[624] Dampfturbinen, mit Dampf betriebene Turbinen, teilen die charakteristischen Merkmale der letzteren. Die hauptsächlichsten sind: 1. Die motorische Substanz wird einem um eine Achse drehbaren Körper zugeführt, der mit Schaufeln, Zellen oder Kanälen ausgerüstet ist, und übt, mit den Wandungen der letzteren in Berührung tretend, Drücke auf dieselben aus, welche die Drehung des Körpers veranlassen und ihn befähigen, mechanische Arbeit nach außen abzugeben. 2. Dabei muß die motorische Substanz eine vorwiegend strömende Bewegung längs dieser Wandungen besitzen, darf also z.B. abgesehen von Wirbelbewegungen nicht eine Zeitlang in gewissem Sinne relativ zu ihnen in Ruhe sein.
Das zweite Merkmal [1] unterscheidet (bekanntlich) die Wasserturbinen von den Wasserrädern und könnte in analoger Weise als Unterschied zwischen Dampfturbinen und Dampfrädern aufgestellt werden, nur daß der Ausdruck Dampfrad zum Teil unter den Begriff »rotierende Dampfmaschine« fällt.
Um mit vorstehender Definition von vornherein eine bestimmte Vorstellung zu verbinden, sei hier die sogenannte De Laval-Turbine angeführt, wie sie Fig. 1 in perspektivischer Ansicht wiedergibt. Vier Dampfzuleitungsrohre, Dampfdüsen genannt, leiten unter einem spitzen Winkel Dampf gegen die Schaufeln eines auf einer Welle befestigten Rades. Der Dampf, der mit hohem Druck und kleiner Geschwindigkeit in die Düsen eintritt und dieselben mit hoher Geschwindigkeit und niedrigem Drucke verläßt, durchströmt die Schaufeln und tritt auf der rückwärtigen Seite des Rades aus. Sein Druck auf die konkave Seite der Schaufeln veranlaßt die Umdrehung des Rades, das, einen Widerstand überwindend, mechanische Arbeit leistet.
Einleitung.
Bis Ende des vorigen Jahrhunderts ist die Energie des Wasserdampfes im wesentlichen nur in der Kolbendampfmaschine nutzreich verwertet worden, bei der bekanntlich die Expansivkraft des Dampfes die Bewegung eines hin und her gehenden Kolbens bewirkt. Zum Unterschiede von der Dampfmaschine nutzt die Dampfturbine die Expansivkraft des Dampfes, also seine potentielle oder Druckenergie, nicht unmittelbar aus, sondern es wird letztere in kinetische Energie verwandelt, die direkt vom rotierenden Turbinenrade in mechanische Arbeit umgesetzt wird. Es bedeutet dies einen prinzipiellen Vorzug der Dampfturbinen vor den Kolbendampfmaschinen, da bei letzteren die hin und her gehende Bewegung des Kolbens erst durch das Kurbelgetriebe in eine Drehbewegung verwandelt werden muß. Daß die durch die Bewegung des Kolbens verursachten Stöße und Erschütterungen in Wegfall kommen, so daß Fundament[624] und Unterbau leichter gehalten werden können, daß ferner das bei der Dampfmaschine in der Regel erforderliche schwere Schwungrad entbehrlich wird, indem auch Totpunkte nicht mehr existieren, sind weitere unmittelbar sich ergebende prinzipielle Vorteile der Dampfturbinen. Ihre Entwicklung und praktische Durchbildung fällt im wesentlichen in den Zeitraum der letzten 20 Jahre; 1884 wurde die erste Parsonssche 10-PS.-Dampfturbine für 18000 Touren pro Minute gebaut. Ost verlegt man den Beginn wohl auch auf das Jahr 1893, in dem die De Laval-Turbine auf der Chicagoer Weltausstellung zum erden Male an die Oeffentlichkeit trat. Daß die Dampfturbinen, die bis 1904 schon in einer Gesamtleistung von rund 11/2 Millionen PS. eine Zahl, die in stetigem Wachsen begriffen ist zur Ausführung gelangt sind, so spät erst lebensfähig wurden, liegt an den großen praktischen Schwierigkeiten, denen der Bau derselben begegnete, an den hohen Tourenzahlen, auf die man bei der Ausführung kam und für die man vor Einführung der Elektrotechnik keine Verwendung hatte, und an der Unkenntnis der Strömungserscheinungen des Wasserdampfes. Die Idee an sich, die Strömungsenergie des Wasserdampfes direkt in einem rotierenden Dampfmotor auszunutzen, ist uralt. Schon Heron von Alexandria (um 120 v. Chr.) konstruierte eine kleine Dampfturbine (Aëlopile), die aus einem um zwei diametrale Zapfen drehbaren, dampferfüllten Gefäße bestand, wobei ein Zapfen hohl war und als Dampfzuleitung diente. Der Dampf strömte durch zwei tangential gestellte, einander gegenüberliegende Röhrchen aus, dabei auf das Gefäß eine Rückwirkung ausübend, die dasselbe in Umdrehung versetzte. Von andern Vorläufern der Dampfturbine ist die Maschine des Italieners Branca vom Jahre 1629 zu erwähnen, die der De Laval-Turbine ähnlich war. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begannen einzelne Ideen aufzutauchen, die zum Teil schon überraschende Aehnlichkeit mit unsern heutigen Dampfturbinen aufweisen. Die Namen Pilbrow 1843, Robert Wilson 1848, Tournaire 1853 und weiter Thomas Baldwin 1873 und A. Müller 1877 mögen hier genügen. Näheres findet sich in den ausführlichen Werken von Sosnowski [2] und Gentsch [25].
Einteilung der Dampfturbinen.
Man kann die Dampfturbinen nach den gleichen Gesichtspunkten wie die Wasserturbinen einteilen. Eine naheliegende Unterscheidung ist diejenige von Axial- und Radialturbinen. Betrachtet man die Bewegung des Dampfes relativ zum rotierenden Rade, so steht bei Axialturbinen die Relativgeschwindigkeit eines Dampfteilchens senkrecht auf dem von letzterem auf die Drehachse gefällten Lote, während sie bei Radialturbinen senkrecht zur Drehachse gerichtet ist. Bei den sogenannten gemischten oder Diagonalturbinen würde keines von beiden der Fall sein. Diese Unterscheidung ist jedoch insofern für Dampfturbinen von untergeordneter Bedeutung, als der axiale Typ der bei weitem vorherrschende und fast ausschließlich gebaute ist. Ferner teilt man die Turbinen auch ein in voll und partiell beaufschlagte, je nachdem sich die Dampfzuführung gleichzeitig über alle Laufradkanäle oder nur über einen Teil derselben erstreckt. Die wichtigste Einteilung, die sich mit der vorigen zum Teil deckt, ist jedoch diejenige in Druck- und Ueberdruckturbinen. Hat der Dampf beim Austritte aus dem Laufrade noch denselben Druck wie beim Eintritte, so daß er im Laufrade im wesentlichen nur eine Aenderung seiner absoluten Geschwindigkeit, nicht aber seines Zustandes erleidet, so hat man es mit einer Druckturbine zu tun, ist der Druck an der Eintrittsstelle größer, so daß der Dampf während seines Durchganges durch das Laufrad expandiert, so liegt eine Ueberdruckturbine vor. Letzteres kann natürlich nur dann der Fall sein, wenn der Dampf die Kanäle bezw. Schaufelzwischenräume voll ausfüllt; insofern würde sich die bei Wasserturbinen in diesem Sinne z.B. von Zeuner gebrauchte, sehr treffende Bezeichnung Vollturbine rechtfertigen. Da man indessen auch bei den Druckturbinen meist ein vollständiges Ausfüllen der Kanäle durch den Dampf hat, so würde für diese die mit Rücksicht auf eine partielle Füllung der Schaufelzwischenräume gewählte Bezeichnung Partialturbine abweichend von den Wasserturbinen nicht am Platze sein, und man hätte auf den vorliegenden Fall mit größerem Rechte den Ausdruck Grenzturbinen [1] zu übertragen. Statt der Bezeichnungen Druck- und Ueberdruckturbine werden auch vielfach die Benennungen Aktions- und Reaktions-, Freistrahl- und Preßstrahl-, Druck- und Gegendruck-, Freilauf- und Stauturbinen gebraucht, die jedoch im nachstehenden vermieden werden sollen.
Die De Laval-Turbine.
Als einfachste Druckturbine ist die des Schweden De Laval zu nennen, bei der ein mit hoher Geschwindigkeit begabter Dampfstrahl gegen die Schaufeln eines Rades geleitet wird. Zwei Hauptschwierigkeiten waren es, die De Laval bei Konstruktion seiner Turbine zu überwinden hatte: dem Dampfe die größtmögliche Geschwindigkeit zu erteilen, und die Umfangsgeschwindigkeit[625] eines Laufrades dieser Geschwindigkeit so anzupassen, daß letztere rationell ausgenutzt werden kann.
Der Dampfaustritt. Die größtmögliche Geschwindigkeit erreichte De Laval, indem er den Dampf durch Düsen strömen ließ, die sich nach einer engsten Stelle zusammenziehen, dann aber allmählich wieder erweitern. Die strenge theoretische Begründung der Richtigkeit dieses Mittels wird unten im thermodynamischen Teile gegeben werden. Hier möge folgendes genügen: Läßt man Dampf durch ein Rohr mit veränderlichem Querschnitte strömen und bezeichnet an einer bestimmten Stelle des Rohres F den Rohrquerschnitt, v das spezifische Volumen des Dampfes und w die Geschwindigkeit desselben, so ist das pro Sekunde den Querschnitt durch strömende Dampfgewicht G = F · w/v. Im Beharrungszustande ist diese Größe für alle Stellen des Rohres dieselbe, d.h. durch alle Querschnitte strömt in der Zeiteinheit die gleiche Gewichtsmenge Dampf. Ist nun der Anfangszustand des Dampfes gegeben und seine Geschwindigkeit Null, so führt er beim Durchströmen des Rohres annähernd eine adiabatische Zustandsänderung aus, wobei der Druck allmählich abnimmt. Jedem Zwischendrucke entspricht dabei ein bestimmtes spezifisches Volumen und eine bestimmte Geschwindigkeit, wobei die beiden letzteren um so mehr zunehmen, je mehr ersterer sinkt. Das Verhältnis w/v zeigt nun das bemerkenswerte Verhalten, daß es, gleichviel von welchem Anfangszustande man ausgeht, zuerst zunimmt bis zu einem Maximalwerte, der etwa bei einem Drucke gleich der Hälfte des Anfangsdruckes eintritt und dann wieder fällt. Da F · w/v eine Konstante ist, muß F sich umgekehrt verhalten, d.h. zuerst bis zu einem Minimum ab- und dann zunehmen. Nur wenn dies der Fall ist, ist es möglich, daß die Expansion des Dampfes bis auf den Gegendruck, d.h. den Druck des das Rad umgebenden Mediums, getrieben wird; letzteres ist aber zur Erlangung der größtmöglichen Geschwindigkeit unerläßlich, denn die Endgeschwindigkeit wird um so größer, je niedriger bei gleichem Anfangszustande der Druck im Endquerschnitte ist. Bei einer anfänglichen Dampfspannung von 10 Atmosphären trocken gesättigten Dampfes und einem Gegendrucke von 0,1 Atmosphären beträgt z.B. die maximale theoretische Ausflußgeschwindigkeit über 1000 m/sec, und daß diese enorme Geschwindigkeit sich in der Lavalschen Düse auch annähernd erreichen läßt, ist durch zahlreiche Versuche an Düsen und ausgeführten Turbinen wiederholt, wenn auch nur indirekt, nachgewiesen worden. Benutzt man dagegen eine gewöhnliche, nicht konisch erweiterte Düse, so nimmt die Ausflußgeschwindigkeit nur etwa den Betrag von 450 m/sec, also noch nicht halb so viel an, und die Expansion erfolgt innerhalb der Düse nur bis etwa auf die Hälfte des Innendruckes. Da aber die kinetische Energie eines bewegten Körpers durch das Produkt G/g · w2/2 dargestellt wird (G Gewicht, g Erdbeschleunigung, w Geschwindigkeit), so würde man in letzterem Falle nur ein Viertel der erreichbaren kinetischen Energie erhalten, also drei Viertel verloren geben, somit eine rationelle Dampfausnutzung von vornherein ausschließen, sofern nicht eine außerhalb der Düse erfolgende weitergehende Expansion vorstehende Verhältnisse noch etwas zugunsten der konvergenten Düse abändern würde. Dividiert man den Ausdruck für die kinetische Energie eines bewegten Körpers durch das Gewicht G desselben, so stellt w2/2g die kinetische Energie der Gewichtseinheit dar. Dieselbe besitzt zugleich die Bedeutung einer Länge oder einer Höhe; denn sie gibt diejenige Höhe an, aus der ein Körper frei herabfallen muß, um die Geschwindigkeit w anzunehmen. Für diese Länge hat sich daher die Bezeichnung Geschwindigkeitshöhe oder Gefälle eingebürgert. Ist c1 die maximale Geschwindigkeit, die zu Beginn ruhender Dampf von einem gewissen Anfangszustande bei einem bestimmten Gegendruck und Abwesenheit aller Widerstände erreichen kann, so heißt c12/2g das disponible oder gegebene Gefälle; dasselbe wird gemessen entweder in Metern oder, da 1 m = 1 mkg/kg = 1 cal/424 Kg ist, in Calorien/Kilogramm. Die Berechnung desselben ist eine Aufgabe der Thermodynamik und bietet an Hand der später zu besprechenden Diagramme keinerlei Schwierigkeiten.
Das Laufrad. Durch eine nach dem Ende zu konisch erweiterte Düse ist es also De Laval gelungen, eine Austrittsgeschwindigkeit zu erzielen, wie sie annähernd dem gegebenen Gefälle entspricht. Es galt nun, diese Geschwindigkeit c1 in einem Laufrade möglichst vollkommen auszunutzen. Läßt man zu diesem Zwecke den Dampf gegen eine mit der Geschwindigkeit a geradlinig und gleichförmig fortschreitende Schaufel (Fig. 2) wirken, so erhält man durch geometrische Subtraktion der Umfangsgeschwindigkeit a von c1 die relative Eintrittsgeschwindigkeit w1 die mit der Richtung der Schaufel übereinstimmen muß, da sonst ein Stoß des Dampfes gegen die Schaufel beim Eintritte stattfindet, der einen Energieverlust bedeutet. Die Schaufel lenkt nun die relative Eintrittsgeschwindigkeit w1 um und führt sie in die relative Austrittsgeschwindigkeit w2 über, zu der wir a geometrisch addieren müssen, um die absolute Austrittsgeschwindigkeit c2 zu erhalten. Erfolgt die Strömung reibungsfrei, so ist w2 = w1, wie ja ein Körper, der[626] gezwungen ist, sich auf einer gegebenen Kurve zu bewegen, nur eine Aenderung der Richtung, nicht aber der Größe seiner Geschwindigkeit erfährt, vorausgesetzt, daß außer dem Bahndrucke irgendwelche Kraft, insbesondere Reibung, nicht auf ihn einwirkt. Ein solcher Körper Hegt hier annähernd vor, nur daß der Vorgang in einem gleichförmig fortschreitenden Räume stattfindet und infolgedessen die Relativgeschwindigkeiten zu nehmen sind. Die an das Laufrad abgegebene nützliche Arbeit ergibt sich als Differenz der kinetischen Energien des eintretenden und austretenden Dampfes zu c12/2g c22/2g pro Kilogramm, ist also bei gegebenem c1 um so größer, je kleiner c2 ist. Im idealen Grenzfalle c2 = 0 müßte, w2 gleich und entgegengesetzt gerichtet mit a, w1 = w2 = a sein. Nennt man den Winkel, den c1 mit a bildet, α, so würde a cos α = c1/2 und α = c1/2 cos α. werden, a erreicht seinen kleinsten Wert, wenn α = 0 wird, in welchem Falle es der Hälfte der absoluten Eintrittsgeschwindigkeit c1 gleich wird. Bei einer reinen Druckturbine kann daher das Maximum der Arbeit im Grenzfalle erst bei einer Umfangsgeschwindigkeit des Laufrades erzielt werden, die der Hälfte der Endgeschwindigkeit des Dampfes in der Zuleitungsdüse gleichkommt. Diese kann aber, wie schon erwähnt, bei der Lavalschen Düse unter normalen Betriebsverhältnissen über 1000 m/sec betragen; um sie richtig auszunutzen, hätte daher das Laufrad eine Umfangsgeschwindigkeit von ca. 500 m/sec nötig. Liegt nun auch die günstigste Geschwindigkeit praktisch dank dem Umstande nicht ganz so hoch, daß ein Laufrad um so mehr Arbeit zu seiner Bewegung aufzehrt, je schneller es sich dreht, indem der Ventilationswiderstand des umgebenden Mediums mit der dritten Potenz der Tourenzahl [3], [3a], [4], [5] wächst, so ist doch zu einer rationellen Arbeitsweise in der Regel eine Umfangsgeschwindigkeit von ca. 300 m/sec erforderlich, die denn auch bei größeren Leistungen von der Laval-Turbine erreicht und sogar überschritten wird. Was eine solche Umfangsgeschwindigkeit besagen will, erkennt man, wenn man vergleichsweise die entsprechenden Zugspannungen eines als volle zylindrische Scheibe von gleicher Stärke ausgebildeten Rades ermittelt. Ist a die Umfangsgeschwindigkeit, γ das spezifische Gewicht, g die Erdbeschleunigung, so stellt 3/4(γ/g)a2 angenähert die Beanspruchung durch die Fliehkraft dar [6]. Bei Flußeisen ergibt sich danach für a = 300 m/sec eine Zugspannung von 5400 kg/qcm, also ein für gewöhnliche Baustoffe unzulässig hoher Betrag. Diese Schwierigkeit zu hoher Beanspruchung durch die Fliehkraft überwand De Laval, indem er seinem Laufrade bei Verwendung vorzüglichen Materials angenähert die Form einer Scheibe gleicher Fertigkeit gab, d.h. dasselbe nach dem Rande zu in gesetzmäßiger Weise verjüngte. Fig. 3 veranschaulicht eine Ausführungsform des Laufrades einer 200-PS.-Turbine. Dasselbe wird aus zähem Stahl hergestellt und trägt zwei Verstärkungsringe r1 und r2, an welche die mit Flanschen versehenen Wellenstumpfe angeschraubt sind. Diese Befestigungsart vermeidet eine bei durchgehender Welle erforderliche Bohrung, welche die Beanspruchung der Scheibe ungünstig beeinflussen würde, und wird namentlich bei größeren Maschinen angewandt. Bei kleineren Turbinen werden durchgehende Wellen der einfacheren Herstellung wegen meist vorgezogen. Die Schaufeln sind aus Fig. 4 und 5 ersichtlich, von denen erstere Seiten- und Rückansicht mit eingezeichnetem Wandungsprofil, letztere eine perspektivische Ansicht darstellt. Sie tragen am Fuße eine Verdickung, die in eine entsprechende Nut des Laufrades gefügt und leicht verstemmt wird. Diese Befestigungsart hat den Vorzug der Einfachheit und Auswechselbarkeit für sich. Für den Fall, daß die normale Tourenzahl einmal im Betriebe wesentlich überschritten wird, sollen die Schaufeln infolge am Umfange geschwächten Kranzquerschnittes losreißen und abfliegen, wodurch das Rad von selbst zum Stillstande kommen und weiterer Schaden verhindert werden soll. Dadurch will man unter allen Umständen einer Explosion der Scheibe, die ja von verheerender Wirkung sein würde, vorbeugen. Die Schaufeln werden aus Flußstahl durch Pressen und Fräsen auf Kaliber hergestellt. Sie sind symmetrisch und am äußeren Ende mit Ansätzen versehen, die nach Einsetzen der Schaufeln in das Rad einen geschlossenen Kranz bilden. Dadurch wird der durch sie verursachte Ventilationswiderstand beträchtlich verringert. Die Herstellung kleinerer Turbinenräder erfolgt auch, indem[627] in eine massive Stahlscheibe von außen Kanäle eingefräst werden, über die ein Schrumpfring gezogen wird.
