Breslau [2]

[290] Breslau, Bisthum. Das Bisthum B. wurde durch den polnischen König Boleslaus I. noch vor 1000 (zugleich mit Krakau) gegründet u. bald darauf dem Erzbisthum Gnesen untergeordnet, in welchem Verhältniß es bis 1821 blieb (s. unten); jetzt ist es in der Reihe der exemten Bisthümer das dritte. Die Geschichte der ersten 5 od. 6 Bischöfe ist sehr sagenhaft, sie scheinen eine Zeitlang in Schmograu (einem Dorfe, 2 Meilen von Namslau in Schlesien) od. in Rützen, in einer der Hauptburgen des alten Schlesiens bei Ohlau, ihren Sitz gehabt zu haben. Hieronymus (1051–1062) ist der erste beglaubigte Bischof; Walther I. (1148 bis 1169) erbaute die Domkirche, u. zwar die erste von Stein, von der aber jede Spur verschwunden ist. Bald begannen die Streitigkeiten mit den schlesischen Herzögen u. dem Adel um die Gerichtsbarkeit u. den Zehnt, da auch die Bischöfe durch die Germanisirung des Landes gewannen u. dieselbe beförderten, u. so mit den weltlichen Ansprüchen in Collision geriethen. Besonders mächtig wurde das Bisthum durch die Schenkung (1201) des Ottmachauschen Landes (später das Neissesche genannt), durch den Bischof Jaroslaus (1199–1201), Sohn des Herzogs Boleslaus I. von Schlesien. Um 1244, nach der Verwüstung Schlesiens durch die Mongolen 1241, gründete Thomas I. die ältesten Theile des jetzigen Doms. 1290 den 13. Juni erhielt Thomas II. durch den sterbenden Herzog von Breslau, Heinrich IV., nach 14jährigem Kampfe, in welchem die äußersten weltlichen u. geistlichen Gewaltmittel verbraucht wurden, den großen Freiheitsbrief, nach welchem alle bischöflichen Güter von allen Lasten u. Diensten freigesprochen, u. dem Bischof auch die höchste Gerichtsbarkeit, das Münzrecht u. das fürstliche Recht überlassen wurde. 1344 erwarb Precislaus v. Pogrella Stadt u. Bezirk Grottkau durch Kauf, u. so hieß der Breslauer Bischof fortan Fürst von Neisse (schon seit 1290) u. Herzog von Grottkau, wurde jedoch als solcher in demselben Jahre Vasall der Krone Böhmens. Durch das Emporkommen der königlichen Gewalt u. des Bürgerthums erfuhr das Bisthum immer größere Einbußen u. sank endlich so, daß 1413 schon, dann 1435 u. so fort fremde Bischöfe mit ihrem Schutze sich seiner annehmen mußten u. Mathias von Ungarn, als Herzog von Schlesien, zuerst wieder eine allgemeine Steuer erheben konnte. Letzteres machte der sogenannte Kolowratsche Vertrag (1504) sogar gesetzlich u. beschränkte auch die bisher freie Wahl, indem ferner nur Schlesier, Böhmen, Mähren od. Lausitzer auf den Bischofstuhl gelangen sollten. Doch hatte der Bischof seit der österreichischen Herrschaft (1520) fast immer zugleich die Oberlandeshauptmannschaft u. schien im 17. Jahrh. so vortheilhaft, daß kaiserliche Prinzen u. andere auswärtige Fürsten das Bisthum nicht verschmähten. 1742 kam das Bisthum unter dem Bischof Grafen von Sinzendorf durch den Breslauer Frieden an Preußen, u. nur ein Theil der bischöflichen Besitzungen in dem Gebirge zwischen Schlesien u. Mähren blieben unter Österreich, weshalb der Bischof ein Vasall von Preußen u. Österreich wurde. Der Bischof Philipp Graf v. Schaffgottsch, seit 1747 Sinzendorfs Nachfolger, mußte 1757, der Untreue gegen Preußen bei der Besetzung B-s durch die Österreicher verdächtig, seinen bischöflichen Sitz verlassen; er lebte zu Johannisberg in dem österreichischen Theile, u. das Bisthum wurde durch einen Vicar verwaltet. Unter Joseph Christian, Fürst von Hohenlohe-Bartenstein, seit 1795 der Nachfolger Philipps, geschah 1810 die Säcularisation des gefürsteten Bisthums u. die Aufhebung der geistlichen Stifter u. Klöster, mit Ausnahme derjenigen, welche zugleich gemeinnützige Wohlthätigkeitsanstalten waren. 1812 wurde das Domkapitel neu organisirt. Mit dem Tode des Fürstbischofs 1817 trat bis 1823 ein Juterregnum ein u. endete durch die Wahl Emanuels v. Schimonski, des bisherigen Bisthumsadministrators. Unter ihm wurde 1821 durch die Bulle de salute animarum das Bisthum von seinem, in dem letzten Jahrhundert immer lockerer gewordenen Verhältniß zu Gnesen gelöst u. die jetzige Verfassung des Bisthums nach allen Seiten hin definitiv regulirt. Er st. 1835. Der 1835 zum Fürstbischof erhobene Graf Leopold v. Sedlnitzky resignirte 1840 u. ging nach Berlin, wo er Mitglied des Staatsrathes wurde, in Folge dessen im Juni 1841 eine neue Wahl stattfand, welche am 27. August 1841 auf Joseph Knauer fiel, der jedoch erst 1843 vom Papste bestätigt wurde. Knauer st. bald. 1845 wurde Melchior v. Diepenbrock (s.d), bisheriger Bischof von Regensburg zum Fürstbischof von B. erwählt, der 1850 persönlich die Oberaufsicht über die katholische Seelsorge der ganzen preußischen Armee erhielt. 1835 folgte der Domherr Heinrich Förster[290] (s.d.), welchem noch in demselben Jahre die Provinzen Brandenburg u. Pommern als Delegatur zuertheilt wurden. Das Bisthum umfaßt heut demnach außer der preußischen Provinz Schlesien (mit Abzug der Grafschaft Glaz, die immer zum Erzbisthum Prag gehört hat, u. einiger Striche an der Grenze Mährens, die nach Olmütz gehören), einen Theil des österreichischen Schlesiens u. seit 1821 u. 1853 in dem oben bezeichneten Sinne die preußischen Provinzen Brandenburg u. Pommern mit gegen 1400 Pfarreien u. an 11 Million Seelen. Vgl. Stenzel, Urkunden zur Geschichte des Bisthums B., Bresl. 1845; Ritter, Geschichte der Diöcese B., ebd. 1845 (1. Theil bis 1290); Schematismus des Bisthums B., 1857.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 290-291.
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