Porzellan

[401] Porzellan (vom portugies. Porcella, Schale), die feinsten Thonwaaren, deren durchscheinende Masse durch sehr scharfes Brennen zusammengesintert ist, aber selbst in der stärksten Hitze nicht ganz verglast, weiß von Farbe, mit farbloser, durchsichtiger, sehr glänzender Glasur; so hart u. dicht, daß es am Stahle Funken gibt, einen hellen Klang hat, auf dem Bruche schwach glänzend u. glatt ist u. schnelle Abwechselungen der Hitze u. Kälte nicht leicht verträgt, ohne zu zerspringen. Man macht aus dem P. meist feinere Geschirre, als: Tassen, Kaffeekannen, Teller, Schalen, Terrinen u. dgl., Vasen, Pfeifenköpfe, Löffel u. Figuren. Man verfertigt diese Gegenstände in den Porzellanfabriken, in welchen Porzellandreher, Former, Brenner, Bossirer, Maler u. Chemiker angestellt sind. Das Hauptmaterial ist die Porzellanerde od. Caolin (s.d.); diese magere, wenig plastische, unschmelzbare Thonerde wird nach längerem Einsümpfen, wobei man sie mit Wasser angerührt stehen läßt, durch Treten u. Schneiden, wohl auch auf Maschinen, namentlich in einer Thonpresse mit siebartig durchlöchertem Boden, vorläufig gereinigt, dann gemahlen u. durch Schlemmen mehr gereinigt. Um das Schwinden beim Brennen zu vermindern, versetzt man das Caolin mit reinem weißem Quarzsand, Feuerstein od. anderen Quarz- u. Kieselarten, welche durch Glühen u. Ablöschen mürbe u. durch Pochen, Mahlen u. Sieben ganz klar gemacht werden. Das Zusammensintern, die beginnende Verglasung beim Brennen, befördert man durch Flußmittel, namentlich durch reinen Feldspath u. Gyps, welche zuvor geschlemmt, gebrannt, dann gemahlen[401] u. gesiebt werden. Auch setzt man der Masse noch sein pulverisirte Porzellanscherben zu. Von der natürlichen Beschaffenheit des Thons u. dem Verhältniß der übrigen Bestandtheile, welche dazu genommen werden, hängt die Weiße u. Güte des P-s ab. Man nimmt ungefähr zu 100 Theilen Porzellanerde 9 Theile Kieselerde, 4 Theile Gyps u. 7 Theile Porzellanscherben. Das Pulverisiren dieser Bestandtheile geschieht in der Pochkammer mittelst eines Poch- od. Stampfwerks od. einer besonderen Porzellanmühle, welche durch Wasser- od. Pferdekraft getrieben wird u. auch zum Mahlen der Glasur dient. Der auf einem soliden Fundamente ruhende Bodenstein der Porzellanmühle ist von einer hölzernen, mit eisernen Reisen gebundenen Tonne so umgeben, daß zwischen dem Steinumfang u. jenem der Tonne 4 Zoll Zwischenraum bleibt, welchen ein hölzerner, rund herum von der Mahlfläche des Bodensteins bis zur halben Höhe des Läufers reichender Kranz so ausfüllt, daß auf der durch ihn gebildeten kegelförmigen, nach innen geneigten Fläche die zu mahlenden, mit Wasser eingerührten Massentheile zwischen die Steine gleiten können. Die sein zerriebenen Substanzen werden durch eine, mittelst eines Schützen verschließbaren Seitenöffnung u. den Auslaßhahn herausgelassen u. treten nacheinander in mehre terrassenartig über einander liegende Fässer, so daß sich in den ersten Fässern das Gröbere, in den letzten das Feinste absetzt. Die feuchte Masse läßt man in Gruben längere Zeit, in China ein Menschenalter, lagern (faulen), wodurch sie bildsamer wird. Die verschiedenen Materialien werden im breiartigen Zustande gemischt u. zusammengeknetet, ja man läßt sie wohl auch nochmals durch die Mühle gehen. Der Brei wird dann auf erwärmten, gebrannten Gypsplatten ausgebreitet u. zu einer bildsamen Masse eingedickt. Aus dieser Masse werden nun verschiedene Gegenstände mit den Handgriffen des Töpfers auf der Töpferscheibe gefertigt, wobei häufig Schablonen benutzt werden; oft wird auch die Masse in Gypsformen gedrückt od. gegossen. Manche Gegenstände werden aus einzelnen, fein geformten Stücken zusammengesetzt u. von dem Bossirer überarbeitet.

