Böttcher

[132] Böttcher, zünftige Handwerker, die 3–5 Jahr lernen, auf der Wanderschaft Geschenk erhalten u. als Meisterstück eine Kufe, ein Faß u. einen Eimer machen. Sie sind entweder Groß- (Schwarz) binder (in Weinländern Küfer), welche nur große Bottiche u. Tonnen aus Eichenholz verfertigen u. zugleich die Behandlung des Weins verstehen; od. Faßbinder (Weiß-, Klein-, Rothbinder, Büttner, Kübler, Küper, Fäßlerod. Schäffner), welche nur kleine Gefäße aus weißem, weichem od. rothbuchenem Holze verfertigen. Als Material gebraucht der B. zu seinen Arbeiten das Böttcherholz, dazu gehört das Reif-od. Bandholz u. das Dauben-, Faß-, Stab- u. Bodenholz; die besten Faßstäbe werden aus Eichenholz, geringere aus Eschen-, noch geringere aus Buchen-, Tannen-, Fichten- u. Lerchenholz gefertigt; Eichenholz wird nach dem Spalten mit dem Veil, weiches mit dem Schnitzmesser bearbeitet. Um ein Faß zu verfertigen, erfolgt zunächst das Behauen der rohen Stäbe od. Dauben mit dem Breitbeil aus dem Groben. Die Dauben sind die einzelnen Stücke, aus welchen die Seitenwand eines Gefäßes zusammengesetzt ist. Das Holz wird erst von dem Kleinklieber mit dem Kliebeisen, einem großen starken Messer, zu Dauben gespalten u. der B. bearbeitet die Dauben dann mit dem Rauh- u. Glatthobel; die innere Fläche wird durch Beschneiden mit dem Krummeisen (Dächsel), einem krummgebogenen Schnitzmesser, auf der Schneidebank ausgehöhlt, diese Aushöhlung aber mit dem Haken, einem runden Bretchen, abgemessen. Wenn die Dauben auf der äußeren Seite convex, auf der anderen concav geschnitten werden, so nennt man das Radschneiden. Die Fugen od. Seitenkanten der Dauben werden auf der Bottichbank durch Abhobeln berichtigt u. später mit dem Glatthobel geglättet. Ist dies geschehen, so beginnt das Errichten (Aufsetzen, Aufschlagen). Dabei werden zunächst 4 Dauben gleichweit von einander senkrecht in einen Kreis gestellt u. diese mit dem Bandhaken, einem auf einer Seite hakenförmig gebogenen Eisenstab, an welchem ein entgegengekrümmter Haken (Läufer) hin- u. hergeschoben werden kann, zusammengehalten. Nun werden von außen die Feuerbänder befestigt u. zwar von oben das Hauptband, mittelst gabelförmiger hölzerner Aussetzkloben (Klampen); dann werden die anderen Dauben noch eingesetzt u. der Reif mit einem hölzernen Schlägel, dem Böttcherschläget (Bach hain), od. mit einem kleineren, dem Treibhammer, heruntergetrieben, damit[132] die Köpfe, d.h. die Enden derselben, dicht zusammenkommen. Dann wird ein 2. weiterer Reif (Halsband) mehr gegen die Mitte aufgetrieben, auch vielleicht noch ein 3. (Bauchband); hierdurch biegen sich die Dauben der Länge nach u. so entsteht der Bauch des Fasses. Zur Erleichterung dieses Biegens befeuchtet man die Dauben äußerlich mit Wasser u. macht ein Feuer mit Hobelspänen im Innern des Fasses an (Ausfeuern). Kommt vielleicht bei diesem Binden eine od. die andere der Dauben aus der gehörigen Richtung, so wird dieselbe mit dem Binko, einem kleinen hölzernen Hammer mit langem Stiele, wieder hineingetrieben. Nachdem so der obere Theil des Fasses gebunden ist, wird an die unteren Enden der Dauben die Schraubenwinde angebracht. Diese besteht aus einem starken hölzernen Rahmen, in welchem ein Querriegel mittelst einer Schraube verschiebbar ist; an diesem Riegel ist ein starkes Seil befestigt, welches um die Dauben des Fasses geschlungen wird; indem man nun den Querriegel mittelst der. Schraube zurückzieht, wird das Seil straffer angezogen u. die Dauben werden zusammengepreßt; od. man gebraucht auch statt der Schrauben- die Halbemond- (Mond-) winde, welche aus einem halbmondförmigen Stück Holze besteht, an dessen beiden Enden ein Strick angebracht ist, welcher um die Dauben geschlungen wird, u. dessen eines Ende mittelst einer an dem Holze angebrachten Schraube od. Walze straff angezogen werden kann. Das Faß wird nun mit der Winde zugleich umgedreht, u. diese untere, nun obere, Hälfte ebenfalls mit Reisen versehen. Jetzt beginnt das Enden, d.h. die Dauben werden oben u. unten gleich geschnitten; dabei wird das Faß in den Endstuhl, eine Art Schraubestock, gelegt. Das Behauen im Innern geschieht mit dem Beil, das Beschneiden mit dem Krummeisen u. das Abhobeln u. Glätten mit dem Gerbehobet, womit die Stelle, wo die Zarge eingeschnitten werden soll, rund gehobelt wird, u. mit dem Schabeeisen, einem dem Dächsel ähnlichen Schneidemesser, so wie mit der Stockschabe, einer Art krummgebogenem Messer. Der Boden wird nur bei kleinen Gefäßen, z.B. bei Eimern, aus 1 Stück gemacht, bei größeren wird er zusammengesetzt u. dann eingesetzt. Dazu sind die Enden des Bodenkreises von beiden Seiten etwas schräg geschnitten od. glatt u. dünn gehobelt, doch weniger von außen als von innen; dieser dünnere Rand kommt dann in die auf der inneren Seite der Dauben befindliche Furche (bei großen Gefäßen Kimme, bei kleineren Gefäßen Kröse od. Gargel). Um die Dauben in ihrer runden Gestalt zu erhalten, bis der Boden eingefügt ist, dient ein Reif (Spannreif). Jetzt beginnt das Streifen, d.h. die Reisen werden abgenommen u. das Faß wird nun von außen mit dem geraden Streifhobel geglättet; dann folgt das Beschlagen, d.h. die nöthige Zahl Reise wird mittelst des Treibers, eines keilförmigen Stückes Holz, wieder darauf getrieben. Sind die Reise etwas eng, so werden sie mit dem Kloben od. Bandhaken, einem auf einem Stück Holz beweglichen Haken, auf das Faß gezogen. Die hölzernen Reise selbst werden aus Stangen u. Schößlingen von Birken, Weiden, Eschen etc. gemacht; das Ausschneiden geschieht mit einem Schneidemesser, dem Gratheisen. Die innere Seite der Reise wird mit dem Reifmesier, einem Schneidemesser mit gerader od. auch etwas gebogener Klinge, glattgeschnitten, der Einschnitt an beiden Enden eines Reises, mit welchem dieselben zusammengehängt werden, heißt Kerbe (Schloß). Oft geschieht mit dem Beschlagen mit Reisen zugleich das Verrohren (Schilfen), d.h. in die Bodenkimme od. auch zwischen die Dauben der zusammengedöbelten Gefäße wird Rohr, Schilf od. Werrig eingelegt, damit sie durch das Zusammentrocknen nicht so leicht das Wasser durchlaufen lassen. Hierauf erfolgt das Zapfen- (Spund-) lochbohren. mit einem großen Centrum- od. Löffelbohrer, od. dasselbe wird auch bei großen Fässern mit einer Lochsäge ausgeschnitten. Manche Gefäße werden auch noch mit Pech ausgegossen (ausgepicht). Die fabrikmäßige Anfertigung von Fässern, welche in großen Fabriken u. Seestädten betrieben wird, erstreckt sich nur auf Tonnen zum Verpacken trockener Waaren, als Zucker, Tabak u. dgl. – Unter Karl d. Gr. scheinen hölzerne Fässer zuerst aufgekommen zu sein, vorher bewahrte man Wein u. Bier in irdenen Gefäßen von mannichfacher Form auf, zum Versenden von Flüssigkeiten bediente man sich lederner Schläuche, die schon in den ältesten Zeiten dazu verwendet wurden. Unter dem Namen Kufner treten die B. 982 zum ersten Male in Strasburg auf, später findet man sie als Büttner (1146) u. Küster (Operarii vasorum) aufgeführt. Nach einem Berichte von 1271 wurden die Küfer damals in Wanner u. Faßbinder eingetheilt, im 14. Jahrh. führten sie auch den allgemeinen Namen Binder. Im 16. Jahrh. gelangte das B-handwerk zu einer hohen Vollkommenheit u. aus diesem Zeit stammt das große Heidelberger Faß; ein ähnliches ließ 1589 Pfalzgraf Friedrich IV. bauen, welches über 132 Fuder faßte; nachdem dasselbe 1632 zu Grunde gegangen war, ließ es Kurfürst Karl Ludwig 1664 wieder herstellen u. vergrößern. Ein anderes noch größeres Faß wurde unter der Regierung des Kurfürsten Karl Theodor 1751 gebaut, seine Länge betrug 30 Schuh u. 5 Zoll u. die Tiefe über 23 Schuh. Außer diesen sind noch andere große Fässer, wie das im Keller zu Tübingen 1546, das zu Gröningen 1678 u. das auf dem Königstein (welches 3709 Eimer hielt) 1725 erbaut, berühmt geworden. Im Verhältniß der Vergrößerung der Wein- u. Bierproduction wurde auch das Böttcherhandwerk immer ausgedehnter. An einigen Orten halten die B. bei Festlichkeiten noch einen besonderen Aufzug (Bügeltanz), wobei sie mit Reisen verschiedene Künststücke machen. Vgl. Fougeroux, Die Böttcherkunst, aus dem Französischen, Berl. 1763; Zang, Die vollkommenste Büttner- u. Küferlehre, Nürnb. 1806, 5. Aufl. 1833; Kahlen, Handbüchlein für Küfer u. Faßbinder, Crefeld 1829, 2. Aufl.; Kelly, Lehre für Küfer u. Weißbinder etc., St. Gallen 1833, 2. Aufl.; Otto, Hand- u. Hülfsbuch für Bötticher, Quedlinb. 1834; Rößling, Der wohlerfahrene Küfer od. Büttner etc., Ulm 1838; Barfuß, Die Kunst des Böttchers od. Kiefers, Weim. 1839 etc.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 132-133.
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