Küstenland, österreichisch-illyrisches

[885] Küstenland, österreichisch-illyrisches (ital. Litorale, slowen. Primorje), das aus drei Kronländern: der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradisca, der Markgrafschaft Istrien und der reichsunmittelbaren Stadt Triest samt Gebiet, gebildete Verwaltungsgebiet des österreichischen Kaiserstaates (s. Karte »Krain-Küstenland«), wird im S. vom Adriatischen Meer, im W. von Italien (Provinz Udine), im N. von Kärnten und Krain und im O. von Kroatien begrenzt und umfaßt 7969 qkm (144,7 QM.), wovon auf Triest 95, auf Görz 2918, auf Istrien und die Inseln 4956 qkm entfallen Der nordwestliche Teil des Landes gehört zum Gebiet der Julischen Alpen, mit den durch das Isonzotal getrennten und durch den Sattel des Predil (1162 m) zusammenhängenden Gruppen des Monte Canin (2610 m) und des Triglav (Mangart 2678 m, Triglav 2864 m). Südlich von der Idria beginnt der Karst (s. d.), von dessen einzelnen Gruppen der Ternovaner Wald (1496 m), der eigentliche Karst (1029 m) und der den größten Teil von Istrien ausfüllende Tschitschenboden (Monte Maggiore 1396 m) dem K. angehören. Die Westküste der Halbinsel Istrien hat eine sanfte Abdachung mit bequemen Buchten und Häfen. Dagegen ist die vom Quarnero bespülte Ostküste steil und schroff. Am Golf von Triest ist die Küste gleichfalls steil und wird erst am Busen von Monfalcone flach, von wo sich bis zur italienischen Grenze die Lagunen von Grado hinziehen. An der Westküste von Istrien liegen die Brionischen Inseln, im Quarnerobusen die größern Inseln Veglia, Cherso, Lussin und Unie nebst kleinern Felseilanden. Die Höhenzüge dieser wasserarmen, von Längentälern durchschnittenen Inseln haben, wie die istrischen Gebirge, die Richtung von NW. nach SO. Das Karstgebiet des Küstenlandes enthält großartige Höhlen mit Tropfsteingebilden (Grotte von Corgnale, St. Kanzian etc.). Von den Küstenflüssen, die sich in das Adriatische Meer ergießen, sind der Isonzo (s. d.), dann in Istrien der Quieto und die Arsa die bedeutendsten. Größere Seen sind der schlammige Čepičsee nahe der Ostküste Istriens und der Vranasee auf der Insel Cherso. Das Klima ist am obern Isonzo ziemlich rauh, im übrigen warm. In Triest und Pola ist die mittlere Temperatur 14°, in Görz 12,6°. Gewitter sind häufig, die Regenmenge beträgt in Triest im Jahresmittel 111 cm.

Die Zahl der Bewohner betrug 1890: 695,384,1900: 756,546 (wovon auf Triest 178,599, auf Görz und Gradisca 232,897, auf Istrien 345,050 kommen). Auf 1 qkm entfallen 95 Bewohner. Die Bevölkerung ist fast ausschließlich römisch-katholisch, der Nationalität nach sind 50 Proz. Slawen (und zwar Slowenen im Görzischen, in Triest und im nördlichen Teil von Istrien, Serbokroaten im südlichen Teil Istriens), 47 Proz. Italiener, 3 Proz. Deutsche und Angehörige verschiedener Stämme. Im allgemeinen ist das K. an Ackerbau produkten ziemlich arm, obwohl nur 6,5 Proz. unproduktives Land sind. 12,8 Proz. kommen auf Äcker, 12,5 auf Wiesen, 2,2 auf Gärten, 6,9 auf Weingärten, 29,7 auf Weiden und 29,3 Proz. auf Waldungen. Das Ackerland wird hauptsächlich mit Mais und Weizen bebaut; 1903 wurden von ersterm 262,650, von letzterm 126,212 metr. Ztr. geerntet. Außerdem werden auch andre Getreidesorten, Buchweizen und Sorghum, etwas Reis, ferner Kartoffeln (249,164 metr. Ztr.), Wein (432,332 hl), Feigen (13,063 metr. Ztr.), Kastanien (9983 metr. Ztr.) und andres Obst (37,309 metr. Ztr.) sowie Olivenöl (7492 metr. Ztr.) gewonnen. Die Viehzucht ist gering; die Pferde (1900: 10,468 Stück) werden namentlich in Istrien durch Maultiere und Esel (18,950 Stück) ersetzt. Der Bestand an Rindvieh (139,692 Stück) ist unzureichend; zahlreicher sind die Schafe (252,754 Stück), besonders in Istrien, jedoch von gemeinem Schlage. Von Bedeutung ist im ganzen K. die Seidenraupenzucht (Ertrag an Kokons 1896: 632,000 kg), dann die Seefischerei, die Thunfische, Sardellen, Branzine und Schaltiere liefert (Wert der Ausbeute 1901/02: 3,232,784 Kronen). Auch an Bergbau produkten ist das K. arm. Es werden nur Braunkohlen (1903: 942,824 metr. Ztr.) bei Albona in Istrien gefördert. Die Salinen von Capodistria und Pirano ergaben 259,723 metr. Ztr. Seesalz. Auch liefern die Steinbrüche von Istrien einen sehr geschätzten Baustein. Die im allgemeinen nicht bedeutende Industrie hat hauptsächlich in den Städten Triest und Görz (s. d.) ihren Sitz; sonst wird noch besonders Rohseidengewinnung, Konservenfabrikation, Steinbearbeitung und Schiffbau betrieben. Haupterwerbszweige der Bewohner des Küstenlandes sind Handel und Seeschiffahrt. Das ganze Küstenland zählt 74 Häfen, unter denen Triest (s. d.), der wichtigste Hafen Österreichs und der Adria, den ersten Rang einnimmt. Von den übrigen Häfen haben noch Pola, Lussin piccolo und Rovigno größere Bedeutung. Die Handelsflotte belief sich Ende 1903 auf 5205 Schiffe mit 258,337 Ton. und 15,527 Mann Besatzung. An Eisenbahnen besitzt K. 318,5, an Landstraßen 5099, an Wasserstraßen 118,5 km. An Bildungsanstalten bestehen 501 Volksschulen, die von 87 Proz. der schulpflichtigen Jugend besucht werden, 7 Gymnasien und 4 Realschulen (je drei mit deutscher Unterrichtssprache), eine Lehrer- und eine Lehrerinnenbildungsanstalt, ein erzbischöfliches Seminar, eine Handels- und nautische Akademie und eine Handelshochschule, eine Staatsgewerbeschule, 7 gewerbliche Fachschulen, eine nautische Schule, 2 landwirtschaftliche und eine Weinbauschule. Was die Verfassung und Verwaltung anlangt, so ist für die Stadt Triest mit ihrem Gebiet der Stadtrat zugleich die Landesvertretung. Die Grafschaft Görz und Gradisca und die Markgrafschaft Istrien haben selbständige Landesvertretungen. Der Landtag für Görz und Gradisca besteht aus 22 Abgeordneten: dem Fürsterzbischof von Görz, 6 Abgeordneten des Großgrundbesitzes, 5 der Städte und Märkte, 2 der Görzer Handels- und Gewerbekammer, 8 der Landgemeinden; der für Istrien aus 33 Mitgliedern: den 3 Bischöfen von Triest, Parenzo und Veglia, 5 Abgeordneten des Großgrundbesitzes, 11 der Städte, 2 der Handels- und Gewerbekammer in Rovigno und 12 der Landgemeinden. Versammlungsorte[885] der Landtage sind Görz und Parenzo. In den Reichsrat senden die drei Kronländer, die das K. ausmachen, je fünf Vertreter. Die politische Verwaltung übt zu oberst die Statthalterei in Triest aus. Diese Stadt ist zugleich der Sitz des Oberlandes-, Landes-, Handels- und Seegerichts, der Finanzdirektion und Seebehörde. In kirchlicher Beziehung ist das K. in vier Diözesen: das Erzbistum Görz und die Bistümer Triest-Capodistria, Parenzo-Pola und Veglia, geteilt. Die Einteilung in politische Bezirke, Areal und Bevölkerung zeigt folgende Tabelle:

Tabelle

Vgl. v. Czoernig, Die ethnologischen Verhältnisse des österreichischen Küstenlandes (Triest 1885); »Spezialortsrepertorium des österreichisch-illyrischen Küstenlandes« (hrsg. von der statistischen Zentralkommission, Wien 1894); »Die österreichisch-ungarische Monarchie«, Bd. 10 (Wien 1891); Benussi, Manuale di geografia, storia e statistica della regione Giulia (litorale), etc. (2. Aufl., Parenzo 1903); Pospíchal, Flora des österreichischen Küstenlandes (Wien 1897–99, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 885-886.
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