Tonwaren

[612] Tonwaren (hierzu Tafel »Tonwarenfabrikation« mit Text), aus Ton geformte und gebrannte, oft glasierte Gegenstände. Nach der innern Beschaffenheit der gebrannten Masse unterscheidet man zwei Gruppen von T., je nachdem die Masse, der Scherben, auf dem Bruch dicht, geschlossen, d. h. gesintert erscheint und an der Zunge nicht haftet, oder erdig, porös, nicht geschlossen ist und an der Zunge haftet. Jede Gruppe enthält mehrere Arten von T.

I. Dichte G. A. Der Scherben ist weiß, durchscheinend. 1) Echtes oder hartes Porzellan (Feldspatporzellan) wird dargestellt aus Kaolin (kieselsaure Tonerde, Tonsubstanz) mit Feldspat und Quarz als Flußmitteln. Das Mischungsverhältnis ist abhängig von der Zusammensetzung des Kaolins. Im allgemeinen rechnet man auf 40–66 Proz. Tonsubstanz (Al2O3.2SiO2.2H2O), 40–12 Proz. Quarz und 30–15 Proz. Feldspat. Bisweilen setzt man zur Erhöhung der Bildsamkeit noch weißbrennenden plastischen Ton zu. Das Schwinden und damit die Neigung zum Reißen vermindert man durch größern Zusatz von halbfein gemahlenem Sand (porcelaine grosse von Deck) oder gemahlenen gebrannten Scherben, auch wird bisweilen etwas Kalk (bis 6 Proz.) zugesetzt. Beim Brennen des Porzellans bilden sich aus der Tonsubstanz des Kaolins, dem Feldspat und Quarz saure Silikate, die bei der hohen Temperatur des Ofens zwar nicht schmelzen, aber eine gesinterte Masse bilden, in der man unter dem Mikroskop eine durchsichtige glasige Substanz und undurchsichtige Tonteilchen unterscheidet. Zur Herstellung des Porzellans wird das Kaolin, um es von beigemengten Mineraltrümmern, meist grobkörnigern Quarz- und Feldspatresten, zu befreien, in Schlämmtrommeln mit[612] Wasser angerührt und die Mischung durch Kasten und Rinnen, in denen sich die gröbern Teile absetzen, und zuletzt durch ein seines Sieb in Absatzbottiche geleitet, in denen das reine Kaolin sich sammelt. Quarz und Feldspat werden durch Kalzinieren und Abschrecken mürbe gemacht, auf Kollergängen und in Mahltrommeln (Alsingtrommeln) gemahlen und dann mit dem Kaolin gemischt. Das Mischungsverhältnis wird durch chemische Analyse des Kaolins festgestellt. Die fertige Mischung wird auf Filterpressen entwässert und dann in der Regel, wenigstens in größern Fabriken, oft unter Zusatz von Jauche etc., etwa ein Vierteljahr der Fäulnis überlassen, um sie gleichmäßiger und leichter verarbeitbar zu machen. Eine völlig befriedigende Erklärung des hierbei verlaufenden Prozesses ist nicht bekannt. Vor der Verarbeitung wird die Masse schließlich durch Kneten und Schlagen, auch wohl auf einer Knetmaschine von Luftbläschen befreit und völlig homogen gemacht. Das Formen des Porzellans geschieht auf der Dreh- oder Töpferscheibe freihändig und mit Schablonen oder mit Hilfe von Gipsformen. (Näheres s. die Tafel.) Die geformten und bisweilen in geheizten Schränken getrockneten Gegenstände werden einzeln oder zu mehreren in Schamottekapseln gebracht und diese in Stößen auseinander geschichtet in den Verglühraum des Porzellanofens gestellt. Das Verglühfeuer wird bis zur Schmelzhitze des Silbers oder wenig höher gesteigert. Bei dieser Temperatur verliert die Tonsubstanz ihr chemisch gebundenes Wasser, und das Porzellan erhält Festigkeit genug, um es handhaben zu können; es bleibt aber stark saugend und ist wenig klingend. Unglasiertes Porzellan kommt zweimal gebrannt als Biskuit in den Handel, besonders in Form von Kunstgegenständen, alle Gebrauchsgegenstände aber werden glasiert.

Die Porzellanglasur ist sehr hart, glatt, glänzend, bekommt nicht leicht Risse und haftet sehr fest auf dem Porzellan. Diese Eigenschaften verdankt sie ihrer Zusammensetzung, die mit der des Porzellanscherbens nahezu übereinstimmt. Man bereitet sie aus einem Gemenge von feingepulvertem und geschlämmtem, zum Teil gebranntem Kaolin, Feldspat, Sand und Marmor (Kalkspat, Kreide), setzt auch Magnesit und gebrannte und gemahlene Scherben von verglühtem Porzellan zu. Die Glasur (s. d.) wird in der Regel durch Eintauchen aufgebracht, bei Blumen, seinen Reliefs oder Figuren, die eine nur ganz schwache Glasurschicht erhalten dürfen, nach stärkerm Brennen im Scharffeuer durch Begießen; manche farbige Glasuren werden mittels eines Zerstäubers aufgetragen. Soll bei billigen Waren der Verglühbrand erspart werden, so wird die Glasur wohl auch aufgestäubt. Bei zu schwachem oder zu starkem Brennen des Porzellans wird die Glasur haarrissig, indem sie nicht hinreichend verglast oder durch Aufnahme von Bestandteilen aus dem Scherben eine fehlerhafte Beschaffenheit erhält. Man benutzt indes auch absichtlich Glasuren, die ein vielmaschiges Netz von Sprüngen bilden (Craqueléglasuren). Derartige Glasuren sind sehr reich an Kieselsäure oder an Alkalien.

Beim Garbrennen des Porzellans (über die Öfen s. Tafel), das eine bedeutend höhere Temperatur (Weißglut) als das Verglühen erfordert (Scharffeuer, Gutfeuer), ist anfangs eine reduzierende Flamme bei weniger hoher Temperatur erforderlich, um die Bildung von Sulfaten aus dem in den Feuerungsgasen enthaltenen Schweflig- und Schwefelsäureanhydrid in der Glasur und im Scherben zu verhindern. Die Sulfate würden sich später unter Bildung von Blasen in der Glasur zersetzen. Immerhin muß noch in der Masse abgelagerter Kohlenstoff beim Beginn des Garbrennens herausbrennen, weil spätere Verbrennung die gesinterte Masse austreiben würde. Durch Reduktion werden auch die die Scherben gelb färbenden Eisenoxydverbindungen in nicht färbende Eisenoxydulverbindungen verwandelt. Das gebrannte Geschirr muß sehr langsam gekühlt werden, und hierbei wie bei späterm häufigen Brennen in der Muffel unter dem Einfluß einer oxydierenden Atmosphäre kann sich das Porzellan wieder gelblich färben. Das dem Ofen entnommene Geschirr wird sortiert, wobei sich verhältnismäßig wenig vollkommen fehlerfreie Ware (Feingut) ergibt. Ein großer Teil des Porzellans wird mit Malerei dekoriert, und hierbei kann mancher Fehler verdeckt werden. Die Porzellanfarben sind gefärbte Gläser oder Glasuren, die durch Einschmelzen oder Einbrennen befestigt werden. Eine beschränkte Anzahl von Farben erträgt die Hitze des Garbrandes, ohne zerstört zu werden (Scharffeuerfarben); sie können unter Glasur aufgetragen und mit ihr im Garofen eingeschmolzen werden. Am häufigsten benutzt man Blau (Kobaltoxydul, Blaumalerei, Zwiebelmuster), seltener Grün (Chrom), Graugrün (Eisen), Gelblich (Mangan), Braun (Nickel). Auch einige farbige Glasuren ertragen das Scharffeuer. Man malt auch mit Kobaltfarbe auf glasiertem Geschirr, frittet die Farbe bei niederer Temperatur an, überfängt das ganze Stück mit einer zweiten Glasurschicht und brennt es nochmals im Gutfeuer. Im allgemeinen ist die Scharffeuerdekoration des Hartporzellans eine Spezialität weniger Kunstinstitute. Über Pâte sur pâte s. d. Die meisten Porzellanfarben (weiche oder Muffelfarben) werden auf der Glasur des gargebrannten Porzellans aufgetragen und in Muffeln bei 700–850° eingebrannt. Alle Muffelfarben liegen auf dem Porzellan fühlbar erhaben und sind als weiche Bleigläser der Abnutzung stark unterworfen. Als Farbstoffe benutzt man Eisenoxyd für Rot, Braun, Gelb, Violett, Chromoxyd für Grün, Chromoxyd und salpetrigsaures Kobaltoxydkali für Blau und Schwarz, Uranoxyd für Orange und Schwarz, Manganoxyd für Violett, Braun und Schwarz, Iridiumoxyd für Schwarz, Titanoxyd und Antimonoxyd für Gelb, Kupferoxyd und Kupferoxydul für Grün und Rot, Goldpurpur für Purpur und Rosenrot etc. Bei Vergoldung wird feinverteiltes Gold mit basisch salpetersaurem Wismut und mit Quecksilberoxydul gemischt aufgetragen. Auch benutzt man Muschel- oder Malergold und brennt in der Muffel ein. Diese Vergoldung (Massivgold, Aufsatzgold) erscheint matt und erhält erst durch Polieren mit Achat und Blutstein Glanz. Zur Belebung des Ornaments dient die Goldunterlage. Man trägt auf die Glasur das Gold auf, darauf ein mit Porzellanmasse versetztes Flußmittel oder ein schwer erweichendes Email und überzieht nach dem Einbrennen nochmals mit Gold (Reliefgolddekoration). Zur Meißener oder Glanzvergoldung benutzt man ein Präparat, das aus Goldchlorid, Schwefelgold oder Knallgold mit Schwefelbalsam besteht. Man erhält hier direkt glänzende Vergoldung, die aber sehr vergänglich ist. Galvanoplastisch kann die Glanzvergoldung verstärkt werden; die erhaltene mattglänzende, versilberte oder vergoldete Schicht wird mit dem Achat graviert. Beim Porzellandruck wird eine gravierte Kupfer- oder Stahlplatte mit Emailfarbe eingerieben, die Zeichnung[613] auf feines weiches Papier gedruckt und dieser Druck auf verglühtes Porzellan übertragen. Das Papier wird mit Wasser abgeweicht, wobei die Farbe auf dem Porzellan haften bleibt, so daß sie nun im Garfeuer oder in der Muffel eingebrannt werden kann. Über Lithophanien s. d. Über Porzellanmalerei als Kunstbeschäftigung s. den besondern Artikel.

2) Weichporzellan. a) Frittenporzellan (pâte tendre artificielle) wird seit 1695 in Frankreich aus 75 Teilen einer Fritte, die man aus Salpeter, Kochsalz, Soda, Alaun, Gips und Sand durch Erhitzen, Pulvern und Waschen bereitet, mit 17 Teilen Kreide und 8 Teilen Kalkmergel hergestellt. Die Masse erhält ihre Plastizität durch Zusatz von Schmierseife und Pergamentleim oder durch Gummiarabikum und kann auf der Drehscheibe verarbeitet werden, sie wird aber auch mittels komprimierter Luft gegossen. Wegen seiner Leichtflüssigkeit muß das Frittenporzellan beim Brande, für den das Verglühfeuer des Porzellanofens genügt, sehr sorgfältig gestützt werden. Die Glasur, ein bleihaltiges Glas, wird bei niederer Temperatur aufgebracht. Die Ware ist schön durchscheinend, von feinkörnigem Bruch, gegen Temperaturwechsel sehr empfindlich. Eine ähnliche Masse ist das Heißgußporzellan (s. Kryolith).

b) Das englische Frittenporzellan (Knochenporzellan, pâte tendre naturelle, zuerst 1752 von Chefsers in Liverpool verfertigt, zum Teil auch das nordamerikanische Iron-Stone) besteht aus kalkhaltigem Porzellanton von Cornwall (Cornish stone, verwitterter Pegmatit), Kaolin und phosphorsaurem Kalk (Knochenasche und Phosphorit). Letzterer macht die Masse leichtflüssig. Dies Porzellan wird im ersten Feuer nahezu gargebrannt und erhält im zweiten, schwächern Feuer eine leichtflüssige Glasur aus Cornish stone, Kreide, Feuerstein, Borax und Bleioxyd. Die Masse läßt sich gut verarbeiten, auch gießen und sehr dünnwandig verarbeiten. Das Brennen erfordert große Vorsicht, weil die Masse alsbald nach dem Sintern schmilzt. Das Porzellan ist sehr durchscheinend, weiß und leicht; auf der leichtflüssigen Glasur sind die schönsten Farbennuancen anwendbar. Man benutzt es hauptsächlich zu Zier- und Luxusgegenständen, während sich zu Hausgerät in England das Steingut eingebürgert hat. Parisches Porzellan (Parian, Statuenporzellan) zu Figuren bleibt unglasiert und muß einen durchscheinenden, wachsartig schimmernden (nicht seifigen) Scherben von angenehmer Farbe besitzen. Es bedarf eines hohen Gehalts an Flußmitteln. Man benutzt dazu Knochenporzellan, aber auch Feldspatporzellanmasse. Eine solche entspricht einer Mischung von 68 Proz. Feldspat und 32 Proz. quarzfreiem Kaolin. Ähnlich ist der Carrara. Frittenporzellan und Knochenporzellan werden unter und auf der Glasur dekoriert.

c) Segerporzellan, das sich dem japanischen Porzellan nähert, wird seit 1880 nach Angaben von Seger in der Berliner Porzellanmanufaktur aus plastischem Ton mit Kaolin, Quarz und Feldspat dargestellt. Die Masse enthält 25 Proz. Tonsubstanz, 45 Proz. Quarz und 30 Proz. Feldspat, ist sehr plastisch, muß vorsichtig getrocknet werden und wird bei niederer Temperatur als Hartporzellan gargebrannt. Es ist nach dem Brennen durchscheinender als Hartporzellan und je nach der Beschaffenheit der Feuerungsgase elfenbeinartig gelb oder etwas blaugrau. Die Glasur enthält mehr Alkali und weniger Kieselsäure als die des Hartporzellans, wird auf die verglühten Gegenstände aufgetragen und im Glattbrand mit dem Porzellan zusammen gar. Segerporzellan gestattet größere Mannigfaltigkeit in den Farbtönen der Scharffeuerglasuren, weil man die zum Garbrennen erforderliche Temperatur bei oxydierender Flamme erreicht. Charakteristisch für Segerporzellan sind die Uran-, die pinkroten und die blutroten Kupferoxydulglasuren (Chinesischrot), auch werden Craqueléglasuren in mehreren übereinander liegenden Farbentönen mit großem Erfolg angewandt. Zur Dekoration über der Glasur verwendet man hoch aufliegende durchsichtige Gläser (barytborsäurehaltige Silikate), Email- und Muffelfarben. Eigenartig ist die Malerei zwischen zwei Glasuren, von denen die obere in der Muffel ausgebrannt wird. Sie ist der Scharffeuerglasur analog zusammengesetzt, doch ist der dritte Teil der Kieselsäure durch eine äquivalente Menge Borsäure ersetzt.

B. T. mit weißem oder farbigem, undurchsichtigem oder wenig durchscheinendem Scherben. Steinzeug mit dichtem, gefrittetem, gleichartigem, klingendem Scherben. Man unterscheidet feines Steinzeug weiß oder fast weiß, wie die Mettlacher Waren von Villeroy und Boch, die Wedgwoodfabrikate, die weiß oder durch Angußmassen (Engoben) gefärbt sind (je nach dem Aussehen: Basaltgut, Jaspisgut, Ägyptian, Biskuitgut), und gemeines Steinzeug, hellgrau, gelb, gelbbraun, wie das Koblenzer oder flandrische Geschirr, das vor Erfindung des Porzellans in Deutschland allgemeines Gebrauchsgeschirr war (Krugbäcker, Kannebäcker), aber auch Wasserleitungsröhren, Fliesen und allerlei Geräte und Gefäße für die Industrie. Man benutzt zum Steinzeug Tone, die sich meist über der Kreide, im Kohlengebirge finden; sie sind sehr plastisch, ziemlich feuerfest und brennen sich je nach ihrem Eisengehalt weißgelb bis braun, bei reduzierender Flamme grau. Bisweilen setzt man Feldspat oder Quarz, auch gemahlene unglasierte Scherben zu. Sehr häufig gibt man dem Steinzeug Salzglasur (s. Glasur). Feinere Gefäße werden oft mit Schmalte, Chromoxyd, Eisenoxyd oder mit Unterglasurfarben wie Steingut bemalt und dann mit einer leicht schmelzbaren durchsichtigen Glasur versehen, die in einem Feuer mit den Gefäßen gargebrannt wird. Man benutzt Feldspatglasuren, bisweilen auch Blei- oder Barytborsäuresilikate. Die in chemischen Fabriken gebrauchten Geräte, wie Abdampfschalen, Kühlschlangen, Chlortöpfe, erhalten eine Lehmbegußglasur aus leichtflüssigem eisenschüssigen Ziegelton, der im Steingutosen eine rotbraune, wenig durchsichtige Glasur bildet. An die Widerstandsfähigkeit einer solchen Glasur gegen Säuren und Alkalien werden unter Umständen hohe Anforderungen gestellt, sie muß »säurebeständig« und sehr hart sein. Man brennt Steinzeuggeschirre in Kapseln oder schützt die größern Gegenstände vor Flugasche durch Einbauen mit Ziegeln. Als Brennöfen benutzt man Rundöfen mit aufsteigender oder überschlagender Flamme oder Mendheimsche Gasöfen. Die Mettlacher Fliesen enthalten auf einer minderwertigen Grundmasse eine farbige Engobeschicht von 2–3 mm Stärke. Die gepulverte Tonmischung von 6–8 Proz. Feuchtigkeit wird mit Schablonen aufgetragen und auf hydraulischen Pressen unter einem Druck von 250 Atmosphären gepreßt.

II. Poröse G. mit nicht geschlossenem, saugendem Scherben. 1) Steingut (feine Fayence, englisches Steingut, Hartsteingut, Halbporzellan, Sanitätsgut, Gesundheitsgeschirr)[614] mit weißem, hartem, klingendem Scherben, von erdigem Bruch, wird aus fettem, bildsamem Ton mit Zusatz von feingemahlenem Feuerstein (Flint) oder Quarz (auch Feldspat und Kreide) hergestellt. Die geformte Ware wird verschrüht (bei ziemlich hoher Temperatur [1300–1450°] gebrannt, Biskuitbrand), dann dekoriert (oft bedruckt) und glasiert, seltener auf der Glasur bemalt. Letztere besteht aus durchsichtigem Bleialkalisilikat oder bleifreiem Barytborsäuresilikat, auch werden harte, bleifreie borsäurehaltige Kalktonerdeglasuren benutzt, die dem Steingut ein porzellanartiges Ansehen geben, und die sogen. Flowing colours (Näheres s. Glasur). Für künstlerische, farbenprächtige Malereien benutzt man nur bleihaltige, alkalireiche Glasuren, deren Lichtbrechungsvermögen die künstlerische Wirkung der Farben steigert. Als Angußmassen verwendet man für Steingut bisweilen gelb- oder rotbrennende kalkfreie Tone. Das Ausbrennen der Glasur, der Glattbrand, geschieht bei etwa 1000° in Kapseln. Da sich nun hierbei nicht wie beim Porzellan das Geschirr verzieht, so braucht man nicht jedes Stück in eine besondere Kapsel zu stellen, sondern kann mehrere Stücke übereinander schichten, wobei nur die gegenseitige Berührung durch feinspitzige Pinnen von Tonmasse verhindert wird. Ein Teller z. B. ruht dann auf drei Pinnen, deren Marken man auf der Unterseite des breiten Randes als kleine Glasurfehler leicht auffindet. Hierdurch unterscheidet sich ein Fayenceteller von einem Porzellanteller, welch letzterer beim Brande mit seinem untern Rand auf dem Boden der Kapsel steht und hier zur Verhinderung des Anschmelzens von Glasur befreit wird. Der seinen Fayence schließen sich auch die kölnischen oder holländischen Tonpfeifen aus reinem weißen Ton ohne Zusatz und die lackierten T., wie Terralith, Hydrolith, Siderolith, an. Der Biskuitbrand wird vielfach in Mendheimschen Gasöfen ausgeführt, auch Rundöfen, ähnlich den Porzellanöfen mit aufsteigender oder absteigender Flamme, sind in Anwendung. Hierbei findet in der untern Kammer der Biskuitbrand und in der obern gleichzeitig das Ausbrennen der Glasur statt. Da das Steingut beim Brennen nicht erweicht, so kann man beim Verschrühen eine ganze Anzahl der Stücke auseinander stellen. Der Steingutofen von Schon ist ein Rundofen und besteht aus drei übereinander liegenden Etagen, deren oberste zum Biskuitbrand dient, während in der mittlern feuerfeste Steine und in der untersten die glasierten Stücke gebrannt werden. Die oberste Kammer wird durch sieben Feuerungen mit Steinkohlen geheizt; die überschlagende Flamme wird durch Füchse, die sich in der Sohle befinden, in die mittlere Kammer geführt und von da direkt in die unterste, aus der sie, in einem unter derselben liegenden Rauchkanal gesammelt, in die Esse entweicht.

2) Majolika (gemeine Fayence) mit erdigem, weichem (mit dem Messer ritzbarem) Scherben, wird meist aus kalkhaltigem Töpferton dargestellt. Man setzt dem geschlämmten Ton den erforderlichen Kalk und als Magerungsmittel Sand zu oder schlämmt ihn auch mit Mergel zusammen. Die getrockneten Gegenstände werden bei etwa Silberschmelzhitze verglüht, dann glasiert und etwa bei derselben Temperatur fertig gebrannt. Man benutzt meist liegende, viereckige, seltener runde Öfen mit aufsteigender Flamme. Die Geschirre werden durch Einkapseln oder durch Einbauen vor Flugasche geschützt. Die Glasuren sind bleihaltig und meist durch Zinnoxyd undurchsichtig gemacht, auch durch Metalloxyde gefärbt. Zur Malerei auf der Glasur benutzt man Porzellanfarben, die durch Zusatz von weißer Zinnglasur schwerer schmelzbar gemacht sind. Auch Lüsterdekor findet ausgedehnte Anwendung. Gemeine Fayence besitzt meist geringe Festigkeit und springt leicht beim Erhitzen, so daß sie als Kochgeschirr nicht benutzt werden kann. Über Majolikamalerei s. d.

