Balken

1. Auch in dicke Balken kommt der Wurm.


2. Aus Einem Balken wird kein Haus und aus Einer Blume kein Strauss. (Serb.)


3. Balken gibt's in allen Dingen.

Um zu bezeichnen, dass nichts so gewiss sei, dem nicht ein Hinderniss entgegenstehe, das uns zwingen könne, die Sache genauer zu überlegen. Vom Pflügen entlehnt, wo ein Stück Holz, das in dem zu pflügenden Acker liegt, die Arbeit erschwert.


4. Den balck kan niemand bergen, den man in den augen sihet.Henisch, 290.


5. Ein Balken gibt mehr Splitter als Keile.


6. Ein Balken macht keine Wand und ein Finger keine Hand.

It.: Un canestro d'uva non fa vendemmia. – Un fior non fa ghirlanda.


7. Erst den Balken aus dem eigenen Auge, und dann den Splitter aus des Nachbars Auge.Matth. 7, 5; Luc. 6, 42; Zehner, 432; Schulze, 193.

Lat.: Hypocrita, ejice primum trabem de oculo tuo et tunc videbis ejicere festucam de oculo fratris tui.


8. Faule Balken und morsche Breter geben kein Haus für Sturm und Wetter.

Wer aus aufgelösten Steinen, faulen Balken und morschen Bretern ein Gebäude – gleichviel ob Holzschuppen oder Staatsgebäude – aufführen will, wird immer Zeit und Mühe verlieren.


9. Hundert Balken braucht man zu Einem Frachtwagen. (Altgr.)

Kann man sehr passend sagen, um zu bezeichnen, dass unser Streben auf etwas Grosses gerichtet ist.


10. Mancher hat einen Balken in seinem Auge und will einem andern ein Splitterlein ausziehen.Lehmann, I, 54.

Holl.: Men ziet den splinter in eens anders oog, maar niet den balk in ons eigen. (Harrebomée, I, 29.)


[223] 11. Nimm den Balken aus deinem Auge!Luc. 6, 42; Schulze, 193; Zehner, 432.

Holl.: Het is onregt, dat de balk den splinter berispt. – Werp eerst den balk uit uw eigen oog. (Harrebomée I, 29.)

12. Spar up 'n Balken, säd de Bûr, up de Hilg' is 't to lat1. (Hamburg.) – Hoefer, 127.

1) Zu spät. (S. 20.)


13. Was selbsten ein balcken im aug hat (vnd behelt), das will aller welt den splitter herauss ziehen.Henisch, 153.


14. Wenn der obere Balken gekrümmt (gebrochen) ist, wird auch der untere schief liegen.

Macht des Beispiels der Obern.

Holl.: Als de boombalk gebroken is, zal de onderste scheef liggen. (Harrebomée, I, 29.)


15. Wenn ein balcke kracht, so meinen wir, das gantze hauss lige auff vns.Henisch, 174.


16. Wenn man den Balken im Auge hat, darf man für den Splitter des andern nicht sorgen. Kirchhofer, 170.


*17. Den grossen Balken auf seiner Nase sieht er nicht, aber den kleinen Splitter in meinem Auge.

Holl.: In eens anders oog ziet hij een kaf, maar in zijn eigen oog ziet hij geen' staf. (Harrebomée, II, 144.)


*18. Er hebt den Balken immer am schwersten Ende.

*19. He will dwas mit'n Balken in't Hus.


*20. Vam Balken1 up de Hille2 kuemen. (Westf.)

1) Balken, auch Boden, Speicher, Kornboden, Hausboden.

2) Auch Hilte = Kammer, Bühne, die in Bauerhäusern über den Ställen liegt. Also rückwärts, s. 12.


*21. Wir wollen's an Balken schreiben, wo's Gaissen und Kälber nicht ablecken.Fischart; Simrock, 711.

Lat.: Carbone notare. (Erasm., 78, 195.) – Creta notare. (Erasm., 87.) – Diem notare meliori lapillo.


[Zusätze und Ergänzungen]

zu7.

»Auss deinem Aug den Baclken führen, so magst demnach den Splitter rühren.« (Waldis, I, 88.)


zu13.

Lat.: Non videmus manticae, quod in tergo est. (Wiegand, 298; Binder, II, 225; Faselius, 176.)


zu17.

Kroat.: U tud jum oker vidi slaenken a u soojem grede nevidi.


22. Alle Balken in der Scheune gehören zu der Scheune.Graf, 65, 17.

Der Zubehör bleibt bei der Hauptsache.

Mhd.: Alle palcken in der schun gehorn czu der schun. (Ortloff, II, 1, 24.)


23. Wei nit oppen Balken geiht, dei fällt ok nit herunner. (Sauerland.)


24. Werd erst an deinem Balcken Ritter, darnach zeuch auss des nechsten splitter.Waldis, IV, 5.

Dän.: Drag foerst bielken af dit eget öge. (Prov. dan., 70.)


*25. Den Balken aus dem eigenen Auge ziehen. Eyering, I, 384.


*26. Einen an den Balken schreiben.Frischbier, I, 231.

Ihn einer Lüge beschuldigen. – » ... wie mir denn auch meine Söhne geklagt haben, dass man sie derenthalben (wegen der langen Würste in Königsberg) bespottet, ausgeleutet und an den Balken geschrieben hat, als hätten sie greifliche Lügen ausgesagt.« (Henneberger, Erklärung der preussischen Liedertafel.)


*27. Ga na 'me Balken (Boden) un drêif Muise oppen Pin (Pflock).Frommann, III, 488.

In der Grafschaft Mark als Antwort auf die Frage der Kinder: Bat sa 'k (sal ik) daun? (Was soll ich thun?)


*28. Unterm Balken sitzen.Frischbier, I, 232.

Glück (in manchen Gegenden auch Unglück) im Kartenspiel haben.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 893.
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