Die so verfertigten Gegenstände werden langsam, aber vollständig, an einem staubfreien Orte, an der Luft od. in einer warmen Stube getrocknet u. dann zum ersten Male schwach gebrannt (verglüht), entweder in dem gewöhnlichen Brennofen, od. auch in einem besonderen Ofen, welcher dem Brennofen der Töpfer sehr ähnlich ist. Dabei setzt man kleinere Stücke zum Schutz gegen Rauch u. Asche in Muffeln, größere einzeln in Kapseln (Kasseten, Gazetten, Koker), welche aus feuerfestem Thon u. aus, zwischen eisernen Walzen feingemahlenen Kapselscherben (Chamotte) gefertigt sind. Die gebrannten Gegenstände sind jetzt leicht u. zerbrechlich, auf der Oberfläche rauh u. heißen Biscuit (mit welchem Namen richtiger die ohne Glasur dem Gahrfeuer ausgesetzten Stücke belegt werden). Die verglühten Gegenstände werden nun glasirt. Die Glasur (s.d.) wird sein gemahlen, mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt u. das Biscuit in diesen getaucht, wodurch sich die nöthige Menge Glasur anhängt u. schnell trocknet. Fehlerhafte Stellen werden mittelst eines Pinsels verbessert. Nun wird das P. wieder in Kapseln von feuerfestem Thon gesetzt u. beim Gahr- od. Glattfeuer in dem Porzellanofen gut gebrannt. Dieser Ofen hat einen horizontalen durchlöcherten Unterschied; in der obern Abtheilung (Laboratorium) steht das P. u. in der untern wird das Feuer unterhalten. Man hat liegende u. stehende Öfen; bei letztern ist der Brennraum gewöhnlich in mehre Etagen (daher Etagenöfen) abgetheilt; der Ofen ist oben gewölbt, inwendig meist von Porzellanmasse gebaut, muß einen sehr lebhaften Zug des Feuers haben, überall gleiche Hitze ertheilen u. die Gluth so lange als möglich zusammenhalten. Außerdem ist er mit den nöthigen Einsetz-, Schür-, Zug- u. Probelöchern versehen. Beim Brennen selbst wird die Hitze nur allmählig gesteigert; man gibt Anfangs 5–6 Stunden ein gelinderes Flackerfeuer (Vor-, Schmauch- od. Lavierfeuer); nachher wird 11–12 Stunden ein Scharffeuer unterhalten u. alsdann eine Probe aus dem Ofen genommen. Ist das P. gehörig durchgebrannt (ist der Schmelz da), welches man erfährt, indem man ein Gefäß herausnimmt u. untersucht (Probirstück), so läßt man das Feuer ausgehen, setzt die Zuglöcher zu u. nimmt nach einigen Tagen den Ofen aus. Das Schwinden der Masse beim Brennen beträgt in der Längsrichtung 7–17 Procent; um soviel müssen die Gegenstände beim Formen größer gemacht werden.

Die Porzellanwaaren erhalten meist eine Verzierung, bes. durch Bemalen. Bei der Porzellanmalerei müssen die Farben mit einem Fluß vermischt werden, welcher leichter im Feuer schmilzt als die Glasur. Zu diesem Fluß nimmt man 3 Theile rothes Bleioxyd (Mennige), 3 Theile weißen Calcinirten Quarz u. 2 Theile gebrannten Borax, od. 4 Theile Mennige, 2 Theile calcinirten Quarz u. 1) Theil Borax, od. 4 Theile weißes Krystallglas, 2.), Theil calcinirten Borax u. 4. 1/48 Theile gereinigten Salpeter; diese Bestandtheile werden gepulvert, unter einander gemengt u. in einem bedeckten Tiegel zu Glas geschmolzen, welches nachher wieder gepulvert wird. Unter 2 Theile Farbe kommen gewöhnlich 7 Theile Fluß. Um den Fluß u. die Farben zu vermengen u. aufzutragen, werden sie mit Terpentinöl abgerieben. Die Porzellanmalerfarben fallen nach dem Brennen meistens anders aus, u. es gehört daher zu der Porzellanmalerei eine besondere Übung. Zur Purpurfarbe nimmt man Goldpurpur, zu Violett ebenfalls Goldpurpur, wozu Kobaltoxyd gemischt ist, zu Roth Eisenoxyd, zu Schwarz ein Gemenge aus Kobaltoxyd, Kupferoxyd, Eisenoxyd u. Manganoxyd; zu Dunkelgrün Nickeloxyd, zu Hellgrün calcinirtes Kupfer u. kohlensaures Kupfer (Berggrün), die vorzüglichsten Grüne aber werden aus Chromoxyd gemacht; zu Blau die verschiedenen Sorten Schmalte, zu Gelb Massicot u. Neapelgelb, zu Orange weißes Spießglanzoxyd mit Silberglätte calcinirt, zu Braun Umbra. Kobalt, Eisen, Chrom werden unter der Glasur, die anderen Farben auf die Glasur aufgetragen u. unter Muffeln aufgebrannt. Gute Malereien können nicht auf Ein Feuer vollendet werden, sondern müssen 3- bis. 4mal übermalt werden. Bei der sogenannten Blaumalerei, wo das P. nur blaue Figuren bekommen soll, geschieht das Malen vor dem Glasuren, u. die Schmalte schmilzt mit der Glasur beim Brennen so zusammen, daß sie durchscheint. Zum Ertheilen eines metallischen Überzuges gehört das Vergolden, Versilbern u. Verplatinen, die Erzeugung eines gelben Gold-, rothen Kupfer-, grauen Eisen- od. weißen Platinlüsters. Zur Vergoldung löst man seines Gold in Königswasser,[402] schlägt es durch Eisenvitriol od. Quecksilberoxydul nieder, wäscht es aus, trägt es mit Terpentinöl auf u. brennt es unter der Muffel ein. Soll die Vergoldung glänzend erscheinen, so wird sie mit Blutstein polirt; es gibt aber auch ein Verfahren eine glänzende Vergoldung unmittelbar zu erlangen. Beim Aufdrucken von Kupferstichen wird der frisch gedruckte Kupferstich auf die unglasirte Waare gelegt, mit einem wollenen Reiber angerieben, das Stück in Wasser gelegt u. das erweichte Papier behutsam weggewischt.

An manchen Orten, z.B. in Berlin, wird auch eine wohlfeilere Sorte P. (Sanitäts-, Gesundheitsgeschirr) verfertigt; es besteht aus einem Gemisch von P. u. 2/3 feuerfestem Thone u. wird aus freier Hand gedreht, daher die einzelnen Geschirre von ungleicher Größe u. Form sind, die Glasur ist ganz dieselbe. Frittenporzellan wird aus einem weißen, feuerfesten Thon mit einem Zusatze von Glasfritte (kieselsaurem Kali, kieselsaurem Natron, od. beiden zugleich) verfertigt. Die Glasur ist ein farbloses bleihaltiges Glas. Dieses Frittenporzellan ist stärker durchscheinend, nutzt sich aber schneller ab; es wird nur noch in England (daher Englisches P.) verfertigt.

Das P. ward von den Chinesen in sehr früher Zeit erfunden; porzellanartige Töpferwaaren wurden schon 2600 v. Chr. von denselben gefertigt, doch fällt die erste Fabrikation des eigentlichen P-s erst in die Han-Dynastie, also zwischen 185 v. Chr. u. 87 n.Chr.; es kam zuerst 1518 durch die Portugiesen nach Europa in den Handel, worauf am Ende des 16. Jahrh. Franz I. in Florenz den ersten Versuch machte es in Europa herzustellen, welcher jedoch mißlang. Das P. galt daher bis in das 18. Jahrh. für eine große Kostbarkeit u. Seltenheit, so daß August der Starke dem König von Preußen ein Regiment Dragoner für seltene Porzellanvasen überließ. Das Chinesische P. wird aus Caolin, Petuntse (ein Granit, dessen Feldspath verwittert) u. Hoa-sche gemacht, letztere Substanz ist eine seine Art Topfstein u. wird zu dem feineren P. genommen. Das meiste P. wird in dem großen Porzellandorfe King-ta-king in der Provinz Kiang-si bereitet, welches über 1 Mill. Ew. u. 900 Porzellanöfen enthalten soll. Gewöhnlich ist das Chinesische P. auf dem Bruch röthlich u. mit einem undurchsichtigen, meist blaulichen Schmelz glasurt. Es ist meist mit barocken Verzierungen überladen u. ziemlich fest; die Masse ist sehr weiß, von dichtem., seinem Kerne. Auch hat man eine gröbere Art P., welches wie unsere Ziegelsteine benutzt wird. Das in der Gegend von Canton verfertigte P. kam sonst unter dem Namen Indisches P. in den Handel. Das Japanische P. hat eine weiße Glasur, die Farben der Malerei sind lebhaft, es ist aber wenig dauerhaft u. meist sehr dünn u. zerspringt leicht in, großer Hitze. Auch in Persien macht man P., aber von geringer Güte. In Europa wurde die Verfertigung des P-s von J. F. Böttcher (s.d.) in Königstein u. Dresden erfunden, wobei ihn Walter von Tschirnhausen unterstützte. Zuerst brachte Böttcher nur rothes u. braunes P. zu Stande, aber 1709 auch weißes u. 1710 wurde in Meißen die erste Porzellanfabrik unter seiner Leitung auf landesherrliche Kosten angelegt. Noch jetzt. zeichnet sich das Meißner P. durch Festigkeit u. Weißheit der Masse u. Glasur aus. Obgleich man in Meißen alles die Fabrikation des P-s Betreffende sehr geheim hielt, entstanden doch bald an anderen Orten in u. außer Deutschland ähnliche Fabriken, so 1718 die in Wien, 1729 in Rövstrand bei Stockholm, 1740 eine in Höchst am Main, 1744 zu Fürstenberg im Braunschweigischen, bald darauf in Kopenhagen, 1751 in Berlin, 1756 in Petersburg u. Sèvres etc. Die meisten derselben hatten Unterstützung vom Staate nöthig u. mehre werden noch für Rechnung der Regierungen betrieben. An eleganter Form hat jetzt das Berliner u. Französische P., bes. aus der großen königlichen Fabrik in Sèvres, den Vorzug; letztres ist aber zum Theil zu stark verglast u. daher zerbrechlicher. Die Alten kannten das P. nicht, wenigstens waren die Murrhinischen Gefäße (s.d.) schwerlich porzellanähnliche Composition (s. Murrha 1). Vgl. Nasse, Porzellanfabrikation, Lpz. 1826; Leuchs, Fabrikation der irdenen Waaren, Nürnb. 1829; Frick, Die Kunst weißes Steingut zu verfertigen, Ilmen. 1832; Gentele, Lehrbuch im Potteriesache, Gehren 1856; A. Brogniart, Handbuch der Porzellanmalerei, aus dem Französischen von Kypke, Berl. 1846; L. F. Schumann, Die Kunst weißes P. zu fertigen, Weim. 1835.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 401-403.
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