[366] Edelmetalle, im chemischen Sinne diejenigen Metalle (s. d.), die wegen ihrer geringen Verwandtschaft zum Sauerstoff in feuchter Luft unverändert bleiben, im volkswirtschaftlichen Sinne nur diejenigen, die sehr kostbar sind und für Luxus-, insbes. für Geldzwecke verwendet werden. Hierher gehören heute nur Gold und Silber, während das für Geldzwecke weniger geeignete Platin vorübergehend (182845) in Rußland als Münze geprägt wurde.
Gold und Silber sind mit der Entwickelung der Kultur innig verbunden. Wie sie im ältesten Mythus vorkommen, so treten sie auch in den Sagen des germanischen Mittelalters und im Mystizismus der Alchimie wieder hervor; sie bilden das Ziel von Unternehmungen, die sich im Altertum an das Goldene Vlies, an die dunkeln Wohnstätten der Hyperboreer und Arimaspen, an das Aufsuchen des Goldlandes Ophir, im Mittelalter an die geographischen Entdeckungen der Spanier und Portugiesen, in der neuesten Zeit an die überseeischen Wanderungen nach Amerika und Australien knüpfen. Die Erklärung des Einflusses, den die E. von jeher auf die Menschen ausgeübt haben, liegt in verschiedenen Ursachen. Die Seltenheit des Vorkommens hat die auch wegen ihres Glanzes zu kostbarem Schmuck brauchbaren E. in ältester Zeit als das geeignetste äußerliche Kennzeichen der Vornehmheit und des Reichtums ansehen lassen. Daraus ergab sich von selbst das Streben nach deren Erwerb, die allgemeine Wertschätzung und schließlich ihre Verwendung für Geldzwecke, wofür sie wegen ihrer besondern Eigenschaften vorzüglich geeignet sind (s. Geld).
Die Gewinnung der C. reicht historisch bis in das 5. oder vielleicht 6. Jahrtausend v. Chr. zurück; die Bergwerke in Ägypten sind die ältesten, die auf Gold betrieben wurden; die Erze an der äthiopischen und alten arabischen Grenze, in Äthiopien, in Nubien, dann in dem zur Zeit König Salomos so erträgnisreichen Ophir gehören dahin. Ebenso ist in der altindischen Kultur das Stromgebiet des obern Indus und Satadru (Satledsch) im heutigen Tibet eine Fundgrube von Edelmetallen gewesen (goldholende Inder, Dardi), und die nördlichen Abfälle des Altaigebirges und Ural dienten als Hauptquelle für die Füllung der assyrisch-babylonischen Schätze. Die Mengen, welche die wandernden Völker im Kaukasus, in den Flüssen um Kolchis, dann in den lydischen und phrygischen Gebirgen und Gewässern gewannen, sind im Verhältnis zu jenen ältesten Funden nicht sehr bedeutend; noch weniger aber lieferten damals die Edelmetallbergwerke in Europa selbst (im Pangäischen Gebirge, in Skapte Hyle, auf einigen Inseln des Ägäischen Meeres, in Laurion); das klassische Altertum versorgte[366] sich vielmehr zumeist mit den ursprünglich in Afrika und Asien gesammelten Metallschätzen, die im Laufe der Kriege zwischen Griechen und Persern, dann der Alexanderzüge und der römischen Feldzüge als Beute, Subsidien, Tributzahlungen etc. nach Hellas, Karthago und Rom (Schätze der Seleukiden und Ptolemäer) gelangten. Im Mittelalter wurde der Edelmetallvorrat nur mäßig durch die in Gallien und Hispanien, auch in Deutschland und sonst vielfach zerstreut betriebenen Bergwerke und Goldwäschereien vermehrt. Ein großer Zuwachs erfolgte erst nach der Entdeckung Amerikas durch die Erbeutung der dort vorgefundenen Schätze und durch die seit Beginn des 16. Jahrh. ununterbrochen betriebene Silbergewinnung in den Minen von Potosi und Guanajuato (Mexiko). Aber dieser Zufluß aus Amerika wird erheblich überragt durch die Goldausbeute, die seit Ende der 1840er Jahre Kalifornien, bez. die westlich von den Rocky Mountains gelegene Bergregion der Andenketten und Australien lieferten, dann durch die seit 1870 gewaltig gestiegene Silbergewinnung des Westens von Nordamerika und die seit 1890 beginnende Goldausbeute Südafrikas.
Zuverlässige Angaben über die gewonnenen Mengen der ältesten Zeit fehlen vollständig. Die vorhandenen Quellen gestatten kaum, viel weiter als bis ins Ende des 15. Jahrh. zurückzugreifen. Aber auch die vielen Angaben, die für den seit der Entdeckung Amerikas verflossenen Zeitraum vorliegen, erfordern, obwohl sie von hervorragenden Autoritäten, wie A. v. Humboldt, J. T. Danson, Mich. Chevalier u.a., herrühren, eine sorgfältige Revision, die in neuerer Zeit insbes. von A. Soetbeer, W. Lexis, Del Mar u.a. angebahnt worden ist. Für diese Zeit lassen sich mehrere Abschnitte scharf voneinander unterscheiden.
Der erste Zeitabschnitt umfaßt die 28 Jahre von 14931520; während desselben liefern noch die Bergwerke in Sachsen und im Harz, in Böhmen, Tirol und Salzburg, in Ungarn und Siebenbürgen bei weitem das meiste Edelmetall, namentlich Silber; aus Westindien und Amerika kommen jährlich etwa 800 kg Gold. Im zweiten Zeitabschnitt, von 152144, beginnt der eigentliche Umschwung in der Massenhaftigkeit der Silberproduktion durch die Entdeckung der Silberminen von Potosi und von Porco (Peru) und der Goldwäschereien in Neugranada, wozu noch die aus den Plünderungen in Peru und Mexiko herrührenden Mengen kommen. Die Silberproduktion Deutschlands und Österreichs wird durch die amerikanischen Sendungen schon stark zurückgedrängt. Der dritte Zeitabschnitt, von 154560, weist ein entschiedenes Übergewicht der aus den Minen in Potosi und Mexiko erzielten Silbermengen gegen die verhältnismäßig zurücktretende Goldproduktion auf. Von 1561 bis aus Ende des 18. Jahrh. werden die Verhältnisse so gleichartig, daß sie in der vorstehenden Tabelle in gleichmäßigen je 20jährigen Abschnitten zusammengefaßt sind.
Von 1721 ab folgen Perioden mit rascherer Zunahme, und zwar sind es von 172160 die Goldgewinnung in Brasilien sowie der fortwährend steigende Ertrag der mexikanischen Silberbergwerke, die eine so rasche Vermehrung hervorrufen; von 17611810 fällt der größte Anteil an den wachsenden Zuflüssen auf das in Mexiko gewonnene Silber, wogegen die Goldgewinnung nachzulassen beginnt. In den beiden Jahrzehnten 181130 vermindert sich die Produktion infolge der politischen Unruhen und Umgestaltungen in Mexiko, Neugranada, Peru, Potosi[367] und Chile um etwa 40 Proz. Von 183140 und noch mehr von 184150 hebt sich wieder die Silberproduktion in den Staaten des frühern spanischen Amerika. In der Periode 185155 wird die Ausbeutung der Goldfelder in Kalifornien und Australien entscheidend und bewirkt einen ähnlichen Umschwung, wie er gegen die Mitte des 16. Jahrh. durch die Zunahme der Silbergewinnung stattgefunden hatte. Die Goldproduktion erreicht ihren Höhepunkt in der Zeit von 185660, sinkt mit Schwankungen bis 1883, um in der neuesten Zeit sich wieder zu erhöhen. Doch wird sie in der neuern Zeit stark überflügelt durch die Silberproduktion, die besonders seit 1870 in immer stärkerm Maße gestiegen ist und infolgedessen einer angemessenen Regelung der Währungsfrage heute so große Schwierigkeiten bereitet. Die Produktion in Kilogrammen, bez. 1000 Mk. im Durchschnitt jährlich gibt die Tabelle auf S. 367.
Dem Werte nach gerechnet war von 1873 bis zu den Jahren 1881/83 die Produktion von Gold größer als die von Silber. Unterstellen wir die amerikanische Parität (16 kg Silber = 1 kg Gold), so erhöht sich der Wert der Silbermasse von 1881 ab über den des Goldes, er würde ihn heute beträchtlich übersteigen. Bemessen wir dagegen den Silberwert nach dem Marktpreise, so bleibt er bis 1882/83 kleiner als der Wert der Goldmasse. In dieser Zeit steht er demselben gleich, sinkt aber dann infolge der vermehrten Goldproduktion und der Entwertung des Silbers erheblich unter diesen.
Die Gold produktion stellte sich in den wichtigsten Ländern seit 1851 wie folgt:
Der Schwerpunkt der Goldproduktion liegt in vier Ländergruppen: den Vereinigten Staaten, Rußland, Australien und Südafrika, die ca. 80 Proz. der Goldausbeute liefern. Sehr rasch und stark hat sich die Gewinnung in Afrika erhöht. 1893 hatte sie die seitherige Produktion Rußlands bereits überflügelt; der Ausfall im Jahre 1900 ist auf Rechnung des Krieges zu setzen.
Die größten Anteile an der Silberproduktion (95 Proz.) entfallen auf Amerika und hier fast ausschließlich auf die Vereinigten Staaten, Mexiko, Peru, Bolivia und Chile. Bezüglich der Silberproduktion Deutschlands ist zu bemerken, daß von den hier (1900) gewonnenen 415,7 Tausend kg 168,3 aus inländischen, 195,7 aus ausländischen Erzen, 51,7 aus in- u. ausländischen Rückständen und Abfällen erzeugt wurden. Die Silberproduktion seit 1851 war in den wichtigsten Produktionsländern:
Ihre Verwendung finden die E. a) für Geldzwecke (Münzen, Barren), b) für die Ausfuhr nach dem Orient, c) für technische Zwecke in der Industrie. Die Prägungsmenge in den hauptsächlichsten Kulturländern (abgesehen von den mexikanischen Piastern und den indischen Rupien) und die Gewinnung auf der ganzen Erde in Millionen Kilogrammen nach Soetbeer und Leech ist folgende.
Insbesondere aber war auf der ganzen Erde die Ausprägung und die Gewinnung nach Leech in 1000 kg:
Die gesamten Vorräte an Münzen und Barren der ganzen Erde wurden geschätzt in Millionen Kilogrammen für das
Für 1900 wird der Gold- und Silbermarkt der Welt auf 20,3 Milliarden Mk. in Gold, 12,1 in Silber mit voller Zahlungskraft, 3,9 mit beschränkter Zahlungskraft, zusammen 16,0 Milliarden Mk. in Silber angegeben. (S. Geld.) Die Überschreitung der Produktion durch die Ausmünzungen erklärt sich durch die steten Umprägungen alter Münzen. Nach den Erfahrungen, die in England, der Schweiz, in Frankreich[368] u. Deutschland gesammelt wurden, ist die durchschnittliche jährliche Abnutzung der Goldmünzen auf 0,4 auf Tausend zu berechnen, das würde bei einem Weltgoldbestände von 2022 Milliarden Mk. ca. 89 Mill. Mk. aufs Jahr oder rund 3000 kg Gold ausmachen. Der Abnutzungsverlust der Silbermünzen ist verhältnismäßig stärker, schon deshalb, weil die Silbermünzen infolge ihres kleinern Wertes rascher von Hand zu Hand gehen; er schwankt von 0,2 auf Tausend bei großen Silbermünzen bis 1,3 und 1,6.
Der Abfluß der gewonnenen E. nach dem Orient hat sich in der neuern Zeit wesentlich geändert. Noch im 17. und 18. Jahrh. strömte Gold von den Ländern des Orients nach Europa; seit den 30er Jahren vorigen Jahrhunderts wird umgekehrt ein Überschuß von Gold aus dem Westen nach dem Osten abgegeben. An Silber fand bis zur Gegenwart ein regelmäßiger Mehrabfluß von den Ländern der abendländischen Kultur nach Ostasien statt. Von 15501830 schätzt man die gesamte nach dem Orient gesendete Menge auf 55,5 Mill. kg oder nahezu 10 Milliarden Mk. Silber. Von 183050 wurde dieser Abfluß relativ vermindert, trotzdem nahm sowohl die Ausfuhr von Gold als namentlich diejenige von Silber nach Britisch-Indien, Ceylon, Siam, China und Japan einen wesentlichen Einfluß auf die Preise der E. und deren Wertrelation.
Die Hauptmasse des Silbers wanderte nach Ostindien, indem dort die Geldwirtschaft mehr an Stelle des Naturalverkehrs trat. Überdies sind in Ostindien lange Zeit große Aufspeicherungen (Thesaurierungen, Vergraben) von Silber und Gold vorgenommen worden, und auch der Verbrauch zu Schmuck und Geräten ist nicht unbedeutend. In der zweiten Hälfte der 1850er Jahre hat Indien etwa 172,000 kg Silber mehr absorbiert, als gleichzeitig neu produziert wurde, und auch in der ersten Hälfte der 1860er Jahre blieb für die Welt außerhalb Indien nur ein ganz unbedeutender Teil (etwa 3,2 Proz.) der Silberproduktion verfügbar. Ihren höchsten Betrag erreichte die indische Mehreinfuhr von Silber im Fiskaljahr 1865/66 mit ca. 2 Mill. kg Silber bei einer Weltproduktion von nur etwa 1,2 Mill. kg. Die folgenden Jahre brachten dann, namentlich seit im J. 1893 die freie Silberprägung in Indien eingestellt worden ist, eine rasche und starke Abnahme des Silberbedarfs. Außer Ostindien beziehen auch China und Japan und zwar sowohl über Europa als direkt von den pacifischen Häfen Amerikas und aus Australien Gold und Silber.
Für Kunstgewerbe und Industrien, insbes. zu Schmucksachen, Geräten, echten und unechten Bijouterien, Metallkompositionen in den verschiedenen Kunsthandwerken, in der Galvanoplastik, Photographie etc., wird ein erheblicher Teil in Anspruch genommen, wenn auch die frühern Schätzungen von Soetbeer sich als zu hoch erwiesen haben. Den industriellen Verbrauch von Gold und Silber nach Abzug des Altmaterials, d.h. der schon vorhandenen und nur umgearbeiteten Schmucksachen, Geräte etc., in den einzelnen Ländern für 1900 ersieht man nach dem amerikanischen Münzbericht aus vorstehender Aufstellung. Es muß aber darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Zahlen auf Schätzungen beruhen, die, namentlich bez. des Silbers, nicht auf Genauigkeit Anspruch machen können.
Der Wert der E. wird wie der eines im freien Verkehr stehenden, in großen Mengen vorhandenen, aber nicht beliebig vermehrbaren Gutes bedingt durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage; je größer die angebotene Menge im Verhältnis zum Bedarf, um so niedriger ist der Preis und umgekehrt. Dieser Warencharakter der E. ist in der neuesten Zeit in der Verschiebung des Wertverhältnisses zwischen Gold und Silber klar zutage getreten. Allerdings erhalten die E. ihren Wert konstanter als andre Waren, 1) weil sich von ihnen im Laufe der Jahrtausende ein außerordentlich großer Vorrat aufgespeichert hat, dem gegenüber die jährliche Produktion nicht erheblich ins Gewicht fällt, und 2) weil die Münzgesetzgebung einen entscheidenden Einfluß ausübt und speziell bei der Doppelwährung (s. d. und Währung) einen Preis bestimmt, zu dem große Mengen des einen oder andern Metalls immer Absatz finden. Doch erleiden auch die Preise der E. viele und z. T. erhebliche Schwankungen. Werden beide E. oder wird dasjenige teurer, das ausschließlich zu Geldzwecken verwendet wird, so bemerken wir dies an einem allgemeinen Sinken der Güterpreise, wie es am Ende des 7. Jahrh., im 14 und 15. Jahrh. und 182048 in Europa der Fall war. Werden die E. hingegen billiger, so zeigt sich deren Entwertung durch ein Steigen der Warenpreise (»allgemeine Teurung«), wie es in der Zeit von 1550 bis 1640 infolge der aus Peru und Mexiko nach Europa gelangenden Massen von Silber und endlich in unsrer Zeit, von 1849 angefangen, zu beobachten ist. Die Wertrelation, d.h. die Anzahl der Kilogramme Silber, die für 1 kg Gold hinzugeben ist, berechnet man für frühere Zeiten nur annäherungsweise aus den in Gold und Silber ausgedrückten Güterpreisen oder aus dem Gewicht von Münzen der betreffenden Epoche; heute beziffert man sie genau nach den Notierungen des Silberpreises auf den großen Edelmetallmärkten (besonders London, Hamburg und San Francisco) und zwar in London aus dem in Pence ausgedrückten Preis der Unze Standardsilber, d.h. 31,104 g Silber zu 37/40 fein, in New York in Dollars für die Unze Feinsilber. Die Daten der ältern Zeit sind sehr unsicher. Erst als die Münzverhältnisse geordneter wurden, werden die Zahlen zuverlässiger. Die Wertrelation schwankte in älterer Zeit gewaltig und zwar nicht bloß zeitlich, sondern auch örtlich. So wird sie für die Zeit Platons zu 1: 12, Alexanders zu 1: 10, für Rom vor Cäsar zu 1: 11,9, nach Cäsar zu 1: 8,9, für das oströmische Reich im 4. Jahrh. n. Chr. auf 1: 14,4, für das Merowingerreich im 4. und 5. Jahrh. mit 1: 8,5 bis 1: 9 berechnet; nach der Lex Salica war sie 1: 10, und Soetbeer nimmt als Durchschnitt für das 5. Jahrh. 1: 12 als allgemein, dagegen Schwankungen von 1: 10 bis 1: 14,4 als örtlich vorkommend an. Im 13.15. Jahrh. finden wir Angaben von 1: 10 bis 1: 13,7,[369] und deutsche Münzgesetze des 16. Jahrh. nahmen 1: 11,38 bis 1: 11,55 als Grenzen an. Zu Anfang des 17. Jahrh. sinkt die Kaufkraft des Silbers, denn die Wertrelation geht auf 1: 13,5 und bald auf 1: 14,5 herab; für die ganze Peri ode vom Ende des 17. bis ins 19. Jahrh. sind Relationen zwischen 1: 15 und 1: 15,5 normal. Es war
Im 18. Jahrh. schwankt die Relation ziemlich stark, dagegen nur wenig in der Zeit von 182070. Diese Regelmäßigkeit war im wesentlichen der französischen Münzgesetzgebung zu verdanken, die das Verhältnis 1: 15,5 (607/8 Pence für die Unze Standardsilber, oder 180 Mk. für 1 kg Feinsilber) unterstellte. Dieser Paristand des französischen Münzwesens wurde bis zum Jahre 1850 überhaupt nicht erreicht. Auch der höchste Silberpreis blieb unter demselben. Den tiefsten Stand weist das Jahr 1848 auf mit 581/2 Pence, also 23/4 Pence unter pari; der höchste wurde 1840 notiert mit 603/4 Pence, der also noch 1/8 Pence unter pari stand. Von 1850 ab macht sich der Einfluß der Goldgewinnung in Australien und Kalifornien bemerklich. Die höchsten Preise stehen bis zum Jahre 1872 über jenem Paristande. Der Durchschnittspreis, der 1851 sich über pari erhoben hatte, dann 1852 unter diesen Satz gesunken war, stand mit Ausnahme des Jahres 1861 von 1853 ab bis 1866 stets über pari, hat aber diesen Stand von da ab nie mehr erreicht. Dagegen stand 185163 der tiefste Preis nur fünfmal über pari, einmal war er gleich dem Paristand und siebenmal unter demselben. Seit 1864 war der niedrigste Preis stets unter pari. Überhaupt beginnt der Silberpreis bereits Anfang der 1860er Jahre unaufhaltsam zu sinken, im Anfang langsam, von 1872 ab jedoch mit zunehmender Geschwindigkeit. Die Blandbill (s. d.) vom 28. Febr. 1878 übte nur vorübergehend eine verzögernde Wirkung aus. Sehr tiefe Notierungen weisen auf die Jahre 1876 mit 463/4, 1888 mit 415/8 Pence. Die Silberbill von 1890, nach der das Schatzamt der Vereinigten Staaten jeden Monat 41/2 Mill. Unzen Silber, d.h. eine der Produktion der Vereinigten Staaten gleichkommende Menge, ankaufen muß, machte ihren Einfluß nur vorübergehend geltend. Der Preis erreichte in diesem Jahre noch einmal die Höhe von 545/8 Pence, sank aber dann wieder und erreichte einen Tiefstand von 3713/16 Pence Ende 1892. Und als gar im Juli 1893 die freie Silberprägung in Ostindien suspendiert wurde, stürzte der Silberpreis bis auf 30 Pence (89,76 Mk. für 1 kg Feinsilber oder 1 kg Gold = 31,43 kg Silber). Seit 1891 steht der Londoner Silberpreis und die Relation zwischen Silber und Gold folgendermaßen:
Die Erklärung der in den letzten 20 Jahren stattgehabten Entwertung des Silbers liegt in den oben mitgeteilten Veränderungen, und zwar insbes. a) in der namhaften Zunahme der Silbergewinnung bei starker Minderung der Produktionskosten, b) in gleichzeitiger Abnahme des Ertrags der Goldfelder, c) in der Verminderung der Abflüsse von Silber nach dem Orient, besonders infolge des Ersatzes der Barzahlungen durch Regierungswechsel (India council bills) und relativer Zunahme der Goldabflüsse, d) in der zunehmenden Verwendung von Gold in den Kunstgewerben bei relativem Rückgang des Silberverbrauchs in der industriellen Technik, endlich e) hauptsächlich in der großen Veränderung im Geld- und Währungswesen großer Ländergebiete (vgl. Währung), die den Bedarf von Gold zu Geldzwecken rasch und stark gesteigert und nicht allein den Silberbedarf der Münzstätten beschränkt, sondern auch das Angebot an Silber verstärkt hat.
Vgl. A. Soetbeer: Edelmetallproduktion und Wertverhältnis zwischen Gold und Silber seit der Entdeckung Amerikas bis zur Gegenwart (Gotha 1879); Zur Statistik der C. 18761880 (»Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik«, Jena 1881, 1891), Literaturnachweis über Geld- und Münzwesen (Berl. 1892) und seine zahlreichen Abhandlungen in Fachzeitschriften; Burchard und Leech, Annual Reports of tue director of the mint (Washingt.); A. del Mar: A history of the precious metals (Lond. 1880, 2. Aufl. 1902), History of monetary systems (das. 1895) und History of money in England and other states (das. 1902); Haupt: Arbitrages et parités (8. Aufl., Par. 1894), Währungspolitik und Münzstatistik (Berl. 1884), Gold und Silber und Valutaherstellung (Wien 1892); die Berichte der internationalen Münzkonferenzen und Enquetekommissionen; »Statistische Tabellen über die Währungsfrage der österreichisch-ungarischen Monarchie«, vom k. k. Finanzministerium (Wien 1892); Chevalier, De la baisse probable de l'or (Par. 1890); Mc Lindsay, Die Preisbewegung der E. seit 1850 (Jena 1893); Biedermann, Die Statistik der E. als Materialien zur Beurteilung der Währungsfrage (Berl. 1898); Helfferich, Geld und Banken (Bd. 1, Leipz. 1903).
Buchempfehlung
Der Held Gustav wird einer Reihe ungewöhnlicher Erziehungsmethoden ausgesetzt. Die ersten acht Jahre seines Lebens verbringt er unter der Erde in der Obhut eines herrnhutischen Erziehers. Danach verläuft er sich im Wald, wird aufgegriffen und musisch erzogen bis er schließlich im Kadettenhaus eine militärische Ausbildung erhält und an einem Fürstenhof landet.
358 Seiten, 14.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro