbe is, braucht me könn Dokter. (Henneberg.)
Wenn man gestorben, braucht man keinen Arzt mehr.
5. Bedenke, dass du sterben musst.
Engl.: Remember death.
6. Besser eher gestorben als durch Verbrechen den Tod erworben.
Lat.: Moriendum priusquam aliquid morte dignum commiseris. (Philippi, I, 255.)
7. Besser ehrlich sterben als schändlich fliehen. – Opel, 384; Parömiakon, 2285; Altmann VI, 469.
Dän.: Bedre æerligen at døe end skammeligen at flye. (Prov. dan., 114.)
It.: E meglio morir con honore che vivere con vergogna. (Pazzaglia, 233, 11.)
8. Besser gestorben, dann in Schand gelebt. – Gottfrid, XXII.
Spruch Otto's I.: Aut mors, aut vita decora.
9. Besser gestorben, denn in kranckheit leben. – Henisch, 321, 66.
10. Besser gut gestorben als übel gelebt.
Bei Tunnicius (373): Beter wol gestorven dan ovel gelevet. (Rite mori praestat quam vivere turpiter aevum.)
Schwed.: Bättre wäl dö, än illa lefwa. (Wensell, 13.)
11. Besser jung und wohl sterben als lang und schändlich leben.
Dän.: Bedre er snart og vel at døe, end længe og ilde at leve. (Prov. dan., 112.)
12. Besser ritterlich gestorben, als mit schanden gnad erworben. – Zinkgref, IV, 357; Chaos, 573.
13. Besser rühmlich (ehrlich) sterben als schändlich (schimpflich) leben. – Petri, II, 832; Henisch, 320, 24; Sutor, 500; Gaal, 1486.
Böhm.: Lépe poctivé umřiti než potupne živu býti. – Lepši smrt' neĕ hanebný život. (Čelakovsky, 351.)
Frz.: Il vaut mieux mourir avec honneur, que vivre avec honte. (Gaal, 1466.)
Lat.: Honesta mors turpi vita potior. (Tacitus.) (Philippi, I, 81; Schonheim, 12.) – Honestam mortem vitae turpi praefero. – Praestat honeste mori, quam foedam vitam agere. (Seybold, 453.) – Saepe suos mores homo mutat propter honores. (Chaos, 363.)
Slow.: Bolge pošteno umreti, kakor brez požtenje živeti.
14. Besser schnell gestorben als langsam verdorben.
15. Besser sterben als verderben. – Sprichwörtergarten, 418.
16. Besser sterben, denn betlen. – Henisch, 325, 54; Petri, II, 39. Aus Sir. 40, 29.
Lat.: Mori satius est quam mendicare. (Henisch, 323, 55.)
[830] 17. Besser sterben, denn für trawrigkeit verschmachten. – Henisch, 323, 51.
18. Besser sterben, denn vnehrlich leben. – Petri, II, 37.
19. Besser sterben oder falliren, als an die Frau das Heft verlieren.
20. Bit Starben sünd wi all Meisters und all Lihrjungs. (Mecklenburg.) – Raabe, 23.
21. Dahoam schdea'm (sterben) d' Laid. (Niederösterreich.) – Frommann, III, 391, 54.
22. Das Sterben bringt mich noch unter die Erde, sagte die Frau, da ging ein Begräbniss vorbei.
23. Das Sterben ist die letzte Empfindung des Lebens. – Witzfunken, IVa, 134.
24. Das Sterben spart man bis zuletzt.
Lat.: Et pene post mille est annos vita mortuus ille. (Chaos, 597.)
25. Dass das Sterben kost't kein Geld, ist das Best' in dieser Welt, sonst müsste mancher arme Gesell für einen Reichen in die Höll'. – Haussprüche, 35.
26. Dass man stirbt, weiss jedermann, doch nicht wie, nicht wo und wann.
Frz.: On ne sait qui meurt, ni qui vit. (Cahier, 1136; Gaal, 1454.)
It.: Ognun sa dove è, ma nessun sa dove ha a morire. (Gaal, 1454.)
Lat.: Mors incertarum cunctis certissima rerum, incertum quando; certum aliquando mori. (Gaal, 1454.)
27. De Eine sterv, de annere verderw. (Westf.)
Wird gesagt, wenn zwei Geschwister in einem Jahre heirathen.
28. De Ên de starvt, de Anner arvt. (Holst.) – Schütze, IV, 188; Deecke, 3.
Vom Wechsel der Dinge, auch wol in dem Sinne: Des einen Glück ist des andern Unglück.
29. De selig (ruhig) wil starven, lât sîn Gôd rechten Arwen. (Ostfries.) – Bueren, 169; Eichwald, 59; Frommann, IV, 142, 329; Goldschmidt, 70; Hauskalender, I.
30. Den selig well sterwen, mott sinn Vermögen vermaken an de rechte Erwen. (Meurs.) – Firmenich, I, 401, 83.
31. Der eine sterbet, der ander werbet die Stätte. – Petri, II, 86.
32. Der eine stirbt so, der andere so.
Bei Tunnicius (378): De ein stervet sus de ander so. (Calculus hunc perimit, tristi perit ille catarrho.)
33. Der gedenckt all tag zu sterben, der kan nymmermehr verderben. – Franck, I, 54b; Lehmann, II, 63, 111.
34. Der stirbt am glücklichsten, der den Tod nicht rufen darf.
Lat.: Mori est felicis, antequam mortem invocet. (Philippi, I, 255.)
35. Der stirbt wohl, der wohl gelebt.
Schwed.: Den wäl är död han har wäl lefwat. (Grubb, 133.)
36. Der stirbt zweymal, der mit seinen eygen waffen vmbkompt. – Franck, I, 66a.
Lat.: Bis inter imitur, qui suis perit armis. (Franck, I, 66a.)
37. Des einen Sterben ist des andern Leben.
Frz.: L'un meurt dont l'autre vit. (Leroux, II, 256.)
