1. Da jederman gehet, wächst kein Grass. – Lehmann, 259, 2.
2. Der jedermans ist, der ist niemands. – Lehmann, 259, 22; Petri, II, 94.
3. Der jedermans ist, hängt sich an alle Räder wie Koth. – Lehmann, 259, 24.
»Hängt sich bald an diss, bald an ein ander Rad, so wirfft jn auch eine Speich zur andern von sich.«
4. Es hat jedermann ein freies Schürfen. – Eisenhart, III, 1, 17.
Schürfen heisst, Metall-, Kohlen- u.a. Gänge oder Heilquellen in der Erde aufsuchen. Dies ist, wie das Sprichwort sagt, jedem erlaubt, wenn dabei gewisse Bedingungen, z.B. die Schonung von Saatfeldern u.s.w., erfüllt werden. Da ein Land durch Entdeckung der unterirdischen Schätze sehr gesegnet wird, so sind sogar Belohnungen auf eine solche Arbeit gesetzt.
5. Es ist nie nicht gar nicht, was jederman spricht. – Latendorf II, 13.
6. Hans Jedermann hat ein gross Haus; es reicht von einem Thor bis zum andern. – Herberger, Herzpostille, I, 804.
7. Herr jederman regiert den Wahn. – Lehmann, II, 264, 28; Gruter, I, 49; Körte, 3173.
Wie wir einen Herrn Jedermann haben, so die Franzosen einen Tout le Monde, von dem das Volk Wunderdinge berichtet. Er soll ein wahrer Riese und lange der Kuhhirt von Chauny gewesen sein. Nach der Sage hütete er die Kühe zu Pferde, trug ein silbernes Trinkhorn bei sich, aus dem er jedem, der ihn besuchte, köstlichen Wein zu trinken gab. Er starb 119 Jahre alt und erhielt auf seinem Grabstein eine Inschrift, in welcher »alle Hirten, Kühe, Pferde und Esel« gebeten wurden, die Ruhe der Seele des »in vielen Städten des Landes mit grossem Lobe genannten Jedermann«, der an »Tugenden so fett wie ein Ochse«, nicht zu stören. Die Hirten behaupten, dass infolge dieser Anempfehlung sich das Vieh noch heutigen Tags weigere, auf dem Kirchhofe zu weiden, wo Tout le Monde begraben liegt. Wer dieser »Jedermann« eigentlich gewesen und wann er gelebt, weiss man nicht. Man erzählt zwar, Heinrich IV. habe, als er einen Kuhhirten von Chauny nach seinem Namen gefragt, die Antwort erhalten: Ich heisse Jedermann; aber da schon in dem »Spiel der guten Zeit« von d'Estrées, der 1472 in Amiens geboren wurde, geklagt wird, dass sich die gute Zeit nicht mehr finden lasse, nicht einmal bei »Johann Jedermann, dem Kuhhirt von Chauny«, so glauben einige, dass »Tout le Monde« der erbliche Spitzname einer Kuhhirtenfamilie in Chauny war, den man später auf alle Hirten übertragen habe, welche in den sumpfigen Niederungen der Gemeinde Vieh hüteten. (Reinsberg V, 149.)
8. Herrn Jedermann regiert der Wahn.
9. Herrn Jedermanns Wort ist (darum) kein Evangelium.
10. Jedermann deckt sich mit dem Schafpelz, damit man den Wolf nicht sehen kann.
11. Jedermann hält's mit dem grössten Haufen.
12. Jedermann hat sein Gutes.
Seinen Werth.
Frz.: Chacun vaut son prix. (Lendroy, 1499.)
13. Jedermann sagt es, niemand weiss es. – Simrock, 5228; Körte, 3178; Braun, I, 1655.
14. Jedermann trägt einen Sack im Busen.
15. Jedermann wird honorirt, so wie es ihm gebührt.
Spricht aus, wie es sein sollte. Auch die Engländer sagen: Ein jeder wird beachtet, je nachdem er's verdient. (Reinsberg III, 66.)
16. Jedermanns Freund, jedermanns Narr. – Braun, I, 1651.
17. Jedermanns Gesell ist niemands Freund. – Braun, I, 1652.
18. Lass unverachtet jedermann, du weisst nicht, was ein anderer kann. – Körte, 3180.
19. Man muss nicht jedermann die Hand geben.
Wähle deine Freunde mit Umsicht.
[1012] 20. Mit jedermann dich freundlich halt'; doch traue nicht, die Lieb' ist kalt.
21. Nicht jedermann lässt mit sich scherzen.
22. Was Herr Jedermann sagt, ist nicht ohne. – Simrock, 5229.
23. Was jedermann gefällt, ist schwer zu hüten.
Von den Gefahren, die mit dem Besitz schöner Frauen verbunden sind.
24. Wer jedermann den Mund stopfen wollte, bedürfte viel Mehl. – Körte, 3176; Braun, I, 1653.
25. Wer jedermanns ist, der ist niemands.
Dän.: Det som er hver mands, er ingen mands. (Prov. dan., 319.)
26. Wer's jedermann wollt' recht machen, der müsste früh aufstehen. – Körte, 3174 u. 3956.
27. Wo Herr Jedermann den Zaun hat, da steht's schlecht um Land und Stadt.
28. Wo jedermann geht, da wächst kein Gras. – Eiselein, 347; Simrock, 5224; Körte, 3179; Braun, I, 1654.
Ein Geschäft, das von vielen betrieben wird, wirft wenig Gewinn ab. Auch in Bezug auf die Kinderlosigkeit öffentlicher Frauenzimmer.
29. Es ist yederman bekandt, das herrengunst hat kein bestandt. – Loci comm., 79.
Lat.: Nescit durare fauor herilis, scio clare.
30. Jederman nach ehren ringet, wie wol das doch viel sorge bringet. – Loci comm., 86.
Lat.: Res honor est dulcis, sed magnum pondus honoris.
31. Jedermann ist zuletzt niemand. – Petri, II, 390.
32. Man kann nicht jedermann das maul zuknüpfen. – Mathesius, Postilla, CXCIXa.
Buchempfehlung
Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.
62 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro