[321] Gänse (Anserinae), Unterfamilie der Zahnschnäbler aus der Ordnung der Schwimmvögel, Vögel mit gedrungenem Leib, mittellangem Hals, großem Kopf und kopflangem oder kürzerm Schnabel mit scharfschneidigem Nagel, seitlich mit harten Zähnen. Die Füße sind fast bis zur Ferse herab befiedert, die drei Vorderzehen sind meist durch volle Schwimmhäute verbunden und mit kurzen Krallen versehen. Die Flügel sind lang, am Flügelbug mit hartem Knollen, bisweilen mit starkem Sporn versehen. Der Schwanz ist kurz, abgerundet oder gerade. Die G. sind weit verbreitet, bevorzugen die Ebene, finden sich aber auch in bedeutenden Hohen; sie laufen besser als die Enten, fliegen gut, schwimmen weniger und sind z. T. wahre Baumvögel. Sie leben gesellig, eine einmal geschlossene Ehe währt das ganze Leben. Sie nisten z. T. gesellig auf dem Boden oder auf Bäumen und legen 612 einfarbige Eier, die das Weibchen allein ausbrütet. Ihre Nahrung besteht aus Gräsern, Kräutern, Ähren, Schoten etc., sie schälen junge Bäumchen, einzelne fressen auch Kerbtiere, Muscheln, kleine Wirbeltiere. Wo sie massenhaft auftreten, können sie Schaden anrichten. Sie lassen sich leicht zähmen; Fleisch und Federn sind geschätzt. Die wilde Gans (Graugans, Anser anser L., A. cinereus Naum., s. Tafel »Schwimmvögel II«, Fig. 1), die Stammutter der Hausgans, wird 1 m lang und 1,7 m breit, ist auf dem Rücken bräunlichgrau, auf der Unterseite gelblichgrau, spärlich schwarz gefleckt; Bürzel und Bauch sind weiß, Schwingen und Steuerfedern schwarzgrau, der Schnabel ist wachsgelb, an der Wurzel orangegelb, die Füße sind blaßrot. Sie findet sich im nördlichen Europa und Asien von Turkistan bis zum Amur etwa bis 70° nördl. Br. und brütet südlich bis 45°; in Norddeutschland weilt sie von Ende Februar oder Anfang März bis August und September. In Süd- und Westdeutschland ist sie seltener oder erscheint nur auf dem Zuge. Auf ihren Wanderungen, auf denen sie in >-förmigen Reihen mit einem Gänserich an der Spitze fliegt, geht sie bis Südeuropa, Nordafrika und Ostindien. Sie lebt in wasserreichen Brüchern, auf schwer zugänglichen, bewachsenen Inseln, besonders häufig in Pommern und Ostpreußen, bewegt sich viel behender als die Hausgans, macht beim Aufsteigen und Niederlassen durch heftigen Flügelschlag ein polterndes Getöse, fliegt ausdauernd, lebt nur in einzelnen Familien zusammen, gesellt sich bisweilen auf der Weide den Hausgänsen zu und begattet sich auch mit diesen. Sie nistet gesellig an unzugänglichen Stellen im Sumpf, legt im März 514 grünlichweiße oder gelbliche Eier und brütet 28 Tage. Jung eingefangen, wird sie sehr zahm; im Hof ausgebrütete Wildgänse ziehen im Herbst ab und kehren selten zurück. Das Fleisch junger Wildgänse ist sehr schmackhaft;[321] die Federn schätzt man höher als die der Hausgans. Der Schade, den die Graugans durch Abweiden der Saat, Ausklauben der Ähren etc. bringt, ist nicht bedeutend. Die Saatgans (Moorgans, Zuggans, Schneegans, A. fabalis Lathr., A. segetum Naum.), 86 cm lang, 1,8 m breit, mit drei halbmondförmigen weißen Streifen am Stirnrand und der seitlichen Schnabelwurzelgegend, schwarzem Schnabel mit orangegelbem Ring hinter dem Nagel und orangegelbem Fuß, bewohnt den hohen Norden (Nowaja Semlja), weilt bei uns von September bis April. Sie brütet in Nordrußland und Lappland, lebt gesellig, bevorzugt kahle, unbewohnte Inseln mit seichtem Wasser, Sümpfe und Brücher und fliegt zu bestimmten Zeiten auf die Felder zur Weide. Gegen die Graugans hegt sie Abneigung, auch mischt sie sich nicht unter die Hausgänse. Sie richtet oft Schaden an, gewährt aber auch denselben Nutzen wie die Graugans. Sie läßt sich zähmen, bleibt aber stets argwöhnisch. Man erlegt die Graugans und die Saatgans beim Einfall auf nicht zugefrornen Stellen der Gewässer und im Sommer auf der Suche an den Brutstellen, wenn die jungen G. flugbar werden. Nur schwer gelingt es, die G. auf den Saatfeldern schußrecht anzuschleichen oder anzufahren. Der Saatgans sehr ähnlich ist die Ackergans (A. fabalis arvensis Brehm). Sie ist größer, zierlicher, brütet in Lappland, Nordfinnland und dem nördlichen Norwegen und erscheint bei uns als Durchzug- und Wintervogel von Oktober bis März. Kleiner als die Saatgans, mit auffallend kurzem, plumpem Schnabel ist die Rotfußgans (A. brachyrhynchus Baill.). Sie bewohnt den hohen Norden (Spitzbergen) und erscheint auf dem Durchzuge bisweilen an der Nordseeküste. Die drei zuletzt genannten Arten, die vielfach miteinander verwechselt worden sind, bilden die Gruppe der Feldgänse. Eine zweite Gruppe einander sehr ähnlicher G. bilden die Bläßgänse: die isländische Bläßgans (Mittelgans, A. albifrons intermedius Naum.), 76 cm lang, die kleinere Bläßgans (Lach-, Helsinggans, Polnische Gans, A. albifrons Scop.) und die Zwerggans (A. erythropus L.). Sie bewohnen den hohen Norden, folgen auf ihrem Zuge den Küsten und gehen bis Ägypten und Indien. Bei uns erscheinen sie viel seltener als in Dänemark, England, Belgien und Frankreich. Die kanadische oder Schwanengans (Branta [Cygnopsis] canadensis Blas. et Keys., Tafel II, Fig. 3), 94 cm lang, 1,7 m breit, ist schlanker als die Hausgans, oberseits bräunlichgrau, unterseits weiß, Kopf und Hinterhals sind schwarz, Oberhals und Brust grau, Schwingen, Schwanz, Schnabel und Fuß schwarz. Sie bewohnt Nordamerika, ist immer mehr nach Norden zurückgewichen, erscheint im Winter in kleinen Gesellschaften noch in den Vereinigten Staaten und kehrt im April oder Mai in die Tundra zurück, wo sie brütet. Sie baut das Nest im Gras oder unter Gebüsch, auch wohl auf Bäumen und legt 39 Eier. In Nordamerika wird sie mit großem Vorteil gezüchtet, sie paart sich mit der Hausgans, und die Bastarde sollen sehr leicht fett werden. Im Norden wird sie gejagt, eingepökelt und geräuchert. Die Federn sind vorzüglich. Die Ringelgans (Baum-, Bernakel-, Berniklas-, Brand-, Rottgans, Meergans, Branta bernicla L., s. Tafel »Schwimmvögel II«, Fig. 2) ist 62 cm lang, 124 cm breit, sehr gedrungen gebaut, mit kurzem Hals, ziemlich großem Kopf, kurzem Schnabel, ziemlich niedrigem Fuß, langen Flügeln und kurzem Schwanz, am Vorderkopf, Hals, an den Schwingen und Steuerfedern schwarz, am Rücken, an der Brust und dem Oberbauch dunkelgrau, an den Bauchseiten, der Steißgegend und den Oberschwanzdeckfedern weiß, am Halse mit weißem Querfleck. Sie lebt auf den Inseln und an den Küsten der Alten und Neuen Welt zwischen 60 und 80° nördl. Br., erscheint im Oktober und November, dann im April und Mai in Scharen an der Ostsee und Nordsee, verweilt dort auch über Winter und wird bisweilen auch ins Binnenland verschlagen. Diese G. sind vollkommene Seevögel, schwimmen, tauchen und fliegen vortrefflich, leben sehr gesellig, fressen Gras, Seepflanzen, Weichtiere und werden in der Gefangenschaft bald zahm. Auf Spitzbergen findet man die Nester mit 48 grünlich- oder gelblichweißen Eiern zahlreich neben denen der Eiderente. Die nordischen Völker jagen die Ringelgans eifrig, auch an den südlichen Küsten werden Tausende erlegt, in Holland fängt man sie mit Hilfe ausgestellter Lockgänse und mästet sie mit Getreide, wodurch das Fleisch sehr wohlschmeckend wird. Nach alter Sage (zuerst in den »Otia imperialia« des Gervasius von Tilbury 1211) sollte die Ringelgans nicht aus Eiern entstehen, sondern auf den Asten der Uferbäume wachsen, dann ins Wasser fallen und dort ihre Jugendentwickelung durchmachen. Sie wurde deshalb jahrhundertelang als Fastenspeise verzehrt. Die Literatur über die Ringelgans, die vom 13. bis ins 18. Jahrh. reicht, ist sehr umfangreich. Die klerikalen Schriftsteller verteidigten mit Eifer die Entstehung aus faulendem Holz und wollten den Jugendzustand des Vogels in der Entenmuschel (Lepas anatifera) erkennen. Nach der einem Schinken (perna) ähnlichen Gestalt der letztern erhielt die Gans ihren Namen Erst nach wiederholtem kirchlichen Verbot verschwand die Ringelgans aus der Liste der Fastenspeisen. Die Hühner- oder Kappengans (Cereopsis Novae Hollandiae Lath. s. Tafel »Schwimmvögel I«, Fig. 3), 90 cm lang, ist sehr kräftig gebaut, mit kurzem, dickem Hals, kleinem Kopf, sehr kurzem, an der Spitze gebogenem Schnabel, langen, breiten Flügeln, kurzem, abgerundetem Schwanz und langläufigen, kurzzehigen Füßen. Die Färbung ist bräunlich aschgrau, auf dem Rücken schwarzbraun gefleckt. Sie bewohnt Australien, meidet das Wasser, läßt sich zähmen, ist aber unverträglich und deshalb zur Zucht wenig geeignet. Die gelblichweißen Eier werden in 30 Tagen ausgebrütet. In Europa hat sie sich wiederholt fortgepflanzt. Das Fleisch ist sehr schmackhaft. In der Mythologie tritt die Gans oft an Stelle des Schwans. Wie dieser, kündet sie den Winter an, und die St. Michaels- oder Martinsgans wird als ein Augurium des Endes der regnerischen Jahreszeit gegessen; denn sobald der Wasservogel gestorben ist, wird das goldene Ei gefunden, kommt die Sonne heraus. Bei den Griechen war die Gans der Persephone heilig und diente als lieblicher Vogel, dessen Schönheit bewundert wurde, zu Geschenken an geliebte Knaben etc. Schon Penelope besitzt eine kleine Herde von 20 Gänsen, mehr als Schmuck für den Hof als um des Nutzens willen. Bei den Römern war die Gans der Juno heilig, und es wurden daher in deren Tempel auf dem Kapitol G. unterhalten, die bei dem Einfall der Gallier unter Brennus durch ihr Geschrei die Besatzung geweckt und so die Burg gerettet haben sollen. Zu Plinius' Zeiten wurden große Herden von Gänsen, namentlich aus dem Gebiet der Moriner (an den heutigen belgischen Küsten), nach Italien getrieben. Besonders liebten die römischen Frauen die weichen Flaumfedern[322] der nordischen G. In China gilt die Gans als Symbol ehelicher Treue.
[Gänsezucht.] Die Hausgans stammt von der Wildgans oder Graugans, ist aber von gedrungener, massigerer Figur mit kürzerm Hals und kürzern Beinen. Ihr Gefieder ist weiß, graubunt oder grau. Der Gänserich (Gansert, Ganter) ist größer und stärker und hat einen längern, dickern Hals als die Gans, die auch an dem herabhängenden Legebauch zu erkennen ist. Junge G. haben blasse, leicht zerreißbare Füße, einen weißen (nicht gelben oder blauen) Ring um die Pupille im Auge, blaßgelben Schnabel, leicht zerdrückbare, sehr zerbrechliche Gurgel, spitze Nägel und weiche Flügel. Aus der gewöhnlichen Landgans hat man einige besondere Rassen von größerm Gewicht herausgezüchtet, so die Pommersche Gans, die ganz weiß oder weiß und grau gefleckt ist und sich durch besonders stark entwickelte Brust auszeichnet, ebenso die ihr sehr nahestehende Mecklenburgische Gans. Sehr fett und schwer wird die Emdener Gans mit reinweißem Gefieder, auch Bremer Gans genannt. Ebenso hat die Toulouser Gans neben sehr zartem Fleisch viel Fett, an ihrem grauen Gefieder und dem tief herabhängenden Unterleib sowie starker Kehlwamme kenntlich. Sehr groß und schwer wird auch die Italienische Gans, sie hat aber weniger zartes Fleisch. Die im südöstlichen Europa viel verbreitete Lockengans hat lange, gekräuselte Federn. Die im östlichen Asien heimische Höckergans mit einem Höcker auf dem Schnabel stammt von der dort lebenden wilden Höckergans ab und ist ungemein fruchtbar. Die Gänsezucht wird besonders in Pommern, Ostfriesland, Westpreußen, Elsaß, Oberhessen, auch in Mecklenburg, Oldenburg, Schlesien, Bayern, Württemberg, dann in Böhmen, Ungarn, Polen, Rußland sowie in verschiedenen Teilen Frankreichs betrieben, hat aber in manchen Gegenden Deutschlands neuerdings merklich abgenommen, weil die Gemeindehutungen aufgehoben worden sind. Es werden deshalb in Deutschland sehr viel G. eingeführt, seit 1900 jährlich weit über 6 Mill. Stück, meist aus Rußland. Die Gänsezucht ist nur gewinnbringend, wenn hinreichend Weiden vorhanden sind, vor allem Weiden mit Wasser; Bruchland, das als Weide für andres Vieh weniger geeignet ist, wird als Gänseweide vortrefflich ausgenutzt. Die Gans wird meist im zweiten Jahre fortpflanzungsfähig und bleibt es 20 Jahre und selbst darüber; da jedoch das Fleisch alter G. ungenießbar wird, so hält man sie meist nicht länger als 34 Jahre. Einem Gänserich sollte man nicht mehr als 46 G. geben, wenn man auf gut befruchtete Eier rechnet, und ihn nicht länger als bis zum 6. oder 7. Jahre zur Zucht benutzen. Die Gans beginnt in der Regel im Februar oder März, manchmal schon im Januar zu legen; sie legt gewöhnlich einen Tag um den andern, etwa 1220 Eier, bisweilen noch mehr, die man fortnimmt und frostfrei aufbewahrt, bis die Gans brütlustig wird. Junge G. sind unzuverlässig im Brüten. Das Nest stellt man an einem ruhigen, halbdunkeln Ort am einfachsten aus Ziegelsteinen her, die auf die schmale Seite gestellt werden, und füttert es mit Heu oder weichem Stroh aus, oder man nimmt einen flachen Korb. Eine Gans kann 1015 Eier bedecken. In die Nähe stellt man Futter (Gerste oder Hafer mit etwas geschnittenem Grün) und Wasser. Die Brutzeit dauert 2832 Tage. Die zuerst ausgekommenen Jungen bringt man in einem mit Federn oder Wolle gefüllten Korb an einen warmen Ort, bis die andern ausgekrochen sind. In den ersten 3648 Stunden dürfen sie kein Futter erhalten; dann gibt man ihnen hart gekochte, gehackte Eier mit altem, leicht angefeuchtetem Weißbrot und sein geschnittenen Nesseln, dazu Wasser in einem flachen Gefäße. Nach einigen Tagen läßt man das Ei fort und reicht Brotkrumen nebst Kleie, Gersten- oder Haferschrot, mit Magermilch zu einem nicht zu nassen Teig angemengt und mit sein gehacktem Grün vermengt. Bei günstigem Wetter läßt man sie, sobald sie 814 Tage alt sind, auf einem Grasplatze weiden, aber nicht so lange das Gras von Tau oder Regen naß ist, und fügt dem Futter gekochte und gequetschte Kartoffeln, Möhren, Gemüseabfälle und Grün aller Art, sein gehackt, hinzu. Bis das Gefieder ausgebildet ist, müssen die Jungen vor Nässe und Kälte geschützt werden. Sollen die G. schon mit 810 Wochen als junge Bratgänse geschlachtet werden, so dürfen sie nicht aufs Wasser und müssen vor allem Gersten- oder Haferschrot, mit saurer Milch angemengt, erhalten. Nach der Ernte treibt man die G. auf die Stoppelfelder (Stoppelgänse), wo sie rasch heranwachsen. Vielfach werden die jungen G. in der Erntezeit zum erstenmal und Ende September oder Anfang Oktober zum zweitenmal gerupft, indem man ihnen die Brust- und Bauchfedern nimmt, aber die Daunen stehen läßt und nach dem Rupfen eine Woche lang Körnerfutter gibt; jedoch beeinträchtigt das Rupfen den Fleischansatz und wird deshalb unterlassen, wenn man recht frühe Mastgänse haben will. Die Mast zerfällt in Vormast und Vollmast. In der Vormast reicht man Kartoffeln, Kleie, Mohrrüben, Biertreber u. dgl. Die Vollmast dauert 46 Wochen; man sperrt die G. in enge Buchten, wo sie alle Tage frisches Stroh und als Futter angekeimte Gerste (Gerstenmalz), Hafer oder Mais erhalten, so viel sie fressen wollen, auch in der Nacht, indem die Buchten durch Laternen erleuchtet werden. Gerstenmalz gibt das feinste Fleisch, Mais den stärksten Fettansatz; jedoch ist das durch Maisfutter erzeugte Fett weichlich und von gelblicher Farbe. In manchen Gegenden werden die G. gestopft, um sie sehr fett zu machen und große Lebern zu erzeugen. Man sperrt sie in Einzelkäfige, die so eng sind, daß sie sich nicht bewegen können, nimmt sie dreimal am Tage heraus und stopft sie entweder mit aufgequelltem Mais oder mit Nudeln, die aus Gerstenmehl oder Gerstenmehl und Maismehl je zur Hälfte mit Milch zu einem steifen Teig angerührt und dann leicht geröstet werden. Beim Stopfen werden die Nudeln in Wasser, Milch oder Olivenöl eingetaucht und dreimal täglich so viel Nudeln eingestopft, bis der Kropf gefüllt ist, darauf während der Verdauung die Käfige verdunkelt. Ins Trinkwasser tut man Salz, um die Gans zu vielem Trinken anzuregen. Hierdurch schwillt die Leber außerordentlich an; sie erreicht ein Gewicht bis zu 1,5, ja bis zu 2 kg und wird dann zur Fabrikation von Gänseleberpasteten (s.d.) verwendet. Die Stopfmast ist aber eine grausame Quälerei und wird in Deutschland nicht mehr viel geübt. Durch die Mast werden Landgänse auf ein Gewicht von 57 kg, schwerere Rassen auf 1012, ja 15 kg gebracht. Früher wurden Gänsekiele (d. h. die Kiele der Schwungfedern) als Schreibfedern benutzt (s. Federn, S. 376), jetzt finden sie zu andern gewerblichen Zwecken, z. B. Zigarrenspitzen, vielfache Verwendung, die Federfahnen und Daunen als Bettfedern. Auch liefern die G. geschätztes Federpelzwerk. Das Fleisch der einjährigen G. wird sehr geschätzt, obwohl es, wenn fett, schwer verdaulich ist. Die [323] Brüste und Keulen kommen auch geräuchert in den Handel; auch das übrige Fleisch ist eingepökelt als Gänseklein ein wichtiger Handelsartikel. Als größter Leckerbissen gilt die Gänseleber, die in Straßburg, Kolmar, Ulm, Toulouse zu Pasteten verarbeitet wird (s. oben). Gänsefett ist leicht schmelzbar und wird wie Butter benutzt, von den Juden namentlich auch an Stelle des Schweineschmalzes. Der größte Gänsemarkt Deutschlands ist Rummelsburg bei Berlin, wo vom Juli bis in den November oft 3040,000 G. an einem Tag aus Rußland ankommen.
Im allgemeinen ist die Gans gegen Krankheiten sehr widerstandsfähig. Die nicht selten bei Gänsen auftretenden Krankheiten der Leber (Fettleber und Leberrupturen) stehen mit der intensiven Mästung im Zusammenhang. Im übrigen s. Geflügelcholera und Geflügelkrankheiten. Vgl. Rodiczky, Monographie der Gans (Wien 1875); Zürn, Die Hausgans (Leipz. 1902).
Buchempfehlung
Strindbergs autobiografischer Roman beschreibt seine schwersten Jahre von 1894 bis 1896, die »Infernokrise«. Von seiner zweiten Frau, Frida Uhl, getrennt leidet der Autor in Paris unter Angstzuständen, Verfolgungswahn und hegt Selbstmordabsichten. Er unternimmt alchimistische Versuche und verfällt den mystischen Betrachtungen Emanuel Swedenborgs. Visionen und Hysterien wechseln sich ab und verwischen die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn.
146 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro