[30] Hardenberg, eine gräfliche u. freiherrliche Familie in Niederdeutschland, wo ihr erster Stammsitz Hardenberg (s.d. 1) liegt; sie kommt urkundlich schon 1174 vor u. der erste nachweisbare Ahn, Dietrich von H., lebte um 1220; dessen Söhne Bernhard u. Günther stifteten zwei Linien, von denen die letztere 1561 ausstarb; die Bernhardsche Hauptlinie theilte sich wieder in zwei, die Heinrichsche, welche 1669 ausstarb, u. die Hildebrandsche,[30] welche noch blüht, in Preußen, Dänemark, Hannover, Mecklenburg u. Sachsen begütert ist u. sich in drei Linien theilt, von denen eine freiherrlich geblieben, die beiden anderen aber gräflich sind, u. zwar die eine seit 1814 (auch einst fürstlich), die andere bereits seit 1778. Der Stammvater dieser drei Linien ist: 1) Hildebrand Christoph, geb. 1621, war Statthalter u. Präsident des Geheimrathscollegiums in Braunschweig; er was seinem Vater im Hintern Hause H. gefolgt, erbte auch 1669 das Vordere Haus H. u. st. 1682 mit Hinterlassung dreier Söhne (s. unter 2) 9) u. 17), welche die drei Linien gründeten: I. Erste Linie zu Neuhardenberg in Preußen, besitzt die Standesherrschaft Neuhardenberg im Regierungsbezirk Frankfurt a. O., wurde 1814 in den Grafen- u. resp. Fürstenstand (siehe H. 5) erhoben; Stifter: 2) Freiherr Christian Ludwig, ältester Sohn des Vor., geb. 1663, war landschaftlicher Licentcommissar im Hannöverschen u. st. 1736; er war vermählt mit Katharine Sibylle von Döringenberg. 3) Freiherr Christian Ludwig, geb. 3. Novbr. 1700, war braunschweigischer Generalmajor im Siebenjährigen Kriege u. nachher Feldmarschall, als welcher er die sächsischen Truppen commandirte; er st. 26. Novbr. 1781 u. war vermählt mit Anna Sophie Ehrengard von Bülow; sein ältester Sohn war: 4) Fürst Karl August, geb. 31. Mai 1750 zu Essenroda im Hannöverschen, studirte in Leipzig u. Göttingen, wurde 1770 hannöverscher Kammerrath, hielt sich längere Zeit in Wetzlar, Regensburg, Wien u. Berlin auf u. bereiste dann Frankreich, Holland u. England, wurde nach seiner Rückkehr 1778 geheimer Kammerrath u. dann Gesandter in England, verließ aber 1782 das Land u. die hannöverschen Dienste in Folge eines Privatzwistes mit dem Prinzen von Wales. 1774 hatte er sich mit der letzten Gräfin Reventlow vermählt u. vom König von Dänemark die Erlaubniß erhalten, beide Wappen zu vereinigen u. sich von H.-Reventlow zu nennen, 1782 wurde er wirklich geheimer Rath des Herzogs von Braunschweig, welcher ihn 1786 mit dem, bei ihm niedergelegten Testament Friedrichs II. nach Berlin sendete; 1787 Präsident des braunschweigischen Kammercollegiums u. 1790 Minister beim Markgrafen von Ansbach u. Baireuth. Als der Markgraf seine Länder an Preußen abtrat, wurde H. preußischer Staatsminister; 1792 hatte er die Besorgung der Kriegsbedürfnisse in Frankfurt a. M. unter sich, schloß 1795 den Frieden zwischen Preußen u. der französischen Republik zu Basel, wurde 1797 Cabinetsminister in Berlin u. erhielt die Leitung aller fränkischen auswärtigen Hoheits- u. öffentlichen Angelegenheiten, so wie der Lehnssachen. 1800 wurde H. Chef des magdeburg-halberstädtschen u. dann Chef des westfälischen Departements u. des von Neufchatel u. Curator der Kunst- u. Bauakademie. Als Graf Haugwitz sich zurückzog, bewirkte H. die Anschließung des preußischen Cabinets an England u. trat 1804, nachdem Haugwitz seinen Abschied genommen hatte, ganz an dessen Stelle. 1805, als die Schlacht bei Austerlitz Preußen zwang, sich ruhig zu verhalten, übergab er das Portefeuille wieder an Haugwitz u. trat in seinen vorigen Posten, als Chef des magdeburg-halberstädtschen Departements, zurück. Nach der Schlacht bei Jena ging er zum König, übernahm 1807 vom General Zastrow das Portefeuille des Auswärtigen, bat indessen nach dem Frieden von Tilsit um seine Entlassung, lebte eine Zeit lang an der russischen Grenze u. später auf seinem Gute bei Berlin. 1810 ernannte ihn der König, nach Steins Zurücktritt, zum Staatskanzler, wo er nothgedrungen bis 1813 in das französische System einging, dann aber während des Krieges von 1813 u. 14 den Aufschwung Preußens in hohem Grade beförderte. Er unterzeichnete für Preußen den Frieden von Paris. Friedrich Wilhelm III. erhob ihn noch in Paris 1814 in den Fürstenstand, nach dem Rechte der Erstgeburt (während die anderen Glieder der Familie den gräflichen Titel führen sollten), u. dotirte ihn mit der ehemaligen Comthurei Lietzen u. dem Amte Quilitz, unter dem Namen Neuhardenberg. H. ging nun mit den drei Monarchen nach London, wirkte höchst thätig beim Congreß in Wien, wo seiner Standhaftigkeit zu danken war, daß Preußen an Gebiet u. Volkszahl mehr, als es verloren hatte, wieder erhielt, u. an den Verträgen zu Paris 1815; 1817 wurde er Präsident des Staatsraths u. organisirte das Abgabesystem u. das Staatsarchivwesen. Den Congressen zu Aachen, Troppau, Laibach u. Verona 1820 wohnte er, so wie den Ministerialconferenzen zu Karlsbad u. Wien, bei, machte nach dem Congreß von Verona eine Reise durch Norditalien u. st. 22. Novbr. 1822 in Genua. Er war seit 1774 vermählt mit Christiane Friederike Juliane geb. Gräfin von Reventlow, von der er 1788 wieder geschieden wurde (st. 1793). Seine Büste ließ der König 1824 im Staatsrathe aufstellen. Er hinterließ Memoiren seiner Zeit von 1801 bis zum Tilsiter Frieden, die er vor seinem Tode im Manuscript dem Staatsrath Schöll übergab u. welche der König, mit dem Siegel versiegelt, im Staatsarchiv niederlegen ließ u. erst 1850 zu eröffnen befahl. Die Mém. d'un homme d'état, Par. 1828, 4 Bde., deutsch von F. A. Rüder, Lpz. 1828, 2 Bde., welche sich das Ansehen gaben, als wären sie von H., haben wahrscheinlich Alphons von Beauchamp zum Verfasser. Vgl. Klose, Leben Karl Augusts, Fürsten von H., Halle 1851. 5) Christian Heinrich August, Graf von H.-Reventlow, Sohn des Vor., geb. 19. Febr. 1775, dänischer geheimer Conferenzrath u. Hofjägermeister, erbte von seiner Mutter die Güter H., Krankerup etc. auf Laaland, welche 1814 vom König von Dänemark als H.-Reventlow zur dänischen Lehnsgrafschaft erhoben wurden; nach dem Tode seines Vaters 1822 erlangte er das Majorat Neuhardenberg u. die Fürstenwürde, der er aber 1823 für seine Person entsagte, jedoch das fürstliche u. gräfliche Wappen vereinigt führte. Er st. 16. Septbr. 1840 u. war vermählt erst mit Jeannette Karoline geb. von Reitzenstein (st. 1819) u. dann mit Emma geb. Gräfin H. (st. 1853); da er nur eine Tochter hinterließ, so folgte in der Standesherrschaft der jetzige Chef: 6) Graf Karl Adolf Christian, Cousin des Vor., ältester Sohn von H. 8), geb. 7. Aug. 1794, er folgte 1840 dem Vorigen in der Standesherrschaft, verzichtete ebenfalls für seine Person auf die Fürstenwürde, ist erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, preußischer Oberstlieutenant a. D. u. nach dem Tode seiner ersten Gemahlin, Ida Louise geb. von Hedemann, in zweiter Ehe vermählt mit Charlotte geb.[31] von Hedemann; sein ältester Sohn aus erster Ehe ist Karl, geb. 1827. 7) Graf Friedrich Ludwig, zweiter Sohn von H. 3), geb. 26. April 1756, war hannöverscher Oberhauptmann zu Grohnde, wurde 1816 in den hannöverschen Grafenstand erhoben u. st. 1818, ohne Söhne zu hinterlassen. 8) Graf Georg Adolf Gottlieb, jüngster Bruder des Vor., geb. 21. Juli 1765, war preußischer Kammerherr u. Landjägermeister u. st. 15. April 1816; er war vermählt mit Karoline geb. von Bothmer; sein ältester Sohn ist der jetzige Chef der Linie, s. oben 6).
II. Freiherrliche Linie von Wiederstedt in Sachsen, begütert in den Herzogthümern Sachsen-Altenburg u. Sachsen-Meiningen (Schlöben, Rabis, Möckern u. Lichtenhain) u. in Preußisch-Schlesien (Ober-Wiederstedt); der Stifter war: 9) Freiherr Georg Anton, zweiter Sohn von H. 1), er war geb. 1666 u. st. 1721; war vermählt mit Anna Dorothea geb. Tochter zur Elz. 10) Freiherr Anton Gottlieb Christoph, zweiter Sohn des Vorigen, geb. 1697 u. st 1752; war vermählt mit Katharine Sidonie v. Heynitz. 11) Freiherr Heinrich Ulrich Erasmus, jüngster Sohn des Vorigen, geb. 1736, war Salinendirector in Wiederstedt in der Grafschaft Mansfeld u. st. 1814. 12) Freiherr Friedrich, pseudonym Novalis, ältester Sohn des Vorigen, geb. 2. Mai 1772 in Wiederstedt, erhielt seine erste Bildung auf der Herrnhuter Colonie Neudietendorf, studirte seit 1790 in Jena, Leipzig u. Wittenberg Philosophie in die Rechte; seit 1795 arbeitete er bei der Kreishauptmannschaft in Tennstädt in Thüringen, wurde dann Auditor in Weißenfels; studirte 179799 in Freiberg die Bergwissenschaften, wurde dann in Weißenfels Assessor u. Amtshauptmann u. st. hier am 25. März 1801. Als lyrischer Dichter gehört er zur Romantischen Schule (s. Deutsche Literatur VI.); er schr. den Roman: Heinrich von Ofterdingen, Berl. 1802; Geistliche Lieder u.a. Gedichte, gesammelt in seinen Schriften, herausgegeben von Fr. von Schlegel u. L. Tieck, Berl. 1802, 2 Thle., 5. Aufl. 1838. 13) Freiherr Gottlob Albrecht Karl, Bruder des Vor., geb. 1776 in Wiederstedt, wurde 1807 katholisch u. st. 1813 als Amtshauptmann in Weißenfels; er war vermählt erst mit Karoline geb. v. Uttenhof (st. 1811) u. dann mit Henriette geb. Gräfin v. Stolberg-Stolberg; er schr. unter dem Namen Rostorf: Die Pilgrimschaft nach Eleusis, Berlin 1804; Dichtergarten, Würzb. 1807, u.a.m. 14) Freiherr Georg Anton, Bruder des Vorigen, geb. 1797, wurde 1809 katholisch u. st. 1825 als preußischer Landrath im Mansfelder Kreise; er war vermählt mit Anna geb. v. Witzleben. Die Chefs der beiden von H. 13) u. 14) ausgehenden Aste dieser Linie sind: 15) Freiherr Karl, Enkel von H. 13) u. Sohn des 1841 verstorbenen Freiherrn Johann, geb. 3. Ang. 1829, ist badenscher Oberlieutenant im Generalstab u. nicht vermählt, hat auch blos Schwestern. 16) Freiherr Christoph, einziger Sohn von H. 14), geb. 27. Oct. 1824; er trat zur Lutherischen Confession zurück, ist Senior der Familie, sachsen-altenburgischer Kammerherr, Mitglied des preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit u. seit 1846 vermählt mit Marie geb. von Carlowitz; sein ältester Sohn Friedrich ist geb. 1847.
III. Gräfliche Linie zu H. im Königreich Hannover, besitzt die Herrschaft H. in Hannover, Drönnewitz u. Neuenkirch in Mecklenburg-Schwerin, Rettkau in Preußisch-Schlesien u. wurde 1778 in den Reichsgrafenstand erhoben; Gründer: 17) Freiherr Friedrich Dietrich, jüngster Sohn von H. 1), geb. 1674 u. st. 1739; jetziger Chef ist: 18) Graf Karl, Sohn des 1840 verstorbenen Grafen Karl Philipp, geb. 9. Oct. 1791, er ist Senior der Familie, hannöverscher Oberjägermeister u. seit 1856 Wittwer von Adelaide geb. Gräfin von Kielmannsegge; sein ältester Sohn Albert ist 1823 geboren. Vgl. J. Wolf, Geschichte des Geschlechts der H., Gött. 1823, 2 Thle.
Brockhaus-1837: Hardenberg [2] · Hardenberg [1]
Brockhaus-1911: Hardenberg [3] · Hardenberg [2] · Hardenberg
DamenConvLex-1834: Hardenberg, Friedrich von
Eisler-1912: Hardenberg, Friedrich von
Herder-1854: Hardenberg [3] · Hardenberg [2] · Hardenberg [1]
Meyers-1905: Hardenberg [2] · Hardenberg [1]
Pataky-1898: Hardenberg, Sophie v. · Hardenberg, Magda · Hardenberg, Henriette Luise Juliane
Pierer-1857: Hardenberg-Reventlow · Neu-Hardenberg · Hardenberg [1] · Hardenberg [3]
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