Düse Die Konstruktion der Dampfzuleitungsdüse ist aus Fig. 6 ersichtlich. Die Düse, die unter einem Winkel von ungefähr 20° gegen die Radebene gestellt ist, besteht aus Bronze oder Stahl und ist in das Turbinengehäuse metallisch dichtend eingesetzt. Ihr Eintrittsquerschnitt kann durch eine am Ende kegelig gestaltete Spindel, die durch ein Handrad verstellbar ist, beliebig verändert werden, wodurch die Durchflußmenge des Dampfes von Hand geregelt werden kann.
Welle. Besonders charakteristisch für die Laval-Turbine ist vor allem noch die dünne, federnde Welle, die das Laufrad trägt. Dieselbe ermöglicht es allein, die hohen Tourenzahlen von 900030000 pro Minute zu erzielen, welche die Laval-Turbine auszeichnen, und die bei kleiner Radgröße die im obigen als notwendig nachgewiesenen Umfangsgeschwindigkeiten zu erreichen gestatten. Vor dem Auftreten der Laval-Turbine hielt man Tourenzahlen wie die obengenannten schlechterdings für unmöglich. Es ist praktisch nie zu erreichen, den Schwerpunkt eines auf einer Welle beteiligten Rades genau in die geometrische Rotationsachse zu verlegen: welch gewaltige Fliehkräfte aber schon durch die geringste Exzentrizität entstehen müssen, zeigt das einfache Beispiel, daß 1 kg bei der Exzentrizität von 1 mm eine Fliehkraft hervorruft, die bei 30000 Touren pro Minute den Betrag von 1000 kg erreicht.
Einer solchen Beanspruchung hält aber keine Welle stand. Der glückliche Griff De Lavals bestand nun darin, daß er, statt die Welle stark zu nehmen, um, wie man meinen könnte, in der Widerstandskraft derselben gegen Durchbiegung ein Mittel zur Aufhebung der auftretenden Zentrifugalkräfte zu haben, welches Mittel ja bald versagt haben würde, die Welle im Gegenteil auffallend schwach und lang dimensionierte, wodurch er das Problem glänzend löste. Ein auf einer biegsamen Welle mit geringer Schwerpunktsexzentrizität befestigter Körper, in Umdrehung versetzt, führt nämlich eine Bewegung aus, die sehr wesentlich von der Elastizität der Welle, also ihrer Schwingungsdauer abhängt [7], [8]. Ist die Zeit einer Umdrehung wesentlich größer als die Dauer einer Gesamtschwingung der nicht rotierenden Welle, welcher Fall im Maschinenbau im allgemeinen stets vorliegt, so ist eine Gefahr der Zerstörung durch die Fliehkräfte nicht vorhanden; ist sie annähernd gleich, in welchem Falle man von der kritischen Tourenzahl spricht, so liegt die Gefahr der Zerstörung vor; ist sie aber wesentlich kleiner, so stellt sich der rotierende Körper von selber so ein, daß seine Hauptträgheitsachse mit der Rotationsachse zusammenfällt, und die Bewegung wird um so ruhiger, je weiter man sich von der kritischen Tourenzahl entfernt. Eine lange federnde Welle von geringer Dicke hat nun eine verhältnismäßig große Schwingungsdauer; daher befindet man sich bei den genannten Umdrehungszahlen weit über der kritischen, und eine Zerstörung der Welle durch Fliehkraftwirkung ist als ausgeschlossen zu betrachten. Die Beanspruchung der Lager wird auf diese Weise auch zu einer außerordentlich günstigen, da dieselben nur das Gewicht von Welle und Rad aufzunehmen haben.[628]
Vorgelege. Natürlich sind die genannten Tourenzahlen von 900030000 pro Minute noch viel zu hoch, um direkt benutzt werden zu können, weshalb sie erst durch ein Zahnradgetriebe im Verhältnis 1 : 10 bis 1 : 13 ins Langsame übersetzt werden müssen. De Laval verwendet durchgehends Winkelräder mit geringer Zahnhöhe und großer Zahnbreite, die einen axialen Schub selbsttätig aufheben. Dieselben haben sich dank vorzüglicher Ausführung auch im allgemeinen in bezug auf Betriebssicherheit und Abnutzung bestens bewährt, doch bilden sie das Hindernis, das die Laval-Turbine bis jetzt vom Großbetriebe ausgeschlossen hat. Letztere findet sich daher auch nur bis zu Leitungen von ca. 300 PS. ausgeführt.
Gesamtanordnung. Nachdem im obigen die charakteristischen Bestandteile der Laval-Turbine gekennzeichnet wurden, wird nun die Gesamtanordnung Fig. 7, 8 und 9 einer 300-PS.-Turbine entsprechend der Ausführung der Maschinenbauanstalt Humboldt, Kalk bei Köln, ohne weiteres verständlich sein. Fig. 7 stellt einen Längsschnitt dar. Der Dampf, der durch das Dampfzuleitungsrohr A zugeführt und durch ein Dampfreinigungssieb geklärt wird, tritt durch das doppelsitzige, von einem Regulator beherrschte Einlaßventil B in den ringförmigen Sammelraum C ein, von dem er durch die obenbeschriebenen charakteristischen Düsen dem Laufrade D zugeführt wird. Nach Durchströmen des letzteren wird er durch die Kammer E, in der die Spannung des Kondensators herrscht, nach letzterem abgeführt. Das Laufrad D sitzt auf der langen, federnden Welle F, die, durch zwei bewegliche Stopfbüchsen G und H hindurchgehend, in den drei Lagern J, K, L geführt ist, von denen die beiden ersteren, wie aus dem Grundriß Fig. 8 ersichtlich, gewöhnliche, feste Ringschmierlager sind, während das letztere (Fig. 7) zugleich mit Kugelschalen ausgerüstet ist, um die Selbsteinstellung der Welle zu ermöglichen. Das Zahnrädergetriebe ist aus Fig. 8 am besten zu erkennen, wie es nach abgenommener oberer Verschalungshälfte offen zutage liegt. Wie ersichtlich, sind zu beiden Seiten des auf der Turbinenwelle sitzenden Ritzels O zwei Vorgelege M N vorhanden, entsprechend dem Antriebe zweier gleichsinnig rotierender paralleler Ankerwellen einer Zwillingsdynamo oder zweier Seilscheiben. Auf der Welle des Zahnrades N sitzt der Regulator P, der, meist fälschlich als Achsenregulator bezeichnet, als einfacher Pendelregulator ausgebildet ist, dessen äußerlich als Rotationskörper gestaltete Pendel um Schneiden drehbar sind und in einer durch die Drehachse gehenden Ebene ausschlagen können, welche Bewegung in der auch sonst bei. Dampfmaschinen üblichen Weise mittels axial verschieblicher Musse und Winkelhebel auf das Dampfeinlaßventil übertragen wird, wodurch der Dampf eine größere oder geringere Drosselung erfährt. Die dadurch erzielte Regulierung hat in bezug auf Gleichförmigkeit völlig befriedigende Resultate ergeben, als maximale Tourenschwankung zwischen Vollbelastung und Leerlauf wird der Betrag von 4% angegeben. Neuere Ausführungen weisen noch eine besondere Sicherheitsvorrichtung auf, um ein Durchgehen der Turbine, wie solches bei nicht ganz dicht schließendem Einlaßventil eintreten könnte, zu verhindern. Dieselbe besteht in einem Abschlusse des Abdampfrohres durch eine Drosselklappe, wodurch sich der Dampf im Turbinengehäuse anstaut und infolge seiner größeren Dichte den Lauf des Rades sowie die Zuflußgeschwindigkeit wirksam verlangsamt.
Die äußere Ansicht der in Fig. 7 und 8 veranschaulichten 300-PS.-Turbine gibt Fig. 9. Die Kraftabnahme erfolgt durch zwei Seilscheiben. Die Gewichte der kompletten Turbinen sind nach Angabe der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Humboldt in Kalk bei Köln:
Wesentlich für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Dampfturbine ist ihr Dampfverbrauch bezogen auf die PSe-Stunde. Er bildet auch ein angenähertes Maß für die Oekonomie derselben, solange trocken gesättigter und nicht überhitzter Dampf zur Verwendung gelangt. Da ein Motor mit sehr verschiedenen Dampfverbrauchszahlen arbeiten kann, je nachdem bei ein und demselben Anfangszustande des Dampfes Auspuff oder Kondensation vorliegt, und je nachdem in letzterem Falle besseres oder schlechteres Vakuum vorhanden ist, ist es daneben noch sehr wünschenswert, die von 1 kg Dampf geleistete effektive Arbeit zu der disponibeln Arbeit, d.h. dem gegebenen Gefälle, ins Verhältnis zu setzen, und den »indizierten« Wirkungsgrad[629] anzugeben. Das Verhältnis des gegebenen Gefälles zu demjenigen Wärmeaufwande, der zur Erzeugung des Eintrittsdampfes pro Kilogramm erforderlich ist, bezeichnet man nach Mollier [9] als den thermischen Wirkungsgrad der verlustfreien Maschine. Das Produkt aus letzterem und dem indizierten Wirkungsgrade gibt den sogenannten thermischen Wirkungsgrad ηt der wirklichen Maschine an, der bei anfänglich gesättigtem Dampfe zu dem Dampfverbrauche D pro PSe-Stunde in der einfachen Beziehung D = 637 : ηt · Q steht, worin Q den Wärmeaufwand pro Kilogramm Dampf bedeutet. Bei gesättigtem Dampfe und einer Speisewassertemperatur von 20° kann Q bei Kolbendampfmaschinen im Mittel gleich 637 gesetzt und D = 1 : ηt angenommen werden, was auch für die Beurteilung von Dampfturbinen gerechtfertigt sein dürfte, obgleich letztere vor den Dampfmaschinen meistens den bemerkenswerten Vorteil voraus haben, daß der Dampf mit dem Schmieröl nirgends in Berührung tritt, das Kondensat infolgedessen in der Regel völlig ölfrei ist und daher bei Oberflächenkondensation sogleich wieder in den Kessel gespeist werden kann. Q wäre daher in diesem Falle im Mittel richtiger etwa mit dem Betrage 600 oder noch niedriger einzusetzen. Bei den nachstehend graphisch dargestellten Dampfverbrauchszahlen Garantieangaben der Firma Humboldt wurden auch Maßstäbe des indizierten und thermischen Wirkungsgrades mit beigefügt, wobei indessen bei Berechnung der letzteren als Speisewassertemperatur noch der einmal vorgeschlagene Wert von 20° beibehalten worden ist. Der geringe Nachteil, der sich hieraus für die Turbine ergibt, wird wieder aufgewogen durch den Umstand, daß die Kondensation getrennt angetrieben wird. Bei Antrieb der Kondensation durch die Turbine selbst würden sich die Dampfverbrauchszahlen ohnehin um ca. 6% im Mittel erhöhen. Die drei Kurven in Fig. 10 gelten für den Fall, daß gesättigter Dampf von 10 Atmosphären absolutem Druck vorliegt, und stellen den Dampfverbrauch pro PSe-Stunde als Funktion der normalen Leistung der Laval-Turbine dar. Kurve a gilt für den Auspuff ins Freie, b und. c für Kondensation, und zwar b für ein Vakuum von 64 cm Quecksilbersäule = 0,16 Atmosphären, c für ein solches von 70 cm Quecksilbersäule = 0,08 Atmosphären. Während die Kurven b und c das durchaus normale Verhalten zeigen, daß der Dampfverbrauch mit wachsender Maschinengröße abnimmt bei Kurve c bis 7,25 kg PSe-Stunde steigt bei Kurve a der Dampfverbrauch etwa von 200 PS. ab nicht unerheblich mit zunehmender Normalleistung. Der indizierte Wirkungsgrad erreicht seinen Höchstwert mit ηi = 0,51 bei 300-PS.-Leistung im Falle c, der thermische Wirkungsgrad entsprechend mit ηt = 0,14. Zum Vergleiche mit der Dampfmaschine, bei der es bekanntlich üblich ist, alle Werte auf die indizierte Leistung zu beziehen, sind die Dampfverbrauchszahlen mit dem mechanischen Wirkungsgrade, der je nach Maschinengröße zwischen 0,77 und 0,87 liegt, zu multiplizieren, die Wirkungsgrade ηi und ηt entsprechend zu dividieren. Man erkennt dann, daß die Lavalsche Dampfturbine bei Kondensation dem Dampfverbrauche nach etwa einer mittelguten Kolbendampfmaschine entspricht, bei Auspuff hingegen etwas ungünstiger arbeitet. Die Aenderung des Dampfverbrauches ein und derselben Maschine, die bei annähernd konstanter Tourenzahl mit verschiedenen Belastungen laufen muß, ist als günstig zu bezeichnen. Er steigt bei 3/4 Belastung um ca. 4%, bei 1/2 Belastung um 12% bei 1/4 Belastung um 25%, und nimmt bei Ueberlastung noch um ca. 4% ab.
Als entschiedene Vorzüge der Laval-Turbine werden außer den genannten noch geltend gemacht: Geringer Oelverbrauch, Einfachheit der Bedienung, stete Betriebsbereitschaft, Anwendbarkeit viel höherer Ueberhitzung als bei Dampfmaschinen [4] De Laval-Turbinen können leicht mit Ueberhitzung bis 600° betrieben werden , einfache und schnelle Montage, Wegfall von Packungsmaterial u.s.w. Die in vereinzelten Fällen konstatierte Abnutzung der Laufradschaufeln, die indessen nur bei besonders nassem Dampfe eintritt, hat nur einen unwesentlichen Einfluß auf den Dampfverbrauch und scheint sich durch die Anwendung überhitzten Dampfes völlig vermeiden zu lassen. Außerdem lassen sich ja die Schaufeln, wie erwähnt, leicht gegen neue auswechseln. Die aus der Uebersetzung der hohen Tourenzahlen der Laval-Turbine ins Langsame sich ergebenden Schwierigkeiten sind, wie bereits erwähnt, das wesentlichste Hindernis ihrer allgemeinen Verwendung und schließen sie vom Großbetriebe aus.
Mittel zur Herabsetzung von Umlaufzahlen.
Man hat daher nach Mitteln gesucht, die Umlaufzahlen herabzusetzen, ohne den Dampfverbrauch zu nachteilig zu beeinflussen. Als solche Mittel sind im wesentlichen zwei zu nennen. Das eine besteht darin, daß man den Dampf nicht mit einem Male von dem gegebenen Anfangsdruck[630] bis auf den Gegendruck expandieren läßt, sondern allmählich, indem man die zur Verfügung stehende Gesamtdruckdifferenz in eine Anzahl kleiner Druckstufen austeilt, also gewissermaßen das gegebene Gefälle in lauter kleine Teilgefälle zerlegt und letztere sukzessive in nacheinander vom Dampfe passierten Turbinenrädern ausnutzt; denn einem kleineren Gefälle entspricht eine kleinere Ausflußgeschwindigkeit des Dampfes und damit eine kleinere Umfangsgeschwindigkeit des Laufrades.
Freilich ist die Druckabstufung nicht sehr wirksam. Man muß schon eine große Zahl von Druckstufen anwenden, um die Umfangsgeschwindigkeit nennenswert herabzuziehen. Teilt man das gegebene Gefälle in p gleiche Teile ein, so daß auch die p einzelnen, mit gleicher Umfangsgeschwindigkeit laufenden Turbinenräder alle gleiche Arbeit leisten, so wird die erforderliche Umfangsgeschwindigkeit, da ihr Quadrat dem Teilgefälle proportional ist, gegenüber der einstufigen Turbine im Verhältnis √p : 1 reduziert. Es wären also z.B. 100 Druckstufen nötig, um die Tourenzahl der Turbine bei gleichbleibender Radgröße auf den zehnten Teil zurückzuführen.
Das andre Mittel besteht in der sogenannten Geschwindigkeitsabstufung und kann nur bei Druckturbinen zur Anwendung kommen. Der mit hoher Geschwindigkeit aus der Dampfzuleitungsdüse austretende Dampfstrahl wird gegen ein Laufrad geschickt, das eine wesentlich langsamere Geschwindigkeit besitzt, als zur gesamten Aufarbeitung der Geschwindigkeit erforderlich ist. Die Folge davon ist, daß der Dampf beim Austritte aus dem Laufrade noch eine verhältnismäßig hohe absolute Geschwindigkeit hat, die in nachfolgenden Turbinenrädern zur Arbeitsleistung herangezogen werden kann. Meist setzt man sämtliche Turbinenräder auf eine Welle; dann ist es erforderlich, die absolute Austrittsgeschwindigkeit des ersten Rades in einem besonderen Leitapparat (Effuser) aufzufangen und umzulenken. Wendet man nach verschiedenen Richtungen umlaufende Turbinenräder an, so kann der Dampf, direkt aus dem ersten Laufrade kommend, in das zweite, entgegengesetzt rotierende eintreten, so daß man in diesem Falle die Zwischenleitvorrichtungen erspart, wie dies z.B. bei der Segerschen Dampfturbine geschieht (s. später).
