[243] Feuerpolizei, die Anstalten, welche die Behörde trifft, um eine Feuersbrunst zu verhüten, od. dieselbe, wenn sie doch entsteht, schleunig zu dämpfen (s. Feuerlöschmittel, Feuerwehr). Die F. wird A) durch eine Feuerordnung geregelt. Diese verordnet meist: a) die Maßregeln zur Verhütung von Feuergefahr, demgemäß aufgeführte Gebäude so feuerfest, (s.d. B) c) zu bauen sind, als es ihr Zweck gestattet, daß sie mit Ziegeln, Schiefer, Metall, sogenannter Steinpappe u. dgl. (s.u. Dach) u. nicht mit Stroh, Rohr od. Schindeln gedeckt werden, die Schornsteine ohne Holzwerk aufgeführt werden u. auch mindestens 1/22 Fuß von allem Holze u. anderen leicht brennbaren Dingen entfernt bleiben, 3 Fuß über dem Giebel in die Höhe geführt u. gehörig gefegt werden. Auch feuerfeste Anstriche empfiehlt sie (s. Feuerfest B) a); sorgt, daß alle Herde, Backöfen, Werkstätten, wo mit Feuer hanthiert wird, an ungefährlichen Orten u., so weit es möglich ist, parterre angebracht sind. Sie verbietet die Aufbewahrung großer Quantitäten feuergefährlicher Sachen, wie Pulver, Knallsilber etc. innerhalb der Wohnhäuser u. befiehlt, feuergefährliche Beschäftigungen, wie Firnißsieden, Hanfdörren etc. nur im Freien vorzunehmen. Sie erlaubt die Verfrachtung von leicht entzündlichen u. sich selbst entzündenden Waaren, wie z.B. fettigen Abgängen von Faserstoff, Zündhütchen u. Zündhölzchen, Pulver etc. nur unter gewissen Vorsichten. Außer diesen Vorsichtsmaßregeln sucht sie b) durch Feuershutz den Feuersbrünsten möglichst vorzubeugen (s. [243] Feuerwehr). Die Feuersbrünste entstehen aber: aa) durch Selbstentzündungen, bes. wenn pflanzliche Stoffe, Kartoffelkraut, Stroh, Dünger, Sägespäne, Gerberlohe u. namentlich Rübsen, auch Häute, Wolle, Hauf, Baumwolle (namentlich fettige Abgänge von Maschinenspinnereien), gebrannter Kaffee u. dessen Surrogate, andere Thier- u. Pflanzenkohlen, auch Kalium u. Natrium zu Berlinerblau, dicht u. feucht auf einander liegen u. so in Gährung gerathen, ferner wenn Steinkohlen (auch Braunkohlen u. Torf), welche Schwefelkies enthalten, stark angefeuchtet werden. Auch bb) das Entzünden von leicht feuerfangenden Gegenständen durch Buckel an den Fensterscheiben, sehr bauchige Wasserflaschen u. Trinkgläser, die sämmtlich unter eigenen Umständen als Brenngläser wirken, bewirken oft Feuersbrünste. cc) Durch Brandstiftung. Vorsichtsmaßregeln gegen jede Brandstiftung zu treffen, ist unmöglich, doch ist die höchste polizeiliche Aufsicht auf in der Pubertätsperiode begriffene junge Leute, indem solche oft in dieser Zeit einen Drang Feuer anzulegen fühlen, auf fremde arbeitslose Gesellen, von Baugewerken etc., nöthig. dd) Durch Verwahrlosung. Um diesem gewöhnlichsten Anlaß von Feuersbrünsten vorzubeugen, untersagt die Feuerordnung in Scheunen, Ställen od. Höfen, Räumen mit Feuerungsmaterialien od. Hobelspänen etc. mit brennendem Licht ohne Laterne umher zu gehen od. daselbst Tabak zu rauchen, in der Nähe von Scheunen Feuer anzumachen od. zu schießen, od. Feuerwerke abzubrennen, sie duldet keine andere als blecherne od. wenigstens mit blechernen Boden versehenen Laternen, empfiehlt die höchste Vorsicht mit der Asche (bes. mit der Asche von Braunkohle), u. deren Aufbewahrung in Kellern od. feuerfesten Räumen, metallene od. töpferne Untersetzer bei Nachtlichtern, das Vermeiden Holzstöße, Torf, Braunkohlen od. dgl. hinter den Ofen od. in der Küche an Orte zu setzen, wo eine brennende Kohle dieselbe erreichen kann, Vorsicht beim Braten mit Speck (obgleich dieser allen angestellten Versuchen zufolge nicht fliegt), Öl, Talg u. im Entzündungsfall Dämpfungsversuche nichtmit Wasser, sondern vielmehr durch Zudecken zu machen etc.
B) Die über die Feuerlöschanstalten gesetzte Behörde (Feuerlöschamt, Feuerlöschherren, Feuerlöschcommission) sorgt auch, daß auf die Feuerordnung gehalten wird, u. stellt daher zuweilen (meist vor Eintritt des Winters) durch bes. dazu bestellte Beamte eine Feuerschau (Feuervisitation), d.h. eine Untersuchung, wie die Feuerordnung gehandhabt wird, an, welche darauf zu sehen hat, ob die Lösch- u. Schutzgeräthe in jedem Hause vorhanden u. an Orten, wo sie zu Händen sind, aufbewahrt werden, u. was dergleichen sonst jede Feuerordnung bestimmt haben mag. Außerdem sind besondere Leute (Feuerwächter, meist mit den Nacht- u. Thurmwächtern dieselben Personen) bestellt, auf die Entstehung eines Feuers zu achten, u. bricht ein solches im Orte aus, sogleich Lärm (Feuerlärm) durch Stürmen mit den Glocken, Feuerschreien (Feuerl Feuerjoh!), Trommeln u. Blasen der Garnison, wenn eine solche im Orte ist, u. durch Blasen u. Schnarren der Nacht- u. sonstigen Wächter zu machen. Wird ein Feuer in der Umgegend bemerkt, so wird dies signalisirt durch Stoßen in ein Feuerhorn (ein kegelförmiges, laut tönendes Horn mit einer den schnarrenden, rauhen Ton hervorbringenden Zunge), durch Herabrufen des Ortes od. der Gegend, nach welcher hin das Feuer ist, durch das Sprachrohr, durch Ausstecken einer rothen Feuerfahne od. bei Nacht einer Laterne nach der Gegend hin, wo es brennt. Zuweilen signalisirt man das Feuer auch durch, auf hohen Punkten aufgestellte Lärmkanonen, auf dem Lande aber, wenn die Feuersbrunst nicht weiter als 23 Stunden ist, durch Stürmen. Den Ort, wo die Feuersbrunst ist, schätzt man gewöhnlich od. erfährt ihn durch den auf dem Thurme angebrachten Feueranzeiger (s.d.). Die Erfindung der elektrischen Telegraphie hat jetzt zum Feuertelegraphiren geführt, wodurch, in Verbindung mit einer besoldeten od. freiwilligen, gehörig gegliederten Feuerwehr (s.d.) der Lärm u. der Schrecken, den das Feuerschreien, das Stürmen, Blasen u. Trommeln in den Ortschaften verursacht, ganz beseitigt ist. Ein sehr vollkommener Feuertelegraph besteht in Boston in Nordamerika schon seit mehreren Jahren. Er zerfällt in den Signal- u. den Lärmapparat; beide haben ihre besonderen Drahtleitungen. Der erstere gibt die Nachricht von einem Feuer aus irgend einem Theile der Stadt an die Hauptfeuerwache; durch den zweiten Apparat werden die Lärmglocken in verschiedenen Theilen der Stadt von der Hauptfeuerwache aus, durch den Druck eines einzigen Fingers, ohne Dazwischenkunft von Wächtern u. Glöcknern angeschlagen. In der Stadt vertheilt befinden sich gegen 50 sogenannte Signalkasten. Von jedem. Kasten aus kann die Nachricht eines Feuers in der Nachbarschaft mittelst des einfachen Drehens einer Kurbel in der Hauptfeuerwache u. von hier aus weiter an jede einzelne Feuerwache telegraphirt werden. Eine Nummer zeigt dort überall den Ort an, von wo das Signal ausging. Die Zeit von der Entdeckung eines Feuers an bis zu dessen allgemeiner Verlautbarung von allen Thürmen u. Feuerwachen (Signalstandorten) beträgt nie mehr als 3 Minuten. Die Drähte sind über die Häuser geführt. Es laufen immer zwei Drähte zwischen zwei Standorten in verschiedenen Richtungen, damit, wenn ein Draht versagt, der andere in Reserve ist. Im Falle eines Feuers geht man an den nächstgelegenen Signalkasten, von dem ein Verbindungsdraht, welcher in schmiedeeisernem Rohr läuft, zu den darüber befindlichen Stromumlausdrähten führt. Der Kasten ist verschlossen, aber man weiß, wo der Schlüssel zu finden ist, auch haben Polizeidiener u. Nachtwächter Schlüssel bei sich. Man dreht die Kurbel u. beim jedesmaligen Umdrehen wird die Nummer des Bezirks, in welchem das Feuer ausgebrochen ist, u. die Nummer des Signalortes der Hauptfeuerwache mitgetheilt; zugleich schlägt in dieser eine Glocke an, um den Brandinspector aufmerksam zu machen. Nimmt man an, daß ein Feuer vom Kasten 5 im Bezirke 3 gemeldet wurde, sofort drückt der Inspector die Taste 3 seines Apparates nieder, die Drahtleitungen bewirken das Anschlagen der Nummer 3 auf allen Thürmen, die mit ihr in Verbindung stehen, so lange als die beziehentliche Taste in Absätzen niedergedrückt wird: doch kann der Inspector auch einige Drahtleitungen außer Thätigkeit setzen u. nur nach gewissen Thürmen telegraphiren. Aber der Inspector drückt noch fünfmal (in dem gesetzten Falle) auf eine zweite Claviatur, u. in demselben Augenblick wird in jedem Signalkasten fünfmal hell gepfiffen. Die Feuerwächter[244] werden aufmerksam, laufen zum nächsten Signalkasten, horchen u. erfahren, daß der Feuerlärmvom Bezirk 5 Ort 3 ausgehe. Der Mechanismus in den Glockenthürmen besteht aus einem durch das Wasser der Stadtwasserleitung od. durch Gewichte, welche durch den Telegraphen für jeden Schlag losgelassen werden, in Bewegung gesetzten Uhrwerk. Der Feuertelegraph in Berlin umspinnt mit seinen Drähten das königliche Schloß, die Polizeibureaux, die verschiedenen Ministerien, die Kasernen u. die Post, außerdem Drahtnetze in den 6 verschiedenen Telegraphenkreisen der Stadt, die wieder in 69 Standorte zerfallen, welche wieder unter einander u. mit dem Hauptstandorte verbunden sind. Ähnlich wie in Boston werden sämmtliche Feuerwehren telegraphisch von dem Ausbruche eines Feuers unterrichtet.
Schon im Alterthum gab es eine F., so namentlich in Rom von Augustus eingerichtet. Damit waren die sieben städtischen Cohorten (Cohortes vigilum, s.u. Cohors) beauftragt, welche unter dem Praefectus vigilum standen, welchem jede Feuersbrunst gemeldet werden mußte u. welcher die Löschanstalten leitete. Bei ihrem nächtlichen Umgange waren deshalb die Cohortalen mit Feuereimer u. Axt versehen. In den Provinzialstädten, selbst in größeren, waren dagegen die Löschanstalten auch später noch sehr mangelhaft; so erzählt Plinius, daß auf einer seiner Inspectionsreisen in Nikomedien eine Feuersbrunst ausbrach, welche viele öffentliche u. Privathäuser verzehrte, weil keine Spritze, kein Eimer u. sonst kein Löschgeräth da war u. dazu, wie gewöhnlich, eine große Menge Zuschauer müssig standen. Er wollte eine Löschmannschaft von 150 Holz- u. Eisenarbeitern errichten, allein der Kaiser Trajan, aus Furcht, solche zunftartige Gesellschaften möchten Feuersbrünste zu Unruhen u. Aufständen benutzen (wie es allerdings oft vorkam), genehmigte die Anstalt nicht, sondern befahl nur hinlängliche Löschgeräthe anzuschaffen u. zum Löschen die Hausbesitzer anzuhalten, u. wenn diese allein des Feuers nicht mächtig werden könnten, die andern Bewohner dazu zu rufen. Vgl. Stittinger, Vorschläge zur Verminderung der Feuersgefahr, Darmst. 1823; Sabiel, Welches sind die besten Mittel, Feuersgefahr u. Feuersbrünste auf dem platten Lande zu verhindern, herausgeg. von Schläger, Hannov. 1829.
Buchempfehlung
Ein lange zurückliegender Jagdunfall, zwei Brüder und eine verheiratete Frau irgendwo an der skandinavischen Nordseeküste. Aus diesen Zutaten entwirft Adolf Müllner einen Enthüllungsprozess, der ein Verbrechen aufklärt und am selben Tag sühnt. "Die Schuld", 1813 am Wiener Burgtheater uraufgeführt, war der große Durchbruch des Autors und verhalf schließlich dem ganzen Genre der Schicksalstragödie zu ungeheurer Popularität.
98 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro