Kalkstein

[295] Kalkstein, Kalk schlechthin, nennt man ein körniges, dichtes, oolithisches oder erdiges Gestein, das wesentlich aus kristallinem Kalkspat von verschiedener Korngröße besteht.

In vollständig reinem Zustand ist das Gestein selten; in der Regel sind Karbonate der Magnesia, des Eisen- und Manganoxyduls, ferner Kieselsäure als Quarz und Hornstein, Ton, Eisenoxyd, Eisenoxydhydrat, Chlorit, Serpentin, Glaukonit, auch kohlige und bituminöse Substanzen beigemengt. Bei der Lösung in Säuren bleiben unlösliche, mechanische Beimengungen, Quarz, Ton, kohlige Substanzen, zurück. Reichern sich tonige Beimengungen im Kalkstein an, so entstehen Mergel. Man darf nur Gesteine von mehr als 70% Karbonatgehalt als Kalksteine betrachten. Durch Anreicherung mit kohlensaurer Magnesia gehen Kalksteine in Dolomite (s.d.) über, eine scharfe Grenze zwischen beiden besteht nicht. Durch hohen Gehalt an Sand können kalkige Sandsteine zustande kommen; in ihnen tritt der Kalkgehalt nur als Bindemittel zwischen den Sandkörnern auf. Je geringer der Gehalt an färbendem, sein verteiltem Eisenerz und an kohligen Substanzen ist, desto heller sind die Färbungen der Kalksteine. Die genannten Beimengungen erzeugen gelbe, rote, braune, schwärzliche und blaugraue Farben. Grüne Färbungen sind meist an das Vorhandensein von seinen Chloritschüppchen, Glaukonit oder Serpentin gebunden. Vielfach sind die Farben nicht gleichmäßig verteilt, sondern in Streifen, Adern, Flecken, Flammen, Wolken angeordnet [1]. Alle Kalksteine sind ihrer sedimentären Entstehung wegen mehr oder minder deutlich geschichtet. Bei den dichten und oolithischen Kalken ist die Schichtung meist gut erhalten. Am regelmäßigsten und feinsten ist die Schichtung der als Lithographiesteine verwendeten Solnhofer Kalke. Körnige und nachträglich veränderte, dolomitisierte und verkieselte Kalke haben oft ihre Schichtung verloren. Auch bei den aus Schwammskeletten und Korallen aufgebauten Kalkablagerungen, Riffkalken, läßt sich Schichtung und Bankung meist nicht mehr erkennen. Der verhältnismäßig geringe Widerstand der Kalksteine gegen Lösung in kohlensäurehaltigem Wasser läßt Kalksteinschichten, deren Gestein eigentlich nur wenig durchlässig erscheint, zu sehr durchlässigen Schichten umbilden, indem von Tag aus die vorhandenen Klüfte und Spaltriffe durch Lösung zu größeren Hohlräumen erweitert und für die Wasserfassung und -bewegung tauglicher gemacht werden (Karren-, Karst- und Höhlenbildungen). Man trifft daher gerade in Kalkgebirgen die ergiebigsten Quellen. Die leichte Löslichkeit des Kalkspates in kohlensäurehaltigen atmosphärischen Niederschlägen und die verhältnismäßig geringe Neigung zum Zerfallen verhindern bei reinen Kalksteinen die Bildung einer Ackerkrume. Solche Gebiete bilden felsige und nackte, öde und für den Pflanzenwuchs sehr wenig geeignete Flächen. In der Regel sind daher Gebirge aus reinen Kalksteinen arm an Vegetation, felsig und ohne Humus. Enthalten die Kalksteine dagegen reichliche Beimengungen von Ton und Sand,[295] so entstehen sehr fruchtbare, tonig lehmige Ackerböden, die eigentümlicherweise oft ganz kalkfrei sein können, wenn ihre Durchlässigkeit für Wasser die Abfuhr des gelösten Kalkes gestattet (Ackerböden der Muschelkalk-, Jura- und Kreideformation) [2].