Die Geschwindigkeitsabstufung ist wesentlich wirksamer als die Druckabstufung. Nehmen wir wieder verlustfreie Strömung an, so ist unter Benutzung der in Fig. 2 zugrunde gelegten Bezeichnungen w2 = w1, und die pro Kilogramm an das Laufrad übertragene Arbeit
Nun ist mit den dort eingetragenen Bezeichnungen:
c12 = w12 + a2 + 2 a w1 cos ß
c22 = w22 + a2 2 a w2 cos δ
folglich
Benutzt man die Beziehungen w1 cos ß = c1 cos α a und
so wird
Bei gegebenen c1 und a wird
zunächst offenbar um so größer, je kleiner δ ist, und man hat für δ = 0
Der rechtsseitige Ausdruck besitzt als Funktion von α ein Maximum bei α = 0, sofern a < c1/2 ist, ein Fall, der hier allein in Frage kommen kann. (Für a > c1/2 war die Bedingung der Höchstleistung bereits auf S. 627 zu cos α = c1/2a ermittelt worden.) Die Maximalleistung pro Kilogramm beträgt daher
Die verbleibende absolute Austrittsgeschwindigkeit beträgt somit nach dem letzteren Ausdruck c1 2a, die nun wieder in einem zweiten Laufrade mit der gleichen Geschwindigkeit a auf den Betrag c1 4a vermindert werden kann. Allgemein würde bei p Rädern die absolute Austrittsgeschwindigkeit, überall maximale Arbeitsleistung als Grenzfall vorausgesetzt, beim letzten Rade c1 2 p a betragen, und da dieser Restbetrag zur völligen Ausnutzung der Geschwindigkeit c1 schließlich Null werden muß, so gibt a = c1/2 p die bei p Geschwindigkeitsstufen im ideellen Grenzfalle erforderliche Umfangsgeschwindigkeit an. Um also die Umfangsgeschwindigkeit gegenüber der einstufigen Druckturbine auf den zehnten Teil zu reduzieren, muß man zehn Geschwindigkeitsstufen in Anwendung bringen, d.h. zehnmal so wenig, als im gleichen Falle bei der Druckabstufung erforderlich war. Als weiterer Vorteil der Geschwindigkeitsabstufung ergibt sich, daß sich die Laufräder in Räumen bewegen, die sämtlich den gleichen Druck besitzen und daher nicht gegeneinander abgedichtet zu sein brauchen. Bei der Druckabstufung ist dies nicht der Fall. Dagegen ist als Vorteil der letzteren zu nennen, daß die Verluste weit geringer sind als bei der Geschwindigkeitsabstufung, bei der die starken Richtungsänderungen der an sich hohen Dampfgeschwindigkeiten mit großen Verlusten verknüpft sein müssen, weshalb die Geschwindigkeitsabstufung allein oft nur als ein Notbehelf bezeichnet wird.
Um über die im nachfolgenden zu beschreibenden hauptsächlichsten Dampfturbinensysteme schon hier eine gewisse Uebersicht zu gewinnen, ist nachstehendes Schema (S. 632) entworfen. Man lieht, daß die Parsons-Turbine allen andern Systemen ziemlich isoliert gegenübersteht; bevor indessen auf die Beschreibung dieser ältesten und praktisch weitaus am meisten erprobten und[631] verbreiteten Turbine eingegangen werden kann, wird noch ein kurzer Vergleich zwischen Druck- und Ueberdruckturbine am Platze sein. Derselbe soll sich zunächst auf die Umfangsgeschwindigkeiten beziehen, die zur Aufarbeitung eines gegebenen Gefälles in dem einen oder andern Falle erforderlich sind. Hat der Dampf beim Eintritte ins Laufrad eine verhältnismäßig niedrige und zu vernachlässigende Geschwindigkeit, dafür aber eine hohe Pressung, und die gesamte Umsetzung von Druckenergie in Geschwindigkeitsenergie findet ausschließlich im Laufrade statt, so wird die dem gegebenen Gefälle entsprechende maximale Geschwindigkeit als relative Austrittsgeschwindigkeit aus dem Laufrade auftreten. Volle Ausnutzung der disponibeln Arbeit kann nur dann erreicht werden, wenn die absolute Austrittsgeschwindigkeit den Wert Null besitzt. Letztere kann aber als Resultante aus der relativen Austrittsgeschwindigkeit w2 und der Umfangsgeschwindigkeit a nur dann Null werden, wenn w2, entgegengesetzt gleich a ist. w2 entspricht nun der Größe nach der im obigen mit Es bezeichneten Geschwindigkeit; bei der Ueberdruckturbine ist also, maximalen Ueberdruck vorausgesetzt, im Grenzfalle größter Arbeitsleistung die erforderliche Umfangsgeschwindigkeit doppelt so groß als bei der einfachen Druckturbine. findet die Umsetzung von Druckenergie in Geschwindigkeitsenergie nicht ausschließlich im Laufrade statt, sondern zum Teil auch in der vorhergehenden Zuleitung, dem sogenannten Leitapparate, so daß die Austrittsgeschwindigkeit ex aus demselben kleiner als √2gH (H gegebenes Gefälle) ist, so nennt man
den Ueberdruckgrad (Reaktionsgrad). Praktisch arbeitet man niemals mit dem Ueberdruckgrad 1, wie in obigem Beispiele angenommen, sondern nur etwa 1/2. Dadurch wird die günstigste Umfangsgeschwindigkeit von dem Betrage √2gH auf den Wert √gH zurückgeführt, so daß sich im Mittel die günstigsten Umfangsgeschwindigkeiten von Druck- und Ueberdruckturbinen wie 1 : √2, d.h. 1 : 1,4 verhalten. Die Ueberdruckturbine stellt sich also hinsichtlich der Umfangsgeschwindigkeit ungünstiger als die Druckturbine. Dem steht anderseits gegenüber, daß die Widerstandsverluste bei dieser geringer ausfallen als bei jener. Dieselben sind angenähert den Quadraten der Dampfgeschwindigkeiten proportional, also z.B. bei der reinen Druckturbine nach obigen Bezeichnungen auf die Gewichtseinheit bezogen
oder, bei Gleichsetzung des Widerstandskoeffizienten ζ und ζ1 gleich
Nun ist in dem betrachteten Grenzfalle
mithin die Größe der Verluste 5/4 · ζ · H. Bei der mit dem Ueberdruckgrad 1/2 arbeitenden Ueberdruckturbine sind dieselben hingegen, da
sind, gleich ζ · H, also um 1/4 geringer als oben. Inwieweit sich diese Verhältnisse durch die praktischen Abweichungen von dem vorausgesetzten idealen Grenzfalle und insbesondere durch die bei Ueberdruckturbinen infolge des Ueberdruckes auftretenden nicht berücksichtigten Spaltverluste umgestalten, kann nur der Versuch entscheiden. Bei großen Einheiten, bei denen diese Verluste prozentual weniger ins Gewicht fallen, scheint die Parsons-Turbine vorstehende Ueberlegung zu bestätigen.
Aeußerlich sind die Schaufeln des Laufrades einer Druckturbine meist unschwer von denen einer Ueberdruckturbine zu unterscheiden. Da bei ersterer an Ein- und Austrittsstelle des Laufrades der gleiche Druck herrscht, so findet beim Durchströmen des Dampfes keine Geschwindigkeitszunahme statt, sondern höchstens eine geringe Verzögerung infolge von Reibungswiderständen, von der jedoch in erster Annäherung abgesehen werden kann. Dann muß der Querschnitt des Laufradkanales von der Eintritts- nach der Austrittsstelle zu konstant bleiben, was man bei gleichbleibender radialer Weite am einfachsten durch Verdicken der Schaufeln in der Mitte erreichen kann. Voraussetzung ist dabei natürlich, daß die konvexe Rückseite der Schaufeln zur Führung des Dampfstrahles benutzt und der Einfluß der aus der Umlenkung der relativen Geschwindigkeit resultierenden Zentrifugalkraft vernachlässigt wird.
Bei der Ueberdruckturbine hingegen herrscht an der Eintrittsstelle des Laufrades ein höherer Druck als an der Austrittsstelle, es findet daher eine Beschleunigung der relativen Geschwindigkeit statt, so daß nach den Ausführungen auf S. 626 eine Querschnittsänderung, meist Verengung, statthaben muß. Das wesentlichste Unterscheidungsmerkmal zwischen Druck- und Ueberdruckturbinen ist jedoch das, daß eine Druckturbine mit partieller Beaufschlagung des Laufrades arbeiten kann, während eine Ueberdruckturbine stets am ganzen Umfange beaufschlagt sein muß, welcher Unterschied ja auch bei den Wasserturbinen besteht. Würde man eine Ueberdruckturbine mit teilweiser Beaufschlagung laufen lassen, so würde das Auffüllen der vorher entspannten Dampf enthaltenden Kanäle durch solchen mit höherer Spannung sowie auch andre Umstände ein unwirtschaftliches Arbeiten der Turbine unvermeidlich machen. Es bedeutet dies einen prinzipiellen Vorzug der Druckturbinen vor den Ueberdruckturbinen, der namentlich bei kleinen Leistungen zur Geltung kommt.[632]
Die Parsons-Turbine.
Als zurzeit verbreitetste Dampfturbine und einzige Ueberdruckturbine war bereits die von Parsons genannt (vgl. S. 631). 1888 vollendete Parsons seine erste größere Turbine von 120 PS., die schon mit einer Gleichstromdynamo gekuppelt war. Ein Jahr später ging er, wenn auch widerstrebend, zur Radialturbine über, deren Erstausführung eine 200 PS.-Kondensationsturbine in das Jahr 1892 fällt. Dieselbe erzielte einen bemerkenswerten Dampfverbrauch. Bei 8 Atmosphären absoluter Dampfeintrittsspannung und einer Kondensatorspannung von 0,08 Atmosphären wurde bei maximaler Belastung ein Dampfverbrauch von 12,25 kg Kilowattstunde = 7,25 kg/PSi-Stunde festgestellt. Trotzdem kehrte Parsons wieder zum System der Axialturbine zurück, mit dem er bald noch wesentlich günstigere Erfolge erzielen sollte. Im nachfolgenden soll dieses System in seiner heutigen, den Ausführungen der Firma Brown, Boveri & Cie. A.-G., Baden und Mannheim, entsprechenden Gestalt erläutert worden.
Fig. 11 stellt eine Parsons-Turbine in schematischem Längsschnitt dar. Der Hauptbestandteil ist eine lange, drehbar gelagerte, als Stahlgußstück hergestellte Stufenwalze A B C, die mit Laufschaufelkränzen versehen ist, die sich zwischen feststehenden, am umgebenden Gehäuse befestigten Leitschaufelkränzen mit geringen Spaltzwischenräumen drehen. Der Dampf tritt durch das Einlaßventil D ein und gelangt in den ringförmigen Vorraum E. Nun durchströmt er abwechselnd Leit- und Laufschaufeln, und zwar erst diejenigen der Stufe A, dann die von B und schließlich die von C. Die stufenweise Zunahme des Walzendurchmessers trägt der starken Volumenvergrößerung des Dampfes mit fortschreitender Expansion Rechnung. Bei F tritt der Dampf aus und wird zum Kondensator abgeleitet. Da an der Eintrittsstelle jedes Laufschaufelkranzes höherer Druck als an der Austrittsstelle herrscht, so resultiert aus diesen Ueberdrücken und den Drücken auf die Stirnflächen der einzelnen Stufen ein starker axialer Druck, der, durch die von den Durchflußgeschwindigkeiten des Dampfes durch die Laufräder herrührenden Geschwindigkeitsrückwirkungen nur unwesentlich beeinflußt, durch eine besondere Ausgleichvorrichtung aufgehoben werden muß. Zu diesem Zwecke ist die Parsons-Turbine mit Sogenannten Ausgleichkolben G H J versehen, die den drei Druckstufen A B C entsprechen. Drei Kanäle K L M stellen die Verbindung zwischen den einzelnen Stufen der Turbine und den Kolben her. Damit letztere nicht durch den unvermeidlichen Spalt zwischen ihnen und dem feststehenden Gehäuse eine Quelle von bedeutenden Dampfverlusten werden, wird eine sogenannte Labyrinthdichtung angewandt. Dieselbe besteht darin, daß die beiden gegeneinander abzudichtenden Teile mit ringförmigen Erhöhungen und Vertiefungen versehen und, die ineinander greifen, ohne sich jedoch zu berühren. Die Abdichtung wird daher nicht durch sich berührende Flächen, sondern lediglich dadurch erzielt, daß der Dampf nur auf einem langen engen und mit zahlreichen Richtungsänderungen versehenen Wege entweichen kann. Natürlich ist diese Dichtung keine vollkommene, da etwas Dampf immer entweichen wird, doch beträgt der Verlust nach Angaben der ausführenden Firma Brown, Boveri & Cie., Baden, nur ca. 1% des Gesamtdampfverbrauches, welcher Betrag als klein angesehen werden darf. Als Vorteil dieser Abdichtung ist zu erwähnen, daß eine Reibung metallischer Flächen aufeinander und damit jede Abnutzung gänzlich vermieden und auch kein Oel zur Schmierung erforderlich ist. Der früher von der Westinghouse Mfg. Co. in England gebaute Typ, bei dem der Druckausgleich durch zwei symmetrisch angeordnete Turbinen von je halber Leistung zustande kommt und sonach die Ausgleichkolben ganz vermieden sind, empfiehlt sich nicht, da die Verluste bei zwei kleinen Turbinen weitaus mehr überwiegen als diejenigen einer großen von doppelter Leistung. Um jedes Anstreifen der Laufradschaufeln an die Leitschaufeln auszuschließen, was durch ein Pendeln der Walze in Richtung ihrer Längsachse erfolgen könnte, ist ein besonderes, einstellbares Kammlager N vorgesehen, das, da die Walze axial entlastet ist, wesentliche Drücke nicht aufzunehmen hat. Die Schaufeln stellt in ihrer Aufeinanderfolge Fig. 12 schematisch dar. Dieselben haben Aehnlichkeit mit der bei Axialwasserturbinen üblichen Form, nur daß sie dieser gegenüber stark verkleinert sind. Zum Unterschiede von der Laval-Turbine erfolgt hier die Zuführung des Dampfes zu den Laufradschaufeln nicht durch einzelne Düsen, sondern durch die Kanäle, welche die feststehenden Leitschaufeln bilden. Letztere sind in Fig. 12 schwarz angelegt, während die Laufschaufeln hell sind. Eingezeichnete Pfeile geben den Fortschreittungssinn[633] an. Die Austrittswinkel der Schaufeln betragen im Mittel 2025°, die Eintrittswinkel 7590°. Die als Resultante aus der relativen Austrittsgeschwindigkeit des Dampfes aus einer Laufradschaufel und der Umfangsgeschwindigkeit derselben an der betreffenden Stelle sich ergebende absolute Austrittsgeschwindigkeit gilt als Eintrittsgeschwindigkeit für die nächstfolgende Leitschaufel, deren Eintrittswinkel mit Rücksicht hierauf gewählt wird. Die Schaufeln, deren radiale Länge entsprechend der fortschreitenden Dampfexpansion absatzweise zunimmt, werden aus schmiedbarer Spezialbronze hergestellt, indem sie in langen Stäben gewalzt und dann in Stücke von entsprechender Länge geschnitten werden. Auch sucht man die Schaufeln mit sich überdeckenden und einen zusammenhängenden Abschlußring bildenden Kopfplatten zu versehen, welche die Schaufeln seitlich überragen können und Schleifringe zu beiden Seiten des Laufrades bilden. Die Befestigung der Schaufeln auf der Stahlwalze erfolgt, indem sie in schwalbenschwanzförmige Nuten derselben eingesetzt und mit Verschlußstück versehen werden. Eine so einfache Befestigungsart ist um so mehr geboten, als sich 6070 Schaufelkränze in einer Turbine mittlerer Größe vorfinden und die Summe sämtlicher Schaufeln den ansehnlichen Wert von 4000080000 erreicht. Durch diese große Anzahl wird die Umfangsgeschwindigkeit des Laufrades in für Dampfturbinen verhältnismäßig sehr niedrigen Grenzen gehalten, so daß gefährliche Beanspruchungen durch Fliehkraftwirkung nicht auftreten und daneben eine Abnutzung der Schaufeln durch den Dampf wirksam verhindert wird. Als Zwischenraum zwischen den beweglichen und festen Schaufelkränzen wird das Maß von 34 mm angegeben, während die Spaltgröße zwischen den Stirnflächen der Laufschaufeln und dem festen Gehäusezylinder bezw. zwischen Leitschaufelenden und Walze je nach Größe des Raddurchmessers 0,63 mm beträgt [10]. Dank der Vorzüglichkeit der modernen Werkzeugmaschinen kann man radiale Dimensionen heutzutage auf 0,1 mm genau herstellen, so daß die genannten kleinen Zwischenräume praktisch keine Schwierigkeiten verursachen.
An den Austrittsstellen der Stahlwalze aus dem Gehäuse (Fig. 11) ist das Fehlen jeder Stopfbüchse bemerkenswert, indem auch hier Labyrinthdichtung vorgesehen ist. Um das Eindringen von Luft in den Kondensator zu vermeiden, leiten zwei Rohre, O und P, den Abdampf der Steuerung (s. später) nach der Mitte der Dichtungsfläche, von wo aus er sich nach innen und außen verteilen kann. Auf diese Weise ist es möglich geworden, durch Labyrinthdichtung ein Vakuum von 95% aufrechtzuerhalten. Arbeitet die Turbine mit Auspuff, so ist nur ein unwesentlicher Ueberdruck vorhanden, so daß eine Abdichtung auch nur in geringem Maße erforderlich ist. Ueber die Arbeit, welche die Labyrinthdichtung verzehrt, fehlen gegenwärtig noch genauere Angaben.
Die Lagerung der Turbinenwalze geschieht in den Lagern Q und R (Fig. 11). Denselben ist seitens Parsons die in Fig. 13 veranschaulichte Konstruktion zugrunde gelegt worden. Sie bestehen aus mehreren, mit geringem Spielraum übereinander geschobenen Büchsen, die mit Löchern versehen sind, durch die das Schmieröl von außen her mit Hilfe einer ventillosen Oelpumpe gepreßt wird. Das zwischen zwei Lagerschalen befindliche Oel bildet alsdann eine Art elastisches Kissen, so daß sich das Lager der jeweiligen Einstellung der Welle anpassen kann. Das Oel befindet sich dabei in ständiger Zirkulation und wird in einem in der Grundplatte untergebrachten Behälter möglichst tief abgekühlt. Bei großen Maschinen gelangen an Stelle dieser Konstruktion Lager mit Kugelschalen und Wasserkühlung zur Verwendung. Der Oelverbrauch ist als gering zu bezeichnen.
Die Regulierung der Parsons Turbine geschieht auf folgendem Wege: Die Spindel des Einlaßventils D (Fig. 11) trägt an ihrem oberen Ende einen kleinen Kolben S, der von oben durch eine Spiralfeder belastet ist und sich in einem umgebenden Zylinder bewegen kann. Er repräsentiert gewissermaßen eine kleine einseitig wirkende Dampfmaschine, die von unten Dampf empfängt und kleine hin und her gehende Bewegungen von veränderlicher Hublänge ausführt. Der Dampfeintritt erfolgt durch den kleinen Kanal a von dem vor dem Ventil befindlichen Dampfvorraume her. Der Dampfaustritt hingegen geschieht durch den wesentlich weiteren Kanal b, der von dem in auf und ab schwingender Bewegung befindlichen Schieber T abgesperrt bezw. mehr oder weniger geöffnet werden kann. Dieser Schieber führt eine hin und her gehende Bewegung aus, die durch eine periodische Schwingung des Hebels U hervorgerufen wird, der an die Exzenterstange V angelenkt ist. Diese erhält ihre Bewegung von dem Exzenter W, der auf der Oelpumpenwelle aufgekeilt ist, die mittels Schnecken- und Zahnradübersetzung von der Turbinenwelle angetrieben wird, wobei die Tourenzahl der letzteren etwa im Verhältnis 1 : 14 reduziert wird. Die mittlere Höhenlage der Schwingung des Schiebers T kann durch den Regulator X mittels des Zwischengetriebes Y Z verändert werden. Da über dem Ventile der volle Dampfdruck herrscht, so pflanzt derselbe sich auch durch den Kanal a in den Raum unterhalb des Kolbens 5 fort. findet nun der Dampf den Ausweg bei b durch den Schieber T versperrt, so hebt er den Kolben unter Ueberwindung der Federkraft an, dadurch zugleich das Einlaßventil öffnend, was beiläufig bemerkt auch von Hand aus mittels Handhebels h geschehen kann.[634] Sobald der Schieber T den Kanal b freigibt, entweicht der unter dem Kolben befindliche Dampf, und das Ventil wird geschlossen. Je nachdem nun der Kanal b länger oder kürzer geschlossen bleibt, wird das Dampfeinlaßventil mehr oder weniger geöffnet und eine größere oder geringere Dampfmenge gelangt in die Turbine. Es wird damit eine Quantitätsregulierung, entsprechend der Füllungsänderung bei Dampfmaschinen, angestrebt und zum Teil auch erzielt. Freilich beruht die Regulierung zum andern Teile auch auf Drosselung, wie Fig. 14 zeigt, die ein Indikatordiagramm Admissionsdruck als Funktion der Zeit darstellt [11]. Die mit dieser Regulierung hinsichtlich der Gleichförmigkeit des Ganges erzielten Resultate lassen die Parsons-Turbine ebenbürtig wenn nicht überlegen den besten Kolbendampfmaschinen und besonders geeignet für den Parallelbetrieb von Wechselstrommaschinen erscheinen. Der aus dem Kanäle b entweichende Abdampf gelangt übrigens nicht direkt ins Freie oder in den Kondensator, sondern er wird den Labyrinthdichtungen zugeführt, wie dies bereits früher erwähnt wurde. Das Gehäuse der Parsons-Turbine ist zweiteilig, und zwar berühren sich die beiden Teile in einer horizontalen Trennungsfläche, wobei ein besonderes Dichtungsmaterial nicht zur Anwendung kommt, sondern die metallischen geschliffenen Flächen ohne Zwischenmittel aufeinander liegen. Fig. 15 gibt die Ansicht einer Parsons-Turbine mit abgenommenem oberen Gehäuseteil wieder, welche die meisten der beschriebenen Details, insbesondere die Leit- und Laufschaufelkränze, Labyrinthdichtungen u.s.w. deutlich erkennen läßt. Die Möglichkeit, durch Abheben des Deckels nach oben das Innere[635] der Turbine bloßlegen zu können, ist sehr schätzbar für eine rasche und bequeme Montage. Die äußere Ansicht einer Parsons-Turbine stellt endlich Fig. 16 dar. Die Leistungen der bisher ausgeführten Parsons-Turbinen liegen zwischen 100 und 10 000 PS. und die benutzten Tourenzahlen etwa zwischen 750 und 3500 in der Minute, je nach Maschinengröße. Die Gesamtlänge der Turbinenspindel wird bei Maschinen bis 900 PS. ≤ 2,5 m und bei größeren Maschinen auf 33,2 m angegeben. An der Walze gemessen betragen die größten Umfangsgeschwindigkeiten 5060 m sec und an der äußersten Schaufelspitze 75100 m/sec, sie liegen also innerhalb der praktisch als zulässig zu erachtenden Grenzen. Ein Bild von der Wirtschaftlichkeit der Parsons-Turbine gibt nachstehende Tabelle, die auf Grund von Angaben der Firma Brown, Boveri & Co., Mannheim, berechnet worden ist [12].
Die Tabelle bezieht sich auf die Vollbelastung der jeweiligen Maschine und gibt zunächst die Dampfverbrauchszahlen pro PSe-Stunde an, aus denen man durch Division mit 0,736 · ηd die Dampfverbrauchsziffern bezogen auf die elektrische Kilowattstunde findet, wenn ηd den Wirkungsgrad der Dynamo bedeutet. Letzterer wurde je nach Maschinengröße zu 0,90 bis 0,95 angenommen. Aus diesen Dampfverbrauchszahlen wurde der sogenannte reduzierte Dampfverbrauch in bekannter Weise dadurch ermittelt, daß man erstere im Verhältnisse des Mehraufwandes an Wärme gegenüber trocken gesättigtem Dampfe von im Mittel 657 cal von 0° ab gerechneter Erzeugungswärme unter Annahme von 20° als Speisewasserternperatur vergrößerte. Der reziproke Wert des so erhaltenen reduzierten Dampfverbrauches stellt alsdann den thermischen Wirkungsgrad dar, der sich in der letzten Spalte der Tabelle angegeben findet. Die vorhergehende Kolumne zeigt den indizierten Wirkungsgrad als Verhältnis der effektiven Turbinenleistung zur Leistung einer verlustfreien, mit Admissionsdampf von dem gleichen Zustande und mit gleichem Vakuum arbeitenden Dampfturbine (oder allgemein Dampfmaschine) d.h. zu dem gegebenen Gefälle an. Um die Dampfturbine hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit mit der Kolbendampfmaschine vergleichen zu können, sind die Dampfverbrauchszahlen mit dem mechanischen Wirkungsgrade derselben zu multiplizieren, die Wirkungsgrade ηt und ηi hingegen zu dividieren. Da dieser Wirkungsgrad je nach der Größe der Maschine zwischen 0,85 und 0,92 liegend geschätzt werden darf, so ergibt die Umrechnung für die Dampfturbine insbesondere bei großen Leistungen sehr günstige Werte, die zum Teil bisher nur ausnahmsweise von andern Maschinengattungen erreicht worden sind. Besonders beachtenswert sind die in der letzten Zeile der Tabelle stehenden Ergebnisse, die im Frankfurter städtischen Elektrizitätswerke erzielt worden sind [13]. Mit einem thermischen Wirkungsgrade von 20 und einem indizierten von 71% hat die Parsons-Turbine bis jetzt das Maximum ihrer Wärmeausnutzung erzielt. Dabei ist zu beachten, daß die Oekonomie nicht wie bei der Kolbendampfmaschine der Beeinflussung durch Abnutzung und Verschleiß abdichtender Flächen und durch mehr oder minder sorgfältige Schmierung unterliegt, sondern, von solchen Faktoren unabhängig, sich auf Jahre hinaus unverändert erhält, da ja innerhalb der Turbine selbst kein Gleiten metallischer Flächen aufeinander stattfindet. Aus diesem Grunde dürfte sich auch die Lebensdauer der Parsons-Turbine als eine verhältnismäßig hohe erweisen. Außer den in obiger Tabelle wiedergegebenen Versuchsziffern sei hier noch auf die bekannten Untersuchungen von Lindley, Schröter und Weber einer 1000-Kilowatt-Turbine in Newcastle [14] sowie auf diejenigen von Stoney und von Robb verwiesen [15]. Beachtenswert ist noch der hohe Einfluß eines guten Vakuums auf den Dampfverbrauch. Es ist dies eine Eigenschaft, die der Dampfturbine allgemein im Gegensatze zur Dampfmaschine zukommt. Während es bei letzterer zu unzulässig großen Zylinderabmessungen führen würde, wollte man den Dampf bis auf den Gegendruck herabexpandieren lassen, indem die daraus resultierenden Reibungs- und Wärmeverluste unverhältnismäßig stark zunehmen und den Gewinn illusorisch machen würden, kann die Dampfturbine vorteilhaft mit sehr niedrigem Expansionsenddruck arbeiten, was zum Teil seine Erklärung auch mit darin hat, daß die Bewegung eines Körpers in Luft oder Dampf um so leichter und widerstandsfreier erfolgen kann, je geringer das spezifische Gewicht des umgebenden Mediums ist. Daß aber das spezifische Gewicht des Wasserdampfes bei niedrigen Drücken schon bei kleiner Druckverringerung starke Abnahme zeigt, ist bekannt.[636]
Da es nicht genügt, wenn ein Wärmemotor bei voller Belastung günstig arbeitet, sondern man überall auch die Forderung stellen muß, daß er auch bei andern Belastungen ökonomisch bleibt, so ist noch für die Beurteilung der Parsons-Turbine wichtig, den Dampfverbrauch als Funktion der Leistung ein und derselben Maschine bei annähernd konstanter Tourenzahl zu kennen. Fig. 17 gibt hierüber Aufschluß. Die Dampfturbine unterscheidet sich, wie ersichtlich, von der Dampfmaschine dadurch, daß der günstigste Dampfverbrauch nicht bei der normalen Leistung, sondern bei Ueberlast erzielt wird, und der Verbrauch auch nicht in so weiten Grenzen konstant bleibt.
Zu erwähnen ist noch, daß die Parsons-Turbine meist ein besonderes Ueberlastungsventil besitzt, das den Zweck hat, den Dampf erforderlichenfalls gleich der zweiten Stufe zuzuführen, wodurch die Leistungsfähigkeit beträchtlich erhöht werden kann. Obgleich hierdurch ein Rückstau gegen die erste Stufe entsteht, soll der Wirkungsgrad dadurch nicht sehr ungünstig beeinflußt werden. Der Raumbedarf der Parsons-Turbine ist im allgemeinen im Vergleich zu demjenigen liegender Kolbendampfmaschinen gering, wenn auch ihre Baulänge nicht unbedeutend ist. Desgleichen stellt sich auch ihr Gewicht wesentlich niedriger als das gleichwertiger Kolbendampfmaschinen. Für den ruhigen Gang ist das Beispiel der seinerzeit in Newcastle an vier Drähten aufgehängten, im Betriebe vorgeführten Turbine kennzeichnend [16]. Die Wiederverwendbarkeit des Kondenswassers und die hohe Betriebssicherheit und stete Betriebsbereitschaft hat die Parsons-Turbine mit der Lavalschen und andern gemein. Nach den heute vorliegenden Erfahrungen muß sie als Antriebsmotor ersten Ranges für elektrische Maschinen bezeichnet werden, und wird wohl auch hier immer ihr Hauptverwendungsgebiet liegen, obgleich einige ihrer Vorzüge sie auch für den Schiffsbetrieb hervorragend geeignet erscheinen lassen. Inwieweit es ihr hier gelingen wird, die Kolbendampfmaschine zu verdrängen, ist zurzeit noch eine offene Frage.
Die Dampfturbine Rateau und Zoelly. In dem auf S. 632 mitgeteilten Uebersichtsschema stand der Parsons-Turbine die Rateau- und Zoelly-Turbine gegenüber. Diese beiden sind vielstufige Druckturbinen ohne Geschwindigkeitsabstufung und gegenwärtig ungefähr in gleicher Gesamtleistung (ca. 20000 PS.) zur Ausführung gelangt.
Die Zoelly-Turbine der A.-G. Escher Wyß & Cie. in Zürich [3], [17] wird meist als Verbundturbine mit hintereinander geschaltetem Hochdruck- und Niederdruckteil ausgeführt. Jeder Teil enthält z.B. bei einer 500-PS.-Turbine fünf Druckstufen, so daß die Gesamtzahl der Laufräder zehn, also verhältnismäßig wenig beträgt. Fig. 18 gibt die Hochdruckseite einer solchen Verbundturbine in Ansicht, die Niederdruckseite im Schnitt an. Zwischen den auf der Welle aufgekeilten Laufrädern befinden sich die als Leitapparate ausgebildeten Zwischenwände, deren jede sich mit einem vorspringenden Rande gegen die vorhergehende lehnt. Diese Wände haben einen verhältnismäßig Harken einseitigen Druck auszuhalten und sind entsprechend kräftig gehalten. Ihre Detailkonstruktion ist aus Fig. 19 ersichtlich. Sie werden aus Stahlguß hergestellt und dampfdicht in das Gehäuse eingepaßt. An der Stelle, wo die Welle der Turbine durchtritt, sind sie, um Dampfverluste nach Möglichkeit zu vermeiden, mit einer Labyrinthdichtung versehen, wie solche bereits gelegentlich der Parsons-Turbine beschrieben wurde. Der verhältnismäßig kleine Durchmesser der Bohrung macht den Dampflässigkeitsverlust unbedeutend. Die Leitschaufeln m (Fig. 19) sind mit Lappen n versehen, die in entsprechende Schlitze l des äußeren Randes der Scheidewand und des umgebenden schmiedeeisernen Kranzes k stramm eingepaßt werden. Um ein Herausfallen zu verhüten, werden nach Einsetzen der Schaufeln zwei Nuten o1 und o2 eingedreht, in die Preßringe gelegt werden, deren Befestigung durch versenkte Schrauben erfolgt. Die Leitschaufeln erstrecken sich dabei in den ersten Partien nicht über den ganzen Umfang, so daß die Beaufschlagung im Anfange eine partielle ist, wobei geeignete Paßstücke p[637] die toten Räume zwischen den einzelnen Schaufelgruppen ausfüllen. Erst in den späteren Stufen verteilen sich die Schaufeln über den ganzen Umfang. Die radiale Weite der Leitapparate nimmt mit fortschreitender Expansion des Dampfes beständig zu. Das gleiche gilt auch von den Längen der Schaufeln des Laufrades; letzteres ist in Fig. 20 im Detail, in Fig. 21 in Ansicht dargestellt. Die Schaufeln, deren Gesamtzahl im Verhältnis zu der andrer vielstufiger Turbinen gering ist, werden mit großer Genauigkeit durch Fräsen aus feinstem Nickelstahl hergestellt und sauber poliert. Dadurch soll dem Verrosten und der Dampfreibung vorgebeugt werden. Ihr Querschnitt nimmt nach außen zu ab, wodurch die Beanspruchung durch die Fliehkraft trotz der hohen Umfangsgeschwindigkeit eine mäßige bleibt. Die Schaufeln laufen in ein ⊤-förmiges Fußstück aus, dessen Gegenform, ein nutenförmiger Kanal, von der Laufradscheibe und einem an diese nach Einbringen der Schaufeln angenieteten Ringe 5 (s. Fig. 20) gebildet wird. Der gegenseitige Abstand der Schaufeln wird durch ebenfalls gefräste Zwischenstücke gewahrt. Zur Herstellung der Laufradscheibe, die mit ihrer Nabe aus einem Stücke geschmiedet und zur Verminderung der Dampfreibung poliert ist, wird Siemens-Martin-Stahl verwendet. Das axiale Spiel zwischen Lauf- und Leiträdern beträgt 35 mm und darüber, das radiale zwischen den Schaufelenden und dem Gehäuse bei kleinem Raddurchmesser 23, bei großem 34 mm. Die gut isolierten Gehäuse sind unabhängig voneinander auf einem Rahmen montiert und wie bei der Parsons-Turbine längs einer horizontalen Mittelebene geteilt, wobei die abdichtenden aufgeschliffenen Flanschen ohne Zwischenmittel aufeinander liegen.
Die Regulierung erfolgt in einer den Wasserturbinen entlehnten Weise, indirekt mit Hilfe eines mechanischen Relais, das ein Drosselventil betätigt, so daß jeder Stellung des Regulators d.h. jeder Tourenzahl eine bestimmte Lage des Drosselventils entspricht. Obgleich die Drosselung des Dampfes im allgemeinen als unwirtschaftlich angesehen wird, haben Versuche [3] an einer 500-PS-Zoelly-Turbine den spezifischen Dampfverbrauch innerhalb für stationäre Maschinen relativ weiter Grenzen als wenig veränderlich ergeben, und stellt Fig. 22 den Dampfverbrauch pro PSe-Stunde als Funktion der Belastung dar, wie er aus den Versuchsdaten mit Berücksichtigung des Wirkungsgrades der Dynamo folgt. Der absolute Druck des nur um 24° überhitzten, also nahezu trocken gesättigten Dampfes betrug 11 Atmosphären, der Gegendruck 0,07 Atmosphären. Die in Fig. 22 eingetragenen Maßstäbe des indizierten und thermischen Wirkungsgrades lassen die Größe der letzteren erkennen, deren Maximalwerte 0,54 bezw. 0,15 sind. Ein Dampfverbrauch von 5,77 kg/PSe-Stunde wurde bei 258,5° Anfangstemperatur, 13,13 Atmosphären Druck, 0,066 Atmosphären Gegendruck und 575 PSe Nutzleistung erzielt, welchen Werten ein ηi = 0,56 und ηt =0,16 entspricht. Zu beachten ist, daß in vorstehenden Angaben die Arbeit für die Kondensation nicht inbegriffen ist, dieselbe mag 3% der Normalleistung betragen haben. Die Tourenzahlen sind für Leistungen bis ca. 100 PS. 30004000, für 1001000 PS. 3000, von 10003000 PS. ca. 1500, bei höheren Leistungen 1000 u.s.w pro Minute. Längere Betriebserfahrungen liegen zurzeit noch nicht vor, doch wird angegeben, daß eine seit einem Jahre bei der Firma Escher Wyß & Cie. im Betriebe befindliche Turbine noch keine Abnutzung der Schaufeln oder andrer Teile erkennen ließ.[638]
Wesentlich mehr Versuchsresultate sind indessen bis jetzt gesammelt worden bezüglich der Rateau-Turbine [3], [18] der Société Sautter Harlé & Cie., Paris, und der Maschinenfabrik Oerlikon, Schweiz, die sich von der im Prinzipe identischen Zoelly-Turbine durch die im allgemeinen etwas größere Zahl von Druckstufen und entsprechend kleinere Umfangsgeschwindigkeiten unterscheidet. Die Laufräder bestehen aus einer Nabe, einer an diese angenieteten, am äußeren Rande umgebördelten dünnen Platte aus Flußeisenblech und den mit letzterer durch Nietung verbundenen Schaufeln, die, aus Bronze oder Stahlblech gebogen, zur Ausfüllung der Bodenecken wohl auch mit Metall ausgegossen und zur Verminderung der Ventilation mit einem äußeren Abschlußring umgeben sind. Die Leiträder, im wesentlichen aus denselben Elementen wie die Laufräder bestehend, unterscheiden sich von diesen zunächst dadurch, daß sie bei neueren Ausführungen längs eines horizontalen Durchmessers geteilt sind, wobei die oberen Hälften mit dem oberen Teile des ebenfalls in horizontaler Mittelebene geteilten Gehäuses wie bei der Zoelly-Turbine gleichzeitig abgehoben werden können. Der partiellen Beaufschlagung der ersten Turbinenräder entsprechend haben die Leiträder anfangs nur einige in gleichen Abständen angeordnete Durchlaßöffnungen für die Leitschaufeln, die sich erst später über den ganzen Umfang erstrecken. Fig. 23 stellt den Längsschnitt durch eine für Schiffszwecke bestimmte Turbine von 1200 PS. älterer Bauart dar, während Fig. 24 eine 300-PSe-Turbine neuerer Konstruktion zeigt, erstere mit im Innern der Turbine angeordneten Lagern, deren Schmierung und Instandhaltung indessen wegen ihrer Unzugänglichkeit während des Betriebes Schwierigkeiten verursacht haben dürften. Daher weisen neuere Ausführungen bei größeren Einheiten ähnlich der Zoelly-Turbine eine Teilung in Hoch- und Niederdruckturbinen[639] auf, zwischen denen sich das nunmehr frei zugängliche Zwischenlager befindet. Auch werden beide Teile, Hoch- und Niederdruck, oft parallel zueinander angeordnet, wobei jede Turbine zum Antriebe einer besonderen Dynamo dient, die ihrerseits gewöhnlich in Parallelschaltung auf dasselbe Netz arbeiten. Wie bei der Zoelly-Turbine ist ein axialer Schub kaum vorhanden, so daß Ausgleichkolben wie bei der Parsons-Turbine sich nicht vorfinden. Die Regulierung erfolgt durch Drosselung, und zwar entweder auf konstante Beharrungsgeschwindigkeit oder mittels eines pseudoastatischen Regulators, wobei letzterer in den Mittellagen seines Hubes direkt, in den Endtagen durch Auslösung eines mechanischen Relais, das entweder die Abschützung des ersten Leitrades durch einen Deckring oder die Zuführung von Frischdampf zur Niederdruckstufe veranlaßt, wirken soll.
Zur Beurteilung der Rateau-Turbine mögen die Versuche herangezogen werden, die Professor Stodola-Zürich [3] im Verein mit der Erbauerin, Société Sautter Harlé & Cie., Paris, im Februar 1903 an einer 500-PSe-Turbine vorgenommen hat. Die Ergebnisse derselben sind in Fig. 25 graphisch dargestellt, wo sich der Dampfverbrauch pro PSe-Stunde, der indizierte und thermische Wirkungsgrad als Funktion der Leistung angegeben findet. Der indizierte Wirkungsgrad erreicht seinen Maximalwert mit 0,56, der thermische mit 0,14. Bei einem später von der Firma selbst angestellten Versuche sind noch um ein Geringes günstigere Resultate erzielt worden. Die Arbeit der Kondensation ist in obigen Angaben nicht inbegriffen. Erwähnt sei noch., daß das Gewicht der Rateau-Turbine sich ebenfalls sehr günstig Hellt; so wird das Gewicht einer 1200 PS.-Turbine auf ca. 3500 kg angegeben. Ein neues Feld der Energieausnutzung haben in letzter Zeit die Rateausschen Niederdruckturbinen in Verbindung mit einem besonderen Wärmeakkumulator [19] erschlossen, nämlich die Ausnutzung des Abdampfes von Fördermaschinen und andern mit Auspuff arbeitenden Dampfmaschinen. Dieser wird meist mit ungefähr atmosphärischer Spannung aus letzteren absatzweise ausgestoßen. Rateau leitet ihn in einen Wärmeakkumulator, ein hinreichend große Gußeisenmassen oder Wassermengen enthaltendes Gesäß. Dort wird er zwecks Druckausgleiches gesammelt, wobei sich überschüssiger Dampf kondensieren kann, um seine Kondensationswärme bei zeitweise verringerter Dampfzufuhr der Neubildung von Ersatzdampf wieder zugute kommen zu lassen. Auch die hier erzielten Dampfverbrauchsergebnisse sind als relativ günstig zu bezeichnen.
Turbinen mit Geschwindigkeitsabstufung.
Den nur auf dem Prinzipe der Druckabstufung beruhenden Turbinen von Rateau und Zoelly stehen die mit Geschwindigkeitsabstufung arbeitenden gegenüber, von denen in dem Uebersichtsschema S. 632 die Seger-, Riedler-Stumpf- sowie Electra-Turbine genannt worden sind.[640]
Die Dampfturbine von Seger [20] ist von diesen die älteste und hat seinerzeit in Frankreich einige Anwendung gefunden. Sie ist aus dem Grunde bemerkenswert, weil bei ihr zwei in entgegengesetztem Sinne rotierende Laufräder zur Verwendung gelangen, eine Anordnung, die zur Nachahmung wiederholt gereizt hat. Fig. 26 gibt ein Bild von ihrer Einrichtung. Der aus der Zuleitungsdüse kommende Dampf strömt mit großer Geschwindigkeit gegen ein Laufrad, aus dem er noch mit ziemlich hoher absoluter Geschwindigkeit austritt. Mit dieser wird er gegen ein zweites Laufrad geschickt und darin verarbeitet. Der Uebertritt erfolgt dabei durch eine mit Löchern versehene Scheidewand ohne Vermittlung eines besonderen feststehenden Leitapparates. Jede Laufradachse trägt zum Zwecke der Kraftabnahme eine kleine Riemenscheibe, über die ein Riemen unter Vermittlung zweier größerer Scheiben geführt ist. Die eine der letzteren dient nur zum Anspannen des Riemens und ist zu diesem Zwecke vertikal verstellbar, die andre zur Arbeitsabgabe.
In wesentlich verschiedener Weise wird die Geschwindigkeitsabstufung bei solchen Turbinen erzielt, die nur nach einer Richtung umlaufende Räder besitzen und somit fester Zwischenleitapparate zum Auffangen und Umlenken der absoluten Austrittsgeschwindigkeit benötigen. Hierher gehören vor allem die Konstruktionen von Riedler-Stumpf und Curtis, aus denen die Turbine der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft Berlin entstanden ist, sowie die von der Gesellschaft für elektrische Industrie in Karlsruhe gebaute Electra-Turbine [21]. Das Prinzip der letzteren [20] ist aus Fig. 27 zu erkennen. Eine Radialdruckturbine wird zuerst durch eine Lavalsche Dampfdüse von außen beaufschlagt. Den noch mit hoher Geschwindigkeit aus dem Rade austretenden Dampf fängt ein Umkehrapparat auf, der ihn von neuem, und zwar diesmal von innen, gegen das Laufrad schickt. Am äußeren Umfange austretend, wird er abermals aufgefangen, umgelenkt und zum dritten Male in die Turbine gesandt. Das Spiel kann sich noch öfters wiederholen. Auf diese Weise gelingt es, bei kleiner Radgröße mit verhältnismäßig geringer Umfangsgeschwindigkeit bezw. Tourenzahl eine annehmbare Dampfökonomie zu erzielen. Wo es nicht auf niedrigsten Dampfverbrauch, sondern mehr auf Einfachheit der Konstruktion ankommt, gebührt die Electra-Turbine in erster Linie genannt zu werden. Als sehr einfach und naheliegend ist das Mittel von Riedler-Stumpf [22] und Curtis [23] zu bezeichnen, das in einer Verringerung der Tourenzahl durch Vergrößerung des Raddurchmessers besteht und bei gleichzeitiger richtiger Benutzung der Vorteile der Geschwindigkeitsabstufung zu einer aus wenigen Elementen bestehenden Konstruktion führt. So ist eine 2000-PS.-Riedler-Stumpf-Turbine mit nur einem Rade von 2 m Durchmesser und 3000 Touren pro Minute nach Riedler lassen sich solche Räder aus Nickelstahl noch mit fünffacher Bruchsicherheit herstellen im Elektrizitätswerke zu Moabit zur Aufstellung gelangt, die bei 10 (13) Atmosphären Anfangsdruck, 295° (300°) Anfangstemperatur und[641] 0,15 (0,0855) Atmosphären Gegendruck 8,89 (7,9) kg/Kilowattstunde = 6,04 (5,36) kg/PSe-Stunde brauchte. Diesen Werten entspricht ein reduzierter Dampfverbrauch von 6,60 (5,86) kg/PSe-Stunde, ein thermischer Wirkungsgrad ηt = 0,15 (0,17), ein indizierter Wirkungsgrad ηi = 0,61 (0,60). Natürlich erfordert die Ausbildung und Ausbalancierung so großer Räder besondere Sorgfalt, und vermeidet man daher bei ihnen die besondere Einsetzung von Schaufeln, die man lieber aus dem Vollen herausfräst. Fig. 28 zeigt eine von Riedler-Stumpf vorgeschlagene Ausführungsform der Umkehrapparate; wie ersichtlich, sind Wendepunkte in der Bahn des Dampfes vermieden, indem die Krümmung derselben stets gleichsinnig bleibt, ein Punkt, auf den wohl nicht mit Unrecht Gewicht gelegt wird. Bei der Curtis-Turbine ist diese Forderung nicht erfüllt, wie das Schema der Schaufelfolge Fig. 29 erkennen läßt.[642] Fig. 30 stellt eine 500-Kilowatt-Turbine mit zwei Druck- und je drei Geschwindigkeitsstufen zur Hälfte im Schnitt dar. Die vertikale Bauart mit oben angeordneter Dynamo wird von den Amerikanern bevorzugt, doch sind auch Curtis-Turbinen mit horizontaler Achse zur Ausführung gelangt. Die erforderliche Bodenfläche ist natürlich im ersteren Falle geringer als im letzteren, dagegen ist die Montage und Zugänglichkeit bei der horizontalen Anordnung im allgemeinen bequemer. Fig. 3133 stellen drei Typen der von der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft Berlin [24] gebauten Turbine dar. Fig. 31 läßt eine einstufige Turbine erkennen. Das Laufrad ist fliegend an das Ende der Welle angeflanscht, die, in zwei Lagern geführt, in der Mitte zwischen diesen die Dynamo trägt. In Fig. 32 ist man bereits zu zwei, in Fig. 33 sogar zu vier Druckstufen geschritten, wobei in letzterem Falle eingebaute und bis nahe an die Welle geführte kräftige Scheidewände zur Abgrenzung der Druckräume vorgesehen sind. Fig. 34 zeigt eine Außenansicht der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschafts-Turbinen. Wie ersichtlich, ist das Turbinengehäuse fliegend gegen die Enden des Lagerbockes geschraubt, so daß es sich unter dem Einflusse der Wärme frei nach allen Seiten hin ausdehnen kann. Charakteristisch für die Riedler-Stumpfschen Konstruktionen ist noch die Dampfdüse Fig. 35, die mit der Lavalschen Düse die Erweiterung gemein hat, sich jedoch von dieser dadurch unterscheidet, daß das Querschnittsprofil des erweiterten Teils, wie die einzelnen Schnitte a d zeigen, allmählich von der runden in die viereckige Form übergeht. Dadurch soll ein ungünstiges Arbeiten, wie es bei der elliptischen Gestalt des Schnittes einer Lavalschen Düse mit der Radebene an den Enden der Ellipse wegen Beaufschlagung der betreffenden Schaufeln auf einer ungenügenden Länge vermutlich statthat, vermieden werden.
Schluß.
Es würde hier zu weit führen, auf die große Zahl der in jüngster Zeit aufgetauchten Bestrebungen und Konstruktionen einzugehen. Zwei derselben mögen hingegen noch kurz erwähnt werden. Die eine ist die Turbine von Schulz [3], [25], die andre diejenige der Union-A.-G. Essen. Erstere ist in einer Stärke von 230 PSe max. als Verbundturbine mit einem aus zehn nach dem Druck-, fünf nach dem Ueberdruckprinzip arbeitenden Laufschaufelkränzen bestehenden Hochdruckteil und einem als 15 stufige Ueberdruckturbine eingerichteten Niederdruckteil in Verbindung mit einer aus Radial- und Axialturbine zusammengesetzten Rückwärtsturbine (für Schiffszwecke) ausgeführt, und der Gegenstand ebenso einfacher wie instruktiver Indizierversuche geworden. Die Beaufschlagung der ersten zehn Druckstufen des Hochdruckteils kann mit Hilfe von Ringschiebern beliebig verändert und dem der jeweiligen Leistung der Turbine entsprechenden Dampfdurchgange in theoretisch richtiger Weise angepaßt werden. Fig. 36 zeigt die in den einzelnen Stufen herrschenden Drücke bei normaler, Fig. 36a bei verringerter Leistung, Fig. 37 eine aus vier Druck- und je zwei Geschwindigkeitsunterstufen bestehende Schulz-Turbine neuerer Konstruktion für Dynamoantrieb. Für den Fall der Benutzung des Ueberdruckprinzips wendet Schulz zur Aufhebung des Axialschubs an Stelle der Parsonsschen Ausgleichkolben das ebenso bemerkenswerte wie einfache Mittel an, die Turbine in einen Hoch- und Niederdruckteil zu zerlegen und beide in entgegengesetzter Richtung vom Dampfe durchströmen zu lassen, so daß die axialen Schübe einander entgegenwirken und sich gänzlich oder bis zu einem beliebigen Restbetrage kompensieren. Die Union-Turbine (Fig. 38) hingegen stellt einen Versuch dar, bei vertikaler Anordnung der Turbinenwelle den axialen Schub dem Gewichte der drehbaren Teile entgegenwirken zu lassen und dieses somit ganz oder teilweise aufzuheben, indem der Dampf die Turbine von unten nach oben durchströmt. Letztere ist in ihrem Niederdruckteil als Ueberdruckturbine[643] ausgebildet, der vierstufige Hochdruckteil ist aus Druckturbinen zusammengesetzt, wobei die Laufräder mit taschenförmig in den Umfang eingefrästen peltonartigen Schaufeln versehen sind und tangentialer Beaufschlagung unterliegen. Letztere ist im Anfange eine partielle und nimmt mit fortschreitender Expansion zu, um sich beim Eintritte in die Niederdruckturbine über den ganzen Umfang zu erstrecken. Es hat dies den Vorteil, von Anfang an mit großem Raddurchmesser und hoher Umfangsgeschwindigkeit arbeiten und das disponible Gefälle auf diese Weise rasch mit wenig Rädern aufarbeiten zu können; denn käme das Ueberdruckprinzip bereits bei den ersten Stufen zur Anwendung, so würden sich infolge des noch geringen spezifischen Dampfvolumens bei der erforderlichen vollen Beaufschlagung unzulässig geringe Schaufellängen ergeben, sofern man nicht wie Parsons durch eine große Zahl von Druckstufen die Dampfgeschwindigkeit in niedrigen Grenzen hält. Bezüglich der weiteren Konstruktionen und Bestrebungen von Lindmarck, Breguet, Gelpke-Kugel, E. Lewicki, Nadrowski, Fullagar, Dolder, Levy, Hamilton-Holzwarth u.a. muß auf; die Fachliteratur verwiesen werden.
Thermodynamische Grundlagen.
Nachdem im vorgehenden Teile verschiedene Haupttypen der Dampfturbine nach Prinzip und Konstruktion gemäß dem gegenwärtigen Stande ihrer Entwicklung beschrieben wurden, erübrigt es, die eigentlichen thermodynamischen Grundlagen nachzutragen und die Hauptgleichungen für die Strömung des Wasserdampfes durch feste und bewegliche Kanäle anzugeben. Um Irrtümer bei Benutzung der im nachstehenden angeführten Formeln zu vermeiden, die im Gegensatz zu dem bisher üblichen Modus keine Angaben darüber enthalten, in welchen Maßen die darin vorkommenden Größen auszudrücken sind, sei bemerkt, daß dieselben homogen in den Dimensionen sind, so daß das Maßsystem willkürlich bleibt. Es ist daher z.B. gleichgültig, ob der Druck in Atmosphären (Kilogramm/Quadratzentimeter absolut) oder in Kilogramm/Quadratmetern ausgedrückt wird, sofern man nur die Dimension mit in die Formeln einführt. So findet sich auch das mechanische Wärmeäquivalent 1 : A = 424 mkg = 1 cal in den Formeln überhaupt nicht vor; wird z.B. eine auf 1 kg bezogene Wärmemenge i einem Produkte p · υ (Druck mal spezifisches Volumen) gleich gesetzt, so ist dies so zu verstehen, daß, wenn etwa p = 10 at, υ = 1/10 cbm/kg ist, i = 10 kg/qcm · 1/10 cbm/kg = 10000/424 · 424 mkg/kg = 23,58 cal/kg wird. Dadurch fallen die schleppenden Angaben über die zu benutzenden Maße fort, und die Formeln erlangen selbständige Gültigkeit. Gegeben sei ein ruhendes Rohr Fig. 39 mit veränderlichem Querschnitte, durch das Dampf im Beharrungszustande ströme [26]. Die Bewegung erfolge in benachbarten Stromfäden so gleichartig, daß die Einführung von Mittelwerten für die den einzelnen Querschnitten zukommenden Zustandsgrößen des Dampfes gerechtfertigt erscheint. In diesem Sinne sei in einem beliebigen Querschnitte F1 w1 die Dampfgeschwindigkeit, p1 der Druck, υ1 das spezifische Volumen, u1 die innere Energie oder Arbeitsfähigkeit, h1 die Höhe über einem beliebig gewählten Horizontalniveau. Die für einen beliebigen zweiten Querschnitt F2 geltenden entsprechenden Größen mögen mit dem Zeiger 2 behaftet sein. Ist dann G das pro Sekunde durch jeden Querschnitt strömende Dampfgewicht, so gilt die Kontinuitätsgleichung:
[644] Nun denke man sich den zwischen den Querschnitten F1 und F2 befindlichen Teil des Dampfstromes von dem vorausgehenden und nachfolgenden gewissermaßen durch ideelle Scheidewände abgetrennt und zu zwei unendlich benachbarten Zeitpunkten betrachtet. Während der Zeit dt rückt der Querschnitt F1 um das Stück w1dt nach F1', F2 um w2dt nach F2' vor. Dabei erhält das betrachtete Dampfabteil Energiezufuhr von außen. Als solche ist zu nennen: 1. etwa von außen zugeführte Wärme; dieselbe betrage Q12 · G dt (durch Abkühlung entzogene Wärme wäre negativ in Rechnung zu stellen); 2. die Arbeit F1 p1 w1 dt F2 p2 w2 dt, die von der nachfolgenden und der vorausgehenden Dampfsäule geleistet wird. Die Summe dieser Arbeiten muß sich in der Erhöhung des Energieinhaltes des Dampfes wieder finden. Dieser setzt sich aus der Summe der Energieinhalte aller einzelnen Teile zusammen. Dem vorausgesetzten Beharrungszustande entsprechend birgt nun der zwischen F1' und F2 befindliche Raum zu Ende der Zeit dt Dampf von genau derselben Menge und Beschaffenheit wie zu Anfang, wenn auch einige Dampfteilchen ausgetreten, andre neu eingetreten sind. Bei einem Vergleiche des Energieinhaltes der zwischen F2' und F1' zur Zeit dt enthaltenen Dampfmenge mit demjenigen der zu Anfang zwischen F1' und F2 enthalten gewesenen fällt daher der Energieinhalt des zwischen F1 und F1' befindlichen Teiles aus der Betrachtung heraus, und die gesuchte Energiedifferenz ergibt sich als Ueberschuß der Energiemenge des zwischen F2 und F2' eingeschlossenen Dampfes gegenüber derjenigen, die der von F1 und F1' begrenzte Teil besitzt. Die Energie jedes der beiden Teile besteht nun aus den drei Summanden: innere Energie G dt · u, kinetische Energie G dt(w2/2g) und potentielle Energie G dt · h, so daß als gesuchte Energiedifferenz erscheint:
Man hat daher die Gleichung
Durch Division mit G dt folgt unter Beachtung von Gleichung 1.:
welche Gleichung man unter Einführung des Begriffes der Erzeugungswärme i = u + p · υ [27] d.h. derjenigen Wärme, die zur Erzeugung von 1 kg Dampf bei unverändertem Drucke p aus Wasser von 0° erforderlich ist, in der Form
schreiben kann. In dieser Gleichung macht man nun stets die durchaus zulässige Annahme, daß die Differenz h2 h1 gegenüber den andern in der Gleichung auftretenden Größen als verschwindend klein vernachlässigt werden darf, und hat damit
Zu beachten ist, daß diese Beziehung einschließlich aller etwaigen Reibungs- oder Strömungswiderstände gilt. Hätte man den Dampf auf dem Wege von F1 nach F2 etwa durch eine Turbine geschickt und ihn somit gezwungen, während der Zeit dt die Arbeit V12 G dt nach außen abzugeben, so würde diese Energiemenge noch in Abzug zu bringen gewesen sein, und die erweiterte Gleichung hätte, immer unter Voraussetzung des Beharrungszustandes,
gelautet. In Gleichung 2. darf nun im allgemeinen stets Q12 = 0 gesetzt werden, was zu
führt. Die Gleichung 2 b. im Verein mit Gleichung 1. genügt nicht, um den Strömungsvorgang festzulegen, es erübrigt noch der Reibung [26], [28] Rechnung zu tragen. Dies kann auf Grund folgender Ueberlegung geschehen [29]: Sei in der schematischen Anordnung Fig. 40 A ein Sammelbehälter, von dem aus Dampf (oder Gas) vom Zustande p1 υ1 durch die Düse B gegen die Turbine C ströme. Nach Abgabe der Arbeit V12 pro Kilogramm an die Turbine erfülle er als ruhender Dampf vom Zustande p2 υ2 die Kammer D. Der Kolben F im Zylinder E sauge ihn bei unverändertem Drucke p2 an (Zustandslinie 6 2), komprimiere ihn isotherm längs 2 3, dann adiabatisch längs 3 4, wobei in 4 die Anfangstemperatur T1 erreicht sei. Die Isotherme 4 1 führe auf den Anfangszustand p1 υ1 zurück. Von 1 ab werde der Dampf bei konstantem Drucke p1 auf dem Wege 1 5 in den Sammelraum A hineingedrückt, wodurch in diesem wieder dieselbe Menge Dampf wie zu Anfang enthalten ist. Der ganze Vorgang ist kontinuierlich zu denken, so daß der Beharrungszustand ständig aufrechterhalten wird. Von einer Wärmeabgabe nach außen sei abgesehen und der Betrachtung 1 kg Dampf zugrunde gelegt. Dasselbe leistet insgesamt die Arbeit
wobei
und nach 2 a. wegen Q12, w2 und w1 = 0
[645] gesetzt werden darf. Diese Arbeitssumme kann nicht größer sein als die Arbeit L des entsprechenden, d.h. zwischen den gleichen Temperaturgrenzen liegenden, nach oben von der Isotherme 4 1 begrenzten Carnotschen Prozesses [30]. Legt man durch 1 die Adiabate 1 2' bis zum Schnitte T mit der Isotherme 2 3, so ist
und es folgt
wobei Z12 der stets positive Energieverlust ist. Da bei adiabatischer Expansion die geleistete Arbeit gleich der Abnahme der inneren Energie ist, wird
Berücksichtigt man ferner i1 p1 υ1 = u1, i2 p2 υ2 = u2 und
so folgt
Die rechte Seite ist der Ausdruck für die auf der Isotherme 3 2 längs des Weges 2' 2 zugeführte Wärmemenge Q2' 2, so daß endlich Z12 = Q2' 2 wird. Da Z12 stets positiv ist, kann 2 nie links, sondern stets nur rechts von 2' liegen. Fällt 2 mit 2' zusammen, so wird Q2' 2 und damit Z12 Null und man hat das Maximum der Arbeit erhalten. Dasselbe wird nach 2 c.
Dies ist nach der obigen Bezeichnungsweise das gegebene oder disponible Gefälle. Insofern der Dampf im Punkte 2' naß ist, ist die Isotherme in 2' mit der Isobare identisch und man kann von einem gegebenen Gegendrucke sprechen, obgleich das, wodurch man in der Dampfausnutzung nach unten zu begrenzt ist (abgesehen von Auspuffmaschinen), nicht der Druck, sondern die Temperatur ist. Man kann daher, da der Endzustand des Dampfes in der Regel stets innerhalb des Sättigungsgebietes liegen wird, das Gefälle als die Abnahme der Erzeugungswärme zwischen dem Anfangszustande und dem durch adiabatische Expansion auf den Gegendruck erlangten Endzustand definieren. Mit T2 als unterer absoluter Temperatur, s2 als Entropie in 2, s1 als Entropie in 1 bezw. 2' schreibt sich der Energieverlust Z12 auch Z12 = T2 (s2 s1). Würde man in Fig. 40 die wahre, die Punkte 1 und 2 verbindende Zustandskurve sowie eine Schar von Adiabaten einzeichnen, so müßten diese von jener stets im Sinne wachsender Entropie geschnitten werden, d.h. die Zustandsänderung des Dampfes erfolgt, als würde ihm von außen Wärme zugeführt. Diese scheinbar zugeführte Wärme definiert man als Reibungswärme und macht daher für die Strömung des Dampfes durch ein Rohr oder eine Turbine den Ansatz d R = d u + p d v = d i v d p oder in Integralform
worin d R bezw. R12 die stets positive Reibungswärme repräsentiert. Bei der Strömung des Dampfes durch ein Rohr stelle R12 die zwischen den Querschnitten F1 und F2 entwickelte Reibungswärme vor. Die Gleichungen 1., 2 b. und 3. bestimmen im allgemeinen den Ausfluß des Dampfes durch Rohre, sobald über R12 Annahmen gemacht werden. Es sei F1 sehr groß und w1 als verschwindend klein zu vernachlässigen. Ferner sei der Dampfzustand in F1 und das pro Sekunde durch jeden Querschnitt gehende Dampfgewicht G gegeben. Herrscht dann in einem Querschnitte F2 der Druck p2, so ist nach 2 b. die entsprechende Geschwindigkeit w2 an die Bedingung geknüpft
und die Verbindung mit Gleichung 3. gibt
Zeichnet man in das p/υ-Diagramm (Fig. 41) die vom Anfangszustande p1υ1 ausgehende Expansionslinie ein, so wird
durch die schraffierte Fläche dargestellt. Die erzeugte kinetische Energie ist daher um den Betrag der Reibungsarbeit kleiner als diese Fläche. Ist R12 gleich Null, so ist Gleichung 3. der Ausdruck für die adiabatische Zustandsänderung, die nach Zeuner [26a] der Näherungsgleichung
unterliegt, wenn für anfänglich überhitzten Dampf n = 1,333, für nassen n = 1,035 + 0,1 x (x spezifischer Dampfgehalt zwischen 1 und 0,7), somit für trocken gesättigten Dampf n = 1,135 gesetzt wird. Die schraffierte Fläche Hellt alsdann die erzeugte kinetische Energie pro Kilogramm, d.h. das gegebene Gefälle dar und ist, wie ersichtlich, mit der Arbeit einer verlustfreien Dampfmaschine identisch, für deren Berechnung bei anfänglich gesättigtem Dampfe Mollier die Näherungsformel
gegeben hat. Bei Benutzung von Gleichung 5. erhält man hingegen
so daß
[646] Da nach 5.
ist, wird nach 1.
welche Formel umgekehrt bei gegebenem F2 und p2 zur Berechnung der Ausflußmenge O benutzt werden kann. Der Wurzelausdruck besitzt als Funktion von 2 ein Maximum, das durch Differentiation leicht zu
erhältlich ist und bei dem sogenannten kritischen Drucke
eintritt. Da das Produkt aus F2 und dem Wurzelausdruck für alle Stellen des Rohres nach 7. konstant ist, muß F2 bis zu einem Minimum ab- und dann wieder zunehmen, wobei sich im engsten Querschnitte Fm der kritische Druck einstellen muß, wenn die Expansion bis unter den kritischen Druck erfolgen soll. Sonach wird
und die Geschwindigkeit im engsten Querschnitte auf Grund von 6. und 8.
Im Falle anfänglich gesättigten Dampfes (n = 1,135) wird
Nimmt man noch die Zeunersche Näherungsgleichung der Grenzkurve [26b]
zu Hilfe, so gehen 9a. und 10a. über in
Für praktische Zwecke als lehr bequem und hinreichend genau empfiehlt sich auch zur Berechnung von G statt 9 b. die Näherungsformel
Bei überhitztem Dampf n = 1,333 wird
Fällt der engste Querschnitt des Rohres mit dem Ausströmungsquerschnitte zusammen, hat man es also z.B. mit einer konvergenten Düse oder gut abgerundeten Mündung zu tun, und ist p0 der Gegendruck, d.h. der Druck in der den ausströmenden Dampf aufnehmenden Vorlage, so stellt sich dieser im Endquerschnitte ein, sofern er größer oder gleich pm ist. In diesem Falle gelten die Formeln 6. und 7. mit p2 = p0. Für sehr kleine Druckdifferenzen ist es zulässig, in 4. für die Fläche
d.h. ein Rechteck zu setzen. Damit tritt an Stelle von 6.
für anfänglich trocken gesättigten Dampf.
Ist jedoch p0 ≤ pm, so kann der Dampf mangels einer Querschnittseinschnürung mit darauf folgender Erweiterung nicht bis auf p0 expandieren, sondern es stellt sich, unabhängig von p0, der kritische Druck pm im Endquerschnitte ein, und die Formeln 9. und 10. bezw. 9a., 10a., 9b. und 10b. treten in Kraft. Aus den beiden letztgenannten geht hervor, daß alsdann die Ausflußmenge bei zu Beginn gesättigtem Dampfe dem Anfangsdrucke p1 nahezu proportional ist,[647] während die Ausströmgeschwindigkeit von p1 fast unabhängig ist und im Mittel 450 m/sec beträgt (Schallgeschwindigkeit für Dampf vom Expansionsendzustande). Auf beide hat dann die Größe von p0 keinen Einfluß. Fällt der engste Querschnitt Fm jedoch nicht mit dem Ausströmungsquerschnitte F2 zusammen, sondern liegt eine sich nach einer Einschnürung wieder erweiternde Düse vor, so bestimmen Gleichung 7. und 9., aus denen man sich G eliminiert denken kann, zusammen einen Druck p2 (streng genommen 2, da die sich ergebende Gleichung 2 reelle Wurzeln besitzt [32]), der mit p0 z. B. bei einer richtig konstruierten Laval-Düse identisch sein muß. Bei einer solchen bestimmt sich danach das Erweiterungsverhältnis [1 a], d.h. das Verhältnis zwischen Austrittsquerschnitt F0 und engstem Querschnitt Fm nach 7. und 9. zu
während das Verhältnis der Ausströmgeschwindigkeit w0 zur Geschwindigkeit im engsten Querschnitte wm durch Division von 6. und 10. mit w2 = w0 zu
folgt. Auf Grund der Formeln 8a., 9a., 10a., 12a. und 13a. hat Zeuner [1a] für eine Reihe von Anfangsdrücken p1 bezw. Druckverhältnissen p0/p1 die beiden nachgehenden Tabellen berechnet, die sonach nur für anfänglich gesättigten Dampf gelten und von denen die erste hier noch um die drei letzten Spalten erweitert worden ist.
Die letzte Zeile der zweiten Tabelle gibt für kreisförmige Düsenquerschnitte das Durchmesserverhältnis von F0 und Fm an. Sinkt bei einer Laval-Düse der Gegendruck p0 unter den der Düsenerweiterung entsprechenden Druck p2, so erfolgt die Expansion demungeachtet innerhalb der Düse nur bis zum Drucke p2, und die maximale Geschwindigkeit wird wegen ungenügender Düsenerweiterung im Austrittsquerschnitte nicht erreicht; ist endlich p0 > p2, so treten Verhältnisse ein, die erst in neuerer Zeit durch die experimentellen Untersuchungen Stodolas eine Klärung erfahren haben und deren theoretische Erklärung auf der Voraussetzung einer Unstetigkeit im Expansionsvorgange, dem sogenannten Verdichtungsstoße, basiert, auf den weiter unten eingegangen werden soll. Vorerst mögen die vorstehenden Entwicklungen dahin eine Erweiterung erfahren, daß von der beschränkenden Annahme polytropischer Expansion (Gleichung 5.) abgesehen werden und von den allgemeinen Gleichungen zunächst immer noch unter der Voraussetzung reibungsfreier Strömung Gebrauch gemacht werden soll. Da gilt es zunächst für einen gegebenen Anfangszustand des Dampfes und gegebenen Gegendruck das Gefälle zu berechnen, was nach Gleichung 2c. zu erfolgen hat. Diese setzt die Kenntnis der Erzeugungswärme i voraus, die sich, sofern alle Größen der linken Grenzkurve mit einem Strich, alle Größen der rechten Grenzkurve mit zwei Strichen bezeichnet werden, nach den Formeln berechnet: a) bei nassem Dampf
(x spezifischer Dampfgehalt, y = 1 x spezifische Dampfnässe); b) bei überhitztem Dampfe
(cp spezifische Wärme bei konstantem Druck, t Temperatur nach Celsius). Die auf die Grenzkurven bezüglichen Werte finden sich in den Regnault-Zeunerschen Dampftabellen mit großer Genauigkeit angegeben, mit Bezug auf die Zeunerschen Bezeichnungsweisen ist i'' mit der Gesamtwärme λ, i' mit der Flüssigkeitswärme q praktisch identisch, i'' i' wird gewöhnlich als Verdampfungswärme r bezeichnet. Ueber die Größe cp fehlen noch in der Literatur[648] einwandfreie Angaben. Als Mittel aus Versuchen von Regnault [33] setzt man meist mit Zeuner
obgleich cp sicher keine Konstante ist [34].
Die Entropie s, die während der adiabatischen Expansion auf den Gegendruck konstant bleibt, wird berechnet nach den Beziehungen: a) bei nassem Dampf:
worin s' und s'' wieder den Dampftabellen zu entnehmen sind, b) bei überhitztem Dampf:
Die Elimination von x bezw. y aus 14. und 17. führt zu der neuen Gleichung
diejenige von t bezw. T aus 15. und 18. zu
Die genaue Berechnung des Gefälles auf Grund von 2 c. muß nun in der Weise erfolgen, daß zunächst die Erzeugungswärme i1 nach 14. bezw. 15. ermittelt wird. Dann berechnet man die zugehörige Entropie nach 17. bezw. 18, setzt sie in 19. bezw. 20. ein und findet daraus bei bekanntem p2 den Wert von 2 im Expansionsendzustande. Damit hat man das Gefälle i1 i2 und somit die maximale kinetische Energie w22/2g. Diese immerhin umständlichen Rechnungen zu vermeiden, tritt nun die graphische Darstellung in ihr Recht, und hier ist vor allem das Diagramm der Erzeugungswärme von Mollier [27] zu nennen, das jedes Gefälle unmittelbar als Strecke abzulesen gestattet. Bei demselben findet sich die Erzeugungswärme i als Funktion der Entropie s aufgetragen. Jeder adiabatischen Zustandsänderung entspricht eine Parallele zur Ordinatenachse, von einem gegebenen Anfangszustande ausgehend, hat man daher nur eine solche Parallele bis zur Linie des Gegendruckes zu ziehen und die Ordinatendifferenz abzugreifen. Ein beigegebener Maßstab der Geschwindigkeit gibt sofort die erlangte Endgeschwindigkeit w2 an. Weitergehende Rechnungen setzen die Kenntnis der spezifischen Volumina des Wasserdampfes voraus. Diese fallen unter die Gleichungen
a) bei nassem Dampfe:
b) bei überhitztem Dampfe nach Zeuner [26c]:
nach Batelli-Tumlirz [35]:
Die Elimination von x bezw. y aus 14. und 21., ferner diejenige von t bezw. T aus 15. und 22. führt zu den neuen Gleichungen: a) bei nassem Dampfe:
b) bei überhitzem Dampfe:
Auch die numerische Auswertung dieser Gleichungen umgeht man besser durch die graphische Darstellung. Diesem Zwecke dient die thermodynamische Rechentafel [36], deren Wiedergabe in verkleinertem Maßstab e Fig. 42 bringt und welche außer den Gleichungen 23. und 24. die Beziehungen 1., 2c, 8a., 14., 15., 19. und 20. ohne Rechnung auszuwerten gestattet. Dieselbe zeigt eine Anzahl Skalen, von denen in der Regel je drei zusammengehören. Jeder Skala ist am einen Ende ihre Bedeutung angeschrieben. So bezieht sich z.B. die oberste horizontale Skala auf die Entropie überhitzten und nassen Wasserdampfes, wobei jedem Entropiewerte zwischen 1,4 und 2,1 cal/kg ein bestimmter Punkt derselben entspricht. Gehören nun drei Skalen zusammen das Kennzeichen dafür ist, daß der Bedeutung der einen von ihnen die Bedeutungen der beiden andern in Klammer beigefügt sind, z.B. i, t und, p(i, t) , so liegen je drei einander nach den obigen Gleichungen entsprechende Punkte auf einer Geraden, und man kann stets einen von ihnen durch geradliniges Verbinden der beiden andern finden. Dabei ist jeder Skala angeschrieben, ob sie sich auf nassen oder überhitzten Dampf bezieht. Am einfachsten wird ein Beispiel die Handhabung des Diagrammes dartun: Gegeben sei überhitzter Dampf von 350° C. und 10 Atmosphären, der in einer Düse auf 2 Atmosphären adiabatisch expandiere. Gesucht sei die Endgeschwindigkeit und der pro Kilogramm/Sekunde Dampf erforderliche Endquerschnitt. Man bestimmt die anfängliche Erzeugungswärme durch geradliniges Verbinden der Punkte t = 350° (unterste horizontale Skala) mit, p(i, t) = 10 at (kleine horizontale Skala über der vorigen). Im Schnittpunkte mit der mittleren horizontalen i-Skala findet man i = 743,5 cal/kg. Letzterer Punkt, mit dem Punkte 10 der mit der Aufschrift, p(i, s) und »überhitzt« versehenen Skala verbunden, liefert auf der obersten Skala die Entropie s = 1,726 cal/kg. Diese bleibt nun bei der adiabatischen Expansion konstant. Ist der Dampf daher auf den Druck p = 2 Atmosphären adiabatisch herabexpandiert, so besitzt er noch die nämliche Entropie, und die Erzeugungswärme[649] im Expansionsendzustande wird gefunden, indem man die Punkte s = 1,726 cal/kg und, p(i, s) überhitzt = 2 Atmosphären verbindet. i= 655 cal/kg ist das Resultat, die Differenz 743,5 655 = 88,5 cal/kg repräsentiert das Gefälle, das, in kinetische Energie umgesetzt, auf die Geschwindigkeit w2 = 859 m/sec führt, wie man durch Abtragen der als Strecke dem i-Maßstabe entnommenen Differenz von 88,5 cal/kg vom Anfangspunkte des mit jenem zusammengelegten w-Maßstabes unmittelbar abliest. Will man das spezifische Volumen im Endzustände ermitteln, so verbindet man die Punkte i = 655 cal/kg und, p(i, v) überhitzt = 2 Atmosphären und hat an der untersten Skala v = 0,95 cbm/kg, das man nun in die Kontinuitätsgleichung 1. einsetzen könnte, um F2/G, d.h. den Endquerschnitt pro 1 kg/sec Dampf zu finden. Auch diese Rechnung entfällt durch Verbinden der Punkte v = 0,95 cbm/kg
indem die Verbindungsgerade F/G = 11,0 qcm /kg/sec liefert. Durch Expansion auf einen Zwischendruck kann man einen Zwischenquerschnitt und die in diesem herrschende Geschwindigkeit bestimmen, insbesondere gibt die Expansion bis auf den kritischen Druck den engsten Querschnitt und damit die erforderliche Düsenerweiterung an. Für anfänglich gesättigten Dampf liefert die beigegebene Skala der kritischen Drücke zu jedem Anfangsdruck den zugehörigen kritischen Druck; man begeht nur einen unbedeutenden Fehler, wenn man auch bei überhitztem Dampf, für den Gleichung 8b. gelten würde, von ihr Gebrauch macht. Die beiden eingezeichneten Grenzkurven dienen dazu, nassen und überhitzten Dampf getrennt zu halten, sie haben die Eigenschaft, daß jede Tangente an sie auf den Skalen i p(i, s), naß und s naß bezw., p(i, s), überhitzt und s überhitzt Werte ausschneiden, die für den Sättigungszustand des Dampfes gelten. Liegt die Expansionslinie nicht wie in obigem Beispiele völlig im Ueberhitzungs-, sondern zum Teil auch im nassen Gebiete, so unterscheidet sich die graphische Behandlung nur in einer Vertauschung von mit »überhitzt« bezeichneten Skalen mit solchen, welche die Aufschrift »naß« tragen, wobei der Uebergang aus dem Ueberhitzungs- ins nasse Gebiet durch Tangierung der betreffenden Grenzkurze angezeigt wird.
Die rechnerische Behandlung hat für den Fall teilweise ins Ueberhitzungs-, teilweise ins Sättigungsgebiet fallender Adiabate noch eine Erweiterung zu erfahren. Soweit die Bestimmung des kritischen Druckes dabei in Frage kommt, ist diese Erweiterung von Stodola [3a] gegeben worden. Kennzeichnet man durch den Zeiger s die Zustandsgrößen des Dampfes in dem Punkte, wo die Expansionsadiabate aus dem Ueberhitzungs- ins Naßgebiet übertritt mit Hilfe der erwähnten graphischen Darstellungen, sind dieselben ohne Mühe zu ermitteln ,[650] so ist nach 2d. für eine ins Naßgebiet fallende Geschwindigkeit
wobei der zweite Summand der rechten Seite nach 4 a.
Mit n = 1,135 geschrieben werden kann. Nach 1. muß ein Minimum von F mit einem Maximum von w/v und damit auch von w2/υ2 zusammenfallen. Nach 5. ist
und es folgt
Differentiation dieses Ausdruckes nach p gibt die Bedingung des Maximums und somit des kritischen Druckes pm:
Liegt eine Ueberhitzung nicht vor, d.h. ist i1 = is, so gelangt man auf die Gleichung 8. Es erübrigt noch die zugehörige Geschwindigkeit wm und Ausflußmenge G bei gegebenem engsten Querschnitt Fm anzugeben. Nach obigem ist
Führt man hierin das Verhältnis pm/ps nach Gleichung 8 c. ein, so ergibt sich
und die Kontinuitätsgleichung G = Fm wm/υm gibt
Bezeichnet man die aus den Gleichungen 8., 9. und 10. mit p1 = ps und υ1 = υs sich ergebenden Größen von pm, G und wm mit pm', G' und w'm, so treten an Stelle der Gleichungen 8 c, 10d. und 9d. die bezüglichen Beziehungen:
Voraussetzung für die Gültigkeit dieser Formeln ist ps/p1 > 0,5396, andernfalls die für überhitzten Dampf gültigen Gleichungen 8b., 9c. und 10c. in Kraft treten. Gleichzeitig ist noch erforderlich, daß
ist. Die im vorstehenden gemachte Voraussetzung widerstandsfreier Strömung möge nun wieder aufgegeben und der Einfluß der Reibung in Berücksichtigung gezogen werden. Derselbe äußert sich, wie gezeigt worden war, stets in einer Entropievermehrung und kann daher am besten durch Diagramme veranschaulicht werden, in denen die Entropie als eine Koordinate auftritt. Dies ist außer in dem schon erwähnten neueren Mollierschen Diagramm in dem älteren Wärmediagramm (absolute Temperatur als Funktion der Entropie) der Fall, in dem bekanntlich die unter einer Zustandskurve liegende, von dieser, den Ordinaten der Endpunkte und der Entropieachse begrenzte Fläche ein Maß für die auf der Zustandskurve zu- oder abgeführte Wärme bildet. Dasselbe sei in Fig. 43 mit eingezeichneten Kurven gleichen Druckes p versehen dargestellt.[651] Punkt 1 kennzeichne den Anfangszustand des Dampfes, wie er vor Eintritt in eine Düse vorliegt. Der reibungsfreien Strömung entspricht dann als Zustandskurve die Vertikale 1 II, der wirklichen Strömung hingegen die einer Entropiezunahme entsprechend nach rechts verlaufende Kurve 1 2. Beide mögen bei demselben Expansionsenddruck p2 = pII enden. Nach 2 d. ist
mithin
und
Gleichung 25. besagt, daß der Verlust an kinetischer Energie bei dem wirklichen Strömungsvorgänge gegenüber dem verlustlosen durch die Differenz der Erzeugungswärme im Expansionsendzustande des einen oder andern Falles gemessen wird. Daher stellt die unter der die Punkte II und 2 verbindenden Isobare liegende schraffierte Fläche den Energieverlust dar, der natürlich mit der Reibungswärme R12 nicht identisch ist. Letztere wird vielmehr durch die unter der Zustandskurve 1 2 liegende Fläche dargestellt und ist somit um den Betrag der Fläche 1 2 II größer als jener. Der prozentuale, d.h. zum gegebenen Gefälle ins Verhältnis gesetzte Energieverlust v berechnet sich nach Gleichung 26. Versuche von Stodola [3], Delaporte [37], E. Lewicki [4], Büchner [38], Rosenhain [39] u.a. lassen auf die Größe von v bei Laval-Düsen schließen. Stodola findet bei einer Düse von der Querschnittserweiterung F2/Fm = 10,2 im Mittel υ = 0,15, Delaporte bei F2/Fm = 2,25 v = 0,052, E. Lewicki bei F2/Fm = l,64, υ = 0,06 bis 0,137, Büchner bei den bezüglichen Werten F2/Fm = 1,25, 1,38, 1,83, υ = 0,12, 0,14, 0,14, während sich aus Versuchen von Rosenhain an einer Düse von der Erweiterung F2/Fm = 1,83 υ = 0,078 folgern läßt.
Natürlich äußert sich der Einfluß der Reibung nicht nur in einem Verluste an kinetischer Energie, sondern auch in einer Verringerung der Ausflußmenge, doch ist hier ihr Einfluß weit unbedeutender, so daß die angegebenen Ausflußformeln praktisch mit sehr großer Annäherung zutreffen. Versuche über den Ausfluß von Wasserdampf liegen vor von Minary und Résal 1861 [40], Napier 1866 [41], Zeuner 1870 [26d], Peabody und Kunhard 1890 [42], Rosenhain 1899 [39], Rateau 1895,96 [43], Lewicki 1902 [4], Gutermuth-Blaeß 1903 [44] u.a. Um einige Resultate herauszugreifen, sei erwähnt, daß Rateau bei einfachen konvergenten gut abgerundeten Mündungen weitgehende Uebereinstimmung mit der Rechnung gefunden hat. Der Ausflußkoeffizient, d.h. das Verhältnis der beobachteten zur berechneten Ausflußmenge liegt bei kleinen Druckdifferenzen etwa bei 0,94 und wächst mit zunehmender Druckdifferenz bis auf den Wert 1 an, und zwar wird dieser bei einem Gegendrucke erreicht, der, in der Nähe des kritischen Druckes liegend, nur wenig kleiner als dieser ist. Für Oeffnungen in dünner Wand gilt dies dagegen nicht, da hier der Ausflußkoeffizent von der Einheit sehr stark verschieden ist. Derselbe erreicht nach Rateau nicht in der Gegend des kritischen Druckverhältnisses sein Maximum, sondern wächst darüber hinaus, um so mehr, je kleiner der Gegendruck wird. Besonders beachtenswert sind ferner die Versuche von Gutermuth-Blaeß, die sich auf acht verschiedene Ausströmungsorgane beziehen und, soweit es sich um konvergente, gut abgerundete Mündungen handelt, mit den Rateauschen Versuchsergebnissen und der Theorie in guter Uebereinstimmung stehen. Im übrigen aber hat sich der Ausflußkoeffizient bei den untersuchten Mündungsformen nicht als gleich, sondern als in hohem Maße von der Kontraktion, in geringerem von Reibung und Ablenkung des Dampfstrahls abhängig herausgestellt. So ist derselbe bei Laval-Düsen geringer als bei konvergenten Düsen ohne Erweiterung, solange der Gegendruck kleiner als der kritische Druck ist, oberhalb des kritischen Druckes jedoch behält die Ausflußmenge noch innerhalb eines beträchtlichen Bereiches bei Laval-Düsen ihren Maximalwert bei, um z.B. im Falle innen gut abgerundeter Einmündung erst bei p2/p1 ≥ 0,86 abzunehmen, eine Erscheinung, die auch schon Stodola beobachtet hat und die ihre Erklärung darin findet, daß Gleichung 12., nach p0/p1 aufgelöst, zwei Wurzeln besitzt, von denen die größere offenbar hier in Frage kommt. Darauf wird jedoch noch weiter unten eingegangen werden. Für eine zylindrische nicht abgerundete Mündung von 5,4 mm Durchmesser gibt Gutermuth den Ausflußkoeffizienten
für einen rechteckigen von gleichem Querschnitte
an; α ist indessen zugleich von der Größe des Querschnitts abhängig und scheint mit wachsendem Querschnitte abzunehmen.
Im p/v-Diagramm äußert sich der Einfluß der Reibung dadurch, daß die Expansionskurve höher liegt und flacher verläuft als die Adiabate; Zeuner behandelt sie daher als Polytrope[652] von der Gleichung p · υμ = konstant mit μ > n. Stodola macht hingegen von dem Ansatze Gebrauch
(U vom Dampfe benetzter Umfang, F Fläche des Querschnitts), setzt also die auf dem in Richtung der Düsenachse gemessenen Wege dx entwickelte Reibungswärme d R (pro Kilogramm) dem Quadrate der Geschwindigkeit und dem Querschnittsumfange U direkt, der Querschnittsfläche F an der betreffenden Stelle umgekehrt proportional. Für eine von ihm untersuchte Düse fand Stodola für den Widerstandskoeffizienten ζ den Wert 0,039. Lorenz [45] überträgt den für die Erzeugungswärme vollkommener Gase zutreffenden Ausdruck
(k Verhältnis der spezifischen Wärme cp/cv) auf den Wasserdampf. Benutzt man beide Ansätze, so kann man den Strömungsvorgängen auf rechnerischem Wege [46] näher kommen. Es tritt zunächst an Stelle von 2 b. die Gleichung
an Stelle von Gleichung 3. in Differentialform:
oder:
Es empfiehlt sich, zunächst v aus 27. und 28. mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung zu eliminieren, was zu
und
führt. Aus 29. folgt durch Differentiation:
30. hiervon subtrahiert gibt unter gleichzeitiger Elimination von p mittels 29.:
Diese, eine einparametrige Kurvenschar darstellende Differentialgleichung zu integrieren, müssen F und U als Funktionen von x bekannt sein. Ihr Integral ist von der Form
Gewöhnlich wird bei einer Düse w1 entsprechend dem Anfangszustande 0, F1 ∞ sein. Dann kann die Konstante C bei gegebenem Anfangszustande p1 υ1 und ein und derselben Düse nur noch von dem Druck p2 in der Vorlage abhängen. Das gleiche gilt hinsichtlich der Ausflußmenge G, es ist somit berechtigt, G als Funktion von C anzusehen. Nun stellt lieh, wie in obigem dargetan worden ist, im Endquerschnitte einer konvergenten Düse, sobald der Gegendruck unter den kritischen Druck sinkt, letzterer ein, und damit wird die sekundliche Ausflußmenge zu einem Maximum. Die Bedingung des Maximums der Ausflußmenge auf den vorliegenden Fall der allgemeinen Düse übertragend, hat man daher d G = 0 zu setzen. Statt dessen kann man auch d C = (∂Φ/∂)dw + (∂Φ/∂x)d x = 0 schreiben, und diese Bedingung kann in die Gleichungen ∂Φ/∂w = 0 und ∂Φ/∂w = 0 gespalten werden, die erfüllt sind, sobald in Gleichung 32.
Zähler und Nenner gleichzeitig Null werden. Man hat somit
und
Eliminiert man p1 υ1 aus 34. und 27., so wird mit w1 = 0, w2 = k g p υ, d.h. die Geschwindigkeit des Dampfes in dem durch Gleichung 35. bestimmten Querschnitt wird gleich der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles in ruhendem Dampfe von gleichem Zustande, wie er in besagtem Querschnitte herrscht, weshalb Lorenz letzteren als »tönenden« Querschnitt bezeichnet hat. Für ζ = 0 wird der »tönende« Querschnitt zum engsten, und Gleichung 33. lautet mit w1 = 0:
wobei C mit G in der einfachen Beziehung C = G · v1 steht. Für ζ > 0 fällt der »tönende« Querschnitt mit dem engsten Querschnitte nicht mehr genau, immerhin aber noch sehr nahe zusammen, und man kann
der Gleichung 32. durch gleichzeitige Differentiation von Zähler und Nenner nach x bestimmen. Mit der Abkürzung ζ' statt ζ · U/8F = ergibt sich:
geschriebene Gleichung 30. gibt das zugehörige
Nach 36. und 37. gibt es sowohl für die Geschwindigkeit als auch für den Druck als Funktion des Weges im »tönenden« Querschnitte je zwei Differentialquotienten, die von dem zweiten Differentialquotienten von F nach x, d.h. der Abrundung der Düse an der betreffenden Stelle abhängen. Geometrisch hat man es mit einem Knotenpunkte zu tun. Kurve I und II Fig. 44 stellen für ζ = 0 den theoretischen Druckverlauf in der gezeichneten Laval Düse dar. Der gestrichelte Teil der Kurve II kann natürlich nicht in Frage kommen. Nach Passieren des engsten Querschnittes gibt es in jedem Punkte je zwei Werte des Druckes und entsprechend auch der Geschwindigkeit, und es bleibt zunächst ungewiß, welcher der beiden vom engsten Querschnitte ausgehenden Zweige zu wählen ist. Entscheidend hierfür ist die Größe des Gegendruckes. Im Austrittsquerschnitte hat man zwei mögliche Werte des Druckes p2 und p'2 (analog zwei Geschwindigkeiten w2 und w'2). Ist der Gegendruck p0 ≤ p2, so ist vom engsten Querschnitt ab die untere, ist p0 = p'2 so ist die obere Druckkurve zu wählen, und man sieht, daß dann im engsten Querschnitte der niedrigste Druck herrscht, also eine Art Saugwirkung zustande kommt, die auch erhalten bleibt, wenn p0 > p'2 wird, obgleich von da ab die Ausflußmenge mit wachsendem Gegendrucke abnimmt. Dies erklärt die Beobachtungen Stodolas [3], der den Druck in der Strahlachse an verschiedenen Punkten derselben gemessen hat, und schon bei ganz geringen Differenzen zwischen Innen- und Außendruck im engsten Querschnitt eine auffallende Druckerniedrigung wahrnahm, sowie die Versuchsergebnisse Gutermuths, nach denen das Maximum der Ausflußmenge bei Laval-Düsen nicht erst beim kritischen Druckverhältnis, sondern schon eher bei noch geringen Druckunterschieden erreicht wird. Für die Fälle, daß jedoch p0 zwischen p2 und p'2 liegt, hat die vorstehende Theorie noch eine Erweiterung zu erfahren. Hier ist es die Annahme einer Unstetigkeit, des sogenannten Dampfstoßes, der die Beobachtungen erklärt und dessen Theorie von Riemann [47], dessen experimenteller Nachweis von Stodola gegeben worden ist. Letzterer beobachtete bei künstlich erhöhtem Gegendrucke unter anderm eine Drucksteigerung von 11/2 Atmosphären auf eine Rohrlänge von 3 mm im erweiterten Teile einer Laval-Düse und erklärte sie damit, daß mit hoher Geschwindigkeit begabte Dampfteilchen auf eine nicht schnell genug ausweichende Dampfmasse flößen. Sei A (Fig. 45) die feststehende Stoßebene, pI, υI und wI Druck, spezifisches Volumen und Geschwindigkeit im Querschnitt FI unmittelbar vor, pII, υII und wII die entsprechenden Größen im Querschnitte FII unmittelbar nach Eintreten des Verdichtungsstoßes, so gibt der sogenannte Impulssatz (Satz vom Antriebe der Kraft, Flächensatz):
wobei zu den auf der linken Seite stehenden Kräften eigentlich noch die von den Düsenwandungen auf den Dampf ausgeübten Kräfte zu treten haben. Diese werden jedoch bei unendlich nahem Zusammenrücken der Querschnitte FI und FII unendlich klein im Vergleich zu pI FI und pII FII und dürfen somit fortgelassen werden. Gleichzeitig geht FII in FI über, und man hat
oder bei Benutzung der Kontinuitätsgleichung
und nach 2 b.
Die drei Gleichungen 38., 39. und 40. bestimmen bei gegebenem pI, υI und wI die drei Unbekannten pII, υII und wII, d.h. der Zustand nach dem Stoße ist vollkommen bestimmt, wenn der Zustand vor dem Stoße bekannt war. Löst man die Gleichungen auf und bezeichnet man das Verhältnis
mit ψ, so wird [29][654]
Das Eintreten eines Verdichtungsfloßes setzt pII/pI > 1 und damit nach 41. ψ > 1 voraus, d.h. die augenblickliche Geschwindigkeit muß größer als die zugehörige Schallgeschwindigkeit sein. Dann tritt aber auch stets eine Entropievermehrung ein, wie man am einfachsten durch Benutzung des für vollkommene Gase gültigen Ausdruckes der Entropie s = cv logn p · υk + const erkennt. Der Verdichtungsstoß bedeutet daher jederzeit einen Energieverlust, dessen Größe als Produkt aus Entropievermehrung und absoluter unterer Temperatur zu beurteilen ist. Prandtl [46] hat noch die weiteren einfachen Gleichungen angegeben:
worin a0 von allen Geschwindigkeiten, die der Dampf nacheinander annimmt, diejenige in, die mit der zum augenblicklichen Zustande gehörenden Schallgeschwindigkeit
übereinstimmt. Setzt man in Gleichung 27. für w a0 und für
ein, so wird
dieselbe besitzt also einen vom Anfangszustande abhängigen fetten Wert, worauf bereits Lorenz [45] aufmerksam gemacht hat. Auf Gleichung 32. zurückgreifend, schreibt sich dieselbe bei kreisrundem Düsenquerschnitt auch mit F = r2π, U = 2r π und mit Gleichung 46.
Bei einem zylindrischen Rohre wird dr/dx = 0, und rechnet man den Weg x vom Anfangsquerschnitte F1 ab, auf den sich die Größen p1, υ1 und w1 beziehen, so erhält man als Lösung [29]:
Die linke Seite der Gleichung besitzt bei w = a0 ein Minimum. Da die rechte Seite mit wachsendem x ständig abnimmt, so muß, gleichviel ob w1 größer oder kleiner als a0 war, die Dampfgeschwindigkeit sich der Schallgeschwindigkeit nähern. Ist diese erreicht, so gibt es keine Werte von w mehr, die Gleichung 48. befriedigen, und es muß eine Störung irgendwelcher Art eintreten. Eine solche Störung hat denn auch Stodola [3] nachgewiesen, indem er in einem zylindrischen Rohre, in das der Dampf, aus einer vorgeschalteten Laval-Düse kommend, eintrat, eine scheinbar widersinnige plötzliche Drucksteigerung feststellte. Für eine konisch erweiterte Düse, deren Profil geradlinig, also etwa entsprechend der Gleichung r = Ax + r1 verläuft, lautet die Lösung von Gleichung 47.:
worin zur Abkürzung
gesetzt ist.
Zur graphischen Darstellung des Druckverlaufes hat Prandtl [46] die Konstruktion von sogenannten Isentropen vorgeschlagen, die folgendermaßen erhalten werden: Nach Verzeichnen der Kurven I und II (Fig. 44) denke man sich bei unveränderter Erzeugungswärme i1 und Ausflußmenge G sowie der Anfangsgeschwindigkeit w1 = 0 den Innendruck p1 erniedrigt, was einer Vermehrung der anfänglichen Entropie gleichkommt. Für einen beliebigen Querschnitt F2 bestimmen nun die Gleichungen 1., 2b. und 3. (mit R12 = 0) zwei Drücke p2 und p'2, die über dem betreffenden Querschnitt als Ordinaten aufgetragen werden können. Auf diese Weise erhält man die übrigen Kurven von Fig. 44. Liegt nun der Gegendruck p0 zwischen den zum Austrittsquerschnitt gehörigen Drücken p2 und p'2, so würde die theoretische Expansionskurve bei Abwesenheit von Reibung zuerst mit Kurve I zusammenfallen, dann aber mit senkrechtem Anstieg plötzlich von derselben abzweigen, und zwar um so eher, je höher der Gegendruck steigt. Bei Gegenwart von Reibung müssen die Isentropen von der Expansionslinie im Sinne wachsender Entropie geschnitten werden. Auf diese Weise erklären sich die experimentell durch direkte Druckmessung beobachteten Erscheinungen.
Es erübrigt noch, den Druckverlauf des Dampfes nach Verlassen der Düse kurz zu kennzeichnen. Tritt der Dampf mit dem Drucke der Umgebung aus, so finden nach dem Verlassen der Düse keine Druckänderungen mehr statt; ist der Gegendruck jedoch geringer, so setzt sich[655] die Expansion außerhalb der Düse fort, wobei, wie Stodola durch den Versuch nachgewiesen hat, Schallschwingungen entliehen. Obgleich daher die Austrittsgeschwindigkeit in dem auf S. 626 angezogenen Beispiele bei einer konvergenten Düse nur etwa die Hälfte der maximalen Geschwindigkeit betrug und sonach die zu erwartende Arbeitsleistung pro Kilogramm höchstens ein Viertel der disponibeln Arbeit sein konnte, so ändern sich doch die Verhältnisse durch Zunahme der Geschwindigkeit außerhalb der Düse infolge weitergehender Expansion zugunsten der konvergenten Düse um, ohne dieselbe jedoch der Laval Düse gleichwertig erscheinen zu lassen, da Schallschwingungen stets als schädlicher Energieverlust zu vermeiden sein werden. Bei zu hohem Gegendruck endlich entstehen außer dem besprochenen Dampfstoß ebenfalls Schallschwingungen.
Reaktion des Dampfes.
Die im vorstehenden für ruhende Rohre entwickelten Gesetze der Dampfströmung sollen nun zum Schluß noch in ihren Prinzipien auf bewegte Kanäle übertragen und damit die Grundlage für die Wirkung des Dampfes in den Laufrädern der Dampfturbinen gegeben werden. Da ist es zunächst erforderlich, die Hauptsätze über die Reaktion des Dampfes zu entwickeln, die, soweit der Dampf keine Aenderung seines Zustandes, d.h. von Druck und Volumen, erfährt, mit den für Wasser gültigen, schon von Euler aufgestellten Sätzen zusammenfallen. Doch soll hier das Wort Reaktion in allgemeinster Bedeutung gebraucht und darunter die Summe aller vom Dampfe auf die Kanalwandungen ausgeübten Kräfte verstanden werden, deren Gesamtmoment in bezug auf eine beliebige Achse oder einen beliebigen Punkt mit () bezeichnet werde, wie überhaupt der Buchstabe im nachfolgenden als Momentenzeichen benutzt werden soll.
Es sei 1, 2 (Fig. 46) ein ruhendes Rohr mit veränderlichem Querschnitt und beliebig gekrümmter Achse, das von dem mit unendlich kleinem Spalt anschließenden Zuleitungsröhre A bei 1 Dampf empfängt und ihn an das ebenso dicht anschließende Rohr B bei 2 abgibt. Der Beharrungszustand liege wie bei all unsern Betrachtungen vor. Da die Reaktion 9t entgegengesetzt, gleich der Summe aller von den Wandungen auf den Dampf ausgeübten Kräfte ist, so sei letztere mit bezeichnet. Alle auf den Punkt 1 bezüglichen Werte mögen mit dem Zeiger 1, entsprechend alle für den Punkt 2 geltenden Größen mit dem Zeiger 2 versehen werden. So seien F1 und F2 Anfangs- bezw. Endquerschnitt, die im Gegensatze zu früherem hier nicht mehr senkrecht zu den Geschwindigkeiten w1 und w2 zu sein brauchen. Der von ihrer Flächennormale und der Geschwindigkeit eingeschlossene Winkel sei vielmehr von 0 verschieden und mit τ1 bezw. τ2 bezeichnet. Man denke sich die zwischen den Querschnitten F1 und F2 befindliche Dampfmenge momentan abgegrenzt und wende auf sie als materiellen Punkthaufen den sogenannten Flächensatz an. Danach muß, bezogen auf einen beliebigen Punkt oder eine beliebige im Räume feststehende Gerade, die Summe der statischen Momente aller auf den betrachteten materiellen Punkthaufen einwirkenden äußeren Kräfte der zeitlichen Aenderung der Summe der statischen Momente aller Bewegungsgrößen (Masse mal Geschwindigkeit) gleich sein, für welch letztere Summe Föppl [7a] den kürzeren Ausdruck Drall eingeführt hat. Um die Aenderung des Dralls während eines Zeitelementes dt zu finden, benutzt man die auf S. 645 schon bei der Untersuchung der Aenderung des Energieinhaltes angewandte Ueberlegung. Rückt während der Zeit dt der Querschnitt F1 um (w1 cos τ1) dt nach F1', F2 um (w2 cos τ2) dt nach F2' vor, so fällt wegen des vorausgesetzten Beharrungszustandes das zwischen F1' und F2 gelegene Dampfabteil aus der Betrachtung heraus, und die Aenderung des Gesamtzustandes besteht nur darin, daß bei 1 die Dampfmenge G dt verschwunden und dafür bei 2 neu hinzugekommen ist. Die Aenderung der gesamten Bewegungsgröße des Haufens während der Zeit dt ist daher G dt/g w2. G dt/g w1, des Dralls M G dt/g w2, M G dt/g w1 die Aenderung des Dralls nach der Zeit M G/g w2 M G/g w1, wobei G/g w2 und G/g w1 als Kräfte, d.h. als gerichtete, in den Punkten 2 bezw. 1 angreifende Größen aufzufassen sind, deren Momente man zu bilden hat. Außer der Kraft 9t wirkt nun noch in 1 senkrecht zu F1 die Kraft p1 F1 in 2 senkrecht zu F2 die Kraft p2 F2, wobei das Minuszeichen andeutet, daß die Kraft entgegengesetzt der Bewegungsrichtung wirkt. Nach dem angezogenen Flächensatze muß somit unter Vernachlässigung der Schwerkraft
oder
sein. Da diese Gleichung in bezug auf jede beliebige Achse oder in bezug auf jeden beliebigen Punkt gilt, so findet man die Einwirkung von strömendem Dampf oder überhaupt einer Flüssigkeit auf ein Rohr, indem man außer den die Wirkung der nachfolgenden und vorausgehenden Flüssigkeitssäule ersetzenden Kräften p1 F1 und p2 F2 im Eintrittsquerschnitte in Richtung von w1 die Kraft G/g w1, im Austrittsquerschnitte entgegengesetzt w2 die Kraft G/g w2, anbringt, wie dies in Fig. 46 angedeutet ist. Dabei ist keinerlei Annahme über die Reibungswiderstände der Strömung oder Wärmeaustausch mit der Umgebung gemacht, so daß Gleichung 50. allgemeine Gültigkeit besitzt.[656]
Nun sei die Voraussetzung gemacht, daß das Rohr 1,2 nicht mehr ruhend sei, sondern samt Zu- und Ableitung A und B gleichförmig um eine beliebige Achse im Räume rotiere. Dann ändert sich an der vorstehenden Betrachtung nur eins. Es sollen w1 und w2 nach wie vor die Geschwindigkeiten gegenüber dem Rohre, also nunmehr die relativen Geschwindigkeiten bedeuten. Der Flächensatz bezieht sich hingegen auf die absoluten Geschwindigkeiten c1 und c2, die aus den relativen durch geometrische Addition der Umfangsgeschwindigkeiten a1 und a2 an den Stellen 1 und 2 erhalten werden können, wie nebenstehende Geschwindigkeitspläne (Fig. 47) andeuten. Es tritt somit für ein gleichförmig rotierendes Rohr an Stelle von 50. die Gleichung
Steht wie bei Turbinen Zu- und Ableitung fest, so müssen die Querschnitte F1 und F2 Teile von Rotationsflächen um die Drehachse sein, und der Beharrungszustand muß dadurch ermöglicht werden, daß, sobald der rotierende Kanal 1, 2 aus dem Bereiche der Zuleitung A tritt, er in den Bereich einer neuen Zuleitung gelangt, welche die Stelle von A ersetzt, u.s.w. Wendet man Gleichung 51. auf die Rotationsachse selbst an, so fallen, da F1 und F2 Teile von Rotationsflächen sind und somit p1 F1 und p2 F2 als Normalen zu Rotationsflächen die Achse schneiden, M p1 F1 und M p2 F2 fort, und es wird
Die sekundliche Leistung wird L = ω · , wenn ω die Winkelgeschwindigkeit bedeutet.
Es handelt sich nun darum, die
Strömungsgleichung für den rotierenden Kanal
abzuleiten. Würde die Bewegung in einer einfachen, gleichförmigen Translation bestehen, so ist ohne weiteres klar, daß alsdann die Strömung nach den für das ruhende Rohr gültigen Gleichungen 1., 2. und 3. erfolgen müßte, worin w1 und w2 als relative Geschwindigkeiten zu betrachten wären. Angenähert kann man dies auch bei allen Axialturbinen tun. Dagegen erfordert die Radialturbine eine Erweiterung der Theorie, die hier, obgleich die Radialtype zurzeit bei Dampfturbinen, wie erwähnt, kaum angewandt wird, der Vollständigkeit halber nicht fortgelassen werden darf.
Man betrachte den um die Drehachse mit der Winkelgeschwindigkeit ω gleichförmig rotierenden Kanal 1, 2 während des Zeitelementes dt und wende das Energieprinzip an. Die die Wirkung der nachfolgenden Dampfsäule ersetzende Druckkraf p1 F1 leistet in der Zeit dt die Arbeit p1 F1 (w1 cos τ1) dt + (M p1 F1) ω dt, wobei das Moment, da es für die Rotationsachse zu bilden ist und p1 F1 die Drehachse schneidet, verschwindet. Analog leistet die vorausgehende Dampfsäule die Arbeit p2 F2 (w2 cos τ2) dt. Drittens verrichtet das Moment der vom Kanal 1, 2 auf den Dampf ausgeübten Kräfte die Arbeit ω dt, und die Summe dieser Arbeiten muß, da wir von etwa zugeführter und abgeführter Wärme absehen, gleich der Energiezunahme der zwischen F1 und F2 ursprünglich befindlichen Dampfmenge während des Zeitelementes dt sein. Nach der nun schon wiederholt gepflogenen Ueberlegung ist diese bei Vernachlässigung der Schwere
und die Gleichsetzung ergibt unter Einführung des in 51 a. für gegebenen Wertes mit F1 w1 cos τ1 = G v1 bezw. F2 w2 cos τ2 = G v2 und i1 = u1 + p1 υ1 bezw. i2 = u2 + p2 υ2
Ist r1 der Abstand des Punktes 1, r2 der des Punktes 2 von der Drehachse, so ist unter Einführung der aus Fig. 47 ersichtlichen Winkel α und γ
und obige Gleichung geht über in
Die Anwendung des Cosinussatzes auf die beiden Geschwindigkeitsdreiecke (Fig. 47) gibt mit den dort gebrauchten Bezeichnungen
mit deren Benutzung man endlich die Beziehung
erhält [1 b], die sich von der analogen Gleichung 2 b. nur durch das Neuhinzutreten der Glieder a12/2g und a22/2g unterscheidet. Bei einer Axialturbine sind die beiden Umfangsgeschwindigkeiten a1 und a2 einander gleich, so daß Gleichung 54. wieder von selbst in Gleichung 2 b. übergeht. Im allgemeinsten Falle des gleichförmig rotierenden Kanals bestimmen jedoch die Gleichungen 1., 54. und 3. die Bewegung des Dampfes.
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[47] Riemann-Weber, Die partiellen Differentialgleichungen der mathematischen Physik, 1901, Bd. 2, S. 471.
R. Proell.
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