1. Aus den stärksten Giften wird die beste Arznei.
Dän.: Udaf den værste forgift, præpareres den beste Teriac. (Prov. dan., 546.)
2. Das Gift sitzt unter dem Schwanze der Tarantel.
Das Schlimmste kommt zuletzt.
Frz.: A la queue gît le venin. (Kritzinger, 705b.)
It.: Nella coda sta il veleno. (Bohn I, 111.)
Lat.: Latet in cauda venenum. (Bovill, II, 60.)
3. Die gefährlichsten Gifte für Land und Städte sind Schiesspulver, Säbel und Bajonnete.
4. Es ist kein schädlicher Gift als eine böse Zunge.
It.: Non vi è veleno più pernicioso che la cattiva lingua. (Pazzaglia, 184, 13.)
5. Es ist kein tödtlicher gifft, dann eim alten ein jungs weib. – Franck, II, 172a; Gruter, I, 52.
Es gilt hier das Gegentheil von dem, was Lessing seinen Nathan sagen lässt: »Es ist Arznei, nicht Gift, was ich dir reiche.« »So man einen Alten höflich und glimpflich ums Leben bringen will, gebe man ihm ein junges Weib, das ist ein sonderlich und gewiss Gift!« Kaiser Friedrich IV. Sein Sohn, Maximilian I., heirathete nicht wieder, obgleich er erst zweiundfunfzig Jahre alt war, als er Witwer wurde.
6. Gifft findt man nicht in armer Leuth Kuchen. – Henisch, 1620, 57; Petri, II, 339; Sailer, 198; Eiselein, 237; Simrock, 511.
Lat.: Nulla aconita bibuntur fictilibus. (Eiselein, 237.)
[1687] 7. Gifft vnd fewer im busen tragen bringt rewen. – Henisch, 1620, 58; Petri, II, 339.
8. Gifft wircket nit inn gifft. – Franck, I, 145b; Henisch, 1620, 59; Lehmann, II, 230, 130; Körte, 2171; Simrock, 3633.
9. Gifft wirdt offt vnter Honig gemischt. – Henisch, 1620, 60; Petri, II, 339.
Dän.: Hvo der vil have edder i nogen, skal have honning iblandt. (Prov. dan., 1742.)
Eisiger Schnee erfrorene Glieder.
Frz.: Venin contre venin duit, car venin a venin nuict. (Bovill, II, 189.)
It.: Il veleno si spegne col veleno. (Bohn I, 104.)
Lat.: Remedium veneno venenum. (Bovill, II, 189.)
11. Gift ist gut wider Gift, Gift schadet dem Gifte.
Frz.: Venin contre venin duit, car venin à venin nuit. (Kritzinger, 705b.)
12. Gift kann nicht mehr als tödten.
Wenn jemand so viel Gift erhalten, dass er davon sterben muss, so wird es in diesem Falle gleich bleiben, wenn er auch mehr erhalten hätte. Die Russen sagen in diesem Sinne: Ein Glas voll Gift wirkt ebenso als ein Krug voll. (Altmann VI, 474.)
13. Innerlicher Gifft ist schädlicher, denn der ausswendige an der Haut. – Petri, II, 405; Tischreden, 314b.
14. Kein gifft so tödtlich, dass nicht ein Artzney findt. – Henisch, 1620, 61.
Gegen jedes Uebel ist noch immer Rath und Hülfe. »Jedes geistige Gift in der Menschheit hat, wie jedes in der Natur, zugleich sein Gegengift.« (W. Menzel, Streckverse, 74.) Doch war nach Schleiden gegen die vegetabilischen Gifte Antjar und Pohon Upas im Jahre 1855 noch kein wirksames Gegengift gefunden.
Frz.: Au venin cognoist le triacle et au grant meshain le miracle. (Leroux, I, 185.)
It.: Ogni veleno hà il suo antidoto. (Pazzaglia, 362, 1.)
16. Nicht alles Gift kommt aus Einer Kröte.
17. Wer Gift einschenkt, der wird es auch austrinken.
18. Wilt du Gift meiden, so setze dich zu keiner Schlangen. – Henisch, 1620, 67; Petri, II, 794.
19. Zwei süsse Gifte hat des Menschen Leib: das eine guter Wein, das andere ein schönes Weib. (Wal.)
*20. Da möchte man Gift und Galle speien. – Mayer, II, 217.
*21. Das Gift ist ihm benommen. – Sandvoss, 363.
*22. Das Gift mit Honig mischen. – Murner, Gäuchmode.
*23. Das is mir als Gifft. – Gomolcke, 315.
*24. Das ist ihm wie Gift und Bopperment. (Rottenburg.)
Es ist ihm so zuwider wie Gift und Auripigment.
*25. Du kannst Gift darauf nehmen. – Frischbier2, 1276; Sandvoss, 362.
Dich ganz sicher darauf verlassen. Betheuerungsformel, von den Ordalien entlehnt.
*26. Er hat das Gift gemischt, das sie getrunken. – Parömiakon, 765.
*27. Er hat einen Gift auf ihn. (Rottenburg.)
Einen Pique; in Wien: ist harb auf ihn.
*28. Er hat weder Gift noch Galle.
*29. Er ist gleich Gift und Galle.
*30. Er kann einem Gift reden. – Tendlau, 380.
Durch Reden bis aufs Blut verwunden.
*31. Er saugt Gift für seine Pfeile.
*32. Gift in der Lunge und Honig auf der Zunge.
*34. Gift und Galle kochen (oder: wider einen speien).
Frz.: Vomir son venin contre quelqu'un. (Kritzinger, 726a.)
*35. Man hat ihm das Gift schon genommen. – Mayer, II, 91.
36. Wider Gift hilft nur Gegengift. – Zeising, Hausse und Baisse, III, 54.
*37. Gift aus goldenen Schalen trinken.
Lat.: Venenum in auro bibitur. (Seneca.) (Philippi, II, 242.)
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