Alle Kalksteine, die kieseligen ausgenommen, lassen sich leicht mit Meißel und Hammer bearbeiten, auch bohren und zersägen, letzteres durch zahnlose Sägeblätter von weichem Eisen mit Wasser und Quarzsand. Nach der Struktur unterscheidet man [1]:

I. Körnige Kalksteine, auch wohl echte Marmore (Marbel) genannt. Der Begriff »Marmor« wird in der Technik für jeden politurfähigen Kalkstein angewendet, gleichviel ob derselbe gefärbt oder ungefärbt, einfarbig oder bunt, körnig oder dicht ist. – Die körnigen Kalksteine bestehen wesentlich aus einem grob- bis feinkörnigen Aggregat ziemlich gleichmäßig großer, wasserheller, richtungslos und unregelmäßig gelagerter Individuen von meist verzwillingtem Kalkspat, welche keine äußere Kristallbegrenzung zeigen und fest miteinander verwachsen sind. Größe der. Körner 0,2–5 mm. An andern, aber unwesentlichen Gemengteilen sind sie besonders reich, und zwar sind es eine große Reihe von Silikatmineralien, besonders Kalksilikate, seltener Erze u.a., alle meist in schönen und wohlausgebildeten Kristallen. Löcherige oder poröse Gesteine fehlen. Auf der Bruchfläche zeigen sie einen schimmernden Glanz. Der parische Marmor läßt am meisten Licht durch, selbst noch bei einer Plattendicke von 35 mm, der beste carrarische noch bei 25 mm, der pentelische bei 15 mm. Die herrschende Farbe ist Weiß in den verschiedensten Tönen, seltener sind dunkle Farben. Die grauen und schwärzlichen Färbungen werden durch winzige Schüppchen von Graphit oder feinverteilten Anthracit erzeugt. Durch Verringerung der Korngröße geht der körnige Kalk in dichten über; durch Aufnahme von Glimmer oder Hornblende werden Uebergänge zu Glimmer- oder Hornblendeschiefer geschaffen. Die meisten körnigen Kalksteine bilden Glieder der kristallinen oder archäischen Schiefer, insbesondere der Glimmer- und Hornblendeschiefer. Sie sind hier schichtenweise eingelagert oder bilden Stöcke und linsenförmige Massen. Andre Lager körnigen Kalkes, so z.B. dasjenige von Carrara, gehören jüngeren mesozoischen Formationen, der Trias, dem Jura, die attischen Marmore der Kreideformation an. Auch in der Jetztzeit wird in Form von Stalaktiten in Höhlen ein körniger Kalkstein abgeschieden. Dieses als Kalksinter bezeichnete Gestein ist meist gelblichweiß, grobkristallin, oft faserig und radialstrahlig. Es kommt häufig unter Einwirkung niederer Pflanzen (Algen) aus doppeltkohlensaurer Lösung zur Abscheidung. Ein Teil des Kalksinters ist übrigens Aragonit (s.d.). Vornehmlich die körnigen Kalksteine nehmen eine schöne Politur an und wurden schon von den Künstlern des Altertums wegen ihrer reinen weißen Farben zu den edelsten Werken der Architektur verwendet. Diese letzteren Marmore, die antiken, im Gegensatz zu den jetzt verwendeten, den modernen Marmoren (vorwiegend italienischen Ursprungs), sind in den aus der griechischen Kultur erhalten gebliebenen Denkmälern bekannt, und nur einzelne von ihnen werden heute noch benutzt. Man rechnet zu den antiken Marmoren [3]: 1. Pentelischer Marmor, schneeweiß oder milchigweiß, mit einem Stich ins Gelbliche, feinkristallin wie gewöhnlicher Zucker, Größe der Körner 0,5–2 mm; dazwischen eine sehr feinkörnige, matte Grundmasse. Enthält häufig Glimmer- und Eisenerzkörner; letztere veranlassen durch ihre Umwandlung in Brauneisenstein die Bildung einer goldbraunen Patina (Erechtheion, Parthenon, Propyläen u.s.w.). 2. Hymettischer Marmor. Grau bis blaugrau (durch seine Kohlenstoffteilchen), feinkörniger und dichter als der pentelische; wenig durchscheinend; Grundmasse vorwiegend. Häufig dünngeschichtet und plattig. Glimmer auf Schichtflächen und im Gestein (Ornamente und Denkmäler). 3. Attischer Marmor von Agrilesa. Hellbläulichgrau und ebenso gestreift. Grundmasse zurücktretend. Beinahe eisenfrei und daher ohne Patina (Athene-Tempel auf Sunion). 