38. Die Sterben für Gewinn halten, sind schwer zu besiegen (überwinden).
39. Die sterben gewin achten, die sol man förchten. – Franck, I, 69a.
Lat.: Timendus qui mori tutum putat. (Franck, I, 69a.)
40. Elend stirbt, wer den Doctor braucht. (Sardinien.)
Die Heilkunde stand in Sardinien noch in neuester Zeit auf einer so niedrigen Stufe der Wissenschaft und die Aerzte waren in so geringer Achtung, dass man sich dort allgemein dieses Sprichworts bediente. Dennoch befiehlt der Aberglaube, wenigstens am Tage Johannes des Täufers, die angefeindeten Aerzte zum Aderlass zu gebrauchen.
41. Entweder bald gestorben oder geduldig gelitten.
Lat.: Venit post multas una serena dies. (Sutor, 1008.)
42. Es ist besser ehrlich sterben, denn schendlich gross gut erwerben. – Petri, II, 255.
[831] 43. Es ist besser sterben, dann also leben. – Franck, II, 89a.
44. Es ist besser sterben, dann on freund leben. – Franck, I, 82a; Lehmann, II, 129, 151.
45. Es ist besser sterben, denn dienen. – Henisch, 320, 26.
Lat.: Emori potius quam servire praestat. (Henisch, 320, 27.)
46. Es ist ein jeder alt genug zu sterben, sobald er geboren wird. – Petri, II, 260.
47. Es muss einmal gestorben sein. – Chaos, 590.
»Eins weiss ich, dass ich muss daruon, solt ich drumb stäts in trauren stan?« »Ich weiss, dass ich einst sterben muss, das bringt mir nicht grossen Verdruss: dass ich den Todt nicht fürchte sehr, machet Christus mein lieber Herr.«
Frz.: Il faut mourir. – Il faut mourir, qui veut vivre. – Il faut une fois mourir. (Leroux, II, 833.)
Lat.: Leti via semel calcanda. (Gaal, 1465; Philippi, I, 68.) – Multum uenturi ne cures tempora lethi. – Non mihi fit durum quod noui me moriturum: nec mortem flebo nec tecum Christe manebo. (Loci comm., 128.)
Schwed.: Döden är allom öden. (Grubb, 170.)
48. Es muss einmal gestorben sein, da geb sich alles willig drein. – Henisch, 1578, 24; Gaal, 1465.
49. Es sterben mehr leut vom fressen vnnd sauffen, dann vom schwerd. – Franck, II, 162a.
Dän.: Fleere døe ved fylderie end ved sværd. (Prov. dan., 114.)
50. Es sterben nicht alle, die krank sind.
Dän.: De døe ikke alde, som ondt lide. (Prov. dan., 25.)
51. Es sterben nicht alle, die Noth leiden.
Schwed.: Alla dö ikke, som lida nöd. (Wensell, 6.) – Alla dö intet som nöd lida. (Grubb, 16.)
52. Es sterben so viel junger als alter. – Petri, II, 299.
53. Es stirbet keiner ehe sein zeit kompt. – Petri, II, 299.
Holl.: Niemand sterft vóór zijn tijd. (Harrebomée, II, 333b.)
54. Es stirbet keiner Erbloss. – Petri, II, 299.
55. Es stirbt alles in der Welt, nur der Tod nicht. (Prag.)
56. Es stirbt der Herr gleich wie der Knecht; es stirbt das gering vnd gross Geschlecht. – Petri, I, 38.
57. Es stirbt der klein, es folgt der gross, vnd sterben alle nackt vnd bloss. – Petri, I, 38.
58. Es stirbt einer so oft, als er einen von den Seinen verliert.
Lat.: Homo toties moritur, quoties amittet suos. (Seybold, 221.)
59. Es stirbt kein Gut zurück.
60. Es stirbt keiner, nach welchem Allah nicht den Todesengel sendet. (Arab.)
61. Es stirbt niemand gern. – Agricola I, 525.
Bei Henisch (603, 9) mit dem Zusatz: »er sei denn ein Christ«.
Lat.: Nemo libenter moritur. (Nemo volens morti concedit, quando perinde nil natura tremit, quam subiisse necem). (Glandorp, 92, 198.) Bei Tunnicius (1331): We is so olt, dat he gêrne sterven wolde? (Quis tam longaevus, cui gratum ponere vitam?)
62. Es stirbt niemand ohne Erben. – Simrock, 2083; Graf, 205, 158.
Nach der deutschen Erbfolge war es fast unmöglich, dass jemand für seinen Nachlass keine Erben haben sollte, da er an einen Blutsverwandten, wenn auch im entferntesten Grade kommen konnte; fand sich aber kein Blutsverwandter, so erbte der nächste ⇒ Nachbar (s.d.) oder der Aelteste im Dorfe.
63. Es stirbt niemand wol, dann der wol gelebt. – Lehmann, II, 427, 91.
64. Es stirbt so leicht ein Kalb als eine Kuh.
Frz.: Aussitôt meurt veau comme vache.
It.: Così tosto muore il capretto come capro.
65. Fürs sterben hilfft kein heulen nicht, drumb mit gedult darein dich richt. – Sutor, 496.
Lat.: Nullus homo lacrymis unquam reuocatur ab umbris. (Loci comm., 129.)
66. Gern sterben heisst wohl sterben.
67. Gestarbt wird, aber ob's derlabst, sagte der Gedingevater zu seinem Sohne, der ihn fragte, ob er nicht bald sterben werde. (Oberlausitz.)
68. Gestorben, begruben. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Um zu sagen: Geschehenes lässt sich nicht ändern. Ist jemand gestorben, so hilft das Lamentiren nicht, man muss für die Bestattung der Leiche sorgen.
[832] 69. Ich sterb' und reis', weiss nicht, wohin, das kommt, weil ich nicht wachtbar bin.
Inschrift des Hauses 97 in Schupfen.
70. Ich sterbe nicht, ich halt's nicht aus, sagte Hofnarr Klaus.
71. Ich wolt lieber ritterlich sterben, denn in schanden gnad erwerben. – Eyering, III, 76.
72. Im Sterben sind wir alle Meister und alle Lehrjungen. – Simrock, 9878.
73. Je mehr man an das Sterben denkt, desto besser wird man leben.
Engl.: The more you think of dying, the better you will live.
74. Lerne sterben, ehe du stirbst, so stirbst du nicht, wann du stirbst. – Gruter, III, 63; Lehmann, II, 378, 30; Schottel, 1134a.
75. Lieber bairisch sterben, als kaiserlich verderben.
Ein Wort, mit dem sich im 18. Jahrhundert der bairische Volksstamm gegen die Herrschaft der Oesterreicher erhob. (S. ⇒ Blut 47.)
76. Lieber ehrlich sterben als schändlich gelebt.
Holl.: Liever te sterven, dan als verschoveling te zwerven. (Harrebomée, II, 373a.)
Lat.: Honesta mors turpi vita potior. (Binder II, 1331; Schonheim, 12.)
77. Lieber sterben als falsch schwören.
Böhm.: Radĕji umříti, nežli kříž polibíti (v nepravdĕ). (Čelakovsky, 352.)
78. Lieber sterben als betteln.
Gewohnheitsmässige Bettler denken anders; sie ziehen vielmehr das Betteln jeder ehrlichen, auf nützliche Anwendung der eigenen Kraft gegründeten Lebensweise vor. Manche derselben machen ihre gesunden Kinder zu Krüppeln, weil sie meinen, dass sie dadurch das Fortkommen ihrer Kinder am besten befördern.
Dän.: Bedre at døe end trygle. (Prov. dan., 115.)
79. Lieber zehnmal in der Ferne sterben als einmal daheim.
Ist nur in dem Sinne gemeint, als häufig ein aus der Ferne gemeldeter Todesfall sich nicht bestätigt, der Todtgesagte vielmehr später wieder erscheint.
Böhm.: Lépe jest v cizinĕ desetkrát umřítí, nežli doma jednou. (Čelakovsky, 315.)
80. Man darf nur sterben, um gelobt zu werden.
Vgl. über dies Sprichwort I.D. Mauchard's Repertorium und Bibliothek für empirische Psychologie und verwandte Wissenschaften, Tübingen 1801, III u. IV.
81. Man kann einen wol zum Sterben zwingen, aber nicht machen, dass er gern stirbt.
Dän.: Man kand nøde een at han skal døe, men ei at han vil gjerne døe. (Prov. dan., 431.)
82. Man kann nicht sterben, wann man will.
Lat.: Nec mors humano subjacet arbitrio. (Seybold, 332; Philippi, II, 10.)
83. Man stirbt alle Tage.
Mit jedem Tage thun wir einen Schritt zum Grabe. Die Chinesen: Wer stirbt, hört auf zu leben, aber aufhören zu leben ist noch nicht sterben. (Cibot, 164.)
Dän.: Saa tit døer man, som man mister sine. (Prov. dan., 115.)
84. Man stirbt nur einmal. (Steiermark.)
Mahnung zur Sorge für die Gesundheit. Die Finnen: Niemand stirbt zweimal. (Bertram, 43.) Die Russen: Man stirbt nicht zweimal, man kann aber dem Tode nicht einmal entfliehen. (Cahier, 1976.)
Holl.: Men kan maar eens sterven, het duurt zoo lang, dood te zijn. (Harrebomée, II, 147a.)
It.: Solo una volta si muore.
85. Man stirbt, so lange man lebt.
Dän.: I det vi ere, lade vi af at være. (Prov. dan., 145.)
Holl.: Reeds bij onze geboorte komt de dood ons aan boord. – Toen het leven geschappen is, werd de dood geboren. (Harrebomée, II, 146a.)
86. Man stirbt vor Freude ebenso wie vor Schmerz.
Frz.: On meurt bien de joye. (Leroux, II, 273.)
Span.: Así mata la alegría súbita como el dolor grande. (Don Quixote.)
87. Man stirbt so, wie man lebt. – Dove, 363.
Wir sterben, wie wir gelebt haben, sagen auch die Türken.
88. Me cha bis de sterbe-n-und wieder umme cho. (Solothurn.) – Schild, 94, 407; Sutermeister, 21.
Wenn etwas langsam zur Ausführung kommt. (S. ⇒ Nimmerleinstag.)
89. Nicht sterben können ist schlimmer als der Tod.
Lat.: Mortem aliquid ultra est? vita, si cupias mori. (Seneca.) (Philippi, I, 257.)
90. Niemand kan sterben, ehe er thut leben. – Lehmann, II, 427, 94.
[833] 91. Niemand stirbt so nackt und blos, als er einst geboren wurde.
92. Niemand stirbt vor seinen Tagen. – Simrock, 9880.
93. Niemand stirbt vor seiner Zeit.
Lat.: Nemo nisi suo die moritur. (Seneca.) (Seybold, 339.)
94. Niemand weiss, wann, wie und wo er sterben werde. – Gaal, 1452.
Die Finnen: Wo ich geboren bin, weiss ich, auch, wo ich gelebt habe; aber ich weiss die Stelle nicht, wo ich sterben muss.
Frz.: On ne sçait qui meurt ne qui vit, par quoy fait bon mettre en escrit. – On ne scet qui meurt ne qui vit. (Leroux, II, 274.)
95. Recht gestorben ist besser, denn bösslich gelebt. – Petri, II, 513.
96. 'S ist nicht gleich gestorben, 's will auch gezappelt sein. (Leipzig.)
97. 'S Sterbe kommt z' früeh, wenn 's kommt. (Ulm.)
98. 'S Sterben isch 's Letscht. – Sutermeister, 141.
99. 'S Sterben ist ein alt's Herkommen und ein ewig's Da(Hier-)bleiben. – Wurth, 167.
100. Schtärwe misse mer guor. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 819.
101. Seit dus Starben is aufgekümmen, is män mit'n Leben nit sicher. (Warschau.)
102. Selig gestorben ist ein gut Tagewerk.
103. Starw' noch nich, Pierd, säd' de Bûr, ik will îerst Hawern seigen. – Hoefer, 191.
Wenn jemand einen andern mit Aussicht auf Hülfe tröstet, die jedenfalls zu spät kommt.
104. Stearwen, verdarwen, oder kein Earwen. (Westf.)
Wird angewandt bei Heirathen in zu naher Verwandschaft, in Betreff deren die Erfahrung gelehrt hat, dass Ehen dieser Art selten glückliche sind, oft kinderlos bleiben, oder geistesschwache, auch taubstumme Kinder zur Folge haben.
105. Sterben hat auch seine Zeit.
Lat.: Tempus moriendi. (Sutor, 513.)
106. Sterben ist auch ein kunst. – Franck, I, 55b; Simrock, 9878; Körte, 5732.
Wer die Kunst zu sterben gelernt hat, ist der grösste Meister im Leben. Die meisten werden gestorben.
107. Sterben ist der Vorfahren Erb. – Schottel, 1135b.
108. Sterben ist die schwerste Arbeit.
109. Sterben ist ein gemein Sach, trifft alle, stark und schwach.
Lat.: Fugere licet mortem sed non effugere. (Chaos, 588.)
110. Sterben ist kein Kinderspiel. – Simrock, 9878a.
111. Sterben ist mein Gewinn. – Simrock, 9879; Braun, I, 4282. S. Philippi, I, 21.
112. Sterben ist mein Gewinn, sagte der Todtengräber.
113. Sterben ist mein Gewinn, sied (sagt) de Pastäur; joa, Här, et schad my äuk nit, maint de Köster. (Hemer in der Grafschaft Mark.) – Frommann, III, 254, 5.
114. Sterben ist vnser erbe. – Henisch, 908, 59.
115. Sterben kann man nur einmal.
Die Russen: Um sterben zu können, bedarf's keiner Vorübung. (Altmann VI, 399.)
116. Sterben macht Erben. – Graf, 184, 20.
Man kann niemanden beerben bevor er gestorben ist. (S. ⇒ Erben, ⇒ Lebende 2 und ⇒ Mustheil.)
Holl.: Sterven maakt erven. (Harrebomée, II, 185.)
117. Sterben muss man überall.
Lat.: Romae quoque homines moriuntur. (Seybold, 530.)
118. Sterben müssen alle Leut, es sey morgen oder heut. – Chaos, 601.
Die Finnen: Sterben ist die schwerste Arbeit, die traurigste, die Wohnung zu ändern. (Bertram, 74.)
Frz.: A bien morir doit chascun tendre, à la fin faut devenir cendre. (Leroux, II, 162.)
119. Sterben müssen wir alle, aber die Art ist verschieden.
Holl.: De weg van sterven is gemeen, naar de manieren zijn verscheiden. (Harrebomée, II, 446b.)
120. Sterben schad't mir nicht, sagt der Pfarrer.
121. Sterben und Ehrabschneiden muss jedermann leiden. – Lohrengel, II, 623.
122. Sterben und geboren werden ist der Menschen Thun auf Erden. – Simrock, 9884; Gaal, 1530.
Lat.: Nascentes morimur, finisque ab origine pendet. (Gaal, 1530.)
[834] 123. Sterben und Steuern geben muss man überall. – Kornmann, VI, 208.
124. Stirb nicht, Vater, die Suppe ist bald fertig.
Böhm.: Poshov, dĕdku, neumírej; kyselice dočekej. (Čelakovsky, 47.)
125. Stirbstu, so begrebt man dich mit der haut, das thut man einem esel nicht. – Agricola I, 506; Lehmann, II, 570, 118; Körte, 2699b; Simrock, 9886; Meisner, 48.
Altes sprichwörtliches Scherzwort zu Kranken, deren Genesung man bestimmt erwartet.
126. Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg; lebt er lang, so wird er alt. Ueberschrift eines Goethe'schen Liedes (Werke, I, 14), ein bekanntes Pfänderspiel.
127. Stirbt der Reiche, geht alles zur Leiche; stirbt der Arme, geht man, dass Gott erbarme. – Gaal, 1670.
Lat.: Aes sonat, urbs plorat, presbyter orat; cum moritur pauper, sequitur vix unus et alter. – Cum moritur dives, concurrunt undique cives. – Pauperis ad funus vix currit clericus unus. (Eiselein, 226; Gaal, 1470.)
128. Stirbt eine rîch, so isch e grosse Lîch; stirbt eine arm, se isch e Lîch, dass Gott erbarm! (Aargau.) – Schweiz, II, 144 13; Sutermeister, 128.
129. Stirbt einer, er wird wol verseuffzet. – Petri, II, 541.
130. Viel sterben vom Schwert, mehr vom Vberfluss. – Petri, II, 575.
131. Viele sterben vom Schwerte, aber vielmehr sterben von Schwelgerei.
Bei Tunnicius (1203): Vele sterven in dem swerde, mer vele mêr sterven van overvlodichheit. (Occidit gladius multos, sed crapula plures.)
132. Vom Sterben zum Erben, von Leiden zu Freuden.
Lat.: Sed tamen est artis tristissima janua nostrae et labor est unus, tempora prima peti. (Sutor, 420.)
133. Wä stirv, dä wied gelov, un wä hieroth, dä wied verâch. (Bedburg.)
134. Wann ich sterb, so ist die gantze welt mit mir todt. – Tappius, 200b; Sailer, 117.
135. Wann ich sterb, so stirbt die gantz welt mit mir. – Tappius, 200b; Lehmann, II, 830, 68; Suringar, CXV, 3.
Lat.: Me mortuo terra misceatur incendio. (Erasm., 49; Tappius, 200a.)
136. Wenn einer gestirbt, so ist er todt, jm gilt ein Rübschwantz ein Ducat. – Eyering, III, 396.
137. Wenn ich nicht sterbe, sagt der Brüllaffe, so werde ich Neujahr feiern.
Nur Geduld, wollen die Neger in Surinam damit sagen, wenn wir's erleben, sehen wir noch bessere Tage.
138. Wenn ich sterbe, gilt mir der Thaler so viel wie der Pfennig.
Holl.: Een koets vol gouds, een kar vol steens, dat zal hiernamaals zijn al eens. (Harrebomée, I, 428a.)
139. Wenn ich sterbe, lass ich alles meinen Erben.
Die Finnen: Ein Stück Leinwand, ein Stück Bret ist unser Los im Sterben. (Bertram, 71.)
140. Wenn niemand stirbt, sagte der Todtengräber (Pfaffe), so ist kein Leben am Orte.
141. Wenn's zum Sterben kommt, ist auch der Narr verdrossen. – Altmann VI, 419.
142. Wer alle Tag gedenkt zu sterben, der kann nimmermehr verderben.
143. Wer allgemach stirbet, das ist der beste Umgang nach Hause. – Wirth, II, 401.
144. Wer das Sterben nicht gelernt hat, dem wird der Tod schwer.
Frz.: Envis (à regret) meurt qui apris ne l'a. (Leroux, II, 222.)
Holl.: Heeft hij 't sterven niet geleerd, de dood drukt hem dapper. (Harrebomée, I, 145a.)
145. Wer edel stirbt, der hat genug gelebt.
Lat.: Qui per virtutem peritat, non pol interit. (Plautus.) (Philippi, II, 135.)
146. Wer eh stirbt, als er stirbt, (der) stirbt nit, wann er stirbt. – Gruter, III, 111; Lehmann, II, 878, 250; Zinkgref, IV, 380; Sutor, 511; Wirth, II, 402; Gaal, 1468; Sailer, 325; Simrock, 9883; Teller, 189; Grubb, 113; Parömiakon, 2924; Hertz, 46.
Ein Wort des Grafen Johann von Nassau, des Stifters der Schule zu Herborn. Es wird aber auch Paul Flemming zugeschrieben. (Witzfunken, VIIIa, 72.) »Wer eine Zeit ohne Ziel hin lebt, soll dies erwerben, dass [835] er noch für die Zeit, ehe er stirbt, müsse sterben.« (Gerlach, 249.)
Lat.: Ante obitum moriens non moriturus obit. (Philippi, I, 34.) – Disce mori vivens, moriens ut vivere possis. (Seybold, 29 u. 129.)
147. Wer gern stirbt, der stirbt wohl.
Frz.: Bien meurt, qui volontiers meurt. (Leroux, II, 182.)
148. Wer gestorben ist, darf den Tod nicht fürchten.
Wer gestorben ist, der ist vor dem Tode sicher, sagen die Russen. (Altmann VI, 468.)
149. Wer gestorben ist einmal, der kompt nicht wieder. – Petri, II, 713.
Bei Tunnicius (185): De eins gestorven is, en kumt nicht wedder. (Qui semel occubuit non vitae surgit ad auras.)
Frz.: Qui est mort, il est mort. (Leroux, II, 298.)
150. Wer gestorben, wird beklagt bis zum Grabe (Begräbniss).
Engl.: The decesed is lamented over in the day of his death.
151. Wer ihm selber stirbt, den Himmel gewiss erwirbt. – Chaos, 1064.
152. Wer jung stirbt, ist viel Jammers überhoben.
153. Wer nicht sterben will, dem gefällt kein Tod.
Böhm.: Komu se umříti nechce, tomu se žádná smřt' nelibi. (Čelakovsky, 314.)
Poln.: Komu się umrzeć niechce, żádna mu się śmieré niespodoba. (Čelakovsky, 314.)
154. Wer nicht zu sterben weiss, weiss nicht viel (nichts).
It.: Ben può nulla, chi non morir puote.
155. Wer sterben will, findet überall Boden, der ihn deckt.
156. Wer stets zu sterben fürchtet, hat keinen frohen Tag.
Engl.: He can never enjoy himself one day, who fears, he may die at night.
157. Wer stirbt, dem stirbt die ganze Welt. – Eyering, III, 540.
158. Wer stirbt, der stirbt sich ab. – Blass, 23.
159. Wer stirbt, hat ausgelernt.
Dies Sprichwort straft manchen Schwätzer, der im Tode erst schweigen lernt, Lügen. (Weber, Demokritos, VIa.) »Das Sprichwort sollte richtig sein: Wer stirbt hat ausgelernt? O nein, ich kann vom Gegentheile zeugen: Erst, als ich todt war, lernt' ich schweigen.« (Witzfunken, Ia, 19.)
160. Wer stirbt in der Sünd', das Verderben find'. – Parömiakon, 2286.
161. Wer vor der Zeit will sterben, der soll sich fleissig bewerben, oft baden und aderlassen, fressen, saufen ohne Massen, viel machen, bekümmern das Leben, sich in schwere Sorgen begeben, in stinkenden Gerüchen wohnen, mit Zorn sich nicht verschonen, alle Gesellschaft vermeiden, Pillulen und Arznei leiden. Das sind zehn guter Stück den gesunden Leib zu unterdrück'. – Witzfunken, IVa, 182.
162. Wer will gut und selig sterben, lass sein Gut den rechten Erben. – Eisenhart, 267; Hillebrand, 143, 201; Estor, III, 1003; Grimm, Rechtsalt., 467; Sailer, 256; Simrock, 2084; Körte, 5734; für Schaffhausen: Schweiz, II, 168, 27 u. 243, 10; für Holstein: Schütze, IV, 188.
In Bedburg: Wa met Raue welld sterven, liet alles kummen an de raete Erven. In Mecklenburg: Wer will selig starben, lat dat Sinig dei rechten Arben. (Raabe, 104.) In der Mark Brandenburg: Wä will ruohig sterwen, lsso sin Guodn rechte Arwen. (Schlingmann, 42.) Das Sprichwort redet der natürlichen Erbfolge, im Gegensatze zu der in Testamenten angeordneten Nachlassvertheilung, das Wort. Die Testamente werden nicht verworfen, aber das Sprichwort misbilligt es, wenn ein Fremder dem Bruder und der Schwester in der Erbschaft vorgezogen wird. Zur Erklärung des Sprichworts füge ich hier die Anschauung der oldenburgischen Landleute nach Goldschmidt (70) bei. Derselbe sagt: »Wo nach der Sitte irgendeines Landestheils der jüngste oder älteste Sohn Stammerbe einer geschlossenen Stelle ist, da wird es sich nicht leicht ereignen, dass ein Vater, wenn er auch die Befugniss hat, frei über sein Gut zu verfügen und den von den Söhnen, den er den Umständen nach für den passendsten hält, zum Erben einzusetzen, einen andern dazu erwählt als den den die Landessitte bestimmt. Ereignet es sich aber einmal, dass ein Vater diese allgemeine Sitte verlässt, dann spricht bestimmt das ganze Kirchspiel noch Jahre lang davon. Ich habe den Fall erlebt, dass ein sehr [836] verständiger Landmann seinen ältesten Sohn überschlug, da er diesen wegen seiner Dummheit für durchaus unfähig hielt, der grossen Landwirthschaft vorzustehen, und im Testament bestimmte, das der nächstfolgende Sohn, ein aufgeweckter junger Mann, Stammerbe sein sollte. Als der junge Mann ein Mädchen aus dem benachbarten Dorfe heirathen wollte, verweigerte der Vater seine Tochter anfänglich mit der Erklärung, dass auf dem Hause des Freiers wol kein Segen ruhen werde, da es nicht der rechtmässige Erbe sei. Endlich wurden die jungen Leute doch ein Paar, als indess bald nach der Hochzeit allerlei kleine Unglücksfälle die neue Familie heimsuchten, wurde der junge Ehemann trübe gestimmt und nachdenklich. Der vorher gesunde, kräftige, lebensfrische Mann klagte über allerlei hypochondrische Beschwerden; ihm selbst kam der Gedanke, ob das Unglück ihn wol suche, weil er eigentlich doch nicht der rechtmässige Erbe sei. Als ich deshalb drittehalb Jahr nach der Hochzeit desselben über die Felder des Dorfes ritt, fragte ich einen alten Mann, der dort arbeitete, wem ein schönes Roggenfeld gehöre: ›Müllers Jan‹, antwortete er; ›es ist Schade, er hat die beste Stelle im Dorfe und alles in bester Ordnung.‹ Weshalb Schade? fragte ich. ›Ja‹, antwortete er, ›weil er keine Kinder hat. Das Kind ist klein gestorben. Shall ick em mal wat seggen‹, und dabei trat er ganz nahe an mich heran und leise murmelnd, aber mit der grössten Bestimmtheit fuhr er fort: ›De krigt ôk kin Kinner grôt‹ und schloss sehr ernst mit dem Spruch: ›Man kann wol unrecht Gôd erwarben, man nich verarben.‹« Goldschmidt erzählt dann noch einen zweiten Fall, einen Landmann betreffend, der zwei Söhne hatte, von denen der jüngere, mit dem und dessen Familie er im innigsten und besten Verhältniss lebte, ihn aufs beste verpflegte und dem er bei jeder Gelegenheit die Versicherung aussprach, dass er oder eins seiner Kinder sein Erbe sein solle, während er mit dem ältern Sohne in stetem Unfrieden lebte. Als er erkrankte, wurde der Beamte zur Aufnahme des Testaments gerufen. Nachdem dieser zur Aufnahme desselben bereit war, erklärte der Kranke: »Ick hew mi wedder besunnen, wält Schriwen man laten. Recht mot sin Gang hebben. Dat Schriwen kunn wol Sünn sin.« – In Preussen: Wer wöll selig starwen, lett et (sein Gut) kamen an den rechten Arwen. Auch: Wer wöll selig starwe, vermak sin Göld an de rechte Arwe. (Frischbier 2, 3625.)
163. Wer wol gestorben ist, hat wol gelebt. – Petri, III, 14.
Dän.: Vel død, er vel levet. (Prov. dan., 112.)
Schwed.: Wäl död, är wäl lefwat. (Grubb, 877.)
164. Wer wol sterben wil, der muss bey Zeit anfangen zu sterben. – Petri, II, 857.
165. Wer wol will sterben, muss vor wol leben. – Chaos, 599.
Frz.: Qui bien veut mourir bien vive. (Leroux, II, 292.)
Lat.: Hic status, haec rerum facies miseranda meatum est, nec juvor ullius, qui mediatur ope. (Chaos, 743.)
166. Wer zum Sterben bereit ist, fürcht den Tod nicht. – Petri, I, 14.
167. Willst du wohl sterben, so lerne wohl leben; willst du wohl leben, so lerne wohl sterben.
Lat.: Un felix moriaris homo bene vivere disce ut bene possis vivere disce mori. (Sutor, 487.)
168. Wir müssen alle sterben.
Bei Tunnicius (756): Wy moten alle sterven. (Omnibus est nobis cygnea voce canendum.)
169. Wir sterben alle, ehe wir ausgelernt haben. – Grubb, 423.
170. Wir sterben täglich, denn unser Leben besteht aus Tagen. – Wirth, II, 403.
171. Wohl gestorben ist nicht verdorben. – Körte, 6924; Braun, I, 4283.
Lat.: Securus morte est, qui scit, se morte renasci. (Binder II, 3055; Philippi, II, 172; Seybold, 545.) – Pie mori non est interiere. (Seybold, 441.)
172. Wohl sterben ist nicht verderben, sondern das ewige Leben erben. – Lehmann, II, 859, 468; Schottel, 1124a; Simrock, 9881; Körte, 5733.
173. Worümme stiarwet1 dei Minsken? Wil2 sei dat Aemhalen3 vergiat't. (Bielefeld.) – Firmenich, I, 282, 18.
1) Sterben.
2) Weil.
3) Athemholen.
174. Wos stirbt, doas frisst ne mieh. (Oberlausitz.)
175. Zum Sterben muss man sich Zeit nehmen.
Jüdisch-deutsch in Warschau: Starben versaumt män nit.
*176. A koan ni schtarwa, a îs aus ûla Säänza. (Oesterr.-Schles.) – Peter, 452.
Er hat eine unverwüstliche Körperkraft.
[837] *177. Der hat leicht (gut, halb) sterben, er hat nur Ein Auge.
Holl.: Dat zal mij gemakke lijk vallen, zei koen; als ik sterf, heb ik er maar een te sluiten; hij meende zijn oog, want hij had er maar een. (Harrebomée, II, 427b.)
*178. Der mit ihm sterben wollte todt, der half ihm nicht als um ein Loth.
Der es macht wie Petrus, der mit seinen Meister in den Tod gehen wollte und ihn dann dreimal verleugnete.
*179. Der stirbt nicht ohne Axt. – Frischbier 2, 3622.
Von einem sehr Alten, der noch kerngesund ist.
*180. Da musst sterben und wenn du tausend Seelen hättest.
Diese Redensart kommt oft in den Ungarischen Volksmärchen, übersetzt von G. Stier, vor.
*181. Er kann nicht sterben und muss lebendig verderben. – Eiselein, 415.
*182. Er kann weder sterben, noch genesen. – Sailer, 306.
*183. Er starb post Christum natum, ich weiss nicht mehr das Datum.
Wird in Böhmen sehr häufig gebraucht, und ist wol aus Blumauer's travestirter Aeneide in den Volksmund übergegangen. Blumauer ist irrig als Quelle angegeben. Die Stelle ist aus einem Gedicht von G.A. Bürger (Neue weltliche Reime in neuhochdeutscher Mundart) entlehnt, und fängt an: »Voralters war ein Gott, von nicht geringem Ruhm«.
*184. Er sterbt in grössten Ehren wie der Jud, welchen der Jungher auss dem Schiff zu todt daucht vnd taufft. – Fischart in Kloster, VIII, 384.
Die Franzosen sagen von einem, der unter der systematischen Behandlung des Arztes stirbt, er starb in bester Form.
*185. Er stirbt sine lux, sine crux. – Eiselein, 109; Simrock, 1473.
Wird ohne kirchliche Feierlichkeiten begraben.
*186. Er stirbt vor Durst.
Um den Begriff »Sterben« zu bezeichnen, besitzt die deutsche Sprache wieder einen grossen Reichthum an Bezeichnungen, wie deren schon in verschiedenen Gruppen (s. ⇒ Empfehlen, ⇒ Fuss 235, ⇒ Leben, Subst., 286, Löffel ⇒ 89 u. ⇒ 118, ⇒ Nehmen 114, ⇒ Odem 1, ⇒ Petrus 31 und ⇒ Reisefertig) eine grosse Anzahl aufgeführt worden sind. Eine Zusammenstellung aller Ausdrücke für Sterben ohne Rücksicht auf den sprichwörtlichen Charakter derselben hat Theodor Berndt im Braunschweiger Magazin, 1813, Stück 13 und 14, S. 199 fg. gegeben. Danach sagt man in Wortverbindungen und Redensarten: von hinnen fahren, in einfachen Ausdrücken für sterben: abblühen, abfahren, abkratzen, ableben, abreisen, abrutschen, abscheiden, abschieben, abschurren, absegeln, absterben; ausathmen, auskämpfen, ausleben, ausmachen; dahinblühen, dahinfahren, dahinscheiden, dahinsterben; einschlafen, einschlummern; enden; entblühen, entschlafen, entschlummern; erblassen, erbleichen, erkalten, erstarren, ersterben; hinblühen, hinfahren, hingehen, hinscheiden, hinsterben; hinüberschlummern; hinwegblühen, hinwegscheiden, hinwegsterben; toden (in der Schweiz), umkommen; untergehen; verblassen, verbleichen, verblühen, verderben, vergehen, verrecken, verröcheln, verscheiden, versterben, verwelken; vollenden; gehen; scheiden; der Natur seine Schuld, seinen Zoll abtragen, entrichten, die grosse Reise antreten, die Augen schliessen, zudrücken; das Licht seiner Augen erlischt, sein Auge bricht, seine Augen fallen zu, es geht mit ihm zu Ende, es ist mit ihm am Ende; ausgehen, wie ein Licht, zur Leiche werden, aufhören zu leben, zu sein, das Lehen einbüssen, aushauchen, lassen, im Stiche lassen, beschliessen, verlassen, verlieren; ums Leben kommen, des Lebens beraubt werden; sich vom Leben trennen, seine Tage, seine Lebenszeit enden, beschliessen, am Lebensziel sein, die Erde, dies Jammerthal, die Welt, das Zeitliche verlassen, den Schauplatz der Erde, der Welt verlassen, von demselben abtreten, seine Lebensrolle ausspielen; von der Erde, aus dem Zeitlichen abgerufen, genommen, hinweggefordert, hinweggerufen, hinweggenommen werden, von der Erde weggerafft, hinweggetilgt, vertilgt werden; das Zeitliche segnen oder gesegnen; seinen Tod finden, mit Tode abgehen, Todes verfahren, dahinsinken, dem Tod in die Arme sinken, sich mit dem Tode vermählen; der Tod bricht, schliesst ihm die Augen, drückt ihm die Augen zu; vom Tode, von Freund Hein abgeführt, abgeholt, weggeholt, dahingerafft, weggerafft hinweggerafft, hinweggerissen, vom Tode ereilt werden; von den Geschossen, den Pfeilen des Todes erreicht, getroffen, erlegt werden; vom Tode abgemäht, weggemäht, erlegt, abgesichelt, hingestreckt, weggebirst werden, dem Tode erliegen, unter den Streichen, unter der Sichel des Todes erliegen, ein Raub, eine Beute des Todes werden, vom Tode ausgespannt, befreit, umfangen, durch die Pforten des Todes gehen; den Geist aushauchen, verhauchen, aufgeben; die Seele verlässt den, trennt sich vom Körper, Leibe, die Seele entflieht, die Lebensgeister entfliehen, entweichen; ins Grab, in [838] die Grube, in die Gruft sinken, hinabsinken, in die Grube fahren; zur Ruhe eingehen, sich schlafen legen, sich zur Ruhe legen, to Bedde gân (Osnabrück), zur Ruhe kommen, ins Land der Ruhe, des Friedens, ins Todtenreich, ins Schattenreich eingehen, wandern, eingeführt, versetzt werden; in die andere (bessere, jene) Welt, in die Ewigkeit (ein-, über-)gehen, versetzt werden; das Zeitliche mit dem Ewigen, das Irdische mit dem Himmlischen vertauschen, das Irdische, Vergängliche ausziehen und das Unvergängliche, Ewige anziehen; zu den Vätern versammelt werden, zur ewigen Freude eingehen, ins ewige Vaterland, in die Heimat zurückkehren; sein (Sterbe-)Stündlein ist gekommen, vorhanden, hat geschlagen, die Todesstunde schlägt, die Uhr, das Stundenglas ist abgelaufen, der Sand verronnen, an der Todespforte stehen; mit dem Tode kämpfen, ringen, den Todeskampf kämpfen, im Todeskampf, in Todesangst, in den letzten Zügen, vor dem letzten Anker liegen; fegge sin (in Osnabrück für: bald sterben, s. ⇒ Feige, Adj., 1), auf dem letzten Loche pfeifen, up de letzten Bêne gàn, sin Brot bit up en klenen Knust up gêten hebben (Holstein), sein letztes Brot ist ihm gebacken. (Redensarten für gestorben sein s. ⇒ Todt.)
Frz.: Mourir de la mort de Roland. (Lendroy, 1578.)
*187. Er stirbt wie der alte (grosse) Friedrich.
Ohne die schmuzige Wäsche auszuziehen, d.i. ohne Beichte.
*188. Es wird niemand daran sterben als die Kranken.
*189. Hei starwt nich ohne Kiel on Schlägel. (Samland.)
*190. Hier ist kein Sterben und kein Besserwerden.
Zur Bezeichnung eines trostlosen Zustandes.
*191. Ich will eher sterben.
Als dies oder jenes thun.
Frz.: Plustot mourir. (Leroux, II, 283.)
*192. Inzwischen stirbt der Kaiser, der Elefant oder ich.
Es kann bis dahin viel geschehen.
*193. Is für's Sterben abg'rechnet. (Oberösterreich.)
So sagt man scherzhaft, wenn jemand, den man nicht kennt, einen gewaltsamen Tod genommen, besonders wenn ein Verbrecher den Tod durch Henkershand erlitten.
*194. Jetzt stirbt wieder ein Domherr. – Frischbier2, 3624.
So sagt man in Frauenburg, wenn die Uhr kollert (den Koller hat), d.h. zu viel schlägt.
*195. Sterben vnd verderben. – Mathesy, 19b.
*196. Sterben wie Roland. – Wurzbach II, 327.
D.h. verdursten. Roland der Rasende hatte sich in der Schlacht von Roncevaux (775), in welcher er das Heer Karl's des Grossen gegen die Sarazenen führte, so erhitzt, das er sich aus dem Schlachtgedränge herausarbeitete, um seinen brennenden Durst zu löschen. Da er aber, so wird erzählt, kein Wasser fand, so starb er vor Durst.
*197. Wenn der einmal stirbt, muss man sein Maul besonders todtschlagen. (Steiermark.)
*198. Wenn er einmal stirbt, wird der Branntwein (das Bier, das Getränk) billiger.
Holl.: Als hij sterft, slaat de drank af. (Harrebomée, I, 152a.)
*199. Wenn er nicht gestorben ist, so lebt er heute noch. Häufiger Märchenschluss.
Ausdrücke für sterben, abfahren, absegeln; in Oberösterreich: einruck'n, Brettl rutschen, weil der Todte bevor er auf die Bahre gebracht wird, auf einem Brett liegt.
*200. Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig.
201. Der muss jung sterben, der nicht geschmäht sein will.
202. Du wirst leichter sterben als ich, sagte der Mönch zum Einäugigen, du hast nur Ein Auge zuzudrücken. – Harssdörffer, 1387.
203. Ich sterbe nicht zu jung; wer stirbt nach Gottes Willen, der stirbt schon alt genung. – Hertz, 81.
204. Sterben ist die schwerste Arbeit, die traurigste die Wohnung zu ändern. – Bertram, 74.
205. Wan stirbt ein reich vnd geitzig man, so heben sich drey lermen an. Die seel begert der böse geist, vmb das gut sich di freundschafft reist; seinen leib aber vnd den magen thut das gewürm der erden nagen.
Lat.: Cum moritur diues, concurrunt tres ibi lites: Daemon uult animam, consanguineus quisque gazam, vermes in terra faciunt cum corpore guerra. (Loci comm., 14.)
*206. Wer stirbt, ist selig, wer lebt, ist fröhlich.
It.: Chi muore giace, chi vive si dà pace. (Giani, 1125.)
207. Zum Sterben ist es immer Zeit.
It.: A morire v' è sempre tempo. (Giani, 1109.)
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