Früh

1. Allzu früh kommt auch unrecht.Sailer, 114.


2. Beter to froh as to lât. (Ostfries.) – Bueren, 57; Frommann, II, 390, 70; für Attendorn: Eichwald, 567; Firmenich, I, 356, 6; für Steiermark: Firmenich, II, 768, 111; hochdeutsch bei Kirchhofer, 133; Henisch, 321.

Holl.: Beter wat te vroeg dan te laat. (Harrebomée, II, 417.)

Lat.: Festinata sementis saepe decipit, serotina semper. (Plinius.) (Philippi, I, 155.) – Matura satio saepe decipit, sera semper mala est. (Philippi, I, 243.) – Praestat praevenire, quam praeveniri. (Gaal, 551.)


3. Den es allezeit zu früh dunckt, der kompt gewiss zu spat.Franck, II, 171a; Sutor, 976; Gruter, I, 13; Lehmann, 803, 8; Winckler, I, 91; Simrock, 9667; Körte, 1642; Gaal, 552; Eiselein, 191


4. Der kommt stets zu früh, der böse Botschaft bringt.

Holl.: Hi comt al vroech ghenoech, die qüade bootschap brinct. (Tunn., 15, 13.)

Lat.: Prava revelare si vis, noli properare. (Fallersleben, 406.)


5. Es ist noch frühe genung, wils wol.Lehmann, II, 136, 54.


6. Es ist noch zu früh, Ostern auszurufen.


7. Es kompt der eine frühe, der ander spaat an den Tantz.Henisch, 1264.


8. Fröch noh ze Bett, en fröch erus, brengt Goddes Segen egen Hus. (Aachen.) – Firmenich, III, 232.


9. Früe genug erfehrt man böse Zeitung.Henisch, 1265.


10. Früe zu Bethe, spat auff, hat keinen langen lauff.Henisch, 1265; Körte, 1636.


11. Früh in die Kirche, spät zum Gericht.Bertram, 46.


[1236] 12. Früh nieder und früh auf verlängert den Lebenslauf.Körte, 1635.

Engl.: Early to go to bed and early to rise, makes a man healthy, wealthy and wise.


13. Früh voll macht den ganzen Tag wohl (toll).


14. Früh zu Bette und auf zu früher Stund', macht den Menschen glücklich, reich, ge sund.

Dieser Spruch scheint aus B. Franklin's Kalender des armen Richard oder aus dessen Weg zum Reichthum in unsere Sprache übergegangen zu sein: Early to bed and early to rise, makes a man healthy, wealthy and wise. (Büchmann, 102.)


15. Man muss sich früh auf den Weg machen, wenn man früh ankommen will.Simrock, 2860.


16. To fröh odder to late (spät) is keine Kunst, owwer to rechter Tid. (Büren.)


17. Was früh zeitig wird, das faulet bald.

Engl.: Soon ripe, soon rotten. (Bohn II, 128.)

Holl.: Vroeg gras, vroeg hooi. – Vroeg rijp', vroeg rot; vroeg wijs, vroeg zot. – Vroeg vuur, vroeg asche. (Bohn II, 341.)

It.: Presto maturo, presto marcio. (Bohn II, 128.)

Lat.: Cito maturum cito putridum. – Is cadit ante senem qui sapit ante diem. – Odi puerulum praecoci sapientia. (Bohn II, 128.)


18. Was man früh um viere thut, kommt einem nachts um neun zugut.Hebel.

»Meines Erachtens hat derjenige«, schrieb ein mal Voltaire an Friedrich den Grossen, »der des Morgens um 4 Uhr in die Stiefeln fährt, einen grossen Vortheil vor dem voraus, der gegen Mittag in eine Kutsche steigt.«


19. Wem's allezeit zu früh dünkt, der kommt meist zu spät.Reinsberg III, 137.


20. Wer früh auf ist, pfeift nicht. (Lit.)


21. Wer früh auf ist, stochert die Zähne, wer spät aufsteht, hält Maulaffen feil. (Lit.)


22. Wer früh auf ist, wischt den Mund, wer spät, die Augen.


23. Wer immer zu früh zu kommen meint, kommt oft zu spät.Simrock, 2865; Sailer, 280.

Holl.: De altoos te vroech meinet te comen, comt dic te laet. (Tunn., 11, 3.)

Lat.: Quem tenet accidia, castigat ianua clausa. (Fallersleben, 241.) – Sed mora damnosa est. (Philippi, II, 172.)


24. Wer zu früh kommt, der kommt auch unrecht.Sailer, 275.

Nach einem holländischen Sprichwort dürfte dies in Basel nicht der Fall sein: Hij is mit de klok van Bazel bekend. Oder: Hij heeft naar de klok van Bazel gekeken. (Harrebomée, I, 33.) Nach Harrebomée, a.a.O., gehen die Glocken dieser schweizer Stadt eine Stunde früher als die der übrigen Welt. Am 1. Januar 1793 habe man den Versuch gemacht, sie mit den übrigen gleichzustellen, die dadurch entstandene Verwirrung sei aber so ernster Art gewesen, dass man nach vierzehn Tagen zur alten Einrichtung zurückgekehrt sei. Dies hat Harrebomée im Jahre 1858 geschrieben; ich habe nicht erfahren können, ob diese Einrichtung noch jetzt besteht und welchen Zweck sie überhaupt hat.

Dän.: Han fær vel der ikke kommer for tilig. (Prov. dan., 187.)


25. Wilt du früe fein lustig sein, so nimm den abend wenig ein.Henisch, 1265; Mathesy, 203a.


*26. Er hat zu früh hopsasa geschrien.Auerbach.

Lat.: Ante victoriam triumphum (encomium) canere. (Philippi, I, 34.)


*27. Hai blöst freu un drift lâte (spät). (Driburg.) – Firmenich, I, 362, 17.


*28. Ich bin zu frü geboren.Agricola II, 495.


*29. Ihr kommt noch früh genug in des Teufels Küche.


[Zusätze und Ergänzungen]

30. Es scheint dir nur früh, weil du erst Einen Laden geöffnet hast, sagte der Bucklige zum Einäugigen, als dieser staunte, wie er schon so zeitig aufgeladen habe.Wirth, I, 48.


31. Fröh up 'n Disk, Geld in de Kist.Kern, 1152.

Denkspruch der Schneider.


32. Niemand kann in der Früh sagen, was er auf d' Nacht für ein' Durst hab'n wird, sagte der Musiker, als man ihm Schuld gab, zu viel getrunken zu haben.


33. Steh früh auf und kommt der Abend wieder, so leg dich etwas später nieder. (Rumänien.) – Neue Freie Presse, 4581.


*34. Früh, ehe sich die Eule berauft.

»Der Kutscher wolte morgen sehr früh anspannen, ehe sich die Eule berauft.« (Eselsfresser, I, 141.)


*35. Wir sind zu früh kommen.

»Sagen die Bergleut, wenn sie in einen schönen wissmat erschlagen, damit sie bekennen, wenn diese bergart lenger im bergfewer gestanden, so wer gut silber drauss worden.« (Mathesius, Sarepta, XXXVIa.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1285.
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