1. Besser (zehnmal) verdorben als einmal gestorben. – Henisch, 322, 5; Petri, III, 2; Blass, 7.
Aus dem Jahre 1621: »Ein alt Sprüchwort: besser verdorben sey zehnmal, denn eins gestorben.« (Weller, Annalen, I, 121.) [1534] Jüdisch- deutsch in Warschau: Besser zehnmuhl verdorben, eider einmal gestorben. (Blass, 7.) Trost für solche, die ihr Vermögen eingebüsst haben. So lange man lebt, soll man die Hoffnung nicht aufgeben, die nur für den Todten nicht vorhanden ist. (Vgl. Tendlau, 811 u. 1061.)
2. Den halt' ich für verdorben, bei welchem Scham und Zucht gestorben.
Lat.: Ego illum periisse duco, cui periit pudor. (Seybold, 1243.)
3. Es ist besser, wir verderben, als ob wir beide sterben.
4. Es ist gar leicht verdorben, was man mit Müh' erworben. – Gaal, 1614.
Lat.: Labitur exiguo quod partum est tempore longo. (Gaal, 1614.)
5. Es müssen zehn verderben, ehe einer reich wird.
6. Es sind mehr verdorben, als vom Schwert gestorben. – Simrock, 9403.
7. Es verderben wol neun Spät, eh' ein Früh zu Grunde geht.
8. Es verderbt einem lieber ein Schuch, denn ein Fuss. – Petri, II, 302.
9. Es verdirbt kein Unkraut.
10. Es verdirbt keiner, er könne dann nicht rechnen. – Lehmann, II, 145, 201.
11. Es verdirbt manch guter Rath in eines armen Mannes Tasche (Mund). – Petri, II, 302.
12. Es verdirbt vil weissheyt vnder (in) eines armen manns rock (Tasche). (S. ⇒ Gärtner 5.) – Franck, II, 102b; Egenolff, 99b.
13. Es wird viel verderbet, da man nicht werbet. – Petri, II, 307.
14. Lass, was verderbt ist, und iss, was gut ist.
15. Lieber siebenmal verderben, als einmal sterben.
Frz.: Plaie d'argent, n'est pas mortelle. (Gaal, 1467.)
16. Man verdirbt, ehe man stirbt. – Eiselein, 617; Simrock, 10838; Braun, I, 4726.
17. Nit selte der verdirbt, der vil auf lihte Art erwirbt. (Hauenstein im Aargau.) – Schweiz, II, 184, 19.
18. 'S verdirbt kein Unkraut, 's kommt wieder a Regel drauf. (Schwaben.)
19. Sie verderben nicht alle, die in grossen Nöthen seynd. – Lehmann, II, 569, 80; Petri, II, 523.
20. Soll einer verderben, so hilft alles dazu. – Braun, I, 4723.
21. Verderbe will Rath han. – Sutermeister, 145.
22. Verderben ist leichter als gut machen.
Poln.: Snadniéj zepsuć, jak co naprawić. (Lompa, 29.)
23. Verderben kann ein jedermann, herstellen (gutmachen, schaffen) will ein Meister han.
Dän.: Forderve kand enhver, met holde ved lige, den som har lært det. (Prov. dan., 176.)
24. Verderben thut we. – Hofmann, 31, 61.
25. Verderbt ist nicht verlohren. – Lehmann, 776, 27.
Dän.: Fordervet ei forlaaret. (Prov. dan., 176.)
26. Vil verdirbt, das man nit wirbt. – Franck, I, 51b; II, 9b, 49a, 68a u. 148a; Gruter, I, 69; Egenolff, 61a; Eyering, III, 359; Henisch, 661, 50; Lehmann, 63, 3 u. 66, 20; Schottel, 1129b; Eiselein, 617; Simrock, 10831; Körte, 6303; Körte2, 7822.
Mhd.: Wan manic dinc verdirbet, des man niht enwirbet daz niemer verdürbe, der ez mit vlîze würbe. (Freib. Trist.) – Manic dinc verdirbet derz niht von êrste wirbet. (Cato.) – Was vil verdirbet, des man niht enwirbet. (Walther.) – Vîl ofte ein dinc verdirbet daz man niht enwirbet. (Frauenlist.) (Zingerle, 159 u. 199.) – Vil dings verdirbet, das man nit wirbet. (Hätzlerin, II, 7, 107-118.)
Lat.: Bona nomina mala fiunt si nunquam interpelles. (Seybold, 56.) – Experto crede Ruperto. (Sutor, 263.)
27. Was bald sol verderben, ist leicht zu erwerben. – Petri, II, 850.
28. Wenn einer verderben muss, so muss alles dazu helfen. – Eiselein, 617; Simrock, 10830a.
29. Wenns verderbt ist, so ist guter Rath thewer. – Petri, II, 675.
30. Wer nicht verderben wil, hüt sich für Lügen vnd Spiel. – Petri, II, 744.
31. Wer weelt verderven un weiss nit we, dä käuf âl Hüser un baue de. (Köln.) – Weyden, II, 5;
[1535] für Trier: Laven, 197, 137; Firmenich, III, 548, 78; hochdeutsch bei Simrock, 4415.
Wer will verderben und weiss nicht wie, der kaufe alte Häuser und baue sie. (Schmitz, 177, 2.)
32. Wer will verderben, der borge Geld und kaufe Erben. – Pistor., III, 19; Eisenhart, 314; Reyscher, V, 207; Estor, II, 528; III, 806; Simrock, 1214; Graf, 223, 294.
Pistorius versteht unter Erben Erbgüter, Reyscher bezeichnet es genauer und unzweideutiger durch Erbschaft.
33. Wer will verderben und weiss nicht wie, der halt' viel Schwein' und Federvieh. (Köln.) – Boebel, 139.
34. Wol nicht vorderben wil, der hode sik vor logen1 und spil, vor kopen und burgeschop2, vor wiveren und selschop. – Ebstorf, 23.
1) Lügen.
2) Bürgschaft (?).
*35. De kann nich verdarven, all sitt he ock bet an de beide Ohren in 't Salt. – Bueren, 299; Eichwald, 1789; Frommann, VI, 143, 354; Hauskalender, II.
All = ôk, so viel als: aber, auch, obschon, obgleich. Aehnlich in Mecklenburg. (Frommann, 551.)
*36. Der verdirbt in grundt. – Hauer, Kij.
Lat.: A prora et puppi perit. (Hauer, Kij.)
*37. Er verderbt alles durch seine plumpe Anstellung.
Lat.: Praemovet venetum. (Philippi, II, 104.)
*38. Er kann nicht verderben, er muss zu Grunde gehen. (Königsberg.)
Scherzweise, wenn jemand z.B. viele Vergnügungen mitmacht, gut lebt u.s.w.
*39. Er verdirbt in Arsch 'nein. (Nürtingen.)
*40. Er verdirbt in Grundsboden hinein. (Rottenburg.)
D.i. in Grund und Boden hinein.
*41. Er verdirbt unserm Herrgott sein Deutsch.
Der Deutschverderber.
*42. Mir verdirbt kein Hafer.
Sagt, wer keinen Hafer und überhaupt nichts besitzt, also auch nichts verlieren kann. Für diejenigen, welche diesen Gedanken ausdrücken wollen, sind a.a.O. auch folgende Redensarten beigefügt: Wenn ich aufspringe, so regt sich alle meine Habschaft. Mir verbrennt kein Haus, mir erfriert kein Wein, mir stirbt kein Vieh. Ich fürchte keinen Dieb. Ich gebe weder Zins noch Zoll.
43. Früh verdorben, mit Schande gestorben.
44. Wenn einer verderben soll, so schickt sich all sein Vnglück wol. – Ayrer, V, 3385, 31.
*45. Verdorben wie ein katholischer Priester. – Magdeburger Zeitung, 1874, Nr. 423.
Sprichwort des 16. Jahrhunderts, das auch später noch angewandt worden ist.
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