[807] Rentengüter, Grundstücke, die jemand gegen die Verpflichtung zur Zahlung einer festen Geldrente zu Eigentum überwiesen sind. Diese Rente kann nur mit beiderseitiger Zustimmung des Eigentümers und des Rentenempfängers abgelöst werden. Die Rente in in solchen Fällen »auf das Gut gelegt« mit dem Charakter einer Grund- oder Reallast, indem das Eigentum des Gutsinhabers in der Regel noch gewissen anderweiten Beschränkungen im Interesse des Rentenempfängers und zur Sicherstellung seines Rentenanspruchs unterworfen ist. Solche R. waren z. B. die sogen. schlechten Zinsgüter, die früher in Sachsen vorkamen. Die R. stehen nicht im unbeschränkten Eigentum des Gutsinhabers und somit im Widerspruch mit dem auf völlig freie Verfügung des Eigentümers gerichteten Streben der modernen Agrargesetzgebung. Darum ist die neuerdings beschlossene Zulassung von Rentengütern in Preußen lebhaft angegriffen worden, während man anderseits durch ihre Einführung dem Arbeiter den Erwerb von Grundeigentum zu ermöglichen und in den östlichen Provinzen Preußens eine seßhafte landwirtschaftliche Arbeiterbevölkerung zu erlangen und damit dem zunehmenden Mangel an Landarbeitern abhelfen zu können hofft. Schon das preußische Gesetz (Polengesetz) vom 26. April 1886, das die Ansiedelung deutscher Kolonisten in den Provinzen Posen und Westpreußen bezweckt (s. Innere Kolonisation, S. 845), gestattete in diesen Landesteilen die Errichtung von Rentengütern, die infolge des aus dem sogen. Hundertmillionenfonds erfolgten Ankaufs nach erfolgter Parzellierung polnischer Gutskomplexe an Deutsche abgegeben werden. Der rückständig gebliebene Teil des Kaufpreises wird auf die Kolonistenstelle als Rente eingetragen, und der zehnte Teil dieser Rente ist für ewige Zeiten für unablöslich erklärt. Eine Verpachtung oder Veräußerung des Rentengutes bedarf der Zustimmung des Rentenberechtigten; auch dürfen einzelne Teile des Rentengutes bei Strafe des Rückfalls an den Rentenberechtigten nicht veräußert werden. Das preußische Gesetz vom 27. Juni 1890 ließ sodann im Interesse der Seßhaftmachung ländlicher Arbeiter und der Vermehrung des mittlern und kleinern Bauernstandes für den ganzen Umfang der Monarchie R. zu. Dabei wird die Feststellung des Ablösungsbetrags und der Kündigungsfrist der vertragsmäßigen Bestimmung überlassen; doch darf der Rentenberechtigte, falls die Ablösung auf seinen Antrag erfolgt, nicht mehr als den 25fachen Betrag der Rente als Ablösungsbetrag fordern. Die Rentenbelast ung sowie die A breden über den Ausschluß der Ablösbarkeit, den Ablösungsbetrag und die Kündigungsfrist werden in das Grundbuch eingetragen. Der Erwerber eines Rentengutes kann namentlich bezüglich der Veräußerung und Zerteilung des Grundstückes an die Zustimmung des Rentenberechtigten gebunden werden. Doch kann in einem solchen Falle durch richterliche Entscheidung der Auseinandersetzungsbehörde Befreiung von dieser Verpflichtung eintreten, wenn dies im allgemeinen Interesse als wünschenswert erscheint. Dasselbe gilt für den Fall, daß der Erwerber die Pflicht übernommen hat, die wirtschaftliche Selbständigkeit des übernommenen Grundstückes in bezug auf die Erhaltung der Gebäude, des Inventars oder durch andre Leistungen dauernd zu sichern. Hier kann dieselbe Behörde von dieser Pflicht befreien, wenn der Aufrechthaltung der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Grundstückes überwiegende allgemeine Interessen entgegenstehen. Von diesem Gesetz ist wenig Gebrauch gemacht worden, namentlich deshalb, weil die geforderte schuldenfreie Begründung der R. wegen der meist hohen Belastung der Stammgüter nicht möglich war. Dasselbe wurde nun ergänzt durch das Gesetz vom 7. Juli 1891. Nach diesem können die auf Rentengütern von mittlerm oder kleinerm Umfang haftenden Renten auf Antrag der Beteiligten durch Vermittelung der 1881 geschlossenen und nun wieder in Tätigkeit tretenden Rentenbanken (s. d.) so weit abgelöst werden, als deren Ablösbarkeit nicht von der Zustimmung beider Teile abhängig gegemacht ist. Das Gesetz von 1891 hat einen im Gesamtbetrag unbeschränkten staatlichen Kredit zur Begründung von kleinern und mittlern Rentengütern eröffnet. Der Staat gewährt innerhalb einer bestimmten Sicherheitsgrenze (drei Viertel des Taxwertes oder des 30 sachen des Grundsteuerreinertrags) ein Ablösungskapital für die Rente in der Form von Rentenbriefen, das dem Begründer des Rentengutes die Tilgung der Hypotheken seines Stammgutes ermöglicht. Zur Stellung des Antrages ist befugt: der Rentenberechtigte, soweit er die Ablösung von dem andern Teile beanspruchen kann, der Rentengutsbesitzer, soweit er zur Ablösung der Rente ohne Zustimmung des andern Teiles berechtigt oder die Ablösung von dem andern Teile beansprucht ist. Der Berechtigte erhält als Abfindung Rentenbriefe, für deren Verzinsung und Tilgung der Rentengutsbesitzer eine Rentenbankrente zu zahlen hat. Dann kann aber auch zur Errichtung eines Rentengutes durch Ausführung der notwendigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude die Rentenbank dem Rentengutsbesitzer Darlehen in Rentenbriefen geben, die durch Zahlung einer Rentenbankrente verzinst und binnen 561/12, bez. 601/2 Jahren getilgt werden. Eine weitere Erleichterung für den Rentengutsbesitzer wurde durch Einführung eines Freijahres geschaffen. Erfolgt nämlich die Ablösung der Rente oder die Gewährung des Darlehens zugleich mit der Begründung des Rentengutes, so kann die Zahlung der Rentenbankrente auf Antrag des Rentengutsbesitzers für das erste Jahr unterbleiben. Der hierdurch der Rentenbank entstehende Ausfall wird jedoch durch Erhöhung der Rentenbankrente um die entsprechenden Annuitäten wieder gedeckt. Die Darlehen sind seitens der Bank unkündbar, doch hat letztere das Recht, das Darlehen, bez. dessen Rest sofort zurückzufordern, wenn der Schuldner den Auflagen zur ordnungsmäßigen Unterhaltung und Verzinsung der Gebäude nicht nachkommt, oder wenn er in Konkurs gerät oder mit Zahlungen im Rückstande bleibt. Solange eine Rentenbankrente auf dem Rentengut haftet, kann die Aufhebung der wirtschaftlichen Selbständigkeit und die Zerteilung des Rentengutes sowie die Abveräußerung von Teilen desselben rechtswirksam nur mit Genehmigung des Staates erfolgen. Die Bezeichnung des Grundstückes als Rentengut, die Höhe der Rente und die Tilgungszeit sind im Grundbuch zu vermerken. Die Generalkommissionen (s. d. und Ablösung, S. 44) übernehmen die Vermittelung bei Begründung von Rentengütern. Diese tritt jedoch nur nach Prüfung der[807] persönlichen Verhältnisse der Ansiedler und nur dann ein, wenn bei der Gründung auch die sonstigen Anforderungen der Landeskultur (Wege etc.) gewährleistet werden. Durch Gesetz vom 8. Juni 1896 sind alle durch den Staat oder die Generalkommissionen gegründeten R. dem Intestat-Anerbenrecht unterworfen worden, um sie dauernd im Besitz derselben Familie zu erhalten.
In Mecklenburg-Schwerin ist durch eine Verordnung vom 24. Mai 1898 zwecks Vermehrung des mittlern und kleinen Grundbesitzes die Errichtung von Rentengütern neben den Erbpachtstellen ermöglicht worden. Die Einrichtung ist der preußischen nachgebildet, weist aber einige den Verfassungszuständen des Landes entsprechende Modifikationen auf. Bei der strengen Geschlossenheit der ritterschaftlichen Güter in Mecklenburg bedarf die Aufteilung und Abtrennung größerer Flächen zur Schaffung von Rentengütern (und Erbpachtstellen) der Zustimmung des engern Ausschusses der Ritterschaft und Landschaft und der landesherrlichen Genehmigung. Größere Stellen dürfen in der Regel nur bis zur Hälfte des Wertes, ausnahmsweise mit Genehmigung der Ansiedelungskommission bis zu drei Vierteln verschuldet werden. Für die R. gilt Intestat-Anerbenrecht. Die Ansiedelungskommission in Schwerin hat, wie die preußische Generalkommission, nur eine vermittelnde Tätigkeit. An die Stelle der preußischen Rentenbank tritt hier der Domanialkapitalfonds.
Bezüglich der Statistik der auf Grund der obengenannten Gesetze neugeschaffenen R. vgl. Artikel »Ansiedelung«. Dazu sei bemerkt: Nach amtlicher Feststellung waren nach dem Gesetz von 1891 bis Ende 1904 endgültig begründet 10,299 R. mit 117,791 Hektar, während der Flächeninhalt der ganzen zur Aufteilung angekauften Güter 255,429 Hektar umfaßte. Am meisten Güter waren in Westpreußen angekauft worden. nämlich 254 mit 69,913 Hektar. Der Taxwert der R. betrug 89,9 Mill. Mk., der Kaufpreis in Rente 2,7, in Kapital 19,6 Mill. Mk.; die Zahl der ganz oder teilweise zur Bildung von Rentengütern verwendeten Güter betrug 1212. Von den nach dem obenerwähnten Gesetz gegründeten 10,299 Rentengütern entfallen 3159 auf Westpreußen, 1459 auf Posen, 1117 auf Ostpreußen, 1806 auf Pommern, 1167 auf Schlesien, 412 auf Brandenburg, 17 auf Sachsen, 162 auf Schleswig-Holstein, 93 auf Hannover, 534 auf Westfalen, 110 auf Hessen-Nassau. 805 hatten unter 21/2 Hektar, 1926: 21/2-5, 1850: 571/2, 1424: 71/2-10, 3353: 1025,941 über 25 Hektar. Vgl. Mahraun, Die preußischen Rentengutsgesetze (Berl. 1892); Waldhecker, Die preußischen Rentengutsgesetze nach Theorie und Praxis (das. 1894); Peltzer, Die Begründung von Rentengütern (das. 1895); Sombart, Die Berechnung der Renten auf R. (Leipz. 1897); Sterneberg und Peltzer, Die preußischen Rentengutsgesetze (Berl. 1898); Petersen, Die preußischen Auseinandersetzungs- und Rentengutsgesetze (das. 1899); Stier-Somlo, Zur Geschichte und rechtlichen Natur der R. (das. 1896); Aal, Das preußische Rentengut (Stuttg. 1901); Peltasohn, Rentenguts- und Anerbenrechts-Gesetzgebung in Preußen (Berl. 1903); Fellner, Das System der R. und seine Anwendung in Ungarn (das. 1905).