[491] Salvadōr (República del S.), die kleinste, aber am dichtesten bevölkerte und am meisten kultivierte der fünf mittelamerikanischen Republiken (s. Karte »Westindien und Mittelamerika«), zwischen 13°7´-14°24´ nördl. Br. und 87°37´-90°4´ westl. L., grenzt gegen Süden an das Stille Meer, gegen SO. an den Fonsecagolf, gegen O. und N. an Honduras, gegen W. an Guatemala und ist 21,160 qkm groß. Es ist, einen 32 km breiten Streifen flachen Alluviallandes an der Küste abgerechnet, ein durchschnittlich 600 m hohes, von Flußtälern durchschnittenes Plateau, vorwiegend aus vulkanischen Bildungen aufgebaut. Im N. treten ältere Porphyre und Trachyte auf. Auf dem Plateau, 2025 km vom Meer, erheben sich die Vulkane Santa Ana (2410 m mit großem Krater und Solfataren) und der lebhaft tätige, als Leuchtturm von S. bezeichnete Izalco (1640 m), San Salvador (1885 m) und Guezaltepec (1950 m), der höchste Berg der Republik: San Vincente (2640 m), der Chinameca (1500 m), der gewaltige San Miguel mit einem 3 km im Umfang messenden, 150 m tiefen Krater, der noch in historischer Zeit Ausbrüche gehabt hat, der Conchagua (1250 m) an der Fonsecabei, noch 1868 tätig, der San Miguel (2132 m), der Apaneca (1745 m), Cojutepeque (1810 m) Tocapa (1580 m) u.a. Der ansehnlichste Fluß ist der 300 km lange, aber wegen seiner vielen Stromschnellen auf nur 160 km für kleine Dampfer befahrbare Lempa. Nennenswert sind noch der Rio San Miguel, Goascoran und Rio Paz, letztere beiden als Grenzflüsse im O. und W. Unter den zahlreichen Seen sind der Cuija, zur Hälfte zu Guatemala gehörig, Ilopango, Camalotal, Chalchuapa, Zapotitan und Cuscatlan die bedeutendsten. Die 320 km lange Küste erhebt sich meist hoch, oft steil aus dem Meer und hat nur wenige Einschnitte. Häfen sind: La Union, Triunfo, Concordia, Libertad, Grajuela, von denen Triunfo und Concordia dem fremden Handel nicht geöffnet sind. Die zu S. gehörigen Inseln im Fonsecagolf sind klein; Punta de Zacate hat Quellen und gute Weide, auch Martin Perez ist gut bewässert und fruchtbar, im übrigen aber sind es basaltische, wasserlose Felsen. Das Klima bietet, da das Land sich nur an einzelnen Stellen über die Region der Tierra caliente erhebt, weniger Wechsel als in den übrigen Staaten Mittelamerikas dar. Die Stadt S. hat 22,5° Durchschnittstemperatur, Maximum 34°, Minimum 13,3°, Regenmenge 1680 mm (Januar bis März fast regenlos). Das Innere ist größtenteils gesund, die Küste weniger ungesund als die atlantische Küste Mittelamerikas. Erdbeben sind sehr häufig und oft verheerend. Noch ganz in das mexikanische Florengebiet fallend, zeigt S. dasselbe reiche Vegetationsbild wie das Hauptland (vgl. Mexiko, S. 732 f.). Doch beginnen an der pazifischen Abdachung, abweichend von der Ostküste, die tropischen, an Palmen reichen Wälder unmittelbar am Meere. Von S. bis zur Landenge von Panama kommt in Höhen bis zu 500 m die Kokospalme vor. Auf den Hochebenen treten Grassavannen auf, die streckenweise auch die Bergketten bedecken. Mit seiner Tierwelt gehört S. zur mexikanischen Subregion der neotropischen Region; seine ziemlich arme Fauna stellt ein Gemisch neotropischer und nearktischer Formen dar. Die Bevölkerung belief sich 1901 auf 1,006,848 Seelen (48 auf 1 qkm), darunter 493,893 männliche, 512,955 weibliche, 55 Proz. Indianer, 40 Proz. Mischlinge, 4,5 Proz. Weiße und 0,5 Proz. Neger. Die Indianer haben nur in dem Distrikt Costa del Balsamo (Balsamküste) im Depart. S. ihre Ursprache und ihre alten Gewohnheiten bewahrt. Sie gehören dort einer Nation aztekischer Abkunft, den Pipil, an, die den ganzen westlichen Teil des Landes südlich vom Rio Lempa, das sogen. Reich Cuscatlan, bewohnten. Die Religion ist fast ausschließlich die römisch-katholische. Die Einkünfte des Klerus bestehen aus einer religiösen Gabe (ofrenda religiosa); Kirchengüter sind eingezogen und Klöster aufgehoben. Ein Bischof residiert in der Hauptstadt. Die Volksbildung steht auf sehr niedriger Stufe, doch hat man in neuerer Zeit manches zur Hebung derselben getan. 1893 wurden die 585 Elementarschulen von 29,427 Schülern besucht, die 18 höhern Schulen. darunter 2 Seminare und 3 technische Schulen, von 1200 Schülern; eine Staatsuniversität, an der alle denkbaren Wissenszweige gelehrt werden, in San Salvador, zählt 180 Studierende. Die Nationalbibliothek hat 8000 Bände, die Presse ist vertreten durch 28 Zeitungen. Hauptbeschäftigung ist Ackerbau, der in dem durchgängig sehr fruchtbaren Boden vortreffliche Ernten von Kaffee (von 20,000 Hektar), Indigo, Tabak, Zucker, Mais, Reis und Bohnen erzielt. Die Viehzucht deckt nicht den innern Bedarf, und es werden deshalb Pferde, Maultiere und Rindvieh von Honduras eingeführt. Die Cochenillezucht ist jetzt von ihrer frühern Höhe (die Ausfuhr betrug weit über 1 Mill. Pesos) heruntergegangen. Der Bergbau ist noch von keiner großen Ausdehnung, doch zählt man 100 Gold- und Silbergruben, 2 Gold-, 20 Silber-, 9 Eisen-, 7 Kupfer-, 4 Silber- und Kupfer-, 2 Silber- und Blei-, eine Zinn-, eine Antimon- und Quecksilber-, 15 Kalk-, 3 Blei-, 4 Kohlen-, 2 Gipsgruben und 6 Steinbrüche. Die Industrie ist von keiner Bedeutung, nennenswert sind Matten- und Hutflechterei, Schuhzeug, Schmiedewaren. Der Handel ist ansehnlich und erstreckt sich in der Ausfuhr (1904: 16,588,611 Silberpesos) auf Gold, Kaffee (13,470,697 Pesos), Gold- u. Silbererze (1,632,136 Pesos), Indigo (439,264 Pesos), Zucker (448,604 Pesos), Balsam (372,126 Pesos), Hölzer etc., in der Einfuhr (3,690,377 Goldpesos) auf Gewebe, Eisenwaren, Spirituosen etc. Bei der Ein fuhr beteiligten sich England mit 35 Proz., die Vereinigten Staaten mit 25 Proz., Frankreich mit 13 Proz., Deutschland mit 11 Proz., während von der Ausfuhr bez. 19, 33, 13 und 10 Proz. auf die genannten Länder kamen. Der überseeische Handel bewegt sich über die drei Häfen [491] Libertad, Union und Acajutla (fast die ganze Ausfuhr von Kaffee), in die 1904: 370 Schiffe von 287,587 Ton. einliefen. Mit Europa steht S. durch die Kosmoslinie, die Compagnie Transatlantique und die Royal Mail in Verbindung, mit den amerikanischen Häfen der Westküste durch die Pacific Mail-Dampfer. Es besteht eine Eisenbahnlinie von Acajutla nach San Salvador mit Abzweigung nach Santa Ana, im ganzen sind (1904) 156 km in Betrieb, ferner 3500 km fahrbarer und 4700 km nur für Maultiere gangbarer Straßen. Geplant sind Eisenbahnen von San Salvador nach Libertad und nach Union. Die Telegraphen beförderten 1893 durch 165 Ämter auf 3809 km Drähten 923,238 Depeschen, die Post 1901 durch 83 Ämter 1,6 Mill. Briefpostsendungen. Das metrische Maß- und Gewichtssystem gilt gesetzlich seit 1885; jedoch bedient man sich meistens altkastilischer Größen. So wird Tabak nach dem Zuron von 150 Libras = 68,988 kg gehandelt; 108 Varas sind = 100 engl. Yards tarifiert. Eigne Münzen besitzt das Land nicht. Obgleich 1897 der Peso oder Sucre Gold zu 100 Centavos = 4,05 Mk. als Rechnungseinheit bestimmt ist, laufen nur fremde Silbermünzen und gleich minderwertiges Papiergeld um. Deutschland ist durch einen Konsul in Santa Ana vertreten, der von dem Generalkonsul in Guatemala ressortiert. Eingeteilt wird S. in 14 Departements, deren Gouverneure vom Präsidenten ernannt werden, während die Kommunen durch von den Bürgern gewählte Alkalden verwaltet werden. Hauptstadt ist San Salvador (s. d. 1). Nach der Verfassung von 1864 (abgeändert 1886) wird der Präsident auf 4 Jahre, die gesetzgebende Kammer (42 Mitglieder) jährlich direkt vom Volke gewählt. Die Staatseinnahmen betrugen 1904: 8,060,686 (Zölle 5,124,084), die Ausgaben 8,810,015, die innere Schuld 9,276,052 Silberpesos. Die Militärmacht besteht aus 3000 Mann stehender Truppen und 18,000 Mann Milizen, die Marine aus einem Zollkreuzer. Das Wappen zeigt auf einem von Standarten rechts und links umgebenen und von zwei Füllhörnern mit Freiheitsmütze in goldener Sonne gekrönten blauen Schild einen aus dem Meer aufsteigenden Vulkan, dahinter eine goldene Sonne, darüber zwölf silberne Sterne (s. Tafel »Wappen III«). Die Flagge hat neun abwechselnd blaue und weiße Horizontalstreifen, mit Blau beginnend und schließend. In der linken obern Ecke ein rotes Feld mit weißen Sternen (s. Tafel »Flaggen I«). Die Kriegsflagge trägt statt der Sterne im roten Feld ein Wappen.
Geschichte. Das Land ward 1525 und 1526 von Pedro Alvarado erobert und S. genannt. Es blieb bis 1821 unter spanischer Herrschaft und gehörte dann bis 1839 zu den »Vereinigten Staaten von Zentralamerika«. Durch Vertrag vom 7. Okt. 1842 trat S. mit Guatemala, Nicaragua und Honduras zu einer Union zusammen, aber schon 1845 kam es zwischen S. und Honduras zum Krieg, und 21. März 1847 sagte sich Guatemala von der Union förmlich los. Dagegen verbanden sich 9. Jan. 1851 S., Honduras und Nicaragua auf dem Kongreß in Chinandega, und als Guatemala den Beitritt verweigerte, rückten die Verbündeten unter Vasconcellos, dem Präsidenten von S., nach Chiquimula vor, erlitten aber bei Arada 2. Febr. 1851 eine entscheidende Niederlage. Nach einem weitern mißglückten Föderationsversuch erklärte sich S. 1853 als souveräner Staat. 1858 wurde die Ruhe durch einen Staatsstreich des Generals Barrios gestört, der den Präsidenten Santin del Castillo zur Abdankung zwang und bei der gesetzgebenden Versammlung seine Wahl zum Präsidenten durchsetzte (1860). 1863 erklärte Guatemala von neuem den Krieg, um den von Barrios vertriebenen Präsidenten Dueñas wieder einzusetzen. Nicaragua und Costarica schlossen sich dem Angriff an, und nach hartnäckigem Widerstand wurde Barrios 26. Okt. zu der Räumung der Hauptstadt genötigt, wobei er selbst nur mit genauer Not entkam. Am 12. Febr. 1864 hielt hierauf Dueñas seinen Einzug. Ein neuer Versuch Barrios', nach Carreras Tod sich wieder der Gewalt zu bemächtigen, endete 29. Aug. 1864 mit seiner Erschießung. Darauf folgte für S. eine längere Periode politischer Ruhe, in der das Land materielle Fortschritte machte und 1886 seine gegenwärtige, sehr demokratische Verfassung erhielt, bis 22. Juni 1890 der Präsident Menendez durch General Carlos Ezeta gestürzt wurde. Der Sieger übernahm hierauf die militärische Diktatur und behauptete sich auch gegen die übrigen mittelamerikanischen Republiken, die den Rücktritt Ezetas und den Anschluß Salvadors forderten, bis er nach einer habsüchtigen und grausamen Willkürherrschaft 1894 vom General Gutierrez gestürzt wurde. Dieser trat, nachdem ihn 1895 die Volkswahl als konstitutionellen Präsidenten bestätigt hatte, der »Republik von Zentralamerika« bei, wurde aber von der Unabhängigkeitspartei unter Regalado vertrieben, der 1898 seine Wahl zum Präsidenten durchsetzte, den Angriff von Honduras und Nicaragua zurückschlug, und damit die zentralamerikanische Republik sprengte. Er konnte verfassungsmäßig die höchste Gewalt 1903 seinem Nachfolger P. J. Escalon übergeben. Vgl. Scherzer, Wanderungen durch die mittelamerikanischen Freistaaten (Braunschw. 1857); Guzman, Apuntamientos sobre la topografia fisica de la Republica del S. (San Salvador 1883); R. Reyes, Nociones de historia del S. (das. 1886); Dawson, Geografia elementa! de la República del S. (Par. 1890); Child, The Spanish-American republics (New York 1891); Gonzalez, Datos sopre la República de El S. (San Salvador 1901); Karte von Dawson (188890).
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