Fürstenberg [2]

[802] Fürstenberg, altes deutsches Geschlecht in Schwaben, dessen Glieder von den Grafen von Urach abstammen. Heinrich I., jüngster Sohn des Grafen Egon von Urach, erhielt bei der Theilung mit seinen Brüdern 1236 den Fürstenberg (s.d. [Geogr] 10), u. st. 1284. Seine Nachkommen wurden 1283 Landgrafen in der Baar. Im 14. u. 15. Jahrh. bewohnten sie die Burg auf dem Fürstenberg u. erhielten davon den Namen; im 16. Jahrh. erheiratheten sie die Grafschaft Heiligenberg u. wurden 12 Mai 1664 vom Kaiser Leopold I. in den Fürstenstand erhoben; 1806 verloren sie ihre Souveränetät, u. ihre standesherrlichen Verhältnisse zu Baden wurden durch die Übereinkunft vom 14. Mai 1825 u. die zu Württemberg durch die königliche Declaration vom 23. Juni 1839 bestimmt. Das Haus blühte seit 1559 in zwei Hauptlinien, der Kinzigerthaler u. Heiligenberger, welche von den Söhnen Friedrichs III. gegründet waren; letztere starb 1716 aus u. das Geschlecht wurde von der Heiligenberger fortgeführt; jetzt bestehen die drei Linien: die fürstliche Linie in Schwaben, die fürstliche Linie in Böhmen u. die landgräfliche Linie in Österreich, s. unten. Wappen: Hauptschild goldener Adler im rothen Felde wegen F., das Mittelschild quadirt, im ersten u. zweiten Feld eine silberne Kirchenfahne in Roth wegen Werdenberg, im dritten u. vierten ein eckiggeschobener Rechtsquerbalken in Silber wegen Heiligenberg; Einfassung Silber u. Blau; mit doppelten Wolken getheilt, wegen Blumeneck.

I. Die jüngere Heiligenberger Linie, gegründet von 1) Graf Joachim, jüngerem Sohne Friedrichs III., geb. 1538 u. gest. 1598; er hatte drei Söhne: 2) Friedrich IV., geb. 1563, folgte 1598 seinem Vater, war bis 1608 Obersthofmeister u. Marschall des Kaisers Rudolf II., stand auch bei Kaiser Matthias in Gunst u. st. 8. Aug. 1617. 3) Egon VIII., geb. 21. März 1588, widmete sich dem geistlichen Stande, verließ denselben aber u. trat als Hofmarschall u. Geheimrath in baierische Dienste, ging 1629 als lignistischer General nach Mantua, vollzog 1631 in Franken u. Württemberg das Restitutionsedict, machte als baierischer Generalfeldzeugmeister unter Tilly 1631 die Schlacht bei Breitenfeld mit, wo er den rechten Flügel commandirte, u. st. 24. Aug. 1635. Seine Söhne waren F. 6)–8). 4) Jakob Ludwig, jüngster Bruder des Vor., geb. 1592, machte als General der Artillerie auf Seiten der Ligue den Dreißigjährigen Krieg mit u. st. 15. Novbr. 1627 als kaiserlicher Rath u. Oberst. Er war Stifter der Donaueschinger Linie, welche aber bereits mit seinem Sohn: 5) Franz Karl, geb. 1626 u. gest. 19. Juli 1682, wieder erlosch. 6) Fürst Franz Egon, ältester Sohn von F. 3), geb. 1625, wurde 1664 in den Fürstenstand erhoben, 1665 Fürstbischof in Strasburg u. st. 1. April 1682. 7) Fürst Hermann Egon, Bruder des Vor., geb. 1627, war Oberhofmeister des Kurfürsten Ferdinand Maria von Baiern, wurde ebenfalls 1664 in den Fürstenstand erhoben u. st 10. Sept. 1674. 8) Fürst Wilhelm Egon, Bruder des Vor., geb. 1629, war Geheimer Rath des Kurfürsten Max Heinrich von Köln; auch er wurde 1664 vom Kaiser Leopold I. in den Fürstenstand erhoben; gleichwohl war er, wie seine Brüder, ganz den französischen Interessen ergeben u. förderte die Pläne Ludwigs XIV gegen Deutschland; deshalb ließ ihn der Kaiser 4. Febr. 1674 in Köln aufheben u. erst nach Bonn, dann nach Wienerisch-Neustadt bringen, wo er enthauptet werden sollte; jedoch der Einfluß Frankreichs rettete ihm das Leben u. durch denselben wurde er nach dem Frieden von Nimwegen 1679 auch wieder in seine Ehren u. Würden eingesetzt, 1682 von Ludwig XIV. zum Erzbischof von Strasburg u. endlich von dem Papst zum Cardinal erhoben; er st. 10 April 1704 in Paris. 9) Anton Egon, ältester Sohn von F. 7), geb. 1656, war ein Günstling des Kurfürsten August des Starken u. blieb nach dessen Wahl zum König von Polen 1097 als Statthalter von Sachsen zurück u. starb 10. Oct. 1716 in Hubertusburg. Mit ihm erlosch die Heiligenberger Linie u. die Fürstenwürde ging auf die ältere Kinzigerthaler Linie über.

II. Die ältere Kinzigerthaler Linie, wurde gegründet von: 10) Graf Christoph I., älterem Sohne Friedrichs III., geb. 24. Apr. 1534 u. gest. 17. Ang. 1559 11) Graf Wratislaw I., Enkel des Vor. u. Sohn des 1599 verstorbenen Grafen Albrecht I., geb. 1584, lebte meist in den Niederlanden, war Präsident des Reichshofrathes in Wien u. st. 10. Juli 1631. 12) Graf Christoph II., ältester Bruder des Vor., geb. 1580 u. gest. 1614, wurde durch seine zwei Söhne Wratislaw u. Friedrich Rudolf der Stammvater zweier Linien, der Meßkircher u. der Stühlinger, von denen die letztere noch blüht:

A) Meßkircher Linie; Stifter: 13) Wratislaw II., älterer Sohn von F. 12), geb. 1600, st. 1642. 14) Karl Egon Eugen, Enkel des Vor., geb. 2. Novbr. 1665, wurde 1697 Generalfeldzeugmeister des Schwäbischen Kreises, 1700 kaiserlicher Feldmarschalllieutenant u. st. 1702 an den in der Schlacht bei Friedlingen erhaltenen Wunden, wo er den linken Flügel gegen die Franzosen commandirte. 15) Fürst Karl Friedrich Nikolaus, Neffe des Vor., Sohn des 1741 verstorbenen Fürst Froben Ferdinand (unter welchem die Meßkircher Linie 1716 den Fürstentitel erhielt), st. 7. Septbr. 1744, u. mit ihm starb die Meßkircher Linie aus.

B) Stühlinger Linie, Stifter: 16) Gra Friedrich Rudolf, jüngerer Sohn von F. 12) geb. 1602, war kaiserlicher Oberfeldzeugmeister u. st. 26. Oct. 1655_: 17) Graf Prosper Ferdinand, Enkel des Vor. u. Sohn des 1681 verstorbenen Grafen Maximilian Franz, geb. 12. Sept. 1662, war österreichischer Feldzeugmeister u. blieb 21. Nov. 1704 vor Landau. Von seinen Söhnen führte der ältere, Jos. Wilhelm Ernst, die Hauptlinie[802] fort u. der jüngere, Ludwig Aug. Egon, stiftete die landgräfliche Subsidiallinie in Weitra (s. unten Bb).