4. Karystischer Marmor von Karystos auf Euböa. Sehr glimmerreich und daher dem Cipollin (s.d.) ähnlich, weiß bis hellgrau, auch grünlich und gelblich, feinkörnig, wellig streifig durch Glimmer (Säulen und Wandverkleidungen in Rom). 5. Parischer Marmor (Marmo greco duro, Lychnithes, Lithos) von Paros. Schneeweiß und sehr rein, zuweilen mit einem Stich ins Bläulichgraue. Gleichmäßig körnig wie sogenannter Kolonialzucker (also keine Grundmasse oder größeren Kristalle). Korngröße 1–1,5 mm im Mittel. Sehr durchscheinend und sehr fest. Glimmerfrei; etwas bituminös. Als bester Statuenmarmor nur etwa 2–4 m mächtig, ungeschichtet. In den hervorragendsten Bildwerken des antiken Griechenlands verwendet. 6. Marmor von Naxos. Hellgrau, mit dunkleren Streifen und Flecken; undurchscheinend; grobkörnig (2–3 mm), bituminös. – Daran schließt sich als »moderner Marmor« der in der Renaissance und Jetztzeit beinahe ausschließlich als bester Statuenmarmor verwendete Marmor von Carrara und Seravezza. In den feinsten Arten ist er dem parischen ähnlich. Rein weiß, sehr durchscheinend, gleichmäßig zuckerkörnig. Die erste Qualität (Statuario di Falcovaja, Monte Altissimo) besitzt einen Stich ins Gelbliche und im polierten Zustand einen fett- bis wachsartigen Glanz. An der Luft wird er gelblich und bräunlich, und zwar je schlechter die Politur, desto rascher. Preis pro Kubikmeter 1000–2000 ℳ. dort. Die zweite Qualität (Statuario Carrara) ist weiß, aber etwas gefleckt, etwas glimmerhaltig, gegen Atmosphärilien empfindlich. Preis 400–800 ℳ. pro Kubikmeter dort. Die dritte Qualität, die gewöhnlichste (Statuario ravaccione), ist weiß, grau gefleckt oder geädert, undurchscheinend, ziemlich wetterbeständig und bleibt weiß; glimmer- und quarzhaltig. Vornehmlich in der Architektur, verwendet. Preis 150–250 ℳ., pro Kubikmeter. Andre Arten sind: Bardiglio fiorito, blaugrau mit schwarzen Adern; Biancha chiaro, weiß mit bläulichen Adern; Pavonazzo, weiß mit violetten Adern. – Aehnliche Marmore wie Carrara liefern die Umgebungen von Laas und Sterzing in Tirol, Saint-Béat (Hautes Pyrénées) und Gabas (Basses-Pyrénées) in Frankreich, Ruskicza im Banat, Sarhegy in Siebenbürgen u.s.w. Eine große Anzahl farbiger und bunter körniger Marmore kommt in den archäischen und älteren Sedimentärschichten Deutschlands, Oesterreichs, Skandinaviens u.s.w. vor [4].

II. Dichter Kalkstein [2] Die Kalkspatkörnchen, die ihn zusammensetzen, sind so[296] klein, daß sie sich nicht mehr mit unbewaffnetem Auge unterscheiden lassen. Die Bruchflächen sind matt, nicht schimmernd, flachmuschelig oder splitterig. Die Schichtung ist in der Regel deutlicher ausgeprägt als bei dem körnigen Kalkspat. – In bezug auf die Farbe herrschen helle Töne vor, wenngleich Weiß selten ist; meist hellgrau, -bläulich, -gelblich, -rötlich, aber auch dunkle Farben, rote, dunkelgraue bis schwarze Farben fehlen nicht. Als färbende Substanzen treten auch hier Eisenoxyde und -hydrate (gelb, rot, braun), Kohlenteilchen (grau, schwarz), Ton (grau), Eisenkies (grau und blau) auf. Die Färbung ist teils gleichmäßig, teils aber auch in Flecken, Wolken, Adern u.s.w. angeordnet. Namentlich solche Kalksteine, welche viele Versteinerungen (Korallen, Muscheln, Schnecken, Krinoideen u.s.w.) enthalten, sind verschiedenfarbig. Natürlich sind dichte Kalksteine undurchscheinend und selbst Blättchen von 0,1 mm Dicke bleiben oft noch undurchsichtig. Die einzelnen Kalkspatkörnchen selbst sind selten durchsichtig. Ihre Größe bleibt in vielen Gesteinen durchaus gleichmäßig, besonders der lithographische Kalkstein von Solnhofen zeichnet sich durch ein gleichmäßiges Korn aus. In andern wechseln gröbere kristalline Teile mit dichten. Die geringste beobachtete Korngröße ist 0,0015 mm. Sind Hohlräume vorhanden, so werden diese von allerhand Mineralien ausgekleidet, unter denen wieder Kalkspat selbst das wichtigste und häufigste ist. Nebensächliche und fremde Gemengteile trifft man in den dichten Kalksteinen nicht so viele wie in den körnigen. Trotzdem sind erstere selten so rein in ihrer chemischen Zusammensetzung wie letztere. Als Sedimente sind sie mit andern sehr oft vermengt, so mit Ton, Sand, Dolomit u.s.w. Es bleibt also bei der Lösung in Salzsäure in der Regel ein mehr oder weniger großer Rückstand. Als Lumachellekalk werden ganz oder zum größten Teil aus Bruchstücken oder Ueberresten von Muscheln und Schnecken bestehende Kalksteine bezeichnet. Die dichten Kalksteine treten in allen Formationen auf; besonders reich an ihnen sind die marinen Schichten des Mittel- und Oberdevons, des Kohlenkalks, des Zechsteins, Muschelkalks, der Juraformation, der Trias in den Alpen. Die Bezeichnungen Alpenkalk, Jura-, Muschelkalk u.s.w. geben nur die Herkunft oder die Zugehörigkeit zur Formation an, bedeuten aber keine stoffliche oder strukturelle Abart. Als stoffliche Abänderungen des dichten Kalksteins gelten: 1. Dolomitischer Kalkstein, mit größerem oder geringerem Gehalt an kohlensaurer Magnesia, von höherem spezifischen Gewicht als Kalkstein, zuweilen porös, gelblichgrau. 2. Kieselkalk, durch einen hohen (bis 48%) Gehalt an Kieselsäure ausgezeichnet, die teils gleichmäßig, teils in Nestern und Adern als Hornstein oder Calcedon im Kalkstein auftritt. Mit bloßem Auge oft nicht erkennbar, verleiht die Kieselsäure dem Gestein einen bis 6 steigenden Härtegrad. Bei der Lösung in Säure bleibt die Kieselsäure zurück. Solche Kalke sind zu Bauzwecken und als Straßenmaterial sehr gut zu verwenden. Eine gleichmäßige Politur nehmen sie wegen der weit auseinander liegenden Härtegrade (3 und 6) nur dann an, wenn der Kieselsäuregehalt gleichmäßig im Gestein verteilt ist (Neubeurer Marmor, Granitmarmor). Zum Brennen untauglich. Meist im Tertiär. 3. Toniger Kalkstein, bis 25% kieselsaure Tonerde enthaltend, meist gelb oder grau, ziemlich weich, oft erdig und in Mergel übergehend. Für die Bodenbildung, auch für Herstellung von Zement oft sehr geeignet, dagegen der größeren Weichheit wegen selten politurfähig; vornehmlich in den jüngeren Formationen. 4. Flaserkalk (Kalknierenschiefer, Nierenkalk), dichte Kalklinsen oder -nieren, mit Tonschiefer wellig durchflochten und verwachsen. Bei der Lösung des Kalks bleibt der Tonschiefer netzartig zurück (Kramenzelkalk). Sind Kalk und Schiefer verschieden gefärbt und das Gestein also bunt, gleichzeitig fest, so werden solche Flaserkalke als Marmore verschlissen und poliert (Marbre griotte mit rotem Schiefer). Solche Flaserkalke sind in den alten Formationen, besonders im Devon, vorhanden. 5. Stinkkalk, ein an Bitumen reicher und beim Anschlagen, Ritzen, Erwärmen danach riechender Kalkstein, meist grau oder geblich und braun. Bei der Lösung in Säuren bleibt ein dicker brauner Schaum zurück. Meist ist Ton beigemengt, vielfach enthält der Stinkkalk auch Asphalt. Manche bitumenreiche Stinkkalke werden zur Asphaltgewinnung benutzt. – Diejenigen dichten Kalksteine, die sich polieren lassen, gelten in der Technik auch als »Marmore« und zeichnen sich in der Regel durch bunte, dunklere Farben und Zeichnungen (Aderung, Bänderung, Streifung, Fleckung, Tigerung u.s.w.) aus. Ihre Verwendung, vornehmlich für Wandverkleidungen, Balusters, Treppenstufen, Säulen, Kapitale, Bodenbelag, Gesimse, Sockel für Denkmäler u.s.w., ist eine (besonders in Italien) sehr ausgedehnte. Die Farben sind oft nicht wetterbeständig und ändern sich; daher vorwiegend Material für Innendekoration. Man unterscheidet [4]: Lichten Marmor, weiß, gelblich, hellrot oder hellgrau. Hierher gehören: Marmo cipolazzo, weiß und violett; Marmo fior