1. An Hingst kaan snöwli üüb fjàu 'r Bian, do kaan lacht an Minsk üübkau. (Nordfries.) – Johansen, 96.
2. An witjen Hingst skal föl Streilis ha. (Amrum.) – Lappenkorb; Firmenich, III, 7, 101.
Ein weisser Hengst (Pferd) soll viel Streu haben, wird in Bezug auf eitle Hausfrauen gebraucht. Auf Sylt: Di wit Hingster skel fuul Streils haa. (Haupt. VIII, 352, 22.)
3. Besser ein blinder Hengst als eine leere Halfter.
4. Das müsste ein schlechter Hengst sein, der nicht einen Schlag von der Mähre ertragen könnte. – Bücking, 113.
Die Begierden sind blind, sobald sie ihre Befriedigung durchaus verlangen.
5. Dem Hengst thut's nicht weh, wenn ihn die Stute tritt.
Frz.: Jamais coup de pied de jument ne fit mal à cheval. (Leroux, I, 114.)
6. Der Hengst ist frei wie der Farre. – Graf, 116, 299.
Jedermann konnte Thiere, die auf seinem Gute Schaden verursachten, pfänden, doch fand bei Flurbeschädigungen durch Thiere eine Beschränkung des Pfändungsrechts zu Gunsten aller Fasel-, d.i. Zuchtthiere statt. »Alles Zielvieh ist gefreit; geht es dem Manne zu Schaden, er darf es nur mit einem Sommerladen aus dem Korne treiben.« (Grimm, Weisth., I, 758.) Um seines gemeinen Nutzens willen war der Hengst ebenso frei wie der Farre oder Zuchtstier. Es war nur erlaubt, sie mit einer kleinen Gerte, also mit möglicher Schonung, aus dem Garten zu treiben, »das erstemal drei Raine weit, das zweitemal sechs Raine weit; kommt er aber zum drittenmal, weil ihm die Weide so schmeckt, so soll ihm der Bauer auch zu trinken bringen«. (Vgl. Chabert, 139, 3.) Auch die Sau durfte ihre Ferkel frei durch eines andern Ackerland führen. (Grimm, Weisth., III, 807.) Einer besondern Unverletzbarkeit hatte sich eine weisse Sau mit neun schneeweissen Ferkeln ohne Flecken zu erfreuen. »Gehen diese in das Korn, man [504] darf darauf nicht werfen noch schlagen, sondern sie nur über die Furche, d.i. des Ackerlandes Grenze jagen.« (Grimm, Rechtsalt., 201.)
Mhd.: Hengst ist frey wi der fahr. (Grimm, Weisth., I, 758.)
7. Der Hengst wiehert seit allerlängst.
8. Dön Hingster diar 't Heewer ferthiine, jo fu't eg. (Amrum.) – Haupt, VIII, 362, 183.
Die Pferde, die den Hafer verdienen, bekommen ihn nicht. Auf Sylt: Di Hingster diär dit miist Haaver förtiini, plei dit menst tö foen. (Haupt, VIII, 362, 183.)
9. Ein müder Hengst zieht besser als ein ausgeruhter Wallach. (Sachsen.) – Boebel, 138.
10. Ein muthiger Hengst bekümmert sich nicht um den Fuhrmann.
11. Es ist eins, ob mich ein Hengst schlägt oder ein Ackerpferd.
12. Es ist kein Hengst so alt, der im Mai nicht noch einmal wieherte.
Frz.: Qui a bu, boira.
Lat.: Anus ad armillum.
13. Frö Hengst, frö Wallach. (Holst.) – Schütze, IV, 334.
Holl.: Vroeg hengst, vroeg guil. (Harrebomée, I, 305.)
14. Froh Hingst, froh Ruhn (Wallach). (Ostfries.) – Eichwald, 783; Goldschmidt, II, 157; Bueren, 467; Hauskalender, II; Frommann, V, 427, 469; Weserzeitung, 4057; Schütze, II, 139.