Aa) Hauptlinie, welche 1716 die Fürstenwürde bekam, 1744 alle Besitzungen des Hauses F. im Reichslande vereinigte u. 1762 die Ausdehnung der Fürstenwürde auf alle ehelichen Nachkommen erhielt, während bisher dieselbe nur der jedesmalige Regent gehabt hatte; fortgeführt von: 18) Fürst Joseph Wilhelm Ernst, älterem Sohn von F. 17), geb. 12. April 1699, wurde 1716 Reichsfürst, beerbte 1744 die Meßkircher Linie u. st. 29. April 1762 in Wien; er war zu seiner Zeit vielfach als Diplomat thätig. Er war vermählt in erster Ehe mit Maria Anna, geb. Gräfin von Waldstein, u. hatte zwei Söhne, von welchen der ältere in den Reichslanden regierte, der jüngere die subsidiarische fürstliche Linie in Böhmen stiftete. a) Fürstliche Linie in Schwaben; Stifter: 19) Fürst Joseph Wenzel Johann Nepomuk, geb. 21. März 1728 u. gest. 2. Juli 1783; von seinen drei Söhnen starb Fürst Karl Joachim 17. Mai 1804 u. mit ihm endete diese Linie u. die Reichslande fielen an: b) die Fürstliche Linie in Böhmen, welche mit den Gütern der ersten Gemahlin F-s 18) durch Testament vom 3. Aug. 1756 dotirt war; Stifter derselben war: 20) Fürst Karl Egon, jüngerer Sohn von F. 18) u. der Gräfin von Waldstein, geb. 7. Mai 1729 u. st. 11. Juli 1787. 21) Fürst Karl Joseph Alois, älterer Sohn des Vor., geb. 1760, war Generalfeldmarschall des Schwäbischen Kreises u. fiel 25. März 1799 bei Stockach. 22) Fürst Karl Egon, Sohn des Vor., geb. 28. Octbr. 1796 in Prag, Besitzer der Fideicommißherrschaft in Böhmen, folgte 17. Mai 1804, als die reichsfürstliche Linie erlosch, in den Besitzungen der schwäbischen Erblande u. vereinigte so die großen Besitzungen der Familie, mit Ausnahme der mährischen Güter, in seiner Hand. In Folge der Rheinbundsacte wurde der Fürst 1806 mediatisirt u. trat, nachdem er in Freiburg u. Würzburg 1811–13 studirt hatte, in die öfter-reichische Armee ein. Als Ordonnanzoffizier begleitete er 1814 den Fürsten Schwarzenberg nach Paris, verließ aber nach dem Frieden den Militärdienst wieder. Theils auf dem Schloß Heiligenberg am Bodensee, theils in Donaueschingen residirend, suchte er namentlich in den damaligen Theuerungs-jahren die Noth zu lindern u. unterstützte zugleich auch gemeinnützige Unternehmungen, Künste u. Wissenschaften, legte eine Münzsammlung, ein Naturaliencabinet, eine Kupferstichsammlung, eine Bibliothek an, st istete ein Krankenhaus in Donaueschingen, ein Blindeninstitut in Neidingen, eine Rettungsanstalt für verwah. loste Kinder u. legte die erste Eisenbahn Deutschlands u. bedeutende Eisenwerke auf seinen böhmischen Besitzungen an, trug durch Einrichtung mehrerer Musterwirthschaften zur Förderung der Landwirthschaft bei, rief unter seiner Bürgschaft eine Sparkasse ins Leben u. gründete eine Versorgungsanstalt für die Wittwen u. Waisen seiner Beamten. Schon früher zum badischen General ernannt, saß er von 1831 an in der ersten Kammer des Großherzogthums u. suchte stets versöhnend zu wirken, um einen Bruch zwischen Regierung u. Volk abzuwenden. Trotzdem erfuhr er schon in den nächsten Jahren mannigfache Anfeindungen u. wurde bei Ausbruch der Revolution von 1848 verunglimpft. Nachdem er noch am ersten Landtage, nach Bewältigung des Aufstandes, Theil genommen hatte, schied er aus der Kammer aus u. lebte abwechselnd in Böhmen, Wien u. Berlin. Er starb am 22. Octbr. 1854 im Bade Ischl. Er war vermählt seit 1818 mit Amalie, Tochter des Großherzogs Karl Friedrich von Baden. Ein dichterisches Denkmal setzte ihm K. E. Ebert, Prag 1835. Nach seinem Tode theilte sich die Linie wieder du rch seine zwei ältesten Söhne, Karl Egon u. Max Egon, wie vorher in die Schwäbische u. Böhmische Linie: aa) Fürstliche Linie in Schwaben: Stifter: 23) Fürst Karl Egon, ältester Sohn des Vor., geb. 4. März 1820, folgte seinem Vater 1854 als Fürst zu F., Landgraf in der Baar u. zu Stühlingen, Graf zu Heiligenberg u. Werdenberg, Freiherr zu Gundelfingen, Herr zu Haufen im Kinzigthal, Meßkirch, Hohenhöwen, Wildenstein, Waldsperg, Werenwag, Immendingen, Weitra u. Pürglitz etc., ist badischer General u. seit 1844 mit Henriette, Tochter des Fürsten Heinrich XIX. von Reuß-Greiz (geb. 1824) vermählt; der Erbprinz, Karl Egon, ist geb. 1852. bb) Fürstliche Linie in Böhmen, besitzt die böhmischen Fideicommißherrschaften Pürglitz, Kruschowitz, Nischburg, Skrziwan, Podmokl, Wschetaben etc.; Stifter: 24) Fürst Maximilian Egon, jüngerer Bruder des Vor., geb. 29. März 1822 u. folgte seinem Vater Karl Egon 1824 in den böhmischen Fideicommißherrschaften; er ist österreichischer Rittmeister in der Armee.

Bb) Landgräfliche Linie in Österreich zu Weitra, besitzt in Niederösterreich das Fideicommiß Weitra, Reinpolz u. Wasen, in Mähren die Herrschaft Taykowitz, in Preußisch Schlesien Hassitz mit Kunzendorf, u. ihre Glieder führen den Titel als Landgrafen; Stifter: 25) Landgraf Ludwig August Egon, jüngerer Sohn von F. 17), geb. 4. Februar 1705, war Reichsgeneralfeldzeugmeister u. st. 10. November 1759. a) Hauptlinie: Stifter: 26) Joachim Egon, älterer Sohn des Vorigen, geb. 22. December 1749, er legte unter andern das große Hüttenwerk Neu-Joachimsthal in der Herrschaft Pürglitz an u. st. 26. Januar 1828. 27) Landgraf Johann, Enkel des Vor., Sohn des am 4. Februar 1856 verstorbenen Landgrafen Friedrich Karl Joh. Nepomuck Egon, geb. 21. März 1802, er ist österreichischer wirklicher Geheimerath u. Oberstceremonienmeister u. seit 1836 vermählt mit Karoline, geb. Prinzeß von Auersperg (geb. 1809), sein älterer Sohn Eduard ist 1843 geboren. 28) Landgraf Joseph, Bruder des Vor., geb. 22. Februar 1808; ist wirklicher Geheimerath u. Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs in Wien u. seit 1844 vermählt mit Ernestine, geb. Prinzeß von Öttingen (geb. 1803). 29) Landgraf Karl, Bruder des Vor., geb. 15. Juni 1809, ist Oberstlieutenant in der Armee. 30) Landgraf Friedrich, Bruder des Vor., geb. 8. October 1813, ist Geheimerath u. seit 1853 Fürsterzbischof von Olmütz b) Landgräfliche Linie in Mähren: Stifter: 31) Landgraf Friedrich Joseph, jüngerer Sohn von F. 25), geb. 24. April 1751 u. gest. 1. Juli 1814; er war vermählt mit Josephe, geb. Gräfin von Zierotin (st. 1857). 32) Landgraf Friedrich, Sohn des Vor., geb. 29. September 1793, er ist wirklicher Geheimerath, General der Cavallerie, Capitän der k. k. Trabanten-Leibgarde u. Inhaber des Dragonerregiments Nr. 5; er ist[803] unvermählt u. der letzte männliche Sproß der Landgräflichen Linie in Mähren. Vgl. Münch, Geschichte des Hauses u. Landes F., Aachen 1830–1832, 3 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 802-804.
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