di Persico, weiß und grau mit roten Flecken; Marmo Rezziato, weiß mit gelben Streifen; Marmo Pecorella, weiß mit roten Flecken; Marmo di sette basi, weiß mit roten Adern; Marmo Serpentelo, weiß mit roten Streifen; Marmo Palombino, weiß; Untersberger Marmor vom Untersberg bei Salzburg, hellrötlich mit weißen Flecken; Adneter Marmor (Kalk) von Adnet bei Hallein, lichtgelb; Karstmarmore von Nabresina (Nabresinastein), hellgrau mit schwarzen Punkten; Istrianer Marmore, hellgelblich; Kelheimer und Eichstätter Marmor, hellgrau bis hellgelb; Großkunzendorfer Marmor (Schießen), hellgelblich bis weiß. Gelber Marmor (Marmo giallo), antike aus Macedonien und Algier, dottergelb; Giallo di Torri (Provinz Verona); Giallo di Siena (Italien), viel verwendet; Sarrancolin aus Vallée d'or (Frankreich), gelb, grau und rot, von schöner Wirkung, u.a. Brauner Marmor: Marmo Occhio di Pernice, mit weißen Flecken; von Adnet bei Hallein und Mecklinghausen (Westfalen), dieser von dünnen dunkelgrauen Streifen von Tonschiefer durchzogen. Roter Marmor: Berühmt der Marmo rosso antico (Aegypten), dunkelrot mit schwarzen Punkten, sehr wertvoll; Griotte d'Italie (de Cannes bei Narbonne in Frankreich), feuerrot mit helleren Flecken und schwarzen Schneckendurchschnitten; Marmo fiorito (Castelpoggio bei Carrara), rot und weiß gefleckt; Marmo africano, ebenso gefärbt; Marmo rosso brocatello von Verona; Marmor von Roquebrune bei Beziers (Frankreich), rot und weiß; rote Marmore von Kaufungen in Schlesien, Blankenburg am Harz,[297] Diez in Nassau, Enzenau in Bayern (sehr fest). Grüner Marmor, ziemlich selten: Marmo verde pagliocco, antikes Material, grüngelb; Marbre campan bei Tarbes (Frankreich), verschiedenfarbig; Marbre de Maurin (Basses Alpes, Frankreich). Blauer Marmor, sehr selten: Marbre bleu des Grisons et du Valais (Schweiz), de Saint-Rémy (Belgien) u.s.w. Grauer Marmor von Köflach in Steiermark, von Vilmar in, Nassau, Rübeland und Blankenburg am Harz (mit roten Flecken), Raeren bei Aachen (sehr fest), Neubeuren in Südbayern (sehr fest, hellgrau); Granit Beige (Petit Granite, Granitmarmor) von Ecaussines bei Mons in Belgien, dunkelgrau, fast ganz aus Gliedern von in hellgrauen Kalkspat umgewandelten Krinoideen bestehend; St. Annen-Marmor von Maubeuge, schwarzgrau, mit weißen Adern und Flecken, zu Tischplatten und Wandverkleidungen viel gebraucht. Schwarzer Marmor: Marmo nero d'Egitto von Lesbos, ein antiker Marmor, weiße Adern in blauschwarzem Grund, zu Skulpturen verwendet, ebenso Breccia pavonazza mit weißen Flecken; zahlreiche Fundorte in Frankreich (St. Maximin im Var-Dep., Seissin im Isère-Dep., Aubert im Ariège-Dep., Sauveterre in den Pyrenäen), Belgien (Dinant, Namur, Spa), Italien (Cap Porto Venere bei Genua), Schweiz (Saint-Triphon, Ragaz), Vorarlberg (An [Auerkalk]) u.a.a.O. Hieran schließen sich die aus Muschelresten und Bruchstücken von Versteinerungen oder von Kalkstein selbst bestehenden Muschelmarmore (Lumachelle) und Breccien- oder Trümmermarmore mit größeren und Brocatello, Scherbenkalk mit kleinen Fragmenten. Unter den ersteren sind die Muschelmarmore (Helmintolith) von Bleiberg in Kärnten, von Solothurn (Schweiz), unter den Breccien diejenige von Seravezza bei Carrara, von St. Antonin in Frankreich zu nennen. Die Muschelmarmore erhalten ein außergewöhnliches Farbenspiel, wenn die Perlmuttersubstanz der verkitteten Schalen noch erhalten blieb (Bleiberg), und die Breccienmarmore zeichnen sich nicht selten durch abwechslungsreiche und bunte Töne aus. Als Ruinen- und Florentiner Marmor wird ein dichter, gelblichgrauer oder graulichbrauner, dünngeschichteter, etwas mergeliger Kalkstein bezeichnet, welcher an Ruinen oder Felsen erinnernde, durch erdiges, feinverteiltes Brauneisenerz erzeugte Zeichnungen auf den Schliffflächen führt.

III. Oolithische Kalksteine [1]. Sie kommen dadurch zustande, daß runde, konzentrischschalige oder radialfaserige, hirse- bis erbsengroße Kalkkörner durch eine dichte Kalksteinmasse verkittet werden; hierbei kann die Bindemasse bis zur Berührung der Körner zurücktreten. – Diese Gesteinsarten sind meist hell gefärbt und deutlich geschichtet, selten aber sehr mächtig. Sie treten vorzugsweise in der Trias- und Juraformation auf. Werden die oolithischen Kalkkörner aufgelöst, so tritt an ihre Stelle ein ebenso gestalteter Hohlraum, und der Kalkstein erhält dann ein feinblasig-poröses, schaumiges Aussehen, z.B. im Schaumkalk (Krötenstein) der Muschelkalkformation. Treten die Oolithkörner gegen die Zwischenmasse zurück, so werden Uebergänge zu dichtem Kalk erzeugt, wie in dem sehr festen Hornkalk. Auch der englische Forestmarmor (weißer Jura), ein gelber bis rötlicher, aus Schalenbruchstücken bestehender, mitunter oolithischer Kalkstein gehört hierher. Rogenstein werden diejenigen Oolithe genannt, deren Bindemittel ein mergeliges oder kalkigsandiges ist. Die Oolithe (Rogen) sind meist sehr gleichmäßig (Größe bis 2 mm), radialfaserig und oft anders gefärbt als die Zwischenmasse. Feste Rogensteine werden wie Marmore geschliffen und poliert.

IV. Poröse Kalksteine [1]. Sie sind vorzugsweise Absätze aus süßem Wasser und besonders von Quellen. Man rechnet zu ihnen, von dem bereits erwähnten Schaumkalk abgesehen, vornehmlich den Kalktuff. Er ist selten weiß, meist hellgrau oder gelblichgrau, auch gelb, feinkörnig, mitunter erdig, vielfach großporig bis zellig und oft als Umhüllung von organischen Resten (Pflanzenstengel, Blätter, Moos, Holz, Muscheln, Schneckengehäuse u.s.w.) gebildet. Sein Raumgewicht bleibt bedeutend unter dem spezifischen Gewicht des dichten Kalksteins. Gewöhnlich häuft er sich am Austritt kalkreicher Quellen der Kalkgebirge in Terrassenform auf und in manchen Fällen in so fester Beschaffenheit und mächtiger Ablagerung, daß er als Baustein für rauhes und behauenes Mauerwerk Verwendung findet, vornehmlich für Gewölbe, Kuppeln, Pfeiler u.s.w. Sein geringes Gewicht, die leichte Bearbeitungsfähigkeit, die Ermöglichung einer gesteigerten Ventilaton und die gute Bindung geben ihm vor anderm Baumaterial besondere Vorzüge. An der Luft erhärtet das Gestein sehr rasch. Lockere, mehr sandige Kalktuffe dienen zur Mörtelbereitung. Röhrige und wirrstenglige Kalktuffe (gebildet als Umhüllung von Stengel, Zweigen u.s.w.) dienen vielfach zum Bau von Grotten, Bassins, zur Wegeinfassung in Ziergärten u.s.w. Ein Kalktuff ist auch der Travertin. Er ist teils schalig und besteht dann aus konzentrisch schaligen, zylindrischen, faserigen Kalkröhrchen von unregelmäßiger Gruppierung oder auch dicht und bildet in diesem Fall einen hellgelblichgrauen, festen, splittrig brechenden Kalkstein, der von langgestreckten und parallel angeordneten Hohlräumen durchzogen wird. In großer, über 100 m reichender Mächtigkeit findet er sich besonders am Rand der Abruzzen und in der Campagna bei Rom. Hier hat er schon in antiker Zeit als ein vorzügliches Baumaterial gegolten. Auch für ihn gilt, daß er allmählich und an der Luft immer mehr erhärtet. Zugleich nimmt er oberflächlich eine dunklere, rötliche oder bräunliche Färbung an, die von der Bildung und Ausscheidung von Brauneisenerz herrührt. Als Zellenkalke oder Rauchwacken werden groß- und unregelmäßiglöcherige, meist hellgefärbte dolomitische Kalke oder auch Dolomite bezeichnet, deren eckige Zellen und Poren von ausgelaugtem Kalkstein oder kohlensaurem Kalk herrühren. Die eigentliche Gesteinsmasse zwischen den Zellen ist meist grobkristallin; die Auskleidung der Zellen durch Dolomit- oder Kalkspatkriställchen und die unregelmäßig eckige und zackige Form der Zellen gibt den Gesteinen ein rauhes Aussehen. Sie finden sich häufig in Begleitung von Gips und Steinsalz der Zechstein- und Muschelkalkformation und werden wie feste Kalktuffe verwendet. Der Süßwasserkalk (Limnocalcit) ähnelt in seiner Gesteinsbeschaffenheit den eigentlichen Kalktuffen. Er ist zum Teil dicht, zum Teil porös, auch erdig und führt nicht selten alle drei Strukturformen nebeneinander. Röhrenförmige Hohlräume durchziehen das Gestein und stehen senkrecht auf der Schichtfläche. Er[298] gehört meist der Diluvialformation an und führt zahlreiche Schalenreste von Süßwassertieren und -pflanzen.

Die technische Verwendung des Kalksteins ist eine außerordentlich mannigfaltige sowohl nach der chemischen wie nach der bautechnischen Seite. Die Eigenschaft des Aetzkalks, an der Luft und insbesondere beim Vermischen mit Sand unter Aufnahme von Kohlensäure zu erhärten, führt zur Verwendung als Mörtel [5]. Der Kalkstein wird behufs Vertreibung der Kohlensäure gebrannt und aus dem so erhaltenen Calciumoxyd durch Vermischen mit Wasser und Sand ein an der Luft erhärtendes Bindemittel erzielt. Man verwendet dazu vornehmlich die dichten Kalke., insbesondere der älteren und mittleren Sedimentärformationen (Devon, Karbon, Zechstein, Muschelkalk, Jura-, Kreideformation), auch des Tertiärs, und zwar teils die reinen, wenig verunreinigten sogenannten fetten Kalke (als Luftmörtel) mit 0–5% tonigen Beimengungen, teils auch mit Ton und Sand vermengte sogenannte magere Kalksteine. Beträgt der Tongehalt der letzteren 12–25% so liefern sie hydraulischen Kalk, Romanzement.

Der aus reinem gebrannten Kalkstein nach dem Vermischen mit viel Wasser erzeugte weiße Kalkbrei (Kalkmilch) dient als sogenannter Weißkalk zur Herstellung weißer Anstriche. Der aus Kalksteinen erzeugte Aetzkalk dient zur Herstellung einer Reihe von andern chemischen Produkten (Chlorkalk, Soda, Aetzalkalien u.s.w.), zum Läutern des Rübenzuckers (Abstumpfen der Schwefelsäure), zum Enthaaren der Häute in der Gerberei, dann in der Bleicherei und Färberei, zur Glasbereitung, als Zusatz für die Schlackenbildung schwerflüssiger Erze in den Hochöfen, zur Herstellung von Kitten (mit Milch gemischt für Porzellan und Glas) u.s.w. Ein sehr großer Teil der Kalksteine, vornehmlich der körnigen, reinen Arten (weiße Marmorabfälle u.s.w.) wird zur Darstellung von Kohlensäure gebraucht. – Die Bedeutung des Kalks als Düngemittel für kalkarme oder -freie Böden (Sand, Lehm, Ton u.s.w.), teils in Form von rohem gemahlenen Kalkstein, teils als gebrannter, teils als Mergel, wächst mit jedem Tag [6].

Die größte Verwendung finden die Kalksteine im Bauwesen [4]. – Die Bedeutung der Marmore für Hochbau und Bildhauerei ist bereits oben erwähnt. Aber auch nicht politurfähige Kalksteine dienen zur Herstellung von Mauerwerk, vornehmlich allerdings im Hochbau. Poröse Kalksteine sind, wenn fest, für rauhes und behauenes Mauerwerk sehr gesucht. Sie neigen freilich, der Witterung ausgesetzt, sehr zum Ansatz von Flechten, welche die Zerstörung des Steins unter Mitwirkung der Atmosphärilien beschleunigen. Auch die geringere Frostbeständigkeit spricht gegen Verwendung stark poröser Kalksteine im Freien. In niederschlagreichen Gegenden verliert polierter Kalkstein im Freien nach einigen Jahren seine Politur, wird matt und stumpf, und etwa vorhandener Eisengehalt macht sich durch fleckenartig auftretendes Brauneisenerz leicht bemerkbar [7]. Man beschränkt seine Verwendung daher dort auf die Innendekoration. Es ist einleuchtend, daß magnesiareiche Kalksteine der atmosphärischen Verwitterung stärker widerstehen als reine Kalksteine, ebenso auch kieselige Kalksteine.

Die Druckfestigkeit der Kalksteine schwankt etwa zwischen 100 und 800 kg pro 1 qcm bei gewöhnlichen Sorten; kieselige Kalksteine gehen bis 1700 kg. Die mittlere Druckfestigkeit der grobkörnigen reinen Kalksteine mag etwa 600 kg pro 1 qcm betragen; die dichten Kalksteine erreichen höhere Werte, die oolithischen etwa 200 kg pro 1 qcm. Das Gewicht von 1 cbm reicht bei dichten und kompakten Kalksteinen bis zu 2750 kg, bei porösen und oolithischen Kalken zuweilen nur bis zu 1600 kg. Zum Straßenbau eignen sich Kalksteine ihrer geringen Härte wegen weniger gut, nur kieselige Arten sind zur Pflasterung und zum Steinschlag zu empfehlen. Nicht durch schweren Wagenverkehr beanspruchtes Pflaster in Ställen, Fußwegen u.s.w. läßt sich auch mit Kalkstein herstellen, besonders mit körnigeren Arten. Kalkstein als Steinschlag wird leicht zermalmt und erzeugt einen sehr lästigen Staub sowie bei raschem Trocknen für den Fuß sehr holprige Wege. Fußbodenbeläge werden vielfach aus plattigen Kalksteinen hergestellt, ebenso primitive Arten von Dachdeckungen (Solnhofen). Sehr dichte, gleichmäßige Kalksteine (Solnhofen) gestatten das Eingravieren von Zeichnungen und sind das beste Material für den Steindruck. Feinporöse Kalksteine dienen auch zur Filtration von Flüssigkeiten, die sie nicht angreifen, oder zur Neutralisation säurehaltiger Ab- und Grubenwässer. Als Schleif- und Putzmittel dienen feingemahlene Kalksteine, insbesondere Kalktuffe zum Polieren von Metallen.


Literatur: [1] Zirkel, Lehrbuch der Petrographie, 2. Aufl., Leipzig 1894, Bd. 3, S. 445–482. – [2] Lüdecke, Untersuchungen über Gesteine und Böden der Muschelkalkformation, Leipzig 1892. – [3] Lepsius, Griechische Marmorstudien, Abhandl. d. Berliner Akad. d. Wissensch., Berlin 1890. – [4] Kosmann, B., Die Marmorarten des Deutschen Reichs, Berlin 1888; Ders., Die Marmorarten Schießens, Deutsches Baugewerbeblatt 1887, Bd. 6, S. 103; Hoffmann, Die Marmorlager von Auerbach a. d. B., Zeitschr. f. prakt. Geologie 1896, S. 353; Baumer, W., Der Marmor und die Marmorbrüche des österr. Gesamtgebietes, Zeitschr. d. Niederösterr. Gew.-Vereins 1875, S. 410; Demaret, Les marbres de Belgique, Ann. d. trav. publ. d. Belg. 1887, Bd. 44, S. 497; Vogt, Norsk marmor, Christiania 1897; Nipon, E., Geologie appliquée, Paris 1887, Bd. 1, S. 497–532; Gottgetreu, R., Physikal. u. ehem. Beschaffenheit der Baumaterialien, 3. Aufl., Berlin 1880, Bd. 1, S. 48–73; Schmid, H., Die modernen Marmore und Alabaster, Leipzig und Wien 1897. – [5] Feichtinger, G., Chem. Technologie der Mörtelmaterialien, Braunschweig 1885; Tormin, R., Zement und Kalk, Weimar 1892; Zwick, H., Hydraulischer Kalk und Portlandzement, 2. Aufl., Wien 1892. – [6] Ullmann, M., Kalk und Mergel, Preisschr. d. Deutsch. Landwirtschaftsgesellsch., Berlin 1893; Orth, Alb., Kalk- u. Mergeldüngung, Berlin 1896. – [7] Hauenschild, Beobachtungen über Verwitterungserscheinungen des Marmors, Baumaterialienkunde, Stuttgart 1896, Bd. 1, S. 45. – [8] Steinlein, G., Die praktische Verwendung der Marmore im Hochbau, deren Bearbeitung und Verkaufswert u.s.w., München 1900.

Leppla.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 295-299.
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