3) Töpfergeschirr (Weiß- und Brauntöpferei). Ordinäres Töpfergeschirr wird aus den verschiedensten Tonen, namentlich aus Töpferton und Tonmergel, dargestellt und kann nur bei Dunkel- bis Hellrotglut gebrannt werden. Infolgedessen bleibt die Masse sehr porös und wird nur durch die Glasur gebrauchsfähig. Letztere muß daher auch sehr haltbar sein und darf nicht rissig werden oder abblättern. Die Geschirre ertragen starken Temperaturwechsel und sind daher auch als Kochgeschirr verwendbar. Für die sogen. Weißtöpferei, die gemeines Küchengeschirr herstellt, benutzt man den gemeinen Töpferton, für die Brauntöpferei, zu der das Bunzlauer und Waldenburger Geschirr gehört, einen ziemlich feuerbeständigen Ton. Zu fetter Ton wird mit magerm Ton oder Sand, auch wohl mit Feuerstein, Kreide, Schamotte, Steinkohlenasche gemischt und, nachdem er monatelang gelegen hat, getreten, auf dem Tonschneider bearbeitet, geknetet, einem Fäulnisprozeß unterworfen und abermals getreten, geknetet etc., bis er hinreichend homogen geworden ist. Das Schlämmen ist in der Regel zu teuer. Die auf der Drehscheibe geformten und getrockneten Gegenstände werden häufig mit einem Schlamm aus weißem oder farbigem Ton, auch wohl unter Zusatz färbender Metalloxyde begossen (engobiert), um ihnen eine bestimmte Farbe zu erteilen, und, nachdem der Beguß getrocknet ist, durch Eintauchen, Begießen oder Bestäuben mit Glasur versehen. Letztere ist eine leicht schmelzbare Bleiglasur aus Bleiglätte oder Bleiglanz und Lehm, der häufig färbende Metallpräparate beigemengt werden (vgl. Glasur). Die ordinäre Töpferware wird in der Regel nur einmal (mit der Glasur) und ohne Kapseln gebrannt. Der Boden der Gefäße darf keine Glasur erhalten, damit er nicht anschmilzt, auch muß die gegenseitige Berührung der Geschirre tunlichst vermieden werden. Die Töpferöfen sind meist liegende Flamm öfen mit nur einer Feuerung an der einen und der Esse an der andern Seite. Der Feuerraum ist vom Brennraum in der Regel durch eine durchbrochene Mauer geschieden, welche die Feuerungsgase möglichst gleichmäßig verteilen, Flugasche zurückhalten und, wenn glühend, zur Rauchverbrennung beitragen soll. Sehr gebräuchlich ist der Kasseler Ofen (s. Mauersteine, S. 452). Auch Gasfeuerung ist auf Töpferöfen mit Vorteil angewendet worden, und bei großem Betrieb benutzt man die kontinuierlichen Ringöfen, die zuerst für Ziegeleien konstruiert wurden. Über Mauersteine und Terrakotta (»gebrannte Erde«) s. diese Artikel; über die Geschichte der Tonbildnerei s. Keramik. Vgl. Bischof, Gesammelte Analysen der in der Tonindustrie benutzten Mineralien etc. (Leipz. 1901); Loeser, Handbücher der keramischen Industrie (Halle 1901–04, 2 Tle.); Störmer, Untersuchungsmethoden der in der Tonindustrie gebrauchten Materialien (2. Aufl., Freiberg 1902); Kerl, Handbuch der gesamten Tonwarenindustrie (3. Aufl. von Cramer und Hecht, Braunschw. 1907); Dietz, Steinzeug, Steingut, Töpferwaren (Halle 1907) und Das Porzellan (das. 1907); Hegemann, Die Herstellung des Porzellans (Berl. 1904); Granger, La céramique industrielle (Par. 1905; deutsch von Keller, Berl. 1907); Arnaud und Franche, Manuel de [615] céramique industrielle (Par. 1906); Mendheim, Brennöfen mit Gasfeuerung (Berl. 1877); Liebold, Die neuen kontinuierlichen Brennöfen (Halle 1876); Schmatolla, Die Brennöfen für T. etc. (Hannov. 1903) und die kunstgeschichtliche Literatur bei Artikel »Keramik«. Zeitschriften: »Tonindustriezeitung« (Berl., seit 1876); »Tonwarenfabrikant« (Stuttg., seit 1874); »Tonwarenindustrie« (Bunzlau, seit 1887); »Tonindustrie« (Dresd., seit 1896); »Ziegel, Kalk, Zement« (Halle, seit 1907).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 612-616.
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