Meteōre

[187] Meteōre (v. gr.), 1) alle auffallenden u. vorübergehenden sichtbaren Erscheinungen, die über der Erde u. am Himmel eintreten. In ältester Zeit wurden (von Aristoteles) auch schnell u. unerwartet eintretende Vorgänge auf der Erde, die man aber doch mit Erscheinungen am Himmel in nächste Beziehung brachte, wie Meeresstürme, od. auch Erdbeben, in diesen Kreis gezogen. Neuere Physiker, wie Kastner, betrachten Alles, was sich über dem Erdkreis, auch jenseit der Erdatmosphäre, der Beobachtung darbietet, als M. u. unterscheiden hiernach Äthermeteore (darunter selbst die sichtbaren Weltkörper) u. atmosphärische M.; bes. 2) Vorgänge in der Atmosphäre, die auf eine besondere u. bestimmte Art, aber nur auf kurze Zeit eintreten u. durch die Ungewöhnlichkeit, sowohl der Erscheinung von sich, als der Stärke u. Heftigkeit, womit sie hervortreten, die Aufmerksamkeit erregen. Man unterscheidet sie als wässrige, feurige, optische (Regenbogen) u. elektrische M.; gewöhnlich sind mehre derselben vereint, wie namentlich beim Gewitter. Bes. 3) als Feuermeteore schnell u. unerwartet am Himmel vorüberziehende Erscheinungen. Außer dem Nordlicht (s.d.), sind bes. Sternschnuppen u. Feuerkugeln darunter befaßt. Beide haben sehr viel Übereinstimmendes. Die Sternschnuppen sind kleiner u. häufiger, erscheinen an einer Stelle des heitern nächtlichen Himmels als Lichtpunkt in Gestalt eines größern od. kleinern Sternes, der sich über einen Theil des Himmels fortbewegt u. dann eben so plötzlich wieder verschwindet, indem er bisweilen eine, eine kurze Zeit leuchtende Straße hinterläßt. Feuerkugeln sind im allgemeinen den Sternschnuppen ähnliche, aber glänzende Erscheinungen; der Anfangs gewöhnlich klein erscheinende Lichtpunkt wächst bei seiner Bewegung zu einer flammenden, einen Schweif hinterlassenden, zuweilen explodirenden u. dabei mit einem Wölkchen umgebenen Kugel. Über die wirkliche Beschaffenheit dieser M. ist man trotz zahlreicher in der neusten Zeit gesammelten Erfahrungen noch nicht im Klaren. Humboldt betrachtet Sternschnuppen u. Feuerkugeln als kleine kosmische Massen, die sich nach dem Gesetze der Gravitation mit planetarischer Geschwindigkeit in Kegelschnitten um die Sonne bewegen, in der Nähe der Erde, wenn sie mit unserer Atmosphäre in Berührung kommen, leuchtend werden u. öfters mehr od. minder erhitzte, mit einer schwarzen Rinde überzogene steinartige od. metallische Fragmente herabfallen lassen (Meteorsteine, s.d.). Was namentlich der Ansicht von der kosmischen, d.h. von der Erde unabhängigen Stellung der M. Gewicht verlieh, war die, beidem berühmten Sternschnuppenphänomen vom 12. zum 13. Nov. 1833 von Denison Olmsted in Newhaven zuerst gemachte u. später bei der Erscheinung minder zahlreicher Schwärme bestätigte Bemerkung, daß die Sternschnuppen u. Feuerkugeln damals während mehrer Stunden sämmtlich aus Einem bestimmten Punkte des Himmels, dem Sterne γ im Löwen, der seine Höhe u. Azimuth natürlich wegen der Rotation der Erde veränderte, herzukommen schienen, da doch, falls sie ihren gemeinsamen Ursprung in einem Punkte der Atmosphäre gehabt hätten, dieser Punkt immer nach einerlei Richtung, also successive nach verschiedenen Sternbildern hin hätte gesehen werden müssen. Jener Stern war aber nach Enckes Berechnung gerade derjenige, nach welchem hin sich die Erde im Weltenraume bewegte. Auf gleiche Weise hat man, seitdem auch bei dem alljährlich wiederkehrenden Phänomen vom 10. Aug., dem sogenannten Strom des heiligen Laurentius, beobachtet, daß die meisten M. strahlenförmig von einem zwischen Perseus u. Stier gelegenen Punkte ausgingen, nach dem Stier ist aber zu dieser Zeit der Lauf der Erde gerichtet. Irrig ist die Annahme, es sei für die ausgezeichneten Sternschnuppenphänomene jedesmal ein einziges Sternbild das Radiationscentrum; vielmehr ist in den Augustperioden außer dem Hauptausgangspunkte des Algol im Perseus noch einer im Drachen u. einer im Nordpol anzunehmen; in der Novemberperiode aber sind die Bahnen noch zerstreuter, da unter 407 M-n 171 aus Perseus, 83 aus Löwen, 35 aus Cassiopeia, 40 aus Drachen, 78 aus unbestimmten Punkten kamen. Überhaupt scheint, wenn man das außerordentliche Phänomen vom Nov. 1799 u. 1833, welches nach Olbers Vermuthung nur aller 34 Jahre wiederkehren dürfte u. welches den Löwen zum Convergenzpunkt hat, in Abrechnung bringt, der Perseuspunkt das ganze Jahr hindurch die meisten M. zu liefern u. constant vertreten zu sein, während andere wechselnd u. nur für wenige Tage auftreten. Diese Beobachtungen haben auch außer dem 12.–14. Nov. u. 10. Aug. noch andere Tage im Jahre als solche nachgewiesen, welche sich von den übrigen durch häufiges Auftreten von Sternschnuppen mit parallelen u. strahlenförmig aus einem od. mehreren Mittelpunkten ausgehenden Bahnen unterscheiden. Während ein Fall von vier bis fünf M-n in der Stunde die Mittelzahl für die gewöhnlichen sporadischen von Einem Standpunkte aus wahrzunehmenden Erscheinungen ist, so erscheinen durchschnittlich 13–15 in der Stunde bei den periodischen Meteorfällen, u. nach diesem Maßstab sind als solche bes. noch erkannt worden 26.–30. Juli, 2.–5. August, 19. u. 26. Octbr. u. 9.–12. Decbr. Humboldt erklärt diese periodische Wiederkehr ausgezeichneter Phänomene durch das Vorhandensein geschlossener Ringe, in welchen Myriaden von kleinen Sternschnuppenasteroiden hier[187] dichter, dort weniger dicht die Sonne umkreisen u. welche in gewissen Punkten die Erdbahn schneiden, wie die Bahn des Bielaschen Kometen es thut. Dann wird nämlich, so oft die Erde in ihrer Bahn an einem solchen Durchschnittspunkte mit einem Ringe anlangt, ein ausgezeichnetes Phänomen sich darstellen u. zwar um so glänzender, je dichter der eben vorüberziehende Theil des Sternschnuppenringes ist. Wenn demnächst die planetarische Geschwindigkeit zumeist die M. mit großer Wahrscheinlichkeit als unabhängig von der Rotation der Erde, mithin als kosmisch, charakterisirt, so haben die neuen Forschungen dies bestätigt, indem von vier M-n die correspondirenden Beobachtungen eine Geschwindigkeit zwischen 11 u. 23 Meilen in 1 Sec. ergaben u. das an einer Sternschnuppe beobachtete Minimum der Geschwindigkeit 31/2 Meilen war, während die Erde mit einer Geschwindigkeit von 4 Meilen in 1 Sec. sich in ihrer Bahn bewegt. Die niedrigste Höhe der Sternschnuppen, die bisher auf 4 Meilen gesetzt wurde, hat man als nur 1 Meile erkannt, dagegen sind auch M. in einer Höhe von 62 Meilen gesehen worden. Ob aus den Sternschnuppen jemals etwas Compactes herabgefallen ist, ist noch nicht ermittelt. Unter mehrern Umständen bei den M-n ist z.B. der noch unerklärt, daß die Häufigkeit des Meteorfalls mit den Nachtstunden variirt, u. zwischen 2 u. 5 Uhr Morgens die meisten sichtbar werden, eine Thatsache, die man mit der kosmischen Hypothese etwa durch die, freilich wenig wahrscheinliche Annahme vereinigen könnte, daß zu diesen Stunden die Atmosphäre vorzüglich zur Entzündung der M. geeignet sei, während in den früheren Nachtstunden viele M. ungesehen vorüberstreichen. Auffallend bleibt es, daß von den unzähligen in die Atmosphäre eintretenden kleinen Körpern doch im Verhältniß so wenige von der Erde völlig angezogen werden, also so selten ein wirklicher Steinfall sich ereignet, abgesehen davon, daß selbst die sich ereignenden Fälle nach Humboldt nur Theile der ganzen Feuerkugel auf die Erde liefern sollen. Man nimmt daher an, daß die M. kleine Weltkörper sind, die als Satelliten um die Erde kreisen u. durch eine an der Grenze der Atmosphäre befindliche zweite elektrische Atmosphäre entzündet u. sichtbar werden; letztere soll sich in Folge unbekannter Umstände zu manchen Zeiten des Jahres weiter in den Weltenraum erstrecken u. mehr Sternschnuppen sichtbar machen. Früher wollte man auch an den Stellen, wo Sternschnuppen niedergefallen zu sein schienen, etwas gefunden haben, das man als Rest dieser M. (Meteorophyten) betrachtete, namentlich glaubte man, daß die an feuchten Plätzen oft vorkommende kryptogamische Pflanze, Tremella nostoc, od. auch der durch Wasser aufgequollene Laich mancher Schnecken u. ähnliche schleimiggallertartige Materien von niedergefallenen Sternschnuppen herrühren. Vgl. Chladni, Über die Feuermeteore u. über die mit denselben herabgefallenen Massen, Wien 1819; Ideler, Über den Ursprung der Feuerkugeln u. des Nordlichts, Berl. 1832; Heis, Die periodischen Sternschnuppen u. die Resultate der Erscheinungen, abgeleitet aus den während der letzten 10 Jahre zu Aachen angestellten Beobachtungen, 1849.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 187-188.
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