Wer früh ausschweift, richtet sich früh zu Grunde.
15. Hengst und Stute ziehen am Pfluge gleich.
Holl.: De hengst en de merrie trekken beide hunne streng even wel. (Harrebomée, I, 305.)
16. Hengstes Huf und Hundes Zahn, Schweins Hauer und Hahnes Sporn und Rindes oder Schafes Horn und all das Thier Verbrechen hängt halbe Buss, kein Frieden an. – Graf, 295; Hettema, Landr., 81.
Im Gegensatz zu andern germanischen Rechten, welche den Herrn des Thieres für die Beschädigungen desselben von jeder Busse befreien, legt dieser friesische Spruch ihm halbe Busse auf.
17. Ist der Hengst heraus, so verwahret man das Haus.
18. Lieber Hengst, stirb nicht, es kommt die Zeit, wo Gras wächst. – Simrock, 7848.
Die Venetier: Lebe, Pferd, denn das Gras kommt. Die Bergamasken: Pferd, stirb nicht; das Gras wird kommen. Die Mailänder: Warte, Pferd, das Gras wächst. Die Türken: Stirb nicht, o mein Esel, der Frühling kommt und mit ihm sprosst der Klee. (Reinsberg IV, 32.)
19. Trabender Hengst, trabende Stute, wie soll das Füllen langsam gehen!
Können diese Kinder bei dem Beispiel ihrer Aeltern wol anders sein?
20. Wenn der Hengst die Stute sieht, so wiehert er.
21. Wenn et dem Hängst te well is, dann schlât he dat Blick iut. (Sauerland.)
22. Wer den Hengst bekommen will, schlägt ihn nicht mit dem Zaum vor den Kopf.
Holl.: Wie den hengst krijgen wil, slaat hem niet met den toom vor den kop. (Harrebomée, I, 305.)
23. Wer wêt, wo Hingst is, wenn Gras wesst. (Seehausen.) – Firmenich, III, 122, 24; Danneil, 275; für Bremen: Köster, 253.
Gegen gar zu frühes Sorgen. (S. ⇒ Esel 480, ⇒ Gras 44.)
24. Wo Hengste sind, da sammeln sich die Stuten. – Altmann VI, 408.
25. Wo ist Hengst, wenn Grass wechst. – Petri, II, 806; Körte, 2746; Reinsberg IV, 32.
Alles kann vor jener Zeit noch anders werden.
Engl.: While the grass grows, the steed starves.
*26. Den falben Hengst streichen. – Agricola II, 97; Brandt, Nsch., 100; Franck, II, 11b; Eyering, II, 315; Eiselein, 298; Braun, I, 1269; Körte, 2746a; Gesner, Thierbuch, CXXXIIb.
»Wer jetzt kan streichen wol den Hengst; vnd ist zu allem beschiss der genst, der meint zu hoffe sein der lengst.«
*27. Mit dem falben Hengst umgehen. – Brandt, Nsch., 100.
»Mancher durch liegen wirt ein Herr, wenn er den Kautzen streichen kan, vnd mit dem falben Hengst vmgahn.« (Kloster, I, 751.)
28. Es ist ein abgerittener (alter) Hengst, der nichts mehr kann als wiehern. – Köhler, 9.
29. Wenn der Hengst alt wird, kommt er in die Salzmühle. – Schuller, 35.
*30. Du hettests so bald nit auff einem falben Hengst erritten. (S. Hengst ⇒ 26 u. ⇒ 27 und ⇒ Hengststeiger.) – Franck, II, 53a.
Buchempfehlung
In elf Briefen erzählt Peter Schlemihl die wundersame Geschichte wie er einem Mann begegnet, der ihm für viel Geld seinen Schatten abkauft. Erst als es zu spät ist, bemerkt Peter wie wichtig ihm der nutzlos geglaubte Schatten in der Gesellschaft ist. Er verliert sein Ansehen und seine Liebe trotz seines vielen Geldes. Doch Fortuna wendet sich ihm wieder zu.
56 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro