Sebastian [1]

[717] Sebastian (v. gr., der Verehrungswürdige). I. Heiliger: 1) St. S., geb. in Nardo in Gallien, lebte unter Diocletianus u. diente als Centurio in der Prätorianercohorte, welche Stellung er, schon lange Christ, benutzte, um viele zum Christenthum zu bekehren; endlich erkannt, wurde ihm vom Kaiser befohlen seinen Glauben abzulegen, u. da er es nicht that, so wurde er an einen Baum gebunden u. mit 1000 Pfeilschüssen durchbohrt. Eine Christin, Irene, wollte ihn des Nachts begraben, fand ihn aber noch lebendig u. unter ihrer Pflege genas er. 287 (304) wurde er zum zweiten Mal ergriffen, zu Tode gestäupt u. sein Körper in die Kloaken geworfen. Die Christin Lucina zog ihn heraus u. begrub ihn. Ihm wurde vom Papst Damasus in Rom eine Kirche gebaut, seine Reliquien in alle Länder vertheilt (bes. wirksam sollen sie gegen die Pest sein) u. ihm der 20. Januar (in der Griechischen Kirche der 18. December) als Gedächtnißtag geweiht. S. ist Schutzpatron der Schützengesellschaften. II. Fürsten. A) Römischer Kaiser: 2) S., Bruder des nachmaligen Kaisers Valentinian III.; empörte sich unter Honorius u. warf sich nebst seinem Bruder Jovinus 411 in Gallien zum Gegenkaiser auf. Der Gothenkönig Ataulf unterstützte ihn, Constantius zog 412 gegen ihn, besiegte ihn u. ließ ihn enthaupten. B) König von Portugal: 3) Sohn des Infanten Johann von Portugal u. der Johanna, der Tochter des Kaisers Karl V., geb. 1554; kam schon als dreijähriges Kind auf den portugiesischen Thron unter der Regentschaft seines Großoheims des Cardinals Heinrich, s. Portugal (Gesch.) S. 384. Er zog nach Afrika, um den Mulei Mehmed, welcher seinen Oheim Mulei Moloch vom Throne stoßen wollte, zu unterstützen, u. wurde seit der am 4. Aug. 1578 verlorenen Schlacht auf der Ebene von Alkassarquivir, bei welcher das ganze portugiesische Heer zu Grunde ging, vermißt. Als der Cardinal Heinrich 1580 starb u. Portugal an Spanien fiel, so kamen mehre Falsche Sebastiane (Pseudosebastiane) zum Vorschein, so: zunächst der Sohn eines Webers, welcher 1585 auftrat, durch Bußübungen das Volk täuschte u. einen Anhang gewann, aber besiegt u. mit seinen Anhängern auf die Galeere gesetzt wurde; dann Matteo Alvary, Sohn eines Steinmetzen u. Priester, welcher bes. auf Terceira seine Rolle spielte, jedoch bald besiegt u. gefangen u. zu Lissabon hingerichtet wurde; nach ihm Gabriel Spinoza, ein Pastetenbäcker, welchen der Augustinermönch Miguel de los Santos gegen Spanien unterstützte; er wußte bedeutende Personen zu gewinnen, wurde aber bald besiegt u. hingerichtet. Da erschien 1598 in Venedig wieder ein S.u. nahm die Krone in Anspruch. Das Volk glaubte ihm allgemein; Edle, welche den König gekannt hatten, erkannten ihn wieder, u. die spanische Regierung mühte sich vergebens den Beweis zu führen, daß auch er Betrüger sei. Endlich wurde er auf Vorstellung des spanischen Gesandten verhaftet, schilderte aber, vor die Signoria von Venedig gebracht, die Schlacht von Alkassarquivir, die Flucht u. Gefangenschaft, seine wunderbare Rettung, sein freiwilliges Exil in der Berberei, um die Ruhe in Portugal nicht zu stören, seine Wallfahrt nach Abyssinien, Persien, Georgien u. Sicilien so genau, daß er alle Anwesenden von seiner Identität mit dem König überzeugte. Er forderte hierauf die Signoria auf ihn zu unterstützen u. erinnerte sie an bestehende, dies erheischende Verträge, welche nur dem König S. bekannt[717] sein konnten. Dessen ungeachtet hielten ihn die Venetianer drei Jahre lang gefangen u. setzten ihn trotz der Verwendung Heinrichs IV. von Frankreich nur unter der Bedingung in Freiheit, daß er das Gebiet der Republik sogleich verlassen solle. Auf der Reise nach Frankreich durch das Gebiet von Florenz wurde er jedoch von dem Großherzog verhaftet u. den Spaniern ausgeliefert. Nach Neapel gebracht, setzte er Alle, welche den König gekannt hatten, durch seine Ähnlichkeit in Staunen. Die Spanier behandelten ihn als Betrüger, führten ihn auf einem Esel durch die Stadt u. setzten ihn nach Spanien über. Portugal gerieth indessen über ihn in Bewegung, jeder glaubte an ihn u. sah ihm mit Sehnsucht entgegen. Doch die Spanier verwahrten ihn zu S. Lucar, wo er 1600 im Gefängniß starb. C) Herzog von Penthièvre: 4) S. von Luxemburg, Sohn Franz' von Luxemburg folgte 1565 seinem mütterlichen Oheim, Johann III., in der Grafschaft Penthièvre, welche 1569 vom König Karl IX. zu einem Herzogthum erhoben wurde; er blieb 1569 vor St. Jean d'Angeli. Vermählt war er mit Marie, Tochter Johanns von Beaucaire. D) Infant von Spanien: 5) S. Gabriel Maria von Bourbon u. Braganza, Sohn des Infanten Peter u. der Prinzessin Maria Therese von Portugal, geb. 4. Nov. 1811, gehörte schon zu Ferdinands Lebzeiten zu der karlistischen (portugiesischen) Partei, nahm mit großer Tapferkeit u. vielem militärischen Talent Theil an dem Kriege gegen die Christinos, öffnete durch geschickte Manoeuvres den Karlisten Aragonien u. commandirte, als Villareal den Abschied nahm, eine Zeit lang die karlistischen Streitkräfte als Obergeneral. Der Infant ist Oberprior von St. Juan u. vermählte sich 1832 mit Maria Amalie, Tochter des 1830 verstorbenen Königs Franz I. Beider Sicilien (st. 1857) u. zum zweiten Mal 1860 mit Maria Christina (geb. 1833) Infantin von Spanien, Tochter des Infanten Franz de Paula. III. Erzbischof u. Kurfürst von Mainz: 6) S., Graf von Heusenstam, Sohn Martins von Heusenstam, war Scholasticus des Erzstiftes zu Mainz, wurde 1545 Erzbischof u. st. 1555, s.u. Mainz (Erzb.). IV. Feldherr: 7) S., hatte früher unter dem römischen Kaiser Julianus gedient u. mit Prokopius im Orient mehre Feldzüge gemacht; 377 ging er aus Mißfallen über die Regierungsverhältnisse im Occident nach Constantinopel, wo er von Valens den Oberbefehl über das Fußvolk erhielt; er überfiel die bei Hadrianopolis lagernden Gothen, blieb aber 378 hier. V. Geistlicher: 8) Bischof zu Salamanca, lebte im 9. Jahrh., setzte die Geschichte der leonischen Könige, welche Alfons der Große u. Isidorus Pacensis angefangen hatten, fort u. schrieb sie von Pelagius bis zum Tod Ordinius I. (685).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 717-718.
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