Schrift [3]

[430] Schrift (Lettern, Typen), metallene Buchstaben, welche zum Drucken eines Buches gebraucht werden. Die S. besteht aus vierseitigen, etwa 1 Z. langen Stiften, auf denen oben der Buchstabe erhaben, aber links, gegossen ist. Die untere Seite des Stifts heißt der Fuß, der Unterschied zwischen Fuß u. der obern Seite die Höhe. Die Entfernung von der untern Seite des Buchstabens bis zu dessen oberer (Stärke) u. von einer Seite zur andern (Breite) heißt Schriftkegel (s.d.). Bücher in Deutscher Sprache Pflegen in der eckigen Fractur, mit dickeren Strichen fette S. genannt, gedruckt zu werden, welche von der alten Mönchsschrift stammt (s. oben) u. rechtwinkelig auf den Zeilen steht. Verwandt der Fractur ist die Schwabacher Schrift, bei welcher die gebogeneren Striche sich mehr der halbrunden Form nähern, u. die sonst gewöhnliche, jetzt ganz aus dem Gebrauch gekommene, nach dem Gießer genannte Ungerische S. Auch die Gothische S. ist eine nach Mönchsform gegossene, mit einigen Zierrathen versehene fette Fractur. Sie wurde durch die Titel englischer Bücher, wo die Hauptzeile u. der Verlagsort aus ihr gedruckt sind, in Frankreich u. seit 1824 auch in Deutschland gewöhnlich, aber in beiden Ländern zur Neugothischen od. Pariser Gothischen vereinfacht. Zuweilen sind die größeren Gattungen derselben musirt (s.d.). Auch Kanzleischrift hat man, welche schön verziert in neuerer Zeit vorhanden u. bes. zu Titel- u. Hauptzeilen bestimmt ist. Der Gegensatz zu Fractur ist die Antiqua, welche die Form der lateinischen S. mehr beibehalten hat; mit ihr werden lateinische, italienische, französische, englische, spanische, portugiesische, holländische, bulgarische, polnische etc., jetzt auch dänische, schwedische, böhmische, lithauische Bücher, selbst viele deutsche, bes. wissenschaftliche Werke gedruckt. Die von den Deutschen A. Pannartz u. K. Schwynheim um 1476 in Rom erfundene, von Aldus Manutius verbesserte Antiqua zerfällt wieder in eigentliche Antiqua, bei welcher die Grundstriche rechtwinkelig auf der Zeile stehen, u. in Cursiv, bei welcher die Buchstaben nach der rechten Seite überhängen. Die Fractur, Antiqua u. Cursiv werden auch als fette u. halbfette S-en gegossen, sowie in allen Größen auf die mannigfaltigste Weise verziert, um als Titel- od. Zierschriften, im Gegensatz zu gewöhnlichen od. Brodschriften, zur Auszeichnung von Zeilen od. Wörtern angewendet zu werden. Eine in den letzten Jahren aus England gekommene u. sehr gebräuchlich gewordene S. ist die sogenannte Clarendon, eine Verbesserung der Egyptienneschrift (s.d. 3). Bei Fractur, wie bei Antiqua, hat man auch Schreibschriften, welche so gegossen sind, wie man sowohl mit deutschen Buchstaben (Deutscher Schreibschrift), als mit lateinischer (Französischer Schreibschrift) schreibt. Diese Schreibschriften sind in der neuesten Zeit sehr vervollkommnet worden, sowohl hinsichtlich der äußeren Form, als auch der Leichtigkeit des Zusammensetzens. Außer der Antiqua- u. Fracturschrift hat man nun noch griechische, russische, hebräische, syrische, arabische, armenische, persische etc. S., Sanskrit, Zend, chinesische S. etc., doch kommen letztere S-en meist nur in den größeren Druckereien der bedeutendsten Städte Europa's vor. Jede S. wird nach festen Verhältnissen gegossen.

Die Größe der Buchstaben ist verschieden u. fällt von 8 Zoll Höhe (Placatschrift) bis auf 1/4 Linie. Die Schriftkegel (s.d.) sind in den meisten Druckereien verschieden u. die Schriftgattungen fließen mehr od. [430] weniger in einander. In Deutschland werden die S-n in folgenden Größen gegossen: Sanspareil 26/8 Zoll hoch, Imperial 21/16, Z. hoch, Real 111/16 Z. hoch; die folgenden Schriftgattungen sind in ihrer wirklichen Größe gegeben:

Schrift [3]

In Frankreich nennt man diese Grade: Grosse Nonpareille, Gros Double-Canon, Double Canon (48–56 typographische Punkte), Gros Canon (40–44), Trismégiste (36), Deux points de gros Romain, Petit-Canon (28–32), Palestine 124), Gros Parangon (21–22), Petit Parangon (18–19), Gros Romain (15–16), Gros Texte (14). St. Augustin (12–13), Cicero (11), Philosophie (10), Petit Romain (9), Gaillarde (8). Petit Texte (71), Mignonne (7), Nonpareille (6). Parisienne od. Sedanoise (5), Perle (4), Diamant (3). In englischen Druckereien führen die S-en wieder andere Namen. Die Namen der Fracturschriften stammen meist von den Büchern, welche zuerst mit ihnen gedruckt wurden, her, so Missal, Canon, Cicero, Brevier; andere haben dir Namen von Schriftgießern, welche sie einführten, wie Garmond u. Bourgeois; andere von ihrer Größe. In der Antiqua bedeutet Parangon Muster, da die Franzosen nach ihr alle andern berechneten; die Deutschen haben zu diesen Berechnungen Petit gewählt, so ist Nonpareille 3/4 Petit, Corpus 5/4 Petit, Cicero 6/4 Petit hoch. Seit Didot rechnen aber die Franzosen meist nach typographischen Punkten (ein Punkt ist = 1/72 Pariser Linien) u. sagen z.B. Diamant du trois, Perl du quatra etc. Es gibt aber noch Zwischencharaktere, deren Fläche (Oeil, Auge) stärker ist, als die z.B. von 5, u. schwächer als die von 6 Punkten. Diese drückt man mit Bruchbenennungen (du cinq et demi etc.) aus. Auch Concordanzen u. dgl. bestimmt man nach solchen Punkten. Die Engländer bestimmen ihr Schriftsystem nach Pica (Cicero) m, doch hat dies System manche Abweichung. Jede S. ist aber in verschiedenen, in Kleinigkeiten von einander abweichenden Formen vorhanden u. bald fetter, bald magerer, bald gerundeter, bald gezogener geschnitten. Jetzt sind bes. fettere S-en in Fractur u. in Antiqua zu Rubriken, Columnentiteln, Titelzeilen etc. gewöhnlich. Ihnen entgegengesetzt sind die schmalen S-en, welche länger als die gewöhnlichen Buchstaben sind. Jede S. besteht aus Versalien (Anfangsbuchstaben, A B C D E), kleinen od. gemeinen Buchstaben (a b c d e). Bei der Antiqua u. Cursiv kommen hierzu noch CAPITÄLCHEN, Anfangsbuchstaben, welche halb so klein als der erste Buchstabe des Wortes sind. Manche Sprachen haben Accentbuchstaben, á è î ó ù ὰ ὲ ῆ ῶ, bei französischen S-en Buchstaben mit der Cedille), bei schwedischen mit Überzeichen å, ä, ö u. bei spanischen mit der Capucha über dem n (ñ), bei den polnischen allerhand Zeichen an u. über den Buchstaben, wie a ę ń ł etc., ferner bei den meisten Antiquaschriften Quantitätszeichen ă, ā, Schrift [3], od. Lesezeichen é, è, ê, s. Die Buchstaben sind entweder hinaufsteigend, wie alle Versalien u. das b, d, f, h, i, k, l, t, b, d, f, h, i, k, l, s, t; od. hinabsteigend, wie g, j, p, q, y, f, g, h, j, p, s, x, y, z; od. überhängend (in der Antiqua das f u. j, in der Cursiv d, g, j, l, y, f u. A, T, V, W). Ferner kommen vor: Doppelbuchstaben (Ligaturen), zusammengegossene Buchstaben, wie ff, ff, fi, si, st etc. Der obere u. untere Haken solcher Buchstaben steht oft von dem Blei etwas vor (unterschnittene Buchstaben), beim Setzen kommt aber dieser Vorsprung auf den leeren Raum des nächsten Buchstaben zu liegen; solche Buchstaben können auf dem Vorsprunge nicht abgeschliffen werden, sondern werden mit dem Unterschneidemesser glatt geschabt, Außerdem gehören Ziffern, u. zwar ganze u. Bruchziffern (1/2 1/2 2/3 etc.), hohe (1, 2, 3) u. durchstrichene (Schrift [3]) Ziffern u. hohe Buchstaben (a, b, c Interpunctionen, als – , ; : . ? -, Apostrophe ', Klammern [], Parenthesen (), Sternchen * u. Kreuzchen †, Paragraphenzeichen § Schrift [3] Nachweisungszeichen NB. Schrift [3], Spatien, Doppelspatien, Halbgevierte, Gevierte, Quadrate u. Concordanzen (s.u. Ausschließung 3), arithmetische (+– = ∼ ☓ etc.), mathematische (△ Schrift [3]; √ etc.), chemische (s.d.), Apotheker- u. Kalenderzeichen (s. b.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